Tendinopathien der Achillessehne sind eine der häufigsten Verletzungsformen bei Sportlern, insbesondere bei Ballsportlern und Läufern. Oft vergesellschaftet mit einer langen Leidensgeschichte und frustranen Therapieversuchen. Um die Komplexität der verschiedenen Pathomechanismen und Verletzungsformen zu entwirren, ist eine exakte Diagnostik klinisch und radiologisch von entscheidender Bedeutung. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf die Ansatzpathologien der Achillessehne, welche sämtliche Problematiken ausgehend von der Achillessehneninsertion bis zwei Zentimeter oberhalb des calcanearen Ansatzes beinhalten.
Die Pathologien oberhalb von zwei Zentimetern des calcanearen Ansatzes bis zu ca. acht Zentimetern werden Mid-Portion-Tendinosen genannt und sind noch häufiger bei Sportlern anzutreffen. Sie stellen aber histopathologisch eine komplett andere Sehnenpathologie dar und sind auch entsprechend different zu therapieren.
So ist zum Beispiel die Effektivität der konservativen Therapiemaßnahmen, insbesondere exzentrisches Training und hoch dosierte fokussierte Stoßwellentherapie, bei der Mid-Portion-Tendinopathie erfolgreicher, operative Maßnahmen sind entsprechend selten nötig. Anders sieht das bei der Ansatztendinose der Achillessehne, insbesondere bei Verkalkungen intratendinös, aus, welche operativ ein sehr gutes Outcome der Patienten zeigt, jedoch auch, je nach Operationstechnik, sehr unterschiedliche Komplikationsraten aufweist.
Diagnostik
Dies vorausgeschickt unterstreicht es die Wichtigkeit der initialen Diagnostik mit Festlegung der Höhe der Lokalisation der Achillessehnenpathologie (Insertionstendinopathie versus Mid-Portion). Dies erfolgt durch klinische Palpation und Inspektion etwaiger Schwellungen, entweder an der Achillessehneninsertion mit Auftreibungen im Sinne von Insertionsossifikationen oder Bursareizungen (Bursitis calcanea oder subachillea). Des Weiteren empfiehlt sich bei Ansatzbeschwerden ein seitliches Röntgenbild zur Verifikation von Insertionsverkalkungen oder Haglund-Exostosen sowie sonografische Evaluation der Achillessehneninsertion mit Frage nach Bursitis subachillea, Insertionsverkalkungen (Schallschatten), Partialruptur und Evaluation eventueller Neovaskularisationen mittels Doppler-Sonografie.
Den Goldstandard der radiologischen Diagnostik stellt weiterhin die MR-Tomografie dar mit intravenöser Kontrastmittelgabe zur Evaluierung der Qualität der Achillessehneninsertion sowie Ausschluss von Partialrupturen, Knochenödemen (Bone bruise) des Calcaneus sowie Abschätzung der Calcaneusform (Haglund-Deformität).
Es gilt festzuhalten, dass das MRT beginnende Verknöcherungen in der Sehne manchmal schlecht detektiert und die ergänzende konventionell radiologische Bildgebung oder Sonografie in Kombination sehr hilfreich ist.
Äußerst hilfreich in der Diagnostik, insbesondere zur Detektion der oftmals mechanischen Ursache, sind eine Laufanalyse sowie biomechanische Untersuchungsmöglichkeiten mit Maximalkrafttest, Stabilometrie sowie Ganganalyse und kinematischer Rückfuß-Analyse.
Im Speziellen ist der Ausschluss von Rückfußinstabilitäten bei vermehrter Pronation im Sinne eines Knick-, Senkfußes oder durch falsches Schuhwerk mit vermehrter Varus-, Valgus-Exkursion oder auch nach OSG-/USG-Bandläsionen von enormer Bedeutung – nicht nur für die Diagnostik, sondern auch für einfachere therapeutische Behandlungsvorschläge wie Optimierung der Schuhversorgung.
Ebenfalls zur Diagnostik gehört eine umfassende Analyse des Stoffwechsels zum Ausschluss von rheumatischen Erkrankungen, Harnsäureüberlastungen oder Chondrocalcinosen. Ist die Diagnostik abgeschlossen und die Insertionstendinose der Achillessehne ist verifiziert, gilt es die folgenden Begleitpathologien zu benennen oder auszuschließen.
