Ein schmerzendes Sprunggelenk schränkt die Mobilität erheblich ein und verhindert so weitere sportliche Aktivität und oft auch alltägliche und berufliche Tätigkeiten. Jeder Patient, der einmal in seinem Leben eine solche Sprunggelenksverletzung erlitten hat, wünscht sich eine schnelle Behandlung und reibungslose Genesung, um den Alltag möglichst bald wieder wie früher bewältigen zu können.
Vor allem Sportler, egal ob Freizeit- oder Leistungssportler, wollen so schnell als möglich wieder auf das alte Leistungsniveau zurückzukehren. Die schmerzreiche Zeit nach der Verletzung, gefolgt von aufwändigen Operationen und arbeitsintensiven Rehabilitationsphasen hinterlassen jedoch tiefgehende Verunsicherungen beim Patienten. In diesem Artikel sollen moderne Behandlungsmethoden aufgezeigt werden, die es dem Arzt ermöglichen, die Verletzung effektiv zu behandeln und die Verunsicherungen der Patienten zu beseitigen.
Patientenbeispiel
Ein 28-jähriger Fußballer und Tennisspieler (Peter K.) erlitt beim Ausüben dieser Sportarten bereits mehr als zehn Distorsionstraumatas des Sprunggelenkes. Die aufgetretenen Knorpelschäden am Talus und die Sprunggelenksinstabilität wurden in einer komplexen Sprunggelenkoperation wiederhergestellt. Die operativen Behandlungsstrategien werden dabei grob unterteilt in knochenmarkstimulierende, knorpelreparative und knorpelregenerative Maßnahmen. In den letzten Jahren bekommen Injektionen mit Hyaluronsäurepräparaten und plättchenreichem Plasma (Platelet Rich Plasma – PRP) Präparaten eine vermehrte Aufmerksamkeit bei der Behandlung von osteochondralen Läsionen am Talus.
Plättchenreiches Plasma – PRP
PRP, in der Regel durch Zentrifugation aus Vollblut hergestellt, ist durch eine erhöhte Konzentration an Thrombozyten gekennzeichnet und folglich auch einer erhöhten Konzentration der darin enthaltenen Wachstumsfaktoren.
Wird PRP in die betroffene Region injiziert, wirkt sich die erhöhte Wachstumsfaktorenkonzentration positiv auf die Zellproliferation, Differenzierung, Chemotaxis, und Angiogenese aus. Beeinträchtigte Heilungsmechanismen kommen wieder in Gang und die Heilung des betroffenen Gewebes wird stimuliert.
Anwendung bei der Knochenregeneration
Wie in anderen Geweben wirkt sich PRP auch bei der Knochenheilung positiv auf die Zellproliferation, Differenzierung, Chemotaxis und Angiogenese aus. Bei einer Lebenszeit der Thrombozyten von 7 – 10 Tagen geht man davon aus, dass PRP eher die frühe Knochenheilung unterstützt, als dass es die späte Knochenformation beeinflusst. Es gibt zunehmend Beweise dafür, dass die thrombozyteninduzierte Entzündung eine tragende Roll bei der Frühphase der Heilung spielt, und dass es ohne sie zu keiner effektiven Regeneration kommen kann. Bei überschießender Entzündung wird die Heilung jedoch negativ beeinflusst. Hier wirkt sich PRP speziell durch die Wachstumsfaktoren TGF-β1, IL-4, HGF und TNF-α positiv, sowohl auf das Ausmaß als auch auf die Dauer der Entzündung aus, sodass die Heilung frühzeitig in die richtigen Bahnen gelenkt wird.
Anwendung bei Knorpel-Läsionen
Wird Knorpel beschädigt, verfügt er aufgrund seiner inhärenten Avaskularität nur über ein sehr eingeschränktes Selbstheilungspotenzial, welches dann zu Knorpelläsionen und Osteoarthritis führt. Zahlreiche Wachstumsfaktoren spielen jedoch bei der Entwicklung und der Homeostase des Knorpels eine zentrale Rolle, was den Einsatz von PRP bei der Knorpelregeneration nahelegt. Anabole Faktoren wie z. B. TGF-ß1 oder IGF-I stimulieren die Chondrozyten Proteoglykane, Aggrekane und Kollagen II zu synthetisieren. Sie induzieren die Proliferation von Synovizyten und mesenchymalen Stammzellen. Gleichzeitig werden die katabolen Effekte von beispielsweise Interleukin 1 (IL-1) oder den Matrixmetalloproteasen (MMPs) verringert.
