Bei der Tendinopathie der Achillessehne (AT) handelt es sich um eine degenerative Erkrankung der Sehne, die vielmehr in einem Umbau der Sehne als in einer Entzündung endet. Die Tendinopathie verläuft klassischerweise in vier Stadien. Am häufigsten ist der Midportion-Bereich (55 – 65 % der Fälle) betroffen, Insertionstendinopathien finden sich nur in rund 20 – 25 % der Fälle. Das mittlere Alter liegt meist zwischen 30 – 50 Jahren. Läufer sind am häufigsten betroffen (1 von 20). 4 % aller Patienten mit diagnostizierter AT erleiden eine Ruptur der Achillessehne [1].
Bei der AT sind verschiedene Entitäten voneinander klar abzugrenzen, da sich diese sowohl in der Pathogenese als auch Therapie mitunter deutlich unterscheiden:
- Midportion-Tendinopathie (MPT): typische meist druckdolente Verdickung im mittleren Drittel der Sehne, meist zwischen 3 – 5 (–7) cm proximal der Insertion.
- Insertionstendinopathie (IT): zwischen 0 – 3 cm ab Insertion nach proximal. Häufig vergesellschaftet mit einer Haglund-Exostose.
- Insertionale intratendinöse Verkalkungen (IV): tief distal an der calcanearen Insertion, häufig nicht symptomatisch.
- Sonderformen sind z. B. die medikamenten-assoziierten Tendinopathien. Meist durch Behandlung mit Kortikoiden oder der Einnahme von Fluorochinolon-Antibiotika.
Ursachen
Während bei der MPT stets nach biomechanischen und funktionellen Ursachen zur Klärung der Pathogenese gesucht werden muss, liegt bei der IT zusätzlich häufig eine primär mechanische Ursache bei vorliegender Haglundexostose zugrunde. Diese führt in der Dorsalextension im Sprunggelenk zu einem Impingement mit der Achillessehne und kann zu umschriebenen ventralen Partialläsionen am calcanearen Ansatz führen.
Bei Läufern muss zudem auf das Tragen eines zum Fuß/ der Fußstellung passenden Laufschuhs geachtet werden, um Verkippungen im Rückfuß zu vermeiden, die zu Scherkräften an der Achillessehne führen. Tendinopathien treten zudem häufiger bei Patienten mit Diabetes, Niereninsuffizienz, Übergewicht oder hohen Harnsäurewerten auf. Ebenso sind die Einnahme von Kortikosteroiden, Statinen und Fluorochinolon-Antibiotika (FQ) zu erfragen, da diese zu Spontanrupturen der Achillessehne führen können [4].
Diagnostik
- Klinische Untersuchung / funktionelle Testung
- Sonographie inkl. Farbdoppler
- MRT
- Röntgen Calcaneus seitlich
- Laufbandanalyse/ Fußdruckmessung
- Elektromyographie (EMG)
- Elastrographie
In den letzten Jahren hat das EMG immer mehr an Bedeutung gewonnen, da es die Möglichkeit bietet, Ansteuerungsstörungen der Muskulatur zu erkennen (Abb. 1), EMG-kontrollierte individualisierte Übungen für die Patienten zu erarbeiten und in schwierigen Fällen ein Biofeedback-Training durchzuführen.

Therapie
Die Ausprägung der klinischen Symptomatik und die Ergebnisse der Bildgebung entscheiden zu Beginn der Therapie darüber, ob Sportler zunächst gegebenenfalls mit Reduktion des Trainingsumfanges bzw. Senkung der Belastung auf die Achillessehne belassen werden können oder eine Sportpause erforderlich ist. Die Basistherapie stellen in allen Fällen die Beseitigung von biomechanischen Risikofaktoren und Fehlbelastungen mittels funktionellem Training dar. Vorliegende Fußfehlstellungen / Verkippungen des Rückfußes sind gegebenenfalls mit Einlagen auszugleichen. Die manualtherapeutische Mobilisation von Fuß und Sprunggelenk spielt neben den klassischen Therapieverfahren an der Sehne selbst eine wichtige Rolle. Auf eine möglichst freie Beweglichkeit des Sprunggelenkes ist zu achten. So wurde bei Patienten mit einer Dorsalflexion des Sprunggelenkes von weniger als 11,5° ein 3,5-facher Anstieg der Wahrscheinlich der Ausbildung einer Achillessehnen-Tendinopathie festgestellt [5]. Weitere Risikofaktoren stellen eine verminderte Plantarflexionskraft und Hypomobilitäten im Talonaviculargelenk dar. Zur orientierenden Überprüfung stellt der knee-to-wall-Test ein einfaches und valides Tool dar.
