Körperliche Aktivität hat einen hohen Stellenwert in der Aufrechterhaltung und Förderung unserer Gesundheit: Es ist hinreichend wissenschaftlich belegt, dass eine Lebensstilmodifikation mit dem Fokus auf regelmäßige Aktivität das Auftreten von zahlreichen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen, verringert und darüber hinaus die Gesamtmortalität reduziert [1, 2].
Körperliche Inaktivität auf der anderen Seite ist ein wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch zahlreicher weiterer Krankheitsbilder: Eine amerikanische Studie im Zusammenhang mit der Corona Pandemie konnte z. B. Bewegungsmangel als einen der wichtigsten Risikofaktoren für einen schweren Erkrankungsverlauf identifizieren [3]. Diese Erkenntnis des „Sitzen als neues Rauchen“ mit einem wachsenden Gesundheitsbewusstsein finden wir im Alltag vor allem bei den „Mid-Agern“ (35 – 50 Jahre) und „Masters“ (> 50 Jahre), sodass wir in Verbindung mit der allgemeinen demographischen Entwicklung eine ansteigende Anzahl sportlich aktiver Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter erwarten.
Den positiven Effekten gegenüber stehen Risiken, die eine vermehrte körperliche Aktivität mit sich bringen kann. Besonders dramatisch und entsprechend medial präsent ist dabei die Gefahr des „Sudden Cardiac Death (SCD)“ bzw. „Sudden Cardiac Arrest (SCA)“, wie während der Fußball Europameisterschaft, als der Däne Christian Eriksen kollabierte und nach kardiopulmonaler Reanimation stabilisiert werden konnte. Solche Fälle sind selten, Inzidenzen schwanken zwischen 1/5000 Athleten und 1/1mio Athleten pro Jahr, je nach Alter, Sportart und Geschlecht. Während der Plötzliche Herztod in der Gruppe der < 35 Athleten ursächlich meist auf eine angeborene/ strukturelle Herzerkrankung zurückgeht, ist die Koronare Herzerkrankung die führende Ätiologie bei den > 35 jährigen „Mid Agern“ [7].
Risikofaktoren für einen Sport-Assoziierten plötzlichen Herztod
- Männliches Geschlecht
- Afrikanische Ethnie
- „Start-Stop-Sportarten“ (Basketball, Fußball)
- Sportlicher Neu- und Wiedereinstieg
- Unverhältnismäßige/ungewohnt hohe Intensität
- zunehmendes Lebensalter
- (subklinische) kardiovaskuläre Vorerkrankungen
Der demographisch bedingt steigenden Zahl älterer Athleten steht eine zunehmende Trainingsbereitschaft gegenüber. In der „Pace Studie“ hatte ein Viertel der befragten Marathonläufer erst innerhalb der letzten fünf Jahre mit dem Training begonnen [5]. Mit dieser Entwicklung des Marathonlaufens zum Breitensport wachsen auch die Ambitionen der Sportler, insbesondere der „Masters“: 2012 waren beim IRONMAN in Frankfurt (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen) 427 der insgesamt 2.885 Teilnehmer über 50 Jahre, entsprechend einem Anteil von 15 %. 2019 ist dieser Anteil bereits auf 27 % angestiegen.
Prävention durch Screening
Dem Aufruf zu mehr Bewegung und dem Nutzen körperlicher Aktivität steht bei vermehrter Leistungsbereitschaft entsprechend ein Sicherheitsaspekt gegenüber, der durch Screening Strategien und sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen an der richtigen Stelle bedient werden kann. Körperliche Aktivität in leichter bis moderater Intensität stellt kein erhöhtes Risiko für unser Herz-Kreislauf-System dar, sodass eine vorherige Sporttauglichkeitsuntersuchung aus medizinischer Sicht nicht obligat ist [4]. Für die Gruppe der > 35jährigen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin (DGSP) vor Beginn einer intensiven Aktivität zumindest eine ärztliche Anamnese und eine Untersuchung inklusive Blutdruckmessung und Ruhe-EKG [6]. Eine ergänzende, fakultative Laboruntersuchung komplettiert die Risikostratifizierung in Ruhe und erlaubt über ein Score-System die Einteilung in Risikogruppen (z. B. ESC-Score).
