Der nachfolgende Artikel soll ein Update bezüglich der aktuell Anwendung von Hyaluronsäure (HA) und Plättchenreichem Plasma (PRP) sowie PRP-Derivaten (APC = autologes plättchen Konzentrat, ACS = autologes conditionertes Serum (wird mittlerweile auch BCS (Blood Clot Secretom) genannt) Abb. 1 + 2) im Rahmen von Injektionstherapien in der Sportmedizin geben und die bereits in der sportärztezeitung erschienenen Artikel zu diesem Thema ergänzen. Aber PRP ist nicht gleich PRP (Abb. 3).
In den Ausgaben 01/20 (Doyscher/Brucker), 01/21 (Wieber/Catala-Lehnen) und 02/21 (Uthoff und Dau) wurden das Thema Injektionstherapie bereits aus verschiedenen Blickwinkeln, wie beispielsweise die unterschiedlichen Aufbereitungen und Verwendung der o.g. Blutbestandteile für Injektionen, die technischen Aspekte der Injektion und die aktuelle Datenlage zur Injektionstherapie der Gonarthrose, beleuchtet. Ergänzend soll dieser Artikel den Einsatz von HA, PRP und den o.g. PRP-Derivaten in der heterogenen Gruppe der Weichteilverletzungen sowie die Anwendung von PRP und Hyaluronsäure im perioperativen Umfeld betrachten.
Einsatz bei Muskelverletzungen und Tendinopathien
Akute Muskelverletzungen beim Sportler sind häufig und die schnelle Rückkehr zur vollen Leistungsfähig ein relevantes Problem in der Sportmedizin. Trotz guter Evidenzlage für die Verwendung von PRP und ACS/BCS im Bereich der Grundlagenforschung und in Tiermodellen [1 – 3], konnte bisher eine erfolgreiche Übertragung dieser Ergebnisse in den klinischen Alltag nicht gelingen. Dies liegt im Wesentlichen an der Heterogenität der Verwendeten PRP-Varianten sowie der unterschiedlichen Applikationshäufigkeiten und -zeitpunkte in den jeweiligen Studien. So bliebt die akute Muskelverletzung nach wie vor ein Feld mit sehr unübersichtlicher Datenlage und zusammenfassend kann anhand der aktuell Evidenzlage keine sichere Empfehlung für die Anwendung von PRP oder PRP-Derivaten im Rahmen von akuten Muskelverletzungen ausgesprochen werden [4, 5]. Deutlich eindeutiger ist die Datenlage aktuell bezüglich der Behandlung von Tendinopathien. Insbesondere die Tendinopathie der Achillessehne sowie des Ligamentum patellae und die Epicondylitis humeri radialis (Tennisellenbogen) sind einer PRP- und APC-Therapie gut zugänglich.
In verschiedenen Metaanalysen konnte sowohl die Überlegenheit von PRP gegenüber Placebo [6] als auch eine Überlegenheit von leukozytenreichem-PRP gegenüber leukozytenarmem-PRP gezeigt werden [7].
Auch der Einsatz von Hyaluronsäure zeigt im Bereich der Grundlagenforschung positive Effekte auf Tenozyten, wie beispielweise eine gesteigerte Proliferation und eine gesteigerte Produktion der extrazellulären Matrix, was den Einsatz im Rahmen von Tendinopathien sinnvoll erscheinen lässt [8]. Eine aktuelle Metaanalyse aus 2023 konnte schließlich auch die Effektivität von Hyaluronsäure in Hinblick auf kurz- und mittelfristige Schmerzlinderung bei verschiedenen Tendinopathien, wie beispielsweise der Achillessehne oder des Ligamentum patellae zeigen [9]. Es stehen somit verschiedene effektive Therapieoptionen zur Verfügung, die das Zeitalter der lokalen Kortisonapplikation im Rahmen von Tendinopathien endgültig beenden sollten. Denn auch im Vergleich zu den leider nach wie vor eingesetzten Steroidinjektionen zeigt die PRP-Applikation beispielsweise bei der Epicondylitis eine signifikante Überlegenheit mit zwar langsamerem Wirkeintritt, jedoch geringeren Rezidivraten und weniger Komplikationen (weniger kortikale Erosionen und weniger Rupturen der gemeinsamen Extensorensehne im Vergleich zum Kortison) [10].
Bezüglich der perioperativen Anwendung von PRP im Rahmen von verschiedenen Eingriffen am Kniegelenk zeichnet sich ebenfalls ein zunehmend klareres Bild ab und folgende Empfehlungen können aktuell ausgesprochen werden:
- PRP als Adjuvanz im Rahmen von knorpelregenerativen Eingriffen zeigt zwar in Grundlagenarbeiten Vorteile bezüglich der Proliferation von Chondrozyten und der Produktion der extrazellulären
Matrix [11 – 13] und auch eine Metaanalyse zur Anwendung von PRP im Rahmen von Mikrofrakturierungen am Kniegelenk und am Sprunggelenk zeigte positive Effekte, die jedoch nicht die Grenze einer klinisch relevante Differenz überschreiten konnten [14]. - Die Anwendung von PRP im Rahmen von Meniskusrekonstruktionen zeigt trotz weiterhin heterogener Datenlage bezüglich der optimalen PRP-Variante sowie dem Timing der Applikation und teilweise eingeschränkter Studienqualität in einer aktuellen Metaanalyse eine Überlegenheit bezüglich Heilungsraten durch die ergänzende PRP Anwendung [15]. Die Anwendung sollte daher insbesondere im Rahmen von komplexen Meniskusrefixationen und eingeschränktem intrinsischem Heilungspotenzial als Adjuvanz erwogen werden.
