Bildunterschrift: Zehn Charakteristiken für gutes interdisziplinäres Arbeiten nach Nancarrow et al. 2013
Das vorrangige Ziel von Nachwuchsleistungszentren ist die Entwicklung von Spielern für die erste Mannschaft oder zumindest das Erzielen von Einnahmen durch den Transfer von marktfähigen Jugendspielern [13]. Die Investition in die Ausbildung von Akademiespieler entwickelt sich daher zu einer zentralen strategischen Komponente für Lizenzvereine. Auf dieser Grundlage führte die UEFA offizielle Richtlinien für europäische Fußballvereine ein, die Mindestanforderungen an die Vereinsinfrastruktur festlegt [2, 3].
Dies führt zu ähnlichen Organisationsstrukturen und struktureller Einheitlichkeit unter den Profivereinen in ganz Europa, was den Bedarf unterstreicht, ihr operatives Verhalten zu analysieren, anstatt weitere strukturelle Analysen durchzuführen [1, 4]. Mehre Forschungsgruppen beschreiben die Notwendigkeit einer intensivierten interdisziplinären Arbeit zwischen der medizinischen und der sportwissenschaftlichen Abteilung, anstatt in einzelnen Bereichen zu arbeiten [4, 10]. Dies fördert das interdisziplinäre Engagement für die Entwicklung des heranwachsenden Sportlers und kann zu einer Weiterentwicklung der Jugendausbildung führen und dessen Effizienz steigern. Forschungsergebnisse aus verschiedenen Geschäftsbereichen deuten auf eine Zusammenhang zwischen guter interdisziplinärer Teamarbeit und interner Kommunikation hinsichtlich des Erfolges eines Unternehmens hin [5, 12, 14]. Der aktuelle Stand der Literatur im Bereich des Fußballs weist auf geringe verfügbare Evidenz hin, welche die interdisziplinäre Arbeit innerhalb Nachwuchsleistungszentren untersucht. Die vorliegende Arbeit erweist sich somit als Einstieg in diese Thematik. Basierend auf Erkenntnissen aus dem Gesundheitsweisen wurde untersucht, ob die dort identifizierten Themen und Charakteristiken für eine gute interdisziplinäre Arbeit auch in Nachwuchsleistungszentren auffindbar sind [2].
Beschreibung Charakteristik – Appropriate resources and procedures:
Sicherstellung, dass geeignete Prozesse und Infrastrukturen vorhanden sind, um die Vision der Dienstleistung aufrechtzuerhalten.
Beschreibung Charakteristik – Communication:
Anwendung von Kommunikationsstrategien, welche die Kommunikation innerhalb des Teams, die gemeinsame Entscheidungsfindung und effektive Teamprozesse fördern.
Eine genaue Beschreibung der Merkmale zur jeweiligen Charakteristik finden sich an einer anderen Stelle [11].
Die vorliegende Untersuchung hat durch qualitative Untersuchungsmethoden reichhaltige, beschreibende Daten erhoben. Hierfür wurden halbstrukturierte Interviews geführt mit Leitern der medizinischen und oder der sportwissenschaftlichen Abteilung eines Nachwuchsleistungszentrums in Deutschland und England. Die Stichprobe bestand aus sechs derzeitigen Leitern (6 Männer, 0 Frauen) die in der englischen Premiere League, der deutschen Bundesliga sowie der zweiten deutschen Bundesliga spielten. Für die Auswertung der Interviews wurde die Methode Direct Content Analysis gewählt. Eine der Stärken dieses Ansatzes besteht darin, dass bereits bestehende Theorien unterstützt, erweitert oder in einem anderen Kontext getestet werden können [6]. Die aus dem Datenanalyseverfahren abgeleiteten Ergebnisse repräsentieren die zusammengetragenen Antworten der Teilnehmer. Die Interview-Rohdaten sind in die entsprechenden zehn Charakteristiken höherer Ordnung kodiert und abstrahiert wurden. Resultierende Themen und Charakteristiken niedrigerer Ordnung beschreiben weitere Antworten der Teilnehmer und geben weitere Einblicke in ihr operatives Verhalten. Fasst man die Ergebnisse der Untersuchung nach den definierten Charakteristiken nach Nancarrow zusammen, so waren sechs von zehn Charakteristiken auffindbar, siehe Abbildung 2.