Ernährung
Vonseiten der Ernährung wird die Reduktion bzw. Meidung purinhaltiger/ harnsäuresteigernder Lebensmittel (insbesondere Fleisch und Innereien) empfohlen. Auf einen ausreichenden Anteil an Omega-3-Fettsäuren ist zu achten. Das in Kirschen (vornehmlich Montmorency Sauerkirsche) enthaltene Anthocyanin wirkt antiinflammatorisch, senkt den oxidativen Stress und die Harnsäure. Das im Curcumin enthaltene Celabin A reguliert den Transkriptionsfaktor Scleraxis hoch [6]. Dieser wiederum fördert die Proliferation der Tenozyten und somit die Kollagen-I-Synthese sowie die Bildung der extrazellulären Matrix. Einen ähnlichen Effekt hat Weihrauch (Boswellia), welches häufig zusammen mit Curcumin in Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) erhalten ist. Bromelain stimuliert u. a. die Neubildung von Tenozyten.
Exzentrisches Training (ET)
ET mit 3 x 15 Wiederholungen zweimal täglich über einen Zeitraum von 8 – 12 Wochen ist eine bekannte und effektive Trainingsform. Dabei ist zu beachten, dass die Übungen sowohl mit gestrecktem Knie (M. gastrocnemius) als auch mit gebeugtem Knie (M. soleus) durchgeführt werden. Bei Vorliegen einer IT sollten diese Übungen nur bis zur Neutralstellung des OSG durchgeführt werden, um ein Impingement der meist vorliegenden Haglund-Exostose zu vermeiden. So zeigten sich dann 67 % gute Resultate, während bei Training bis in die Dorsalextension eine Besserung nur 28 – 32 % auftritt [7]. Aktuelle Daten zeigen hingegen, dass PTLEs (Progressive Tendon Loading Exercises) mitunter effektiver sind als reines ET und somit als initiale konservative Therapie empfohlen werden kann [8]. Auch wenn das 4-stage-progressive-loading-protocol von Cook und Rio [9] ursprünglich für die Tendinopathie der Patellarsehne entwickelt wurde, kann es angepasst auf die Achillessehne auch zur Behandlung der AT genutzt werden.
Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
ESWT wird bei der Behandlung der Tendinopathie der Achillessehne inzwischen fast flächendeckend eingesetzt. Korakasis et al. [10] konnten dabei zeigen, dass der Effekt der konservativen Therapie in Kombination mit ESWT kurz-, mittel- und langfristig besser ist als ohne. Andere Studien belegen zudem, dass die alleinige ESWT ohne eine adäquate Basistherapie ohne Nutzen ist. An der Sehne selbst zeigen sowohl die radiale als auch die fokussierte Stoßwelle gute Ergebnisse. Allerdings wurde auch gezeigt, dass die EWST bei der IT zu keiner Verbesserung der Beschwerden führt als exzentrisches Training alleine [1, 11].
