Spätestens seit dem Wiedereinstieg in sportliche Belastungen nach der COVID-19 bedingten Unterbrechung ist das Belastungs- und Regenerationsmanagement ein noch wichtigeres Thema in sämtlichen Profiligen. Ein gutes Regenerationsmanagement, als ein systematischer Ansatz zur Aufrechterhaltung der körperlichen und geistigen Leistungsbereitschaft, ist zur optimalen Leistungsentwicklung bei gleichzeitig hoher Spielerverfügbarkeit unabdingbar.
Durch die in interaktiven Sportarten gestiegene Dynamik sowie die hohe Wettkampfdichte, haben die Athleten nur begrenzt Möglichkeiten, sich zu erholen. Die Regenerationsphasen müssen bestmöglich gestaltet werden, um das Zeitfenster zur wiederholten optimalen Leistungsfähigkeit zu minimieren. Neben der körperlichen Erholung und Optimierung der notwendigen Reisetätigkeit gehört die Ernährung zu den wichtigsten Einflussfaktoren der Regenerationsfähigkeit. Sie ist der Energieträger für alle strukturellen und energetischen Prozesse, die das Nerven- und Hormonsystem beeinflusst [1]. Hierbei muss sich das Ernährungsregime für das Optimum vom Adaptionspotenzial am tatsächlichen Bedarf der Athleten orientieren:
- Alter
- Geschlecht
- Gesundheitszustand
- Trainingszustand
- Intensität und Umfang der Belastungen.
Eine insuffiziente Nährstoffversorgung verlängert die Regenerationszeit maßgeblich und beeinträchtigt die Spielerverfügbarkeit, wohingegen eine zielgerichtete Versorgung ein bislang kaum genutztes Potenzial der Leistungsoptimierung darstellt.
Proteine im Regenerationsverlauf
Eine gezielte Aufnahme von Proteinen und verzweigtkettigen Aminosäuren verkürzt die Reparaturmechanismen in der Muskelzelle sowie den Muskelaufbau und die Immunfunktion der Athleten [2]. Die Muskelproteinsynthese (MPS) als Neubildung von Aminosäuren zu funktionellen kontraktilen myofibrillären Proteinen ist hierbei eine Schlüsselkomponente. Abhängig von der Proteinquelle, der Dosis pro Mahlzeit, der zeitlichen Proteinaufnahme in Abhängigkeit der Belastungsstruktur sowie der parallelen Aufnahme weiterer Nährstoffe wird die Reaktion der MPS mitgestaltet. Leucinreiche und schnell verdauliche Proteinquellen (Molkeprotein) rufen eine stärkere Stimulation von MPS sowie eine höhere Proteinbiosynthese während der Erholung hervor, verglichen mit langsam verdaulichen Proteinquellen (Sojaeiweiß, Kasein) mit niedriger Leucinzusammensetzung. Nach moderaten und intensiven Belastungen wird demnach eine schnell verdauliche Proteindosis (moderat: 0,25 g / kg; intensiv: 0,4 g / kg Körpergewicht) zur Maximierung der MPS empfohlen. Ein Anteil von 10g essentieller Aminosäuren pro Mahlzeit unterstützt die Proteinbiosynthese und die damit einhergehenden Regenerationsmechanismen zusätzlich. Dies wirkt sich positiv auf die Leistungsfähigkeit sowie Belastbarkeit des Athleten aus. Unabhängig von der Trainingsbelastung wird empfohlen, 1,5 g – 2 g Molkeeiweiß pro kg Körpergewicht am Tag zu verzehren. Die Proteindosis ist gleichmäßig über vier bis fünf Mahlzeiten, alternativ mit Hilfe eines Proteinshakes, zu verteilen. Für eine positive Nettobilanz über Nacht erfolgt die letzte Proteinzufuhr spätestens eine Stunde vor dem Schlafen [3].
