Ausdauertraining ist unverändert Dreh- und Angelpunkt der Bewegungs- und Sporttherapie bei Herzkreislauferkrankungen. Es stellt eine klinisch bewährte, kosteneffektive, primäre Intervention zur Prävention und Behandlung vieler chronischer Erkrankungen dar. Intervalltrainingsformen sind effektiv, etabliert, akzeptiert und sicher – aber nicht per se besser als klassisches Ausdauertraining nach der Dauermethode.
Nützliche Effekte des Ausdauertrainings – auf den Punkt gebracht – stellen sich wie folgt dar: Regelmäßiges Training verbessert alles – Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Blutfette, Gefäß- bzw. Endothelfunktion, Herzmuskelschwäche, Gewichtsverlust, Regulation der Stresshormone (Katecholamine), Mobilität, Gleichgewicht, Kraft, Ausdauer, mentale bzw. kognitive Funktion, Lebensqualität und vieles mehr. Primäres Ziel individuell angepasster Trainingsinterventionen ist es, Verlauf und Prognose einer bereits vorliegenden kardiovaskulären Erkrankung nachweisbar günstig zu beeinflussen. Sekundäre Ziele sind die Verbesserung körperlicher Leistungsfähigkeit und der Belastungstoleranz durch Verbesserung der kardiorespiratorischen, muskulären und der metabolischen Fitness, die Verminderung alters- oder krankheitsbedingter Abbauprozesse und dadurch eine Erhöhung der Lebensqualität und Unabhängigkeit des Patienten.
Die höchst erzielbare Sauerstoffaufnahme (VO2peak) gilt dabei als unabhängiger Schutzfaktor für Morbidität und Mortalität bei Herzkreislauferkrankungen. Ergebnisse einer Meta-Analyse zur Primärprävention zeigen, dass unabhängig von Alter und Geschlecht eine signifikante gegenläufige Beziehung zwischen der Bewegungsintensität und der Gesamtsterblichkeit besteht. Bei älteren Menschen ist eine höhere Trainingsintensität mit einem größeren positiven Effekt auf die Inzidenz des Auftretens einer koronaren Herzerkrankung (KHK) assoziiert. Gegensätzlich hierzu sieht der „Bewegungs-Alltag“ in der (gesunden wie herzkreislauferkrankten) Bevölkerung eher geruhsam aus. Von 24 Stunden verbringt ein „repräsentativer“ US-Bürger 12 Minuten im empfohlenen Bereich von „mäßig“ bis „schwer“ – dies ist in den meisten Ländern, so auch in Europa [1], vermutlich nicht anders. Kardiovaskuläre Erkrankungen stehen mit 45 % aller Todesfälle an erster Stelle der Todesursachen in Europa. Die durch diese Erkrankungen verursachten Gesamtkosten liegen in der EU bei etwa 210 Mrd. Euro jährlich [2].
Implementierung von Intervalltrainings-Formen (incl. HIIT und AIT)
Damit treten zunehmend bei gegebener Sicherheitslage seit etwa 10 bis 15 Jahren auch Intervall-Trainingsformen bis hin zu HIIT- und AIT-Protokollen (s.u.) in den wissenschaftlichen und (auch rehabilitativ) anwenderbezogenen Fokus. Bisherige Untersuchungen zeigen übereinstimmend, dass hohe Trainingsintensitäten auch von Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko bzw. manifesten, stabilen und medikamentös adäquat therapierten Herzkreislauferkrankungen einschließlich KHK gut toleriert werden und per se nicht mit einem erhöhtem Risiko für den individuellen Patienten einhergehen. Ein Intervalltraining ist gekennzeichnet durch einen Wechsel von Belastungs- und Erholungsphasen. Diese sollten so gestaltet werden, dass über einen möglichst langen Zeitraum eine möglichst hohe Sauerstoff-Aufnahme aufrechterhalten werden kann. Intervalltraining wird in unterschiedlichen Intensitäten durchgeführt, wobei das seit etwa zehn Jahren eingesetzte „hochintensive“ Intervalltraining bei HIIT und AIT bei mindestens 85 – 90 % der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2peak) oder Herzfrequenz liegt, dazwischen erfolgen gleiche, längere oder auch kürzeren Erholungsphasen mit moderater bis niedriger Intensität.
Unter High intensity interval training (HIIT) versteht man ein Training mit eher kurzen (um 30 sec) Intervallen, während die aktuellen randomisierten Multizenter-Studien (RMT)sogenanntes Aerobes Intervalltraining (AIT) mit längeren Intervallen (4min mit jeweils 3 min aktiver Erholungsphase) umfasst. Letzteres wurde in Norwegen geprägt und einheitlich in den aktuellen beiden großen RMT bei KHK- und Herzmuskelschwäche-Patienten benutzt. Bei gesunden Probanden wurden zudem auch supramaximale Belastungen (bis 120 % VO2peak) im Sinne von „all-out“-Protokollen durchgeführt. Bei untrainierten Personen mit niedrigem Fitness-Level wurden die höchsten Verbesserungen beobachtet. Trainingsinterventionen von längerer Dauer hatten dabei einen größeren Effekt. Ein Training nach der Intervallmethode ist somit nicht eindeutig definiert und bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es kann über Dauer und Intensität der Belastungs-und der Erholungsintervalle sowie das Verhältnis zwischen Belastung und Erholung (1:1, 1:2, 2:1) den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten angepasst werden.