Chondrale Läsionen und osteochondrale Läsionen des Talus
Therapie
Knorpelläsionen größer als 1,5 cm werden in der Regel durch Autograft Techniken oder wenn möglich durch autologe Chondrozyten Implantation versorgt. Zeigt sich ein intaktes, chondrales Fragment mit mind. 3 mm Dicke, kann eine Refixation mit einer bioresorbierbaren Kompressionsschraube, bioresorbierbaren Darts oder Pins erfolgen. Die Therapie von osteochondralen Läsionen erfordert im Regelfall sowohl einen Aufbau des verletzten Knochenbereiches als auch eine Versorgung des betroffenen Knorpelareals.
Operatives Vorgehen
Minced Cartilage Prozedur (Autocart Fa. Arthrex). Bei der chondralen Läsion ist darauf zu achten, dass der Knorpeldefekt entsprechend debridiert und vorbereitet wird. Auf steile gesunde Knorpelränder ist zu achten. Knorpelfragmente werden mittels eines 3 mm Shavers aus dem Knorpelrand gewonnen. Alternativ können benötigte Knorpelchips auch von nichtlasttragenden Bereichen am Knie entnommen werden. Gesammelt werden die Fragmente im GraftNet Gewebekollektor und werden anschließend in eine 1 ml Spritze mit Luerlockanschluss überführt. Die Knorpelfragmente werden dann über einen female zu female Adapter mit PRP in einem Verhältnis von 3:1 gemischt. Zum einen entsteht dadurch eine homogene pastöse Masse, zum anderen beinhaltet das ACP das zum Gerinnen notwendige Fibrinogen. Die 1 ml Spritze wird mit der Applikationskanüle verbunden und die Fragmente werden in die Kanüle überführt. Anschließend werden die Fragmente vorsichtig mit dem Trokar der Kanüle zur Kanülenspitze gedrückt, bis sie in der Öffnung erscheinen. Die Arthroskopieflüssigkeit sollte dann aus dem Sprunggelenk abgesaugt werden und die Läsion so gut wie möglich getrocknet werden. Nun wird mit dem Trokar das Fragmentgemisch vorsichtig nach vorne geschoben und in den Defekt appliziert. Die Fragmentpaste wird anschließend vorsichtig tropfenweise mit der parallel hergestellten, autologen Thrombinlösung überschichtet. Zur Herstellung dieser Thrombinlösung werden lediglich die biochemischen Eigenschaften zentraler Komponenten der Gerinnungskaskade genutzt. Durch die Verbindung des in der Paste enthaltenen Fibrinogen und dem applizierten Thrombin entsteht ein stabiler Klot, der das Gemisch in der Läsion hält. Zur Versiegelung wird zuletzt das PRP mit Thrombin in einem Verhältnis von 1:1 gemischt und zügig, tropfenweise auf die Läsion appliziert. Nach kurzer, ca. 2-minütiger Wartezeit, in der die induzierte Koagulation stattfindet, sollte das Gelenk vorsichtig durchbewegt werden, um die Kongruenz der Gelenkpartner zu überprüfen. Bei der Versorgung einer osteochondralen Läsion wird nach der Spongiosaplastik der obengenannte stabile Klot, bestehend aus fragmentiertem Knorpel und PRF auf die Spongiosaplastik aufgelegt und fixiert. Auch hier sollte nach dem Einbringen das Gelenk vorsichtig durchbewegt werden, um die Kongruenz der Gelenkpartner zu überprüfen. Der Patient wird postoperativ für sechs Wochen in einem Walker mit 20 kg Teilbelastung versorgt. Eine Bewegungsschiene mit einem Bewegungsausmaß Dorsalfektion/Plantarflexion 20-0-20 wird empfohlen. Lymphdrainage und falls notwendig Schmerzmittel sollten rezeptiert werden.