Kohlenhydrate im Regenerationsverlauf
Neben der Aufnahme von Proteinen ist die Nährstoffversorgung mit Kohlenhydraten für die Regenerationsfähigkeit ebenfalls von besonderer Bedeutung, obgleich eine Aufnahme weiterer kohlenhydratreicher Nährstoffe keinen Vorteil hinsichtlich der MPS zeigt, sofern die empfohlene Proteindosis aufgenommen wird. Um Müdigkeitserscheinungen und damit einhergehend Verletzungen durch Überlastungssymptome insbesondere bei wiederkehrenden intensiven Belastungen zu vermeiden, wird eine circadiane Kohlenhydrataufnahme von 5 – 7 g/kg Körpergewicht empfohlen [3, 4]. Eine vollständige Auffüllung der Glykogensspeicher, trotz einer Kohlenhydrat- und Proteinreichen Ernährung, kann in diesem Zusammenhang bis zu 72 Stunden betragen. Demnach empfiehlt sich eine Zufuhr – mit dem primären Ziel erschöpfte Muskel- und Leberglykogenspeicher wiederherzustellen – innerhalb der ersten Stunden nach der Belastung von 1,0 – 1,2 g/kg/h [5]. Hierfür sind eine Vielzahl von Kohlenhydratquellen (Lebensmittel, Flüssigkeiten) wirksam. Die Auswahl von Kohlenhydraten wird durch die Präferenz des Athleten (Geschmack, Praktikabilität und Verfügbarkeit) bestimmt, wobei ein mittlerer bis hoher glykämische Index umsichtig ist, da die Glykogenspeicherung teilweise durch eine schnelle Glukoseversorgung und Insulinreaktion reguliert wird. Nach verstärkter Glykogendeplation (z. B. intensive Belastungen) kann Saccharose in der Leber gegenüber Glucose bevorzugt sein. Zusätzlich kann eine Zugabe von Proteinen (0,3 – 0,4 g/kg/h) zur Maximierung der Glykogenresynthese beitragen [6]. Für moderate Trainingsbelastungen von weniger als einer Stunde und einer Regenerationszeit von über acht Stunden muss keine Zufuhr von Kohlenhydraten fokussiert werden. Eine regelmäßige und über den Tag verteilte Nährstoffaufnahme ist ausreichend, um die Erholungsanforderungen des Athleten zu erfüllen [5].
Ernährungsempfehlung im Tagesverlauf
Neben den aufgeführten Ernährungsempfehlungen für Mannschaftssportler ist ein dynamischer, periodisierter und personalisierter Ansatz für die Verfügbarkeit sowie eine Reihe weiterer Faktoren von eminenter Bedeutung, um eine kurzfristige Erholung und eine längerfristige Anpassung sicherzustellen. Die aufgeführten Inhalte sind als grundlegende Nährstoffempfehlung für leistungssportorientierte Mannschaftssportler mit einem intermittierendem Belastungsprofil anzusehen und bilden kein vollumfängliches Ernährungsregime ab:
Trainingsfreie Tage | Trainingstag |
Über 4 – 5 Mahlzeiten verteilt: • 1,5 – 2,0 g Proteine/kg Körpergewicht • 5,0 – 7,0 g Kohlenhydrate / kg Körpergewicht • Letzte Proteinzufuhr 1 h vor dem Schlafen (Casein) | Zusätzlich zu trainingsfreien Tagen: • Moderate Belastung: 0,25 g Molkeprotein/ kg Körpergewicht • Intensive Belastung: 0,4 g Molkeprotein / kg Körpergewicht • 1,0 – 1,2 g Kohlenhydrate bis 1 h nach der Belastung • 10 g Aminosäuren pro Mahlzeit |
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass durch das dargestellte Ernährungsregime ein verbessertes Regenerationsmanagement mit optimierter Leistungsfähigkeit und verbesserter Einsatzfähigkeit bei Hochleistungssportlern erzielt werden kann.
