Die Ernährung spielt eine fundamentale Rolle in der Optimierung unserer kognitiven Funktionen. Nicht nur die ausreichende Versorgung mit Energie, sondern auch die Nährstoffzusammensetzung können direkt die geistige Klarheit, Konzentration, Gedächtnisleistung und sogar unsere Stimmung beeinflussen.
Unsere Gehirnleistung ist nicht nur während geistiger Anstrengungen, wie sie in Prüfungen oder komplexen Arbeitsaufgaben vorkommen, von Bedeutung. Auch für sportliche Leistungen ist eine optimale kognitive Funktion von entscheidender Bedeutung – sei es bei der Entscheidungsfindung während eines Spiels oder bei der Aufrechterhaltung von Konzentration und Koordination unter körperlicher Belastung. Eine gezielte Ernährung kann hier einen signifikanten Vorteil bieten und dazu beitragen, das mentale Leistungsniveau zu maximieren und die Regenerationszeit zu verkürzen, was wiederum zu einer verbesserten Gesamtperformance führt.
Energieversorgung als Schlüsselfaktor
Das menschliche Gehirn ist ein wahrer Energiefresser, das bis zu 20 % des täglichen Energieumsatzes des Körpers verbraucht. Und das bei gerade mal etwa 2 % des Körpergewichts. Dieser bemerkenswert hohe Energiebedarf spiegelt die Wichtigkeit der zahlreichen Prozesse wider, die im Gehirn ablaufen – von der Aufrechterhaltung von Zellfunktionen bis hin zu der Signalverarbeitung, die für Bewegung, Kognition, Gedächtnis und Koordination verantwortlich ist.
Die primäre Energiequelle des Gehirns ist Glucose, wovon es pro Tag ca.130 Gramm verbraucht. Unter normalen Umständen wird Glucose kontinuierlich durch den Blutstrom an das Gehirn geliefert und dient als Energiesubstrat für Neuronen und Gliazellen. Ein konstanter Blutzucker ist somit für eine gleichbleibende Energieversorgung essentiell. Neben Glucose gibt es jedoch noch eine alternative Energiequelle für das Gehirn: Ketonkörper. Diese werden bei sehr eingeschränkter Kohlenhydratzufuhr oder beim Fasten in der Leber aus Fettsäuren synthetisiert. Ketonkörper, wie Beta-Hydroxybutyrat, Acetoacetat und Aceton, können die Blut-Hirn-Schranke passieren und den Neuronen als Energielieferant zur Verfügung stehen. Ketonkörper sind für unser Gehirn nicht nur eine effiziente Energiequelle, sondern besitzen auch neuroprotektive Eigenschaften besitzen, die die kognitive Leistungsfähigkeit unterstützen und möglicherweise das Risiko neurodegenerativer Erkrankungen senken können. Dies gilt insbesondere dann, wenn unser Gehirn Schwierigkeiten mit der Zuckerverwertung hat. Die bewusste Steuerung der Energiequellen durch diätetische Maßnahmen, wie ketogene Diäten und exogene Ketone oder das Timing und die Menge der Kohlenhydrataufnahme, können daher weitreichende Auswirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit haben.
Die Aufrechterhaltung eines stabilen Blutzuckerspiegels ist entscheidend für eine gute kognitive Funktion. Sowohl ein zu hoher Blutzucker als auch ein zu niedriger können zu Ermüdungserscheinungen, Konzentrationsschwäche und insbesondere langfristig zu einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses führen. Für optimale geistige Leistungsfähigkeit sind leicht erhöhte Blutzuckerwerte um die 120 mg/dl ideal. Allgemein sind Blutzuckerwerte zwischen 80-140 mg/dl anzustreben.
Um das Gehirn gleichmäßig mit Glucose zu versorgen, sind starke Spitzen oder Tälern zu vermeiden. Mit den modernen Ernährungsgewohnheiten ist es häufig so, dass wir mehr Kohlenhydrate und hier insbesondere kurzkettige aufnehmen als verbrauchen. Dies kann zu einem Ungleichgewicht führen, das den Blutzuckerspiegel stark schwanken lässt und so unsere geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Folgende Maßnahmen können dazu beitragen, den Blutzucker zu stabilisieren:
Ausgewogene Makronährstoffverteilung: Eine Mahlzeit, die ausreichend Proteine und Fette enthält, führt zu einer langsameren und stetigeren Blutzuckeranstieg. Die beiden Komponenten sollten in keiner Mahlzeit fehlen.
Richtige Kohlenhydratauswahl: Komplexe Kohlenhydrate wie (abgekühlte) Kartoffeln, Quinoa, Hülsenfrüchte oder stärkehaltiges Gemüse sind ideal. Einfache Zucker wie in Süßigkeiten oder Softdrinks führen zu einem steilen und starken Blutzuckeranstieg. Besser sind spezielle Zuckerarten, die sich nur wenig auf den Blutzucker auswirken, dem Gehirn aber als wunderbare Energiequelle dienen. Teils sogar bei bestehender Insulinresistenz. Hierzu zählen Galaktose, Isomaltulose, Ribose, Tagatose.
