Von Krankheiten des Bewegungsapparats ist etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung betroffen, Arthrose macht dabei den größten Anteil aus. Da sie vor allem bei Menschen über 50 Jahren häufig beobachtet wird, ist von einer Zunahme der Prävalenz aufgrund einer älter werdenden Bevölkerung in der EU auszugehen.
Arthrose ist eine Erkrankung mit langfristigem Verlauf, die die gesamte Gelenkstruktur in Mitleidenschaft zieht. Nicht nur am Knorpel sind Abnutzungserscheinungen zu beobachten, auch subchondrales Knochengewebe, perikapsuläre Muskulatur, Kapsel, Bänder und Synovia sind beteiligt. Von Arthrose betroffen sind am häufigsten die Gelenke von Knien, Händen, Füßen sowie Hals- und Lendenwirbelsäule [1]. Zu den modifizierbaren Risikofaktoren zählen Adipositas, Verletzungen und Traumen, geringes Aktivitätsniveau und periartikuläre Muskelschwäche. All diese Faktoren fördern das Fortschreiten der Arthrose. Das verminderte körperliche Aktivitätsniveau trägt wahrscheinlich zu der erhöhten Rate kardiovaskulär-bedingter Todesfälle bei [2].
Behandlung
Die Arthrose-Behandlung beginnt mit der Aufklärung des Patienten über seine Erkrankung und der Kontrolle von Gelenkschmerzen und Steifigkeit, mit der eine funktionelle Verbesserung erreicht werden soll. Medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien sind ebenfalls Teil der Behandlung. Es empfiehlt sich eine individuelle Kombination unterschiedlicher Therapieoptionen. Zu Beginn sollte für alle Patienten ein nicht-medikamentöser Ansatz in Erwägung gezogen werden. Dies umfasst die Aufklärung des Patienten, die Versicherung, dass körperliches Training den Gelenken nicht schadet, Selbst-Management und Übungsprogramme. Stärkung der Muskulatur, Flexibilität und aerobes Training vermindern die Arthrose-bedingten Schmerzen und Beeinträchtigungen [1].
Glucosamin, Chondroitin & Topische Produkte
Die Klasse der symptomatischen, langsam wirkenden Arzneimittel bei Arthrose (symptomatic slow-acting drugs in osteoarthritis, SYSADOAs) spielt in der medikamentösen Therapie eine wichtige Rolle. SYSADOAs lindern Schmerzen und die funktionelle Beeinträchtigung und entfalten darüber hinaus eine langfristig krankheitsmodifizierende Wirkung. Dank topischer Verabreichungswege wird die lokale Wirkstofffreisetzung maximiert und die systemische Toxizität gleichzeitig minimiert. Als Folge hiervon treten weniger gastrointestinale Nebenwirkungen auf. Glucosamine und Chondroitin werden von Arthrose-Betroffenen häufig eingesetzt. Chondroitin trägt in Kombination mit Glucosamin zu einer besseren Schmerzlinderung bei Arthrose bei. Die Kombination aus zufriedenstellender Wirksamkeit und geringem Nebenwirkungsrisiko erklärt wahrscheinlich, warum Glucosamine und Chondroitin bei Patienten beliebt sind [3]. Glucosamin ist eine Substanz, die natürlicherweise im Körper vorkommt und als Substrat für die Biosynthese von Proteoglycan fungiert. Proteoglycan ist wesentlich am Erhalt von gesundem Knorpelgewebe beteiligt. So induziert es u. a. die Umkehr der proinflammatorischen und gelenkzerstörenden Effekte von Interleukin-1 auf Knorpel und Chondrozyten bei Arthrose. Chondroitin ist ein komplexes Polysaccharid, das aus tierischem Knorpel extrahiert wird. Es löst antiinflammatorische Effekte aus, führt zu einem Anstieg von Typ-II-Kollagen und Proteoglycanen, reduziert den Knochenabbau und bewirkt ein ausgewogeneres Verhältnis von Anabolismus und Katabolismus in den Chondrozyten [4]. Bei starken Schmerzen, einer Exazerbation der Symptome und wenn die Kontrolle der Symptome mit nicht-medikamentösen Ansätzen fehlschlägt, ist eine medikamentöse Behandlung unverzichtbar. Als Erstlinientherapie sollten topische Analgetika (z. B. Capsaicin, Menthol oder NSAR) zum Einsatz kommen. Studien haben gezeigt, dass mit mentholhaltigen topischen Produkten eine Schmerzlinderung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit bei Arthrose und anderen Erkrankungen des Bewegungsapparats erreicht werden kann [5,6]. Menthol-Creme hat eine hohe Wirksamkeit bei verzögert auftretenden Muskelschmerzen (delayed onset muscle soreness, DOMS) bewiesen und könnte auch bei Arthrose-Patienten zur Anwendung kommen, die nach sportlicher Betätigung Symptome von DOMS entwickeln.
