Gesunde Menschen in Deutschland nehmen in der Regel ausreichend Vitamine und Mineralstoffe über eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung zu sich. Eine der wenigen Ausnahmen ist unter bestimmten Bedingungen Vitamin D – wichtig für Knochen, Muskelkraft und das Immunsystem.
Im Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankungen wurde in den letzten Monaten viel darüber diskutiert, ob Nahrungsergänzungsmittel die individuelle Immunabwehr verbessern und schwere Verläufe abschwächen können. Alle bisher zu diesem Thema durchgeführten Studien zeigen, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen wichtig für die Immunfunktion des Menschen ist. In Zeiten erhöhter Aktivität von viralen Erkältungs- und Atemwegserkrankungen ist daher eine abwechslungsreiche Ernährung mit viel vitamin- und mineralstoffreichem Obst und Gemüse besonders wichtig. Es gibt aber bislang keine Studien, die belegen, dass eine über den Bedarf hinausgehende Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen gesundheitsförderlich ist. Da die gesunde Bevölkerung in Deutschland über eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung im Allgemeinen ausreichend Vitamine und Mineralstoffe aufnimmt, besteht in der Regel kein Grund für eine zusätzliche Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen durch Nahrungsergänzungsmittel. Eine Ausnahme bildet unter bestimmten Bedingungen Vitamin D.
Beobachtungstudien zeigen, dass COVID-19-Patientinnen und -Patienten, insbesondere schwer Erkrankte, häufig zu geringe Vitamin D-Konzentrationen im Blut aufweisen. Es ist aber meist unklar, ob die niedrigen Vitamin D-Serumspiegel bereits vor der Erkrankung vorlagen oder erst durch die Infektion verursacht wurden. Einige Beobachtungsstudien und Interventionsstudien weisen darauf hin, dass sich die Einnahme von Vitamin D-Präparaten positiv auf den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung auswirken kann. Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist die Datenlage jedoch auch hier noch unzureichend (DGE, 2021), um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung abzuleiten. Gründe dafür sind unter anderem das Studiendesign und die Studiendurchführung. Außerdem wurden weitere Risikofaktoren für eine COVID-19-Erkrankung zum Teil nur unzureichend berücksichtigt, darunter hohes Alter, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas und Bluthochdruck.
Es ist wissenschaftlich unstrittig, dass eine ausreichende Vitamin D-Versorgung zur normalen Funktion des Immunsystems beiträgt. Auch zeigen Studien, dass Menschen mit einer unzureichenden Vitamin D-Versorgung ein erhöhtes Risiko für akute Atemwegsinfekte aufweisen und von der Gabe von Vitamin D-Präparaten profitieren können. Für Personen mit einem angemessenem Vitamin D-Status konnte ein solcher Nutzen bisher nicht belegt werden. Eine generelle Empfehlung zur Vorbeugung von akuten Atemwegserkrankungen durch die Einnahme von Vitamin D-haltigen Präparaten ist daher derzeit nicht begründbar.
Trotzdem ist eine gute Vitamin D-Versorgung wichtig. 25-Hydroxy-Vitamin-D-Serumwerte von mindestens 50 Nanomol pro Liter – oder in der oft verwendeten Einheit Nanogramm pro Milliliter: mindestens 20 Nanogramm pro Milliliter – spiegeln eine wünschenswerte Versorgung wider. Am besten kann man diese durch die Eigensynthese der Haut erreichen. Bei ausreichender Sonnenlichtbestrahlung trägt die körpereigene Bildung in der Haut zu 80 bis 90 Prozent zur Vitamin D-Versorgung bei ( Für Säuglinge gelten besondere Bedingungen (ärztlich kontrollierte Vitamin D-Prophylaxe mit 10- 12,5 Mikrogramm pro Tag), da Säuglinge nicht einer direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden sollen). Körperliche Bewegung und Aktivität im Freien stärken außerdem Muskeln und Knochen. Darüber hinaus wird empfohlen, ein- bis zweimal pro Woche fetten Seefisch wie z. B. Hering oder Lachs zu verzehren.
Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln
Allerdings erreicht nicht jeder ausreichende Vitamin D-Spiegel durch die körpereigene Bildung unter Sonnenbestrahlung. Insbesondere in den Wintermonaten kann daher eine zusätzliche Aufnahme von Vitamin D für bestimmte Personengruppen sinnvoll sein. Wer Vitamin D ergänzen möchte, sollte auf Nahrungsergänzungsmittel mit bis zu 20 Mikrogramm Vitamin D (800 Internationale Einheiten) pro Tag zurückgreifen, da diese Dosis nicht mit gesundheitlich bedenklichen Effekten verbunden ist.
