Der Laufsport ist eine der populärsten Sportarten, die Hunderttausende von Läufern aller Altersstufen und auf jedem Leistungsniveau regelmäßig zu Laufveranstaltungen lockt. Neben den positiven Auswirkungen des Laufens auf Herz, Kreislauf und Psyche kommt es nicht selten zur Ausbildung laufassoziierter Beschwerden. Hierbei handelt es sich meistens um Überlastungsreaktionen des Bewegungsapparates. Akute Verletzungen sind eher selten [1, 2].
Achillessehnenbeschwerden gehören zu den häufigen Überlastungsbeschwerden des Läufers und können zu erheblichen lang andauernden Problemen führen [3]. So wird die jährliche Wahrscheinlichkeit für Achillessehnenbeschwerden bei Leistungssportlern mit bis zu 9 % angegeben [4]. Dabei handelt es sich am häufigsten um Tendinosen, aber auch ansatznahe Achillessehnenbeschwerden wie das Haglund-Syndrom und die Insertionstendinopathien sind nicht selten [5].
Das Haglund-Syndrom
Die Ansatzregion der Achillessehne am Kalkaneus zeigt eine gelenkähnliche Struktur. Zwischen Achillessehne und Fersenknochen befindet sich als Verschiebeschicht auch eine Bursa. Hier kann sich bei Prominenz des dorsolateralen Kalkaneusrandes und lokalem Druck der Fersenkappe von außen eine chronische Bursitis ausbilden. Patrick Haglund beschreibt 1928 ein Krankheitsbild mit Fersenschmerz in der Ansatzregion der Achillessehne und Ausbildung eines prominenten Fersenhöckers. Seitdem wird der schmerzhafte knöcherne Vorsprung des dorsalen Kalkaneus als Haglund-Syndrom bezeichnet [6]. Das Haglund-Syndrom besteht häufig beidseits und tritt typischerweise in der zweiten und dritten Lebensdekade auf. Die Diagnose wird durch die körperliche und röntgenlogische Untersuchung gestellt. Bereits bei der Beobachtung des Fußes von hinten ist die prominente dorsolaterale Fersenkontur sichtbar. In diesem Bereich kommt es nicht selten zu schmerzhaften Schwellungen mit Fehlbeschwielung. Typische Schmerzpunkte befinden sich über dem Raum zwischen hinterem oberem Fersenrand und Achillessehne medial und lateral des Sehnenverlaufes. Die Dorsalextension und Plantarflexion des oberen Sprunggelenkes ist schmerzhaft eingeschränkt. Das Vorhandensein von Fußfehlstellungen sollte bei der Erarbeitung des Therapiekonzepts Berücksichtigung finden. So stellen ein Rückfußvarus und ein Ballenhohlfuß aufgrund der Steilstellung des Kalkaneus prädisponierende Faktoren für den Fersenschmerz dar. Die Röntgenuntersuchung des Fersenbeines im seitlichen Strahlengang zeigt die Ausbildung einer Kalkaneusexostose [7 – 9].
Ergänzend ist die Durchführung eines MRT sinnvoll. Hierbei kann der Degenerationsgrad der Achillessehne beurteilt werden und Partialrupturen werden nicht übersehen. Insbesondere bei Läufern kann eine Laufanalyse mit Beurteilung des Laufstiles sinnvoll sein. Denn durch die relative Verstärkung der Dorsalextension des Fersenläufers engt dieser den retrokalkanearen Raum ein und es kommt häufiger zum Fersenschmerz. In der Literatur sind vielfältige konservative Maßnahmen beschrieben. Diese beinhalten Modifikationen des Schuhwerks aber auch physiotherapeutische und physikalische Therapieansätze. Kommt es sechs bis neun Monate nach konservativen Maßnahmen nicht zur Besserung der Beschwerden ist die operative Therapie indiziert [10].