Minimalinvasive Rekonstruktion der Bänder am Sprunggelenk
Neben dem Knorpelschaden muss auch der Grund dieser Schäden beachtet werden. Insbesondere Instabilitäten und Achsfehlstellungen müssen berücksichtigt werden, um ein Einwachsen des Knorpels zu gewähren. Sechs Wochen nach der OP war Peter K. wieder in der Lage, nach Vorgaben die Belastung auf sein operiertes Sprunggelenk zu steigern. Nach acht Wochen konnte er wieder normal auf dem Fuß auftreten. In diesem Zeitraum von der OP bis zur Vollbelastung spielt die physiotherapeutische Übungsbehandlung durch erfahrene Krankengymnasten eine wichtige Rolle. Im Regelfall werden direkt nach der OP abschwellende Maßnahmen durchgeführt, dann wird die Beweglichkeit langsam gesteigert und mithilfe des Physiotherapeuten eine Gangschule zunächst mit und dann ohne Krücken durchgeführt. Mit dem Physiotherapeuten werden auch Aufbauübungen für die umgebende Muskulatur durchgeführt, um allzu große Stabilitätsverluste des Gelenkes durch die lange Zeit des Liegens zu vermeiden. Die Frage, die sich im Anschluss stellt, ist: Wann ist der Patient wieder bereit, die Belastung zu steigern oder gar sportartspezifisches Training aufzunehmen? In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass dies ohne objektive Daten nur schwer zu beurteilen ist. Faktoren wie Schmerzfreiheit und ein reizfreies Gelenk verstehen sich von selbst vor Aufnahme eines körperlichen Trainings oder einer längeren Belastung. Wie sieht es aber aus mit der Stabilität der Beinachse, der Stabilität der Lenden-Becken-Hüftregion? Sind muskuläre Dysbalancen vorhanden, bestehen also Kraftdefizite im Seitenvergleich?
Hierzu bedarf es einer Bewegungsanalyse durch Sportwissenschaftler und Sportphysiotherapeuten, die in der Lage sind, die Gelenke in der Bewegung zu untersuchen und in ihrer natürlichen Bewegung möglichst genau zu beurteilen, um somit das Leistungsprofil des Patienten genau und umfassend zu bestimmen und alle Parameter in Echtzeit, wenn möglich sportartspezifisch zu messen. Gerade in der frühen Rehaphase, vor Beginn des Rehatrainings, ist eine aktuelle und genaue Momentaufnahme des Leistungsstandes von großem Nutzen, denn auf dieser Grundlage lässt sich dann der für den Patienten individuell und sportartspezifisch notwendige Trainings- und Bewegungsplan anpassen, um die bestehenden Defizite gezielt anzugehen. Für Peter K. bedeutete dies, dass er auch nach der OP an hochmodernen Geräten mit speziellen Tests nachbehandelt wurde.
So konnte der aktuelle Leistungsstand seines Gelenkes und der gesamten Bewegungskette des Beins mit wissenschaftlicher Genauigkeit bestimmt werden. Dies folgt anhand moderner Maßsysteme wie z. B. dem Speed Court oder der Kraftanalyse zum Ermitteln von Seitendifferenzen, Kontaktzeiten, Wendezeiten, Explosivkraft und vieles mehr. In den Bewegunganalysen zeigte sich, dass Peter K. aufgrund einer instabilen Lenden-Becken-Hüftregion auf der vorher betroffenen rechten Seite, einen unterschiedlich starken ausgebauten Muskelapparat hatte. Diese muskuläre Dysbalance galt es, vor einer Aufnahme seines Tennistrainings auszugleichen, um nicht wieder den Bandapparat des rechten Sprunggelenks übermäßig zu beanspruchen und ein erneutes Umknicken und die damit einhergehende Gefahr, den reparierten Knorpel erneut zu verletzen, zu vermeiden.
Fazit
Peter K. konnte aufgrund dieser angepassten Bewegungs- und Trainingspläne nach sechs Monaten wieder zu seinen Tennissport auf ehemaliges Leistungsniveau zurückkehren. Regelmäßige Nachuntersuchungen helfen ihm, evtl. erneut aufgetretene muskuläre Defizite zu erkennen und gegen sie vorzugehen. Das erneute Verletzungsrisiko in Alltag und Beruf ist dadurch verringert. Insbesondere weiß der Patient, was er sich an seinem Gelenk zumuten kann.
Literatur beim Verfasser
Autoren
ist seit 2005 Gesellschafter im sporthopaedicum. Sein Schwerpunkt ist die konservative und operative Versorgung von Erkrankungen und Verletzungen des Sprunggelenkes und Fußes. Zudem beschäftigt er sich intensiv mit der Behandlung von Sportverletzungen und ist Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Arthroskopie und offene Gelenkchirurgie (AGA).