Ballaststoffreiche Lebensmittel: Ballaststoffe verlangsamen die Absorption von Zucker im Verdauungstrakt, was zu einem ausgeglichenen Blutzuckerspiegel beiträgt.
Regelmäßige Mahlzeiten: Durch das regelmäßige Essen über den Tag verteilt wird, ein gleichmäßiger Glucosefluss gewährleistet. Ideal sind 3-4 Mahlzeiten.
Bewusste Snackauswahl: Mit Snacks wie z. B. Studentenfutter kann über die variablen Anteile von Trockenobst und Nüssen der Blutzucker bewusst gesteuert werden
Physische Aktivität: Regelmäßige körperliche Bewegung fördert die Glukoseaufnahme in die Zellen und verbessert die Insulinempfindlichkeit. Beides stabilisiert den Blutzucker.
Die essentielle Rolle von Proteinen für die Neurotransmitter-Synthese
Proteine sind mehr als nur Bausteine für Muskeln und Gewebe; sie sind unentbehrlich für die Gesundheit und Funktion des menschlichen Gehirns. Insbesondere einzelne Aminosäuren, als Vorstufen für Neurotransmitter haben sie einen direkten Einfluss auf unsere kognitive Leistungsfähigkeit.
Neurotransmitter wie Dopamin, Adrenalin, Gaba, Glutamat oder Serotonin sind chemische Botenstoffe des Gehirns, die unsere Stimmung, Motivation und unser Lernvermögen regulieren. Dopamin, das intensiv mit dem Belohnungssystem des Gehirns verbunden ist und eine Schlüsselrolle in der Motivationssteuerung spielt, benötigt Tyrosin, eine Aminosäure, die in proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Soja, Saubohne und Eiern vorhanden ist. Auch Adrenalin, das für verbesserten Fokus und Wachsamkeit sorgt, benötigt die Aminosäuren Tyrosin oder Phenylalanin als Baustoff.
Serotonin, oft als das Wohlfühlhormon bezeichnet, wird aus der Aminosäure Tryptophan synthetisiert, das in Nahrungsmitteln wie Nüssen und Käse enthalten ist. Ferner wird aus Serotonin Melatonin gebaut, was für einen guten Schlaf sorgt und Schlaf ist essentiell für die geistige Leistungsfähigkeit.
Eine ausgewogene Zufuhr von Protein ist für die Neurotransmittersynthese somit unerlässlich. Dies fördert nicht nur den Fokus und die Konzentration, sondern unterstützt auch die allgemeine psychische Gesundheit. Eine Ernährung, die reich an hochwertigen tierischen und pflanzlichen Proteinen ist somit von großer Bedeutung. Bei der Auswahl von tierischen Proteinen sollte auf eine entsprechende Vielfalt geachtet werden, um das gesamte Spektrum an Aminosäuren zu erhalten. Vegetarier und Veganer können durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Proteine sicherstellen, dass ihr Körper alle notwendigen Aminosäuren erhält. Bei spezifischem Bedarf, kann auch die gezielte Supplementierung einzelner Aminosäuren in Betracht gezogen werden.
Ausgewählte Substanzen für die kognitive Funktion
Mikronährstoffe spielen eine wesentliche Rolle im Gehirnstoffwechsel und unterstützen eine Vielzahl kognitiver Prozesse. Die Gruppe der B-Vitamine, insbesondere Vitamin Cholin, B6, B12 und Folsäure spielen eine Zentrale Rolle. Cholin, ein essenzieller Nährstoff, ist für die Acetylcholinsynthese von Bedeutung. Acetylcholin ist ein Neurotransmitter, der kritisch für Gedächtnisfunktionen und die Aufmerksamkeitssteuerung ist. Zusätzlich ist es an der an der Myelinsynthese beteiligt, welche die Signalübertragung der Neuronen erleichtert. Cholin befindet sich in Leber, Eigelb und Nüssen. B6, B12 und Folsäure sind am Homocysteinmetabolismus, dessen Dysregulation mit kognitiven Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht wird. B-Vitamine befinden sich in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch und Eiern aber auch in Vollkornprodukten und Hülsenfürchten.
Vitamin D, das Sonnenhormon, ist wichtig für die neuronale Differenzierung und beteiligt an der Reizübertragung sowie Herstellung von Neurotransmittern Dopamin und Serotonin. Lebensmittel sind keine nennenswerten Vitamin D Lieferanten. Die Versorgung erfolgt über Sonnenlicht oder je nach dessen Exposition ist eine Supplementierung notwendig.