Infiltration
Infiltration der Achillessehne mit Hyaluronsäure (HA), PRP oder Substanzen wie Traumeel® zeigen eingebettet in ein differenziertes Behandlungskonzept gute Ergebnisse. So konnte für die peritendinöse Umflutung der Achillessehne mit Hyaluronsäuresowohl im Falle einer MPT als auch IT eine Reduktion des Schmerzes und der Sehnendicke sowie ein Rückgang der Neovaskularisationen gezeigt werden [12]. Wir empfehlen, die Infiltrationen ultraschallgesteuert durchzuführen, um den peritendinösen Raum sicher zu treffen. Zudem können Infiltrationen so nahezu schmerzfrei durchgeführt werden. Eine Sonderform stellt die Sklerosierungstherapie dar, um einsprossende Neogefäße zu verschließen. Bei hochgradiger Neovaskularisation führt sie zu einer schnellen Schmerzreduktion. Die Infiltrationen müssen streng extratendinös ultraschallgesteuert erfolgen und sollte nur von erfahrenen Therapeuten durchgeführt werden. Infiltrationen im Bereich der Sehne und der Bursa mit jeglicher Art von Kortikosteroiden sollten aufgrund einer möglichen mitunter verheerenden Schädigung der Sehne unbedingt vermieden werden (Abb. 2).

USGET, EPI
Bei der ultraschall-gesteuerte galvanische Elektrolyse-Therapie (USGET, EPI) werden Akupunkturnadeln US-gesteuert in der Tendinopathie platziert und darüber Mikroströme appliziert (Abb. 3). Diese Therapie stimuliert die Tenozyten zur Bildung von Kollagen. Je nach Schmerzhaftigkeit bei der Behandlung kann unmittelbar vorher die Sehne US-gesteuert mit einem Lokalanästhetikum umflutet werden, um ausreichend hohe Stromstärken erreichen zu können. So konnte eine schnellere Heilung als bei alleiniger Physiotherapie gezeigt werden, auch wenn sicher weitere Studien mit größeren Fallzahlen erforderlich sind [13].

Operative Verfahren
Im Falle des Scheiterns der konservativen Therapie stehen etablierte operative Verfahren sowohl zur Behandlung der MPT als auch der IT zur Verfügung. Diese umfassen die Tenolyse der Sehne selbst mit Entfernen der erkrankten Sehnenanteile als auch im Falle der IT der Haglund Exostose und möglicher intratendinöser Verkalkungen. In den letzten Jahren ist der Einfluss der häufig medial der Achillessehne verlaufenden Plantarissehne in den Fokus gerückt. So muss diese im Falle einer im medialen Pfeiler manifestierten MPT und mitunter sichtbarem Ligamentum anulare bzw. bestehenden Verwachsungen adressiert werden [14, 15].
Fazit
Die Behandlung der Tendinopathie der Achillessehne ist komplex. Differenzierte klinische und bildgebende Diagnostiken sind erforderlich, um eine genaue Diagnose zu stellen. Unterschieden werden müssen sowie hinsichtlich der Pathogenese als auch der Therapie die Mid-portion von der Insertionstendinopathie. In den letzten Jahren haben sich sowohl Nahrungsergänzungsmittel wie Curcuma, Boswellia und andere als auch neue Therapieverfahren, wie z. B. die ultraschall-gesteuerte Elektrolysetherapie neben den klassischen Verfahren etabliert. Operative Verfahren stehen im Falle des Scheiterns der konservativen Therapie zur Verfügung. Hier ist die durch Verwachsungen der Plantarissehne verursachte MPT in den Fokus gerutscht.