Die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln kann vor allem für Menschen sinnvoll sein, die einer Risikogruppe für eine unzureichende Vitamin D-Versorgung angehören. Zu den Risikogruppen gehören Personen, die sich kaum oder gar nicht im Freien aufhalten (können) oder – etwa aus kulturellen oder religiösen Gründen – nur mit gänzlich bedecktem Körper nach draußen gehen. Außerdem zählen Menschen mit einer dunklen Hautfarbe zu den Risikogruppen, da sie durch den hohen Gehalt des Hautpigments Melanin weniger Vitamin D bilden können als Menschen mit heller Haut. Eine weitere wichtige Risikogruppe können ältere Menschen sein, weil die Vitamin D-Bildung im Alter deutlich abnimmt. In der älteren Bevölkerung gibt es zusätzlich oft bewegungseingeschränkte, chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen, die sich kaum oder gar nicht im Freien bewegen (können). Insbesondere bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimeinrichtungen kann daher ein Vitamin D-Mangel verbreitet sein. Für diese Risikogruppe sollte daher eine generelle Supplementierung mit Vitamin D bis zu 20 Mikrogramm pro Tag erwogen werden. Aus ärztlich diagnostizierter Sicht können in bestimmten Fällen höhere Gaben indiziert sein. Parallel zur Supplementierung sollte eine regelmäßige Kontrolle der Serumspiegel erfolgen.
Im Falle der zusätzlichen Aufnahme von Vitamin D über Nahrungsergänzungsmittel ist zu
berücksichtigen, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine tolerierbare Gesamtzufuhrmenge (Tolerable Upper Intake Level, UL) für Vitamin D in Höhe von 100 Mikrogramm (4.000 Internationale Einheiten) pro Tag für Erwachsene und Kinder ab 11 Jahren abgeleitet hat. Für jüngere Kinder von 1 bis 10 Jahren wurden 50 Mikrogramm (2.000 Internationale Einheiten) pro Tag abgeleitet. Diese tolerierbare Gesamtzufuhrmenge bezieht sich auf die Aufnahme aus allen Lebensmittelquellen, einschließlich Vitamin D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Der UL stellt keine Zufuhrempfehlung dar. Bei einer regelmäßigen täglichen Aufnahme von Vitamin D oberhalb des UL steigt das Risiko für unerwünschte Wirkungen wie z. B. die Bildung von Nierensteinen oder Nierenverkalkung. Dies ist bei den üblichen Ernährungsgewohnheiten derzeit nur durch die Einnahme von hochdosierten Vitamin D-Präparaten möglich.
Aus medizinischen Gründen, d. h. im Rahmen einer ärztlichen Behandlung, können jedoch höhere Vitamin D-Zufuhrmengen nötig sein. Die Einnahme höherer Dosierungen, insbesondere sehr hoher Mengen, sollte nur unter ärztlicher Kontrolle und unter Berücksichtigung des individuellen Vitamin D-Status erfolgen. Fallberichte haben gezeigt, dass die unkontrollierte Einnahme von Vitamin D Präparaten in Eigenregie in sehr hohen Dosen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann, wie z. B. akutes Nierenversagen. Nahrungsergänzungsmittel sind nicht dazu bestimmt, eine Erkrankung zu heilen oder zu lindern. Nahrungsergänzungsmittel sind keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel, die die normale Ernährung ergänzen können. Sie müssen sicher sein und dürfen keine gesundheitlich unerwünschten Wirkungen haben.
Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema Nahrungsergänzungsmittel, Vitamin D und COVID-19
A-Z-Index Nahrungsergänzungsmittel
Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin D
Ausgewählte Fragen und Antworten zum Coronavirus
Informationen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zum Thema Vitamin D und COVID-19
www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/vitamin-d-und-covid-19/
www.dge.de/presse/pm/vitamin-d-und-covid-19/
Originalveröffentlichung: Bundesinstitut für Risikobewertung
ANMERKUNG DER SPORTÄRZTEZEITUNG: Noch in 2021 werden wir ein KOL-Board zur Thematik Vitamin D3 und K2 planen, um hier weitere Erfahrung innerhalb einer Gruppe der Sportmedizin zu teilen, weiterzuentwickeln und nach vorne zu bringen.
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