Im Hinblick auf die Therapie der nicht traumatischen medialen Meniskusläsion hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Einerseits haben randomisierte und kontrollierte Studien zeigen können, dass ein großer Anteil nicht traumatischer Innenmeniskusläsionen primär konservativ behandelt werden können, andererseits konnten aber auch bestimmte Meniskusläsionen spezifiziert werden, bei denen eine Operationsindikation genau geprüft werden sollte, wie z. B. bei der Wurzelläsion.
Aus diesem Grunde hat das Komitee Meniskus / Knorpel der Deutschen Kniegesellschaft einen Handlungsalgorithmus erarbeitet, der die Therapieentscheidungen vereinfachen soll. Dieser Handlungsalgorithmus wurde in den OU Mitteilungen der DGOU erstmalig publiziert.
Partizipative Entscheidungsfindung, Diagnostik & Therapie
Grundsätzlich gilt, dass die therapeutischen Entscheidungen bei der nicht traumatischen Innenmeniskusläsion möglichst im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung zu treffen sind. Ein wesentlicher Faktor für die Therapieentscheidung ist die MRT, welche bei entsprechenden nicht traumatischen unilateralen Kniebeschwerden (medialer Gelenkschmerz, Schnappen etc.) indiziert ist. Die MRT dient dazu, die Diagnose zu bestätigen und gibt Auskunft über die Rissmorphologie sowie den Arthrosegrad. Beide Faktoren sind für die therapeutischen Entscheidungen relevant. Beim Arthrosegrad 4 spielt die Rissmorphologie eine untergeordnete Rolle. In diesem Fall gilt es, anhand verschiedener Faktoren zu entscheiden, ob eine konservative oder operative Therapie (z. B. uni- oder bikompartimenteller Gelenkersatz) der Gonarthrose indiziert ist (siehe auch Leitlinie Gonarthrose der DGOU). Bei Horizontalläsionen, Lappenrissen oder komplexen Meniskusläsionen kann nahezu immer initial ein konservativer Therapieversuch empfohlen werden, da in ca. 70 % der Fälle eine Besserung zu erwarten ist. Die nicht operative Therapie umfasst allgemeine Maßnahmen zur Behandlung der medialen Gonarthrose (Bewegung, mediterrane Ernährung, Gewichtsregulation, Lastmanagement mit Einlagen oder Orthesen, i. a. Injektionen mit Hyaluron oder PRP). Die beste Prognose bei konservativer Therapie haben Horizontalrisseet.
Falls sich die Symptome unter konservativer Therapie nicht binnen 3 – 6 Monaten gebessert haben oder es zu wiederholten schmerzhaften Einklemmungsphänomenen kommt, sollte die Indikation zu einer partiellen Meniskektomie allerdings erneut überprüft werden. Insbesondere bei unter dem medialen Kollateralband eingeklemmten Lappenrissen kann gegebenenfalls auch schon früher der Rat zu einer arthroskopischen partiellen Menisektomie gegeben werden. Als Operationsverfahren hat sich bei Lappenrissen eine sparsame partielle Meniskektomie bewährt. Bei Horizontalrissen können zusätzlich auch Nahttechniken zum Einsatz kommen. Das gilt besonders für Fälle mit begleitendem Meniskusganglion, um das intrameniskale Ventil zu verschließen. Auch hier hat das Ausmaß der Symptome einen entscheidenden Einfluss, ob der Rat zu einer operativen oder konservativen Therapie gegeben wird. Für andere rekonstruktive Verfahren, wie das „Meniskus-Wrapping“ oder der partielle Meniskusersatz, ist die Evidenz noch zu gering, um eine klare Empfehlung zu geben.
Nicht-traumatischen Wurzelverletzungen
Eine Ausnahme von diesem Vorgehen bilden die nicht-traumatischen Wurzelverletzungen, die fast immer das Innenmeniskushinterhorn betreffen oder nicht traumatische Korbhenkelläsionen. Da der biomechanische Effekt der medialen Wurzelläsionen einer kompletten Meniskektomie gleichkommt, sollte in diesem Fall immer die Indikation zu einer Refixation geprüft werden. Oft bietet sich diese therapeutische Option jedoch nicht unmittelbar an, da bereits eine fortgeschrittene Degeneration des medialen Kompartiments vorliegt oder Risikofaktoren für eine Re-ruptur bestehen (Übergewicht mit BMI > 35 oder Varusdeformität > 5°). Diese Komorbiditäten sollten bei einem operativen Therapiewunsch beim Therapieregime berücksichtigt und bestenfalls mit adressiert werden. Bei einer Varusdeformität kann eine Korrekturosteotomie entweder ein- oder zweizeitig mit der transossären Refixation kombiniert werden. Wenn bei starker Retraktion oder ausgedehnter Zerstörung der Wurzel eine transossäre Refixation nicht möglich ist, kann auch eine alleinige Osteotomie indiziert sein. Auch Korbhenkelläsionen, die auch vor allem bei chronischen Instabilitäten ohne adäquates Trauma auftreten können, stellen meist eine Indikation zur Refixation dar. Das gilt für alle Läsionen in der roten oder rot-weißen Zone ohne starke degenerative Veränderungen des rupturierten Fragmentes oder ohne eine Retraktion, die eine Reposition unmöglich macht.
Fazit
Zusammenfassend sind für eine evidenzbasierte Therapieentscheidung verschiedene Faktoren zu berücksichtigen.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnungen Spezielle Unfallchirurgie, Sportmedizin und Physikalische Therapie. Er ist Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie und Ärztlicher Leiter der physikalischen Therapie des Martin-Luther Krankenhauses Berlin. Außerdem ist er Mitglied im Vorstand und Past-Präsident der Deutschen Kniegesellschaft.