Literatur
[1] Paantjens, MA, Helmhout PH, Backx F, Martens M, van Dongen J, Bakker E: Intra- and Inter-Rater Reliability of Processing Ultrasound Tissue Characterization Scans in Midportion Achilles Tendinopathy. Transl Sports Med 2022 Jun 16: 2022: 9348298
[2] Mifsud, T, Gatt A, Micallef-Stafrace K, Chocklingam N, Padhiar N: Elastography in the assessment of the Achilles tendon: a systematic review of measurement properties. J Foot Ankle Res. 2023 Apr 27; 16(1):23
[3] Gatz M, Betsch M, Dirrichs T, Schrading S, Tingart M, Michalik R, Quack V: Eccentric and Isometrich Exercises in Achilles Tendinopathy Evaluated by the VISA-A Score and Shear Wave Elastography. Sports Health. 2020 Jul/ Aug; 12(4): 373-381
[4] Tsai WC, Yang YM: Fluoroquinolone-associated Tendinopathy. Gung Med J. 2011 Sep-Oct; 34(5): 461-7
[5] Jayaseelan DJ, Kecman M, Alcorn D, Sault JD: Manual therapy and eccentric in the management of Achilles tendinopathy. J Man Manip Ther. 2017 May; 25(2): 106-114
[6] Gumucio J, Schonk M, Kharaz Y, Comerford E, Mendias C: Scleraxis is required for the groth of adult tendons in response to mechanical loading. JCI Insight. 2020 Jul 9; 5(13)
[7] Dilger C, Chimenti R: Nonsurgical Treatment Options for Insertional Achilles Tendinopathy. Foot Ankle Clin 2019 Sep; 24(3): 505-513
[8] Breda S, Oei E, Zwerver J, Visser E, Waarsing E, Krestin G, de Vos RJ: Effectiveness of progressive tendon-loading exercise therapy in patients withpatellar tendinopathy: a randomized clinical trial. Br J Sports Med. 2021 May; 55(9): 501-509
[9] Milliards P, Cook J, Purdam C, Rio E: Patellar Tendinopathy: Clinical Diagnosis, Load Management and Advice for Challenging Case Presentatations. J Orthop Sports Phys Ther 2015; 45(11): 887-98
[10] Korakakis V, Whiteley R, Tzavara A, Malliaropoulos N: The effectiveness of extracorporeal shockwave therapy in common lower limb conditions: a systematic review including quantification of patient-rated pain reduction. Br J Sports Med 2018 Mar; 52(6): 387-407
[11] Mansur N, Matsunaga F, Carrazzone O, dos Santos B, Nunes C, Aoyama B, dos Santos P, Faloppa F, Tamaoki M: Shockwave Therapy Plus Eccentric Exercises Versus Isolated Eccentric Exercises for Achilles Insertional Tendinopathy: A Double-Blinded Randomized Clinical Trial. J Bone Joint Surg Am. 2021 Jul 21; 103(14): 1295-1302
[12] Folgi M, Giordan N, Mazzoni G: Efficacy and safety of hyaluronic acid (500-730 kDa) Ultrasound-guided injections on painful tendinopathies: a prospective, open label, clinical study. Muscles Ligaments Tendons J 2017. 2017 Sep 18; 7(2): 388-395
[13] Asensio-Olea L, Leiros R, Marquez-Sanchez M, Oliviera de Carvalho F, Maciel L: Efficacy of percutaneous electrolysis for the treatment of tendinopathies: A systematic review and meta-analysis. Clin Rehabil. 2023 Jun; 37(6): 747-759
[14] Alfredson H, Masci L, Spang C: Ultrasound and surgical inspection of plantaris tendon involvement in chronic painful insertional Achilles tendinopathy: a case series. BMJ Open Sport Exerc Med. 2021 Mar 22; 7(1)
[15] Masci L, Neal B, Bee W, Spang C, Alfredson H: Achilles Scraping and Plantaris Tendon Removal Improves Pain and Tendon Structure in Patients with Mid-Portion Achilles Tendinopathy-A 24 Month Follow-Up Case Serie. J Clin Med. 2021 Jun 18; 10(12): 2695
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Notfallmedizin. Er ist Inhaber der Praxis SPORTORTHO rheinmain in Bad Homburg und war langjähriger Mannschaftsarzt u. a. in der Fußball-Bundesliga (Eintracht Frankfurt, TSG 1899 Hoffenheim) und ist Kooperationsarzt verschiedener Vereine und Athleten insbesondere in den Bereichen Fußball, Leichtathletik, Handball, Bob.
ist Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnungen Akupunktur und Notfallmedizin. Sie ist in der SPORTORTHO rheinmain in Bad Homburg tätig und betreut Sportler verschiedener Disziplinen (Schwerpunkt Leichtathletik).
hat einen Masterabschluss im Bereich Sportphysiotherapie an der DSHS Köln gemacht. Sie leitet in der SPORTORTHO rheinmain in Bad Homburg den Bereich EMG und funktionelle Diagnostik. Dort behandelt und betreut sie Sportler insbesondere aus den Bereichen Leichtathletik, Fußball und Handball.