Die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren, speziell Docosahexaensäure (DHA), für die Integrität der neuronalen Membranen ist gut dokumentiert. DHA ist für die Erhaltung der Membranfluidität von Bedeutung und wichtig für die Integrität der Blut Hirn-Schranke. Ferne ist DHA an der Signalübertragung beteiligt ist und beeinflusst direkt die kognitive Leistung. Als Eselsbrücke hilft D wie DHA wie Denken.
Als letztes sei noch Creatin erwähnt, das nicht nur in der Energiebereitstellung im Muskel, sondern auch innerhalb von Gehirnzellen eine Rolle spielt. Es erhöht die Synthese von Adenosintriphosphat (ATP) und unterstützt die zelluläre Energieproduktion, z. B. nach Schlafmangel oder unter Bedingungen erhöhter Energieanforderung. Die Folge sind weniger Müdigkeit und verbesserte Konzentration. Kreatin kommt in Fleisch vor ist oder ist als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.
Eine ausreichende Versorgung mit diesen Stoffen ist daher für die Aufrechterhaltung und Förderung der kognitiven Leistungsfähigkeit entscheidend. Angesichts ihrer Beteiligung an zellulären Stoffwechselwegen und neurochemischen Prozessen kann eine optimierte Zufuhr dieser Nährstoffe dazu beitragen, das kognitive Potenzial zu maximieren und die Gehirngesundheit langfristig zu unterstützen.
Der Einfluss von Flüssigkeitszufuhr auf unsere Konzentration
Eine adäquate Flüssigkeitszufuhr ist für die Aufrechterhaltung der kognitiven Funktionen und der Gehirngesundheit von grundlegender Bedeutung. Das Gehirn besteht zu ca. 80 % aus Wasser und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist für die elektrochemische Leitfähigkeit der Neuronen, den Transport von Nährstoffen und den Abbau von Abfallprodukten entscheidend. Schon eine Dehydration von 1-2 % des Körpergewichts kann zu Müdigkeit, einer Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit sowie der psychomotorischen Fähigkeiten führen. Angemessene Flüssigkeitszufuhr ist somit essentiell, um die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten
Die Empfehlungen für die tägliche Wasseraufnahme beträgt circa 30 ml pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für Erwachsene. Bei einer 70kg schweren Person entspricht dies ca. 2,1 Liter. Den Verlust durch sportliche Aktivität oder heiße Umgebungstemperatur gilt es zusätzlich zu ersetzen. Es ist wichtig, regelmäßig über den Tag verteilt zu trinken und auf Signale des Körpers wie Durst zu achten, um Dehydration zu vermeiden. Ideal sind kalorienfreie Getränke. Im Bedarfsfall kann auch ein Getränk mit ca. 15 Gramm Glucose oder ca. 10 Gramm exogenen Ketonen die mentale Leistungsfähigkeit verbessern.
Gehirn Booster Koffein
Koffein, das weltweit am häufigsten konsumierte psychoaktive Stimulans, hat komplexe Auswirkungen auf die kognitive Leistung. Es wirkt als Adenosinrezeptor-Antagonist, was zur Stimulation des Zentralnervensystems führt. Dies kann die Wachsamkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration steigern sowie die Reaktionszeit verkürzen. Es ist jedoch zu beachten, dass Koffein bei empfindlichen Individuen oder Überdosierung zu Nervosität und Unruhe führen kann und dass es bei regelmäßigem Gebrauch zu Toleranz und Abhängigkeit kommt. Auch der negative Einfluss auf den Schlaf aufgrund der langen Halbwertszeit ist zu erwähnen.
Die situative Aufnahme von Koffein – unter Berücksichtigung der individuellen Toleranz und ohne Überkonsum oder Dauerkonsum– kann ein nützliches Mittel zur Steigerung von Fokus, geistiger Klarheit und Energie sein. Die optimale Dosis variiert, aber allgemein wird eine Aufnahme von bis zu 400 mg pro Tag als sicher für die meisten Erwachsenen angesehen.
Fazit
Die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung und ausreichenden Hydration für die kognitive Leistungsfähigkeit und Gehirngesundheit kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Eine gezielte Zufuhr von Makro- und Mikronährstoffen sowie Flüssigkeit unterstützt die komplexen biochemischen Prozesse des Gehirns und trägt zur Aufrechterhaltung der neuronalen Integrität bei. Im Zusammenspiel fördern diese Faktoren eine optimale geistige Leistung und können gleichzeitig das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen mindern.
Ein Education-Video zum Thema Ernährungsfaktoren zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit von Lisa Könings finden Sie hier:
Autoren
ist Diplom Oecotrophologin und ausgebildete Fitness- und Gesundheitstrainerin. Sie hat eine eigene Praxis in Bornheim/NRW und ist Mitinhaberin der Deutschen Akademie für Neuroperformance, einem Ausbildungsinstitut für neurozentriertes Training. Ihre Expertise der neurozentrierten Ernährungsberatung teilt sie in Einzelberatungen, online Kursen und Fortbildungen. www.eb-koenings.de