Die endoskopische Kalkaneoplastik
Unterschiedliche offene Operationstechniken zur Abtragung der Haglundexostose mit Bursektomie sind beschrieben. Häufig wurde ein ca. 7 cm langer dorsaler Zugang gewählt. Zur Darstellung der Haglundexostose ist dann eine Längsspaltung der Achillessehne mit Teilablösung des Sehnenansatzes am Kalkaneus erforderlich. Nach Bursektomie wird der dorsale Anteil des Kalkaneus frei präpariert und die Exostose abgetragen [11]. Eine Alternative stellt die minimal-invasive Operationstechnik der endoskopischen Kalkaneoplastik dar (7, 8, 12). Die Operation wird in Bauchlage durchgeführt. Dabei werden die Füße über der Tischkante frei hängend gelagert. Die richtige Positionierung der Arbeitsportale ist zur problemlosen Entfernung der vollständigen Exostose sehr wichtig. Der hintere obere Rand des Kalkaneus ist gut tastbar. So wird in diesem Bereich direkt lateral neben der Achillessehne eine Kanüle eingebracht. Die richtige Positionierung wird röntgenlogisch dokumentiert und nach Stichinzioson das laterale Portal angelegt. Nach Einbringen des Optiktrokars ist mit diesem der hintere obere Rand des Kalkaneus gut tastbar. Unter Sicht kann am hinteren oberen Rand der Exostose medial der Achillessehne das Instrumentenportal angelegt. Die endoskopische Kalkaneoplastik wird im eigenen Vorgehen mit einem Standardarthroskop durchgeführt. Optik und Instrumente befinden sich zunächst in der Bursa subachillae. Nach der Bursektomie wird die gesamte mediolaterale Breite des Kalkaneus von Weichteilteilen befreit. Jetzt kann der Sehnenansatz am Kalkaneus sehr gut dargestellt werden und das Ausmaß der Exostose beurteilt werden.
Die Resektion der Exostose wird mit einer Kugelfräse durchgeführt. Zur Resektion der dorsolateralen Exostose befindet sich das Instrument im lateralen Portal. Die Exostose wird dann schrittweise von lateral bis zur Mittellinie reseziert. Nach Wechsel der Portale kann der mediale Anteil ebenfalls bis zur Mittellinie entfernt werden. Es ist wichtig, die Exostose bis zur Insertion der Achillessehne am Kalkaneus zu resezieren. Der Sehnenansatz am Knochen ist endoskopische gut darstellbar. Zusätzlich kann die knöcherne Resektion mittels Bildwandler überprüft werden. Eine Drainage wird nicht eingelegt. Nach der Operation wird ein elastischer Verband angelegt. Eine spezielle Ruhigstellung ist nicht erforderlich. Für zwei Wochen postoperativ ist eine Teilbelastung mit 20 kg erlaubt. Eine spezielle Ruhigstellung ist nicht erforderlich. Mit der aktiven und passiven Mobilisation des Fußes kann ab dem ersten Tag begonnen werden. Ab der dritten Woche kann der Fuß voll belastet werden. Sportliche Aktivitäten sind ab der siebten Woche erlaubt.
Vorteile der endoskopischen Kalkaneoplastik
Die offene Resektion der Haglundexostose mit Bursektomie ist in der Literatur vielfach beschrieben. Der dorsale Zugang macht einen ca. 7 cm langen Hautschnitt mit Längsspaltung der Achillessehne zur Darstellung der Kalkaneusexostose notwendig [11]. Die endoskopische Kalkaneoplastik wird in minimal-invasiver Technik durchgeführt. Hierbei kann die Achillessehne geschont werden. Eine Ablösung des Sehnenansatzes ist nicht erforderlich. Hautschnitte von mehreren Zentimetern Länge sind ebenfalls nicht erforderlich. Das endoskopische Vorgehen ist über zwei Stichinzisionen möglich. Zudem sieht die offene Technik im eigenen Vorgehen das Tragen eines Walkers für sechs Wochen mit einer Teilbelastungszeit von zwei Wochen vor. Die endoskopische Kalkaneoplastik benötigt keine spezielle Ruhigstellung bei einer Teilbelastungszeit von zwei Wochen. Allessio-Mazolla et al vergleichen in einer Studie die Ergebnisse der offenen Haglundabtragung mit der endoskopischen Kalkaneoplastik. Beide Operationstechniken erreichen gute postoperative Ergebnisse. Allerdings ist die endoskopische Kalkaneoplastik mit einen mittleren postoperativen AOFAS-Score von 90,7 im Vergleich zur offenen Technik mit einen mittleren AOFAS-Score von 87,1 überlegen. Es sind unterschiedliche Komplikationen nach offener Abtragung der Haglundexostose beschrieben [7, 8]. Hierzu zählen Hautläsionen, Verletzungen der Achillessehne, Schwächung des Kalkaneus sowie Narbenirritationen.