- Begleitpathologien/Differentialdiagnosen sind
- Bursitis subachillea
- Bursitis calcanea
- Achillessehnenpartialruptur
- Prominenter Processus posterior calcanei
- Intratendinöse Ossifikationen
- Morbus Sever (Apophysitis calcanei)
- Bone bruise/Ermüdungsfraktur des Calcaneus
- Impingement Os trigonum
- Nerven-Entrapment des Ramus calcanearis des N. tibialis oder des N. suralis
- Plantarfasziose
- OSG-/USG-Instabilität
Insbesondere die Kombination Insertionstendinose mit Partialruptur des Ansatzes (meist der tiefen, ventralen Anteile) mit Haglund-Exostose und Bursitis subachillea sind sehr oft anzutreffen und stellen eine große Herausforderung für die Therapie dar.
Partialruptur bei Haglund-Exostose St.n Entfernung der Partialruptur und der Haglund-Exostose. Stößelung der Calcaneusoberfläche und sparsame Auftragung von Knochenwachs
Therapieoptionen
Betrachtet man in der Literatur die Therapieformen bei Insertionstendinopathien, so zeigen sich Schwierigkeiten durch nichteinheitliche Definition der Diagnose. Es werden zum Beispiel verschiedene Unterdiagnosen nicht unterschieden oder erwähnt, so dass die Vergleichbarkeit schwierig ist. Ein systematischer Review von Wiegerinck von 2013 konnte dies schön aufzeigen und die Therapieformen, insbesondere für die reine Insertionstendinopathie der Achillessehne, aufarbeiten. Als Outcome-Kriterien wurden die Patientenzufriedenheit sowie die Reduktion der Schmerzskala (VAS = Analogskala) und die Komplikationsraten der einzelnen Therapien verglichen.
Unterschieden wurden initial operativ versus nicht operativ und bei den nicht operativen die Injektionsbehandlungen, exzentrisches Training, Stoßwellentherapie sowie andere Therapieformen (physiotherapeutische Behandlungen im Sinne eines Fußgymnastikprogramms, CO2-Laser, Tecar und Cryo-Ultraschall).
Operative Therapie
Die Resultate der operativen Therapien konnten nun auf wissenschaftlich fundierter Basis auch unsere Erfahrungswerte untermauern. Sie zeigten bei fünf verschiedenen Operationstechniken eine generalisierte Patientenzufriedenheit (good and excellent) von 89 Prozent bei einer äußerst unterschiedlichen Komplikationsrate von 23 Prozent.
Die deutliche Mehrzahl darunter waren leichte und teilweise nur temporäre Komplikationen wie Missempfindungen oder verlängerte Hospitalisation. Schwere Komplikationen im Sinne von Achillessehnenrupturen, Re-Operation, tiefe Venenthrombose, persistierende Schmerzen, tiefe Wundinfektionen oder größere Wundheilungsstörungen traten nur in 3,1 Prozent der Fälle auf.
Die fünf operativen Techniken bestanden hauptsächlich aus Abtragung der calcanearen Exostosen, Entfernung der Insertionsverkalkungen, Ausschälen der tendinothischen oder rupturierten Achillessehnenareale und Bursektomie, wobei verschiedene Zugänge gewählt wurden.
Ein Autor popagierte bei Partialläsionen über 50 Prozent einen Flexor hallucis longus Transfer. Wir raten von dieser Opferung des wichtigen USG- und Vorfuß-Stabilisators ab, da funktionell und auch in einer Level-1-Studie von Hunt 2015 keine signifikante Verbesserung gegenüber einer reinen Revisions-Operation gezeigt werden konnte. Aus unserer Erfahrung ist es wichtig, dem Patienten die lange Rehabilitationsdauer von Anfang an offenzulegen, da auch postoperativ die Beschwerden in ähnlicher Lokalisation und Ausdehnung ca. drei bis sechs Monate persistieren können. Dies ist der Fall, bis sich die Achillessehnenelastizität nach der Revision wieder normalisiert hat und eine Schmerzfreiheit und gute Funktionalität wieder gewährleistet ist.
Es lohnt sich ebenfalls, nicht zu viel des Processus posterior calcanei zu resezieren, da dieser als Hebelarm von enormer Bedeutung ist. Als ebenfalls sehr hilfreich hat sich die Stößelung der calcanearen Oberfläche nach Resektion der Haglund-Exostose erwiesen mit sparsamer Auftragung von Knochenwachs, damit die Reibungsgefahr zwischen Calcaneus und Achillessehne minimiert ist und keine biomechanisch ungünstige Narbenbrücke der Achillessehne auf den cranialen Anteilen des Calcaneus entsteht.
