Schon kurz nach der schweren Verletzung von Elkin Soto Anfang Mai 2015 nahmen die Mannschaftsärzte des 1. FSV Mainz 05 Kontakt zum sporthopaedicum Straubing und Prof. Dr. med. Thore Zantop auf. Der Orthopäde ist Spezialist auf dem Gebiet der Kreuzbandchirurgie und der Behandlung von Knieluxationen, wie Soto sie am 3. Mai im Zweikampf auf dem Fußballplatz erlitt. Dr. Zantop erläutert Robert Erbeldinger von der sportärztezeitung die Behandlung des Spielers.
„Zuerst muss man betonen, dass die Grundsteine für die operative Versorgung in erster Linie am Spielfeldrand gelegt wurden“, sagt Prof. Dr. Thore Zantop rückblickend. „Neben der schnellen und umsichtigen Initialtherapie und Diagnostik haben die Mannschaftsärzte von Mainz 05 auch direkt mit abschwellenden Maßnahmen begonnen, was die operative Versorgung deutlich vereinfacht hat“, so der Knie-Experte. Elkin Soto war am Montag nach dem Sonntagsspiel direkt in seine Sprechstunde nach Straubing gebracht worden. Es folgte die klinische Untersuchung des linken Kniegelenks. Anschließend veranlasste Zantop die Aufnahme in der Klinik am Isar Park in Plattling. Telefonisch vereinbarte er mit dem Physiotherapeuten Florian Strauss vom Therapiezentrum Frank, das der Klinik angegliedert ist, die weitere Strategie: Cryotherapie und intensive Lymphdrainage sollten das Kniegelenk weiter abschwellen lassen, damit die Operation am Mittwoch, 6. Mai 2015, erfolgen konnte.
Erste Operation
„Die operative Strategie bei Knieluxationen konzentriert sich in der akuten Phase zunächst auf die Seitenbandstrukturen“, erklärt Prof. Dr. Zantop. „Insbesondere bei Elkin ist es zu einer massiven Verletzung der lateralen Strukturen gekommen. Die Diagnostik hatte schon gezeigt, dass sämtliche Strukturen der lateralen Ecke an der Tibia beziehungsweise der Fibula abgerissen waren.“ Also habe man sich entschieden, die Operation in der Isar-Park-Klinik mit einem Team von Ärzten durchzuführen, so Thore Zantop. Er bat seinen Kollegen Professor Dr. Michael Strobel um Unterstützung.
Im Rahmen der ersten Operation erfolgte die anatomische Refixation des M. bizeps femoris, des M. popliteus, des lateralen Kollateralbands, der lateralen Kapsel und des Tractus iliotibialis. Der N. peroneus wurde langstreckig neurolysiert. Die partielle Ruptur des hinteren Kreuzbands wurde mit einer Healing Stimulation versorgt. Wie präoperativ mit dem Patienten besprochen, sollte die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands bei der zweiten Operation erfolgen. Bei noch deutlich geschwollenen Weichteilen erfolgte die Operation ohne Blutsperre, sodass eine intensive Blutstillung durchgeführt werden konnte. Direkt nach Anlage des Verbands wurde eine Posterior-Tibial-Support-Immobilisationsschiene angelegt (PTS, Medi, Bayreuth).
Postoperativ zeigte sich im Bereich der lateralen Strukturen ein deutlicher Dehnungsschmerz. Er sei auf die anatomische Reposition der Strukturen zurückzuführen gewesen, erklärt Prof. Dr. Zantop. Mehrmals täglich erfolgten eine Lymphdrainage und Cryotherapie. Nach analgetischer Einstellung wurde der postoperative Schmerz ab dem dritten Tag deutlich weniger. Mit der Maßgabe der initialen Immobilisation für zwei Wochen entließ Zantop den Patienten in die ambulante Betreuung der Mainzer Mannschaftsärzte Drs. Patrick Ingelfinger und Stefan Mattyasovszky sowie in die physiotherapeutische Behandlung von Holger Kilp am Ambulanten Rehazentrum Mainz-Mombach.
Die folgenden sechs Wochen
Eine Wiedervorstellung im sporthopaedicum Straubing bei Prof. Dr. Zantop wurde für die sechste postoperative Woche angesetzt. „In der Zwischenzeit haben wir ständig telefonischen Kontakt gehalten“, betont der Operateur. „Sowohl das Ärzteteam als auch die physiotherapeutische Abteilung haben mich regelmäßig kontaktiert, um das weitere Vorgehen abzusprechen.“ Knieluxationen von solchem Ausmaß seien zum Glück selten. Aber gerade wegen der komplexen Verletzungen sei die Kooperation der unterschiedlichen Spezialisierungen unabdingbar, unterstreicht Zantop.
Nach sechs Wochen Immobilisation war die Flexion von Sotos Kniegelenk eingeschränkt. „Damit die Strukturen einheilen, muss zunächst eine sehr defensive Rehabilitation erfolgen. Dies führt zu einer Einschränkung der Beugung“, so der Straubinger Kniespezialist. „In meiner Sprechstunde zeigte Elkin eine Beugefähigkeit von etwa 70 Grad.“ Erfreulicherweise habe man aber schon zu diesem Zeitpunkt erkennen können, dass die primäre Refixation gut funktioniert hatte.