Die vorliegenden Ergebnisse stehen in Einklang mit vorherigen Untersuchungen, die ähnliche Organisationsstrukturen bei Profiklubs in ganz Europa beschreiben, was unter anderem durch die übergeordnete Charakteristik Appropirate resources and procedures dargestellt wird. Die von der UEFA und nationalen Verbänden eingeführten offiziellen Richtlinien führen zu einer personellen und strukturellen Einheitlichkeit in den untersuchten Nachwuchsleistungszentren. Dies wird ebenfalls durch die Charakteristik Appropriate Skill mix dargestellt, welche sich wie folgt definiert [11]:
Ausreichende Teambesetzung, um eine angemessene Mischung von Fähigkeiten, Kompetenzen und Persönlichkeiten zu integrieren, um den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden.
Die auffindbaren Charakteristiken unterstützen die These, das weitere strukturelle Analysen von Nachwuchsleistungszentren nicht notwendig sind, sondern ihr operatives Verhalten untersucht werden muss, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Die unzureichend erfassbaren Charakteristiken sind in Abbildung 3. dargestellt und weisen Einstiegsstellen auf, um das interdisziplinäre Arbeiten zwischen der medizinischen und sportwissenschaftlichen Abteilung zu optimieren.
Hierbei weisen die Mängel im Bereich Clarity of Vision, Communication und Quality and outcome of care auf Defizite im strategischen Managementprozess der untersuchten Teilnehmer hin [3]. Dieser Prozess lässt sich als ganzheitlicher Leistungsansatz zusammenfassen, der zahlreiche Dimensionen umfasst, welche für die effektive Umsetzung der Zielsetzung einer Organisation von grundlegender Bedeutung sind [3]. Um den Prozess des strategischen Managements effektiv zu gestalten, werden drei allgemeine und integrale Stufen identifiziert. Die erste Stufe ist die Strategieformulierung, die zweite Stufe betrifft die Strategieimplementierung und die letzte Stufe bezieht sich auf die Strategiebewertung [8]. In der Phase der Strategieformulierung werden die Kultur, die Werte, die Vision, und die langfristige Ziele bestimmt, welche die strategische Haltung einer Organisation prägen. Um einen Einstieg in dieses facettenreiche Themenfeld und in einen Veränderungsprozess zu finden, wird die Entwicklung eines Mission Statement als Ausgangspunkt für die Gestaltung und Steuerung der gesamten Organisation verstanden [1]. Es wirkt vor allem als Kommunikationsinstrument gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch in der internen Kommunikation, indem es organisatorische Ziele manifestiert. Ein Mission Statement ist daher eine umfassende, prägnante Erklärung, die definiert, was die Organisation für wen, wie und warum tut. Auf der Grundlage des Mission Statements werden Ziele/Goals definiert, welche die Leistung weiter beschreiben. Ein Ziel/Goal ist daher eine themenorientierte Aussage über die gewünschte zukünftige Ausrichtung einer Organisation [9]. In diesem Zusammenhang sollte betont werden, dass Ziele/Goals nicht messbar sind, sondern lediglich Parolen darstellen [9]. Eine Kennzahl/Key Performance Indicator (KPI) hingegen wird von einem Ziel/Goal dadurch abgegrenzt, dass es messbar ist und bestimmte Endergebnisse beschreibt [9]. Diese sollten spezifisch, messbar, zeitbasiert, realistisch und ergebnisorientiert sein. KPIs können als eine Möglichkeit angesehen werden die Vision einer Sportorganisationen in messbare Ziele zu übersetzen und den Fortschritt der Zielerreichung zu überwachen, sowie den organisatorischen Erfolg zu bewerten. Nach der Formulierung und Implementierung des strategischen Managementprozesses ist die letzte Stufe die Bewertung der Strategie und des strategischen Planungsprozesses hinsichtlich ihrer Effektivität [8]. Der strategische Managementprozess ist daher als dynamisch System zu betrachten und sollte mindestens einmal im Jahr überprüft werden, sodass die Erfüllung der Ziele/Goals sichergestellt werden. Eine konsequente Berücksichtigung und Umsetzung der Phasen des strategischen Managements und ihrer Inhalte könnte zu einer Weiterentwicklung des operativen Verhaltens der untersuchten Nachwuchsleistungszentren führen und die interdisziplinäre Arbeit zwischen medizinischer und sportwissenschaftlicher Abteilung verbessern. Die Frage die es zu stellen gilt in der Zusammenarbeit ist: Was ist unsere Mission?