Stoßwellentherapie
Vergleicht man die konservativen Therapieoptionen, so ist die extrakorporale Stoßwellentherapie mit Abstand am erfolgreichsten mit einer Patientenzufriedenheit von 77 Prozent (Rompe et al., Level 1) bis zu 83 Prozent (Furia et al., prospektive Studie). Es zeigt sich jedoch auch eine Tendenz, dass bei intratendinösen Verkalkungen die extrakorporale Stoßwellentherapie nicht mehr diese hohen Effektivitätsraten erreichen kann.
Exzentrisches Training
Das exzentrische Training (full range of motion), welches bei der Mid-Portion-Tendinose als Goldstandard gilt, zeigt bei Insertionstendinopathien der Achillessehne eine deutlich schlechtere Performance mit fast 70 Prozent unzufriedenen Patienten nach zwölf Wochen. Jonsson 2008 modifizierte das exzentrische Training von der Spitzfußstellung nur bis zur 0°-Position (non full ROM) und konnte die Effektivität des exzentrischen Trainings bei Ansatztendinosen auf 67 Prozent zufriedene Patienten steigern bei dreimal 10 bis 15 Repetitionen zweimal täglich über zwölf Wochen.
Pathophysiologisch ist dies sicherlich sinnvoll, da durch die Exzentrik die Zugbelastung auf die Sehnenfasern und entsprechende Stimulation der Tenozyten gewährleistet sind, jedoch keine unnötige Belastung und Kompressionsbelastung durch die meist vorhandene Haglund-Formation auf den tendinotischen Achillessehnenanteil kommt.
Injektionen
Insbesondere die Sklerosierung von Neovaskularisationen mit Polydokanol oder Behandlung mit hyperosmolarer Dextrose zeigte einen positiven Effekt auf der VAS-Skala, wobei die Studienlage noch sehr dünn ist. Weitere Behandlungsformen stellen die Injektion von ACP (autologes konditioniertes Plasma) oder PRP (platelet rich plasma) dar, welches ebenfalls in der Literatur kontrovers diskutiert wird.
Von Kortisoninjektionen paraachillär oder auch in die Bursa subachillea wird dringend abgeraten, da eine Resorption des Kortisons in die Sehne stattfindet. Dies konnte Hugate et al. klar im Tierversuch nachweisen. Die damit verbundene Aktivierung der Metalloproteasen erhöht einerseits die Rupturgefahr der Sehne und andererseits die Gefahr für Komplikationen bei nachfolgenden Operationen. Gerade Wundheilungsstörung/Infektion und Re-Ruptur der Achillessehne sind signifikant (bis zu 56 Prozent) erhöht.
Andere Therapien
Grundlegend gilt es bei der Insertionstendinopathie der Achillessehne die Ursache zu detektieren und zu behandeln. Insbesondere richtet sich dort das Augenmerk auf die Führung des Calcaneus mit physiotherapeutischen Maßnahmen oder Optimierung des Schuhwerks bzw. der Schuheinlagen sowie Anpassung der Belastungsform.
Weitere Therapieformen, insbesondere physiotherapeutische Behandlungen, stellen einen sehr wichtigen Bestandteil der unterstützenden Behandlung dar. Weitere Literaturhinweise bezüglich hilfreicher Therapien gehen in Richtung CO2-Laser mit Tecar und Cryo-Ultraschall, die Patientenanzahl dieser Studien ist jedoch äußerst gering. Eine sichere Aussage kann deswegen noch nicht getätigt werden.
Zusammenfassend sind initial die negativen mechanischen und metabolischen Einflüsse zu eliminieren. Bezüglich nicht operativer Therapieempfehlungen zeigt sich die extrakorporale Stoßwellentherapie als die erfolgreichste Behandlungsform in Kombination mit einem exzentrischen Training bis maximal zur 0°-Stellung sowie etwaiger Unterstützung mit Injektionsbehandlungen (Sklerosierung/hyperosmolarer Dextrose/ACP/PRP).
Am erfolgreichsten mit der höchsten Patientenzufriedenheit ist jedoch die operative Therapie mittels Insertionsrevision, Bursektomie, Exostosenabtragung und Entfernung der intratendinösen Ossifikationen vergesellschaftet: mit einer Over-all-Zufriedenheit von 89 Prozent, jedoch auch mit einer nicht irrelevanten Komplikationsrate von drei bis 23 Prozent.
Aus unserer Sicht gilt es insbesondere bei der Diagnostik, die