Der wichtigste Vorteil des (insbesondere) hochintensiven Intervalltrainings ist vorgeblich die zeitliche Effizienz der Trainingsform bei allerdings erheblichem Aufwand im Hinblick auf Durchführung, Überwachung und Anpassung dieser Trainingsform. Dies ist bedeutsam vor dem Hintergrund, dass „Zeitmangel“ als meistgenannte Barriere bei der Adhärenz an regelmäßige körperliche Aktivität genannt wird. Einzeluntersuchungen an Sportlern und Gesunden zufolge wird die Durchführung eines HIIT zudem als angenehmer als die eines moderaten aeroben Ausdauertrainings nach der Dauermethode (MDT) empfunden.
Derzeitige wissenschaftliche Datenlage zu Intervall-Training incl. HIIT und AIT in Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen
Nach Durchführung vieler kleinerer und inhomogener Studien beginnend in der 1990er Jahren wies die erste Metaanalysen in den 2000er Jahren signifikant größere Verbesserungen der VO2peak (+1,53 bis + 1,78 ml/kg/min) durch hochintensives Intervalltraining im Vergleich zu MDT nach [3]. Eine signifikante Gewichtsreduktion (–0.78 kg) und eine Senkung des Ruhepulses wurden hingegen eher durch ein MDT erzielt. Eine aktuelle Studie verglich zwei verschiedene Formen des hochintensiven Intervalltrainings einschließlich AIT mit MDT [4]. Die Untersuchungsgruppe mit 66 KHK-Patienten wurden im Rahmen einer 6-wöchigen ambulanten kardiologischen Rehabilitation (CR) zu drei verschiedenen Trainingsformen randomisiert; 1. MDT bei 65 – 85 % HFmax, 2. „klassischem“ AIT mit 4 x 4 min bei 85 – 95 % HFmax oder 3. sog. Pyramidentraining (PYR) mit 3 x 8 min bei 65 – 95 – 65 % HFmax. Durch 18 Trainingseinheiten wurde in allen Gruppen eine signifikante Verbesserung der maximal erreichten Leistung in Watt erzielt. Es wurde kein Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt. Auch die erste große multizentrische prospektive randomisierte Studie an 200 KHK-Patienten (SAINTEX-CAD) stellte durch ein 12-wöchiges Training im Gegensatz zu den Ergebnissen früherer Studien und Metaanalysen vergleichbar positive Effekte für AIT und MDT fest [5]. Dies traf für die Verbesserung der VO2peak, der peripheren Endothelfunktion (sog. FMD der A. brachialis), den Einfluss auf das kardiovaskuläre Risikofaktorenprofil, Lebensqualität sowie für Sicherheitsaspekte zu.
Unter Einbezug von SAINTEX-CAD erfolgte eine erneute Meta-Analyse mit 11 Studien und n=594 Patienten, die erneut im Hinblick auf die Verbesserung der VO2peak signifikant bessere Ergebnisse (+1.25 ml/min/kg) durch AIT feststellte [6]. Bei dieser Metaanalyse ist eine Subgruppen-Analyse von besonderem Interesse, in der die Autoren die Daten der Studien, die zuvor das Training im Hinblick auf den Energieumsatz bzw. eine Isokalorizität gematcht hatten, untersuchten. Im Rahmen von Untersuchungen zu AIT wurde nachgewiesen, dass der Gesamt-Energieumsatz („total energy expenditure“, EE) und nicht die Trainingsmodalität resp. -intensität die Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu bestimmen scheint. Vergleichbare Ergebnisse wurden in einer weiteren Meta-Analyse bei KHK-Patienten festgestellt. Nach Korrelation zur (totalen) EE weißt der Einfluss der drei Größen: Gesamtdauer des Trainings, Dauer einer Trainingseinheit und die Trainingsintensität keine unabhängige Effektstärken mehr auf.
Im Kontrast dazu bleibt der Einfluss der Trainingsintensität und -modalität bei den nicht nach EE gematchten Studien Spekulation mit einem hypothetischen Vorteil für hochintensives Intervalltraining einschließlich HIIT und AIT. Die Nachhaltigkeit und die Langzeiteffekte eines hochintensiven Intervalltrainings bei KHK-Patienten sind bis jetzt wenig untersucht. Eine norwegische Studie untersuchte bei 51 Patienten die Effekte eines 6-monatigen Heimtrainings nach initial 4-wöchiger CR [7]. Das Heimtraining führte im Beobachtungszeitraum nur in der Intervall-Gruppe zu einer signifikanten weiteren Steigerung der VO2peak. Die Autoren vermuten, dass dieser Effekt durch die höhere Intensität des Heimtrainings in der Gruppe zu Stande kommt. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Patienten durch das hochintensive Intervalltraining ein größeres Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit gewinnen und sich zu Hause mehr zutrauen. Ein vergleichbarer Effekt wurde bei der 1-Jahres-Nachbeobachtung der AIT-Gruppe der SAINTEX-CAD-Studie beobachtet [8].