Das Auftreten dieser Komplikationen kann durch die endoskopische Kalkaneoplastik minimiert werden. So berichten Alessio-Mazolla et al (2020) über eine Komplikationsrate für die offene Technik von 15,5 % im Vergleich zu 4,1 % bei der endoskopischen Kalkaneoplastik. Allessio-Mazolla egal (2020) haben ebenfalls die Rehabilitationszeiten untersucht. Auch hier ist die endoskopische Kalkaneoplastik der offenen Technik überlegen. So konnten Patienten nach endoskopischer Kalkaneoplastik nach durchschnittlich 6,3 Wochen Alltagsaktivitäten wieder ausüben. Nach Durchführung der offenen Technik brauchten sie durchschnittlich 17,2 Wochen. Sportliche Aktivitäten konnten Patienten nach endoskopischer Kalkaneoplastik nach durchschnittlich 11,9 Wochen wieder ausüben. Bei der offenen Operationstechnik brauchten sie hierfür durchschnittlich 20,7 Wochen.
Fazit
Die endoskopische Kalkaneoplastik ist eine gute Alternative zur offenen Abtragung der Haglundexostose. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen bessere klinische Ergebnisse bei niedrigerer Komplikationsrate. Deutlich verkürzte Rehabilitationszeiten sind insbesondere für Sportler, aber auch Berufstätige, die sich lange Ausfallzeiten nicht leisten können, eine attraktive Behandlungsoption.
Literatur
[1] Tschopp M., Brunner F., Erkrankungen und Überlastungsschäden an der unteren Extremität bei Langstreckenläufern. Z Rheumatol. 2017; 76:443 – 450
[2] Walther M., Reuter I., Leonhard T., Engelhardt M., Verletzungen und Überlastungsreaktionen im Laufsport. Orthopäde. 2005; 34: 399 – 404
[3] Schepsis AA, Jones H, Haas AL, Achilles Tendon Disorders in Athlethes. Am J Sports Med. 2002; 30: 287 – 305
[4] Lysholm J, Wikleander J, Injuries in runners. Sports Med. 1987; 15(2): 168 – 171
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[6] Haglund P, Beitrag zur Klinik der Achilles tendon. Zeitschr Orthop Chir. 1928; 49: 49 – 58
[7] Jerosch J, Sokkar S, Dücker M, Donner A, Die endoskopische Kalkaneoplastik beim Haglund-Syndrom. Medizinisch-Orthopädische Technik 05/2015; 17 – 23
[8] Jerosch J, Nasef N, Schunck J, Endoskopische retrokalkaneare Bursektomie und Kalkaneoplastik. FussSprungg. 2003; 1: 217 – 224
[9] Pavlov H, Heneghan MA, Hersh A etal, The Haglund syndrome: initial and differential diagnosis. Radiology. 1982; 144:83 – 88
[10] Schepsis AA, Leach RE, Surgical management of Achilles tendinitis. Am J Sports Med. 1987; 64: 1000 – 1003
[11] McGarwey WC, Sparks M, Baxter DE, Causes of heel pain. The rational approach to diagnosis, management, and salvage of complications. Foot Ankle Clin. 1998; 3:175 – 187
[12] Van Dijk CN, van Dyk CE, Scholten PE, Kort NP, Endoscopic Calcaneoplasty. Am J Sports Med 2001; 29: 185 – 189
[13] Alessio-Mazzola M, Russo A, Capello AG, Lovisolo S, Reperto I, Formica M, Felli L, Endoscopic calcaneoplastiy for the treatment of Haglund“s deformity provides better clinical functional outcomes, lower complication rate, and shorter recovery time compared to open procedure: a systematic review. Knee Surgery, Sports Traumatologie, Arthroskopie ; 2020:
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Sportwissenschaftler. Als Chefarzt leitet er die Abteilung für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Fachklinik 360° in Ratingen. Als Spezialist für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie und ehemaliger Chefarzt der fußchirurgischen Abteilung der Sportklinik Hellersen stellt die Behandlung von Sportlern einen Schwerpunkt seiner täglichen Arbeit dar.