Systemische Analgetika & Intraartikuläre Injektionen
Analgetika sollten nur bei Bedarf eingesetzt werden. NSAR sind bei Arthrose-Patienten häufig wirksam, jedoch gehen sowohl systemische als auch topische NSAR mit gastrointestinaler und renaler Toxizität einher. Um unerwünschte Wirkungen zu minimieren, sollten NSAR daher in der niedrigsten wirksamen Dosis und nur so lange wie unbedingt nötig angewendet werden [7]. Somit ist es offensichtlich, dass eine Langzeit-Anwendung mit NSAR kritisch und im Einzelfall zu betrachten ist, während für Gels und Cremes mit Menthol bzw. Capsaicin keine zeitlichen Beschränkungen in der Nutzung anzugeben sind. Ebenso ist das individuelle kardio-vaskuläre Risiko des einzelnen Patienten ein entscheidendes Kriterium für die Anwendung von nicht-medikamentösen topischen Analgetika im Vergleich zu NSAR. Wenn andere Wirkstoffe versagen oder kontraindiziert sind, können auch Opioide gegeben werden. Opioide sollten in Kombination mit nicht-medikamentösen Therapien verordnet werden. Tramadol verfügt über eine leichte Opioidrezeptor-Aktivität und entfaltet verschiedene Wirkungen auf die Kinetik von Serotonin und Noradrenalin. Aus diesem Grund kann Tramadol in der multimodalen Behandlung von Arthrose zum Einsatz kommen, insbesondere in Fällen mit neuropathischen Schmerzen als Leitsymptom. Die Gabe von niedrig dosiertem Tramadol in Kombination mit niedrig dosiertem Paracetamol kann eine überadditive analgetische und antihyperalgetische Aktivität entfalten [8]. Intraartikuläre Kortikosteroid-Injektionen werden heutzutage selten eingesetzt. Nach einer Kortikosteroid-Injektion hält die Schmerzreduktion lediglich 1 – 2 Wochen an; die Injektionen bergen ein hohes Potenzial für Nebenwirkungen und Studien zufolge nahm der Knorpelabbau innerhalb von 12 Monaten nach der Injektion zu [9]. Intraartikulär verabreichte Hyaluronsäure zeigte bei 80 % der Patienten nach 4 Wochen eine deutliche Wirkung. Wiederholte Zyklen mit Hyaluronsäure-Injektionen im Abstand von 6 und 12 Monaten zeigen einen Übertragungseffekt von über einem Jahr nach der letzten Injektion [10].
Fazit
Arthrose ist eine chronische, langsam fortschreitende Erkrankung. Eine Heilung ist nicht möglich; mit einer Kombination aus verschiedenen Behandlungsformen kann jedoch bei den meisten Patienten eine angemessene Schmerzkontrolle sowie der Erhalt der Funktionalität und Lebensqualität erreicht werden. Die Therapie mit verschiedenen Behandlungsformen im Frühstadium der Arthrose in Verbindung mit Gewichtsabnahme, Bewegungsübungen, SYSODAs und topischen Wirkstoffen kann erheblich dazu beitragen, strukturelle Veränderungen im Gelenk hinauszuzögern.
Autoren
, MD, PhD, ist Professor für Anästhesiologie an der University of Eastern, Kuopio Campus, Finnland. Seine beiden Schwerpunkte sind Kinderanästhesie und Schmerzmedizin.
, MD, PhD, ist Privatdozentin am Universitätskrankenhaus Kuopio, Finnland. Als Fachärztin für Anästhesiologie leitet sie dort die Abteilung Anästhesiologie.