Fazit zu (hochintensivem) Intervalltraining einschließlich AIT und HIIT
Bei Patienten mit KHK und erhaltener/guter linksventrikulärer Pumpfunktion:
- Hochintensives Intervalltraining kann optional zusätzlich zu MDT auf individueller Basis unter Berücksichtigung der Präferenzen und der körperlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Patienten bei stabil und optimal eingestellter KHK im Laufe einer CR in ein Trainingsprogramm zusätzlich zum MDT integriert werden. Es ist bei stabilen Patienten nicht mit einem generell höheren Risiko verbunden als MDT.
- Von wissenschaftlichem Interesse ist insbesondere, dass durch hochintensives Intervalltraining bei KHK-Patienten insbesondere im Rahmen der CR und in der Folge auch beim MDT eine verstärkte Fokussierung auf die Trainingsintensität und die EE erfolgte, wobei letztere derzeit den größten Impetus auf die Verbesserung der VO2peak zu haben scheint.
- Studien belegen dennoch, dass viele Patienten den hochintensiven Trainingsvorgaben nicht folgen konnten. Dies bedeutet, dass für Anwendung des Intervalltrainings ein erheblicher Aufwand für die individuell angepasste Umsetzung und Überwachung des Trainings notwendig ist. Im Rahmen einer Phase II CR erscheint das hochintensives Intervalltraining eher für besser belastbare Patienten, die bereit und motiviert sind, sich mehr anzustrengen, geeignet zu sein.
- Im klinischen Setting ist der postulierte Zeitvorteil von etwa 30 min/Woche bei isokalorischem Umsatz des AIT/HIIT im Vergleich zum MDT nicht relevant. Interessant scheint das HIIT insbesondere im Rahmen einer ambulant oder zuhause durchgeführten („home-based“) CR zu sein, bzw. für die selbständige nachhaltige Fortführung eines effektiven Trainings in der Phase III.
- Nur in SAINTEX-CAD liegen (für AIT positive) Einjahresdaten vor, generell fehlen jedoch auch in allen Meta-Analysen Langzeitbeobachtungen, die die prognostische Bedeutung dieser Trainingsform belegen.
Literatur
[1] Mayer-Berger W.: Hochintensive Intervalle oder Ausdauer – welche Trainingsform und -dosis ist optimal? 2017 https://www.kardiologie.org/herz-und-sport/hochintensive-intervalle-oder-ausdauer-welche-trainingsform-und-/13287704 accessed May 7th, 2018
[2] Wilkins E, Wilson L, Wickramasinghe K et al.: European Cardiovascular Disease Statistics 2017. European Heart Network, Brussels. http://www.ehnheart.org/cvd-statistics.html accessed October 28th, 2017
[3] Pattyn N, Coeckelberghs E, Buys R, et al. Aerobic interval training vs. moderate continous training in coronary artery disease patients: a systematic review and meta-analysis. Sports Med 2014;44: 687 –700
[4] Tschentscher M, Eichinger J, Egger A et al: High-intensity interval training is not superior to other forms of endurance training during cardiac rehabilitation. Eur J Prev Cardiol 2016;23: 14 – 20
[5] Conraads VM, Pattyn N, De Maeyer C et al: Aerobic interval training and continuous training equally improve aerobic exercise capacity in patients with coronary artery disease: The SAINTEX-CAD study. Int J Cardiology 2015;179:203 – 210
[6] Gomes-Neto M, Duraes AR, Reis HFCD, et al. High-intensity interval training versus moderate-intensity continuous training on exercise capacity and quality of life in patients with coronary artery disease: a systematic review and meta-analysis. Eur J Prev Cardiol 2017;24: 1696 – 1707
[7] Moholdt T, Aamot IL, Granøien I, et al. Long-term follow-up after cardiac rehabilitation: A randomized study of usual care exercise training versus aerobic interval training after myocardial infarction. Int J Cardiol 2011;152: 388 – 390
[8] Pattyn N, Vanhees L, Cornelissen VA et al: The long-term effects of a randomized trial comparing aerobic interval versus continuous training in coronary artery disease patients: 1-year data from the SAINTEX-CAD study. Eur J Prev Cardiol 2016;23: 1154 – 64
Autoren
ist Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Kardiologie mit Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Sozialmedizin, Ernährungsmedizin sowie Kardiovaskulärer Präventivmediziner DGPR (R). Er ist leitender Oberarzt für Prävention und Kardiologie der Hermann Albrecht Klinik METTNAU in Radolfzell am Bodensee. Dr. Nebel betreut langjährig im Rehabilitationssport, von Freizeitsportlern und ehemals Profifußballern (VfL Osnabrück und FC Schalke 04).