VKB-Rekonstruktion
Mithilfe von gehaltenen hinteren Schubladenaufnahmen konnte eine gute Einheilung des hinteren Kreuzbands festgestellt werden, resümiert Prof. Dr. Thore Zantop. Nach knapp zwölf Wochen war das Kniegelenk dann so gut mobilisiert, dass die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands (VKB) angegangen werden konnte. „Die Tatsache, dass das hintere Kreuzband stabil eingeheilt ist, hat mich sehr erfreut“, sagt Zantop. „Somit konnte einer kombinierten VKB-/HKB-Rekonstruktion aus dem Weg gegangen werden.“ Da auch die lateralen Strukturen im Verlauf stabil waren, wurde nun eine isolierte VKB-Rekonstruktion geplant.
„Die Transplantatwahl dazu sollte besonders bei Knieluxationen individuell erfolgen“, erläutert Zantop, der zunächst das Transplantat aus dem Strecksehnenapparat empfohlen hatte. „Hier wäre die Quadrizepssehne mein Transplantat der Wahl gewesen“, erinnert er sich. „Die Semitendinosussehne der verletzten Seite ist für die Beugung essenziell, wenn der Kniebeuger der Außenseite, der Bizeps, nicht voll funktionsfähig ist.“ Deshalb überwachte Physiotherapeut Holger Kilp die Einheilung des M. bizeps femoris. Zantop: „Da dieser sehr stabil geworden war und auch bei der muskulären Kräftigung gut angesprochen hatte, haben wir gemeinsam mit dem Patienten entschieden, dass wir die Rekonstruktion doch mit dem Semitendinosussehnen-Transplantat durchführen werden.“
Zweite Operation
Die Kreuzbandoperation wurde am 30. Juli erneut in der Klinik am Isar Park in Plattling durchgeführt. Es erfolgte die arthroskopische Arthrolyse und VKB-Rekonstruktion mittels autologer Semitendinosussehne. Schon direkt nach der Operation gab es Grund zur Freude: „Eine Operation ohne Komplikationen ist nicht selbstverständlich“, sagt Zantop. „Daher bin ich sehr froh, dass unser Team diese Operation so gut gemeistert hat.“ Als ehemaliger Spieler in der Handballbundesliga konnte er sich gut in die Lage des Profisportlers hineinversetzen.
Am 3. August, einen Tag vor seinem 35. Geburtstag, konnte der Mainzer Fußballprofi Elkin Soto dann die Heimfahrt zu seiner Familie antreten. „Auch im weiteren Verlauf haben die Mainzer Kollegen aus dem Bereich der ärztlichen und physiotherapeutischen Betreuung den Kontakt zu uns gehalten“, sagt Zantop. „Schon acht Wochen nach der Operation konnte durch die perfekte Physiotherapie in Mainz eine gute Beugung erreicht werden“, lobt er.
Im sporthopaedicum Straubing verfolgen die Mitarbeiter aufmerksam den Verlauf nach der Operation. „Wenn Elkin es schaffen sollte, nochmals im Mainzer Trikot aufzulaufen, dann wird die Freude in Straubing riesengroß sein“, versichert Prof. Dr. Thore Zantop.
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Autoren
ist international anerkannter Spezialist auf dem Gebiet der arthroskopischen Kniechirurgie. Seine intensiven wissenschaftlichen Aktivitäten sind die Grundlage zur möglichst perfekten operativen Versorgung von Patienten mit vorderen und hinteren Kreuzbandverletzungen, Meniskusproblemen und degenerativen Verletzungen des Kniegelenkes. Nach seiner Ausbildung am Sports Medicine Center der University Pittsburgh und in der Universitätsklinik Münster spezialisierte er sich auf die operative wie auch konservative Betreuung von Sportlern. Als ehemaliger Leistungssportler der Handballbundesliga ist sein klinisches Hauptaugenmerk hier neben der Versorgung professioneller Sportler, die Versorgung von Amateur- und Breitensportlern. Nach Diagnose, patientenorientierter Operationstechnik und die Betreuung der Frührehabilitation, wird von Prof. Zantop eine postoperative Bewegungsanalyse durchgeführt, um die Wiederaufnahme der sportlichen Aktivität zu überprüfen und erneute Verletzungen zu verhindern. Das von ihm gegründete Konzept „return to play“ hat inzwischen deutschlandweit viele Nachahmer gefunden, die allerdings an die Erfahrung der postoperativen Bewegungsanalysen des sporthopaedicums nicht heranreichen können. Seit 2013 ist Prof. Zantop als Spezialist „Kniechirurgie“ auf der FOCUS-Ärzteliste gelistet. Seit 2021 wird Prof. Zantop sogar als ausgewiesener Experte in den Kategorien Kniechirurgie, Sportorthopädie und Sportmedizin geführt. Seit 2018 leitet er das erste deutschlandweite Kniezentrum für kindliche Kniechirurgie, Endoprothetik und Sporthorthopädie der Deutschen Kniegesellschaft im sporthopädicum Straubing. Seit 2021 hält Prof. Zantop die Gast-Professur an der Donau Universität Krems. Prof. Zantop bildet die Physiotherapeuten des Deutschen Olympischen Sportbundes aus.