Bioelektrische Impendanzanalyse (BIA) als diagnostisches Tool
Im Rahmen des Regenerationsmanagments ist eine bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) hilfreich, das Trainings- und Ernährungsprogramm von Athleten zu optimieren und auf Basis von Proteinen und Kohlenhydraten die Nährstoffversorgung zu kontrollieren. Eine BIA ist eine klinisch nicht invasive Methode zur Bestimmung der Körperzusammensetzung und bietet Möglichkeiten zur Bestimmung der Muskelmasse, des Wasserhaushalts und indirekt des Körperfettanteils. Über die Körperzellmasse (BCM), die sich aus stoffwechselaktiven Zellen (Organe- und Skelettmuskulatur, Zellen des Blut-, Drüsen- und Nervensystems) zusammensetzt, ist eine genaue Bestimmung des Energieverbrauchs (Grundumsatz) sowie eine Beurteilung des Ernährungszustandes möglich. Eine Veränderung der BCM ist auf eine Adaption der Skeletmuskelmasse sowie eine Anpassung des Glykogenspeichers zurückzuführen [7]. In diesem Zusammenhang zeigt sich nach intensiven Trainingsreizen mit einem hohen Kohlenhydratverbrauch eine niedrige BCM, die sich angesichts des Trainingszustandes und einer Zufuhr von Kohlenhydraten wieder normalisiert. Für die Interpretation des Wasserhaushalts im Körper ist neben dem Gesamtkörperwasser im Speziellen die Wasserverteilung von Interesse. Das Intrazellulärwasser (ICW) ist die Flüssigkeit in der Körperzellmasse. Demgegenüber wird das Extrazellulärwasser (ECW) als interstitielle Flüssigkeit oder Gewebsflüssigkeit verstanden. Im sportlichen Kontext ist das ECW durch die ausgeprägte BCM häufig etwas geringer. Eine Erhöhung des ECW kann hingegen auf eine insuffiziente Proteinversorgung des Athleten hinweisen.
Literatur
[1] Schnabel, G., Harre, D., Krug, J., Kaeubler, W.D., Barth, B. (2011). Trainingslehre – Trainingswissenschaft: Leistung, Training, Wettkampf. 2. Aufl. Aachen: Meyer & Meyer; 2011.
[2] Heaton, L.E., Davis, J.K., Rawson, E.S., Nuccio, R.P., itard, O.C., Stein, K.W., Baar, K., Carter, J.M., Baker, L.B. (2017). Selected In-Season Nutritional Strategies to Enhance Recovery for Team Sport Athletes: A Practical Overview. Sports Med, 47 (11), 2201-2218.
[3] Pöttgen, K. (2019) Ernährung als Therapieform: Essenzieller Bestandteil einer konservativen Therapie. Sportärztezeitung, 5 (4), 92–95.
[4] Burke, L.M., Hawley, J.A., Wong, S.H.S., Jeukendrup, A.E. (2011) Carbohydrates for training and competition. Journal of Sports Sciences, 29, 17-27.
[5] Williams, C., Rollo, I. (2015) Carbohydrate Nutrition and Team Sport Performance. Sports Med, 45, 13-22.
[6] Howarth, K.R., Moreau, N.A., Phillips, S.M., Gibala, M.J. (2009). Coingestion of protein with carbohydrate during recovery from endurance exercise stimulates skeletal muscle protein synthesis in humans. Journal of applied physiology, 106 (4),1394–1402
[7] Edlinger, E. (2011) Der Einsatz der bioelektrischen Impedanzanalyse (BIA) in der Beratung und Betreuung von Sportlern. Ernährung & Medizin, 26, 185–189.
Autoren
ist Athletiktrainer der Bundesligamannschaft sowie der Leiter der athletischen Ausbildung im Nachwuchsleistungsbereich der MT Melsungen. Darüber hinaus ist Dr. Sölter promovierter Sportwissenschaftler und Inhaber der DOSB-Athletiktrainer Lizenz.
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Der Sportmediziner und Chiropraktiker hat eine Zulassung als Durchgangsarzt (D-Arzt) und ist Mitinhaber der Orthopädisch chirurgischen Gemeinschaftspraxis und Praxisklinik OCP Kassel mit dem Schwerpunkt ambulante Operationen. Außerdem betreut Dr. Rauch die 1. Bundesliga Handballmannschaft MT-Melsungen, war gewählter Kongresspräsident des größten europäischen orthopädisch-unfallchirurgischen Kongresses DKOU 2018 in Berlin und wiss. Beirat der sportärztezeitung.