Bei Vorliegen von Beschwerden, kardiovaskulärer Risikofaktoren bzw. Vorerkrankungen oder vor Aufnahme eines intensiven/kompetitiven Sports ist auch eine Belastungsuntersuchung und eine Echokardiographie indiziert [4, 6]. Optional kann die Belastung in Form einer Spiroergometrie durchgeführt werden. Diese hat neben der medizinischen Aussagenkraft in Bezug auf mögliche kardiale oder respiratorische Limitationen den Vorteil einer sportwissenschaftlichen Beurteilbarkeit. So können Trainingsbereiche abgeleitet und gezielte Trainingsanweisungen formuliert werden, um dem Sicherheitsaspekt auf der einen Seite, aber auch einer Trainingseffektivität bei ehrgeizigen Zielen auf der anderen Seite Rechnung zu tragen. Bei Auffälligkeiten in der Basisuntersuchung oder dem klinischen Verdacht auf eine strukturelle Herzerkrankung kommt eine erweiterte Diagnostik zum Einsatz. Aufgrund der altersabhängig unterschiedlichen Ätiologie möglicher kardialer Ereignisse unterscheidet sich auch der weitere Untersuchungspfad. Die kardiale MRT kommt in allen Altersgruppen zum Einsatz. Bei Verdacht auf eine strukturelle Herzerkrankung erlaubt sie eine zuverlässige Abgrenzung sportspezifischer Veränderungen („Sportlerherz“) von strukturellen Auffälligkeiten z. B. einer HCM oder DCM [7], zudem stellt sie einen Grundpfeiler der ARVC- Diagnostik und den Goldstandard zur Diagnose einer Myokarditis dar [7].
Mit zunehmendem Lebensalter ist die KHK ätiologisch führend beim Auftreten des plötzlichen Herztodes, sodass eine sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung bei Athleten ab 35 immer das Risiko für eine Koronarsklerose sowie das (subklinischen) Vorliegen einer solchen evaluieren sollte. Eine erweiterte Abklärung bei Auffälligkeiten in der Basisdiagnostik oder einem deutlich erhöhten kardiovaskulärem Risiko kann z. B. mittels CT-Angiographie erfolgen [4]. Diese erlaubt bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit einen zuverlässigen Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung. Durch die funktionelle Beurteilung im Rahmen eines „Stress-MRTs“ können zudem Rückschlüsse auf die hämodynamische Relevanz koronarer Stenosen gezogen werden, sodass die Untersuchungsmodalität auch bei Patienten mit bereits bestehender koronarer Herzerkrankung nützlich und prognostisch verwertbar ist.
Fazit
Sportliche Ambitionen lassen sich auch im mittleren und höheren Lebensalter realisieren: Durch gezieltes Training kann auch bei (Wieder-)einstieg nach dem 50. Lebensjahr der physiologische Abbau unserer Leistungsfähigkeit verlangsamt und die körperliche Fitness aufrechterhalten werden. Vor Beginn sollte eine sportmedizinische Untersuchung mit Risikostratifikation erfolgen. Diese kann durch Anwendung einer CPET neben der medizinischen Aussagenkraft auch einen trainingswissenschaftlichen Mehrwert bieten. Weiterführende Untersuchung, wie die kardiale MRT oder die CT-Angiographie, ergänzen die Basisuntersuchung bei erhöhtem Risiko, bestehenden Vorerkrankungen oder Auffälligkeiten.
Literatur
[1] Eckel RH et al. 2013 AHA/ACC Guidelines on lifestyle management to reduce cardiovascular risk: a report of the American College of Cardiology/ American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol 2014; 63:2960 – 84
[2] Sang-Woo J et al. Mortality reduction with physical activity in patients with and without cardiovascular disease. Eur Heart J 2019; 40, 3547 – 3555
[3] Sallis R et al. Physical inactivity is associated with a higher risk for severe COVID-19 outcomes: a study in 48440 adult patients. B J Sports Med Epub doi:10.1136/bjsports-2021-104080
[4] Pelliccia A et al. 2020 ESC Guidelines on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease. The Task Force on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease of the European Society of Cardiology (ESC). European Heart Journal (2020) 00, 1 – 80
[5] Leyk D et al. Physical Performance in Middle Age and Old Age: good news for our sedentary and aging society. Dtsch Artebl Int 2010; 107(46): 809 – 16
[6] S1-Leitlinie Vorsorgeuntersuchung im Sport: DGSP 2007
[7] Galderisi M et al. The multi-modality cardiac imaging approach to the Athlete’s heart: an expert consensus of the European Association of Cardiovascular Imaging. Eur H J- Cardiovascular Imaging (2015) 16, 353
Autoren
ist Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie mit Zusatzbezeichnung Sportmedizin & Sportkardiologie (Stufe 3). Sie ist Oberärztin der Klinik für Kardiologie und Angiologie im Elisabeth Krankenhaus Essen & ärztliche Leiterin des Zentrums für Sportmedizin. Dazu ist sie noch selber aktive Triathletin (Schwerpunkt Mittel- und Langdistanz) & Läuferin.
ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Er ist Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Angiologie, Elisabeth-Krankenhaus Essen, Contilia Herz- und Gefäßzentrum. Weitere Qualifikationen u.a.: Level 3 Accreditation in CMR: Society of Cardiovascular MR (SCMR), European Society of Cardiology (ESC), DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und Herz-Kreislaufforschung).