Beispiel für ein Mission Statement – UFC Performance Institute:
Supporting MMA fighters to deliver winning performances is the central mission of the UFC Performance Institute. By advocating an individualized approach to performance enhancement, we implement world-leading science, innovation and technology that is unmatched in global combat sports.
Beispiel für die Beschreibung von Performance Goals und Ableitung von Key Performance Indicators im Mannschaftssport, siehe Abbildung 4.
Literatur
1. Alawneh AA (2015) The Impact of Mission Statement on Performance : An Exploratory Study in the Jordanian Banking Industry. J Manag Policy Pract 16:73–87
2. Arenas L, Blessing A (2021) Working relationship between medical and sport science departments in football – An explorative study into English and German elite youth academies. Sport Perform Sci Reports 1:1–3
3. Boyle I (2015) Developing a performance management framework for a national sport organisation. Sport Manag Rev 18:308–316. doi: 10.1016/j.smr.2014.06.006
4. Ekstrand J (2016) Preventing injuries in professional football: Thinking bigger and working together. Br. J. Sports Med. 50:709–710
5. Ekstrand J, Lundqvist D, Davison M, D’Hooghe M, Pensgaard AM (2019) Communication quality between the medical team and the head coach/manager is associated with injury burden and player availability in elite football clubs. Br J Sports Med 53:304–308. doi: 10.1136/bjsports-2018-099411
6. Erlingsson C, Brysiewicz P (2017) A hands-on guide to doing content analysis. African J Emerg Med 7:93–99. doi: 10.1016/j.afjem.2017.08.001
7. Van Hoecke J (2011) The classification of youth academies in German professional football clubs
8. Kriemadis A (1997) Strategic planning in higher education athletic departments. Int J Educ Manag 11:238–247. doi: 10.1108/09513549710186803
9. Lichiello P, Bernard JT (1999) Guidebook for Performance Measurement. Turning Point
10. Matheson GO, Klügl M, Dvorak J, Engebretsen L, Meeuwisse WH, Schwellnus M, Blair SN, Mechelen W Van, Derman W, Börjesson M, Bendiksen F, Weiler R (2011) Responsibility of sport and exercise medicine in preventing and managing chronic disease: applying our knowledge and skill is overdue. Br J Sport Med 45:1272–1282. doi: 10.1136/bjsports-2011-090328
11. Nancarrow SA, Booth A, Ariss S, Smith T, Enderby P, Roots A (2013) Ten principles of good interdisciplinary team work. Hum Resour Health 11:1–11. doi: 10.1186/1478-4491-11-19
12. Nordvang AD, Rolland D, Simpson K (2008) Organisational change management through effective internal communication. Int J Inf Syst Change Manag 3:220–245. doi: 10.1504/IJISCM.2008.023947
13. Relvas H, Littlewood M, Nesti M, Gilbourne D, Richardson D (2010) Organizational structures and working practices in elite European professional football clubs: Understanding the relationship between youth and professional domains. Eur Sport Manag Q 10:165–187. doi: 10.1080/16184740903559891
14. Tkalac Verčič A, Verčič D, Sriramesh K (2012) Internal communication: Definition, parameters, and the future. Public Relat Rev 38:223–230. doi: 10.1016/j.pubrev.2011.12.019
15. UEFA (2005) Vision europe: The direction and development of European football over the next decade
Autoren
hat nach seinem B.Sc. an der Deutschen Sporthochschule in Köln seinen M.Sc. an der Salford Business School in Manchester absolviert mit dem Schwerpunkt Sport Directorship. Aktuell arbeitet er als leitender Athletiktrainer beim Nachwuchsleistungszentrum des FC St. Pauli.