- Keine ausreichende klinische Evidenz besteht zur Zeit für die Anwendung von PRP im Rahmen der VKB-Ersatzplastik. Zwar berichten einzelne Studien Anzeichen für eine MR-morphologisch verbesserte Transplantateinheilung und ein geringeres Tunnelwidening, ein signifikanter klinischer Vorteil konnte jedoch nicht gezeigt werden [16, 17].
Fallbeispiel
23-jähriger sehr ambitionierter Skifahrer, Patellatendinopathie, frustrane konservative Therapie mittels Physiotherapie, Analgetika und orale Kortisontherapie. Zuweisung in unsere Praxis. 3-malige APC Therapie im wöchentlichen Abstand unter Sonographiekontrolle, Wiedervorstellung nach 6 Wochen, deutliche Verbesserung der Beschwerden. Aufgrund von Restbeschwerden für eine 4. APC Injektion. Nach 10 Wochen Sportler nahezu beschwerdefrei und Aufnahme der sportlichen Aktivität.
Literatur
- Hammond, J.W., et al. Use of autologous platelet-rich plasma to treat muscle strain injuries. Am J Sports Med. 2009;37:1135-42.
- Wright-Carpenter, T., et al. Treatment of muscle injuries by local administration of autologous conditioned serum: animal experiments using a muscle contusion model. Int J Sports Med. 2004;25:582-7.
- Tsai, W.C., et al. Platelet-Rich Plasma Releasate Promotes Regeneration and Decreases Inflammation and Apoptosis of Injured Skeletal Muscle. Am J Sports Med. 2018;46:1980-1986.
- Hamid, M.S., A. Yusof, and M.R. Mohamed Ali. Platelet-rich plasma (PRP) for acute muscle injury: a systematic review. PLoS One. 2014;9:e90538.
- Setayesh, K., et al. Treatment of Muscle Injuries with Platelet-Rich Plasma: a Review of the Literature. Curr Rev Musculoskelet Med. 2018;11:635-642.
- Miller, L.E., et al. Efficacy of platelet-rich plasma injections for symptomatic tendinopathy: systematic review and meta-analysis of randomised injection-controlled trials. BMJ Open Sport Exerc Med. 2017;3:e000237.
- Fitzpatrick, J., et al. The Effectiveness of Platelet-Rich Plasma Injections in Gluteal Tendinopathy: A Randomized, Double-Blind Controlled Trial Comparing a Single Platelet-Rich Plasma Injection With a Single Corticosteroid Injection. Am J Sports Med. 2018;46:933-939.
- Oliva, F., et al. The Impact of Hyaluronic Acid on Tendon Physiology and Its Clinical Application in Tendinopathies. Cells. 2021;10.
- Khan, M., et al. The Role of Hyaluronic Acid for Soft Tissue Indications: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Health. 2023;15:86-96.
- Ben-Nafa, W. and W. Munro. The effect of corticosteroid versus platelet-rich plasma injection therapies for the management of lateral epicondylitis: A systematic review. SICOT J. 2018;4:11.
- Akeda, K., et al. Platelet-rich plasma stimulates porcine articular chondrocyte proliferation and matrix biosynthesis. Osteoarthritis Cartilage. 2006;14:1272-80.
- Braun, H.J., et al. The effect of platelet-rich plasma formulations and blood products on human synoviocytes: implications for intra-articular injury and therapy. Am J Sports Med. 2014;42:1204-10.
- Spreafico, A., et al. Biochemical investigation of the effects of human platelet releasates on human articular chondrocytes. J Cell Biochem. 2009;108:1153-65.
- Boffa, A., et al. Platelet-Rich Plasma Augmentation to Microfracture Provides a Limited Benefit for the Treatment of Cartilage Lesions: A Meta-analysis. Orthop J Sports Med. 2020;8:2325967120910504.
- Li, Z. and X. Weng. Platelet-rich plasma use in meniscus repair treatment: a systematic review and meta-analysis of clinical studies. J Orthop Surg Res. 2022;17:446.
- Di Matteo, B., et al. Biologic agents for anterior cruciate ligament healing: A systematic review. World J Orthop. 2016;7:592-603.
- Lv, Z.T., et al. The efficacy of platelet rich plasma on anterior cruciate ligament reconstruction: a systematic review and meta-analysis. Platelets. 2022;33:229-241.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und arbeitet am Orthopaedicum – Orthopädisches Facharztzentrum Lich & Giessen. Er ist Mitglied Research-Komitee der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA).
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung Spezielle Orthopädische Chirurgie, Sportmedizin, Manuelle Medizin, Notfallmedizin, RöntgenDiagnostik Skelett. Er leitet das Orthopaedicum - Orthopädisches Facharztzentrum Lich & Giessen.