Strukturelle Verletzungen der Skelettmuskulatur führen im Leistungs- sowie im Breitensport häufig zu langen Ausfallzeiten. Dies ist sowohl für die betroffenen professionellen Athleten als auch für deren Vereine von enormer sportlicher und wirtschaftlicher Relevanz. Eine gängige Behandlungsstrategie für Muskelverletzungen ist die kombinierte intramuskuläre Injektion von Actovegin® und Traumeel®S.
In der letzten Ausgabe der sportärztezeitung (01/20) stellten wir unsere in vitro Studie vor, in der gezeigt werden konnte, dass Actovegin® und Traumeel®S humane Muskelzellen in vitro beeinflussen können [1]. Basierend auf den in vitro gewonnenen Erkenntnissen analysierten wir die Reparationsmechanismen von Skelettmuskelzellen unter der Wirkung dieser beiden Therapeutika in vivo in einem etablierten Tiermodell. Hierfür wurde bei Ratten im Bereich des M. rectus femoris operativ eine standardisierte Muskelläsion erzeugt. Anschließend erfolgte eine Injektion in die verletzte Muskelregion mit jeweils Actovegin® oder Traumeel®S als Monotherapie bzw. in Kombination. Als Kontrollgruppe dienten Tiere, die intramuskuläre Injektionen mit physiologischer Kochsalzlösung erhielten. Die intramuskuläre Injektionstherapie wurde an den Tagen 2 und 4 nach Verletzung wiederholt. Insgesamt wurden in unserer Studie 150 Tiere mit der standardisierten Muskelverletzung zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht. Der Einfluss der oben genannten Therapeutika auf die Genexpression der muskelspezifischen Marker „gestreifte Muskel-Myosin-Schwerkette 1“ (Myh1), neuronales Zelladhäsionsmolekül (NCAM) und gepaartes Box-Protein Pax7 während der Muskelregeneration wurde bestimmt. Ergänzend erfolgte eine qualitative sowie semi-quantitative histologische Auswertung der Muskelregeneration unter dem Einfluss der injizierten Substanzen. Tiere, die mit der kombinierten Therapie von Actovegin® und Traumeel®S behandelt wurden, wiesen im Vergleich zu den übrigen Monotherapie-Gruppen sowie zur Kontrollgruppe veränderte Genexpressionsmuster in den Muskelläsionen auf. Die Kombinationstherapie führte zu einer beschleunigten Muskelzellregeneration mit einer größeren Zahl und größeren Durchmessern neu formierter Muskelfasern. Zudem zeigten sich in der Kombinationsgruppe eine vermehrte Neovaskularisation, eine schnellere Abnahme der Leukozytenzahl, sowie kleinere Nekroseareale.
Nach unserem Kenntnisstand ist dies die erste in vivo Studie, in der eine günstige Wirkung der intramuskulären Applikation von Actovegin® und Traumeel®S auf die Regeneration von strukturellen Skelettmuskelverletzungen gezeigt werden konnte. Die zugrunde liegenden Mechanismen bleiben nach wie vor unklar und sollten in weiteren Studien beleuchtet werden.
Zusammenfassung der Originalarbeit:
Belikan Patrick, Lisa Nauth, Lars-Christopher Färber, Frédéric Abel, Eva Langendorf, Philipp Drees, Pol Maria Rommens, Ulrike Ritz, and Stefan G. Mattyasovszky. Intramuscular Injection of Combined Calf Blood Compound (CFC) and Homeopathic Drug Tr14 Accelerates Muscle Regeneration In Vivo. International Journal of Molecular Sciences 21, no. 6 (2020): 2112.
Literatur
[1] Langendorf EK, Klein A, Rommens PM, Drees P, Ritz U, Mattyasovszky SG. Calf Blood Compound (CFC) and Homeopathic Drug Induce Differentiation of Primary Human Skeletal Muscle Cells. Int J Sports Med. 2019.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Manuelle Therapie, Spezielle Unfallchirurgie und Spezielle Orthopädische Chirurgie. Er besitzt als Wirbelsäulenchirurg seit 2017 das Masterzertifikat der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) und ist seit 2021 gemeinsam mit Dr. med. Philipp Appelmann leitender Arzt des GALENOS in Mainz. Außerdem ist er seit 2012 Mannschaftsarzt des 1. FSV Mainz 05 und wiss. Beirat der sportärztezeitung.
ist konservativer Orthopäde in der Praxis für Orthopädie und Sportmedizin – Dr. Abel & Dr. Belikan in Alzey. Als betreuender Sportarzt von Mainz 05 und Verbandsarzt des Südwestdeutschen Fußballverbandes e.V. ist er im Spitzen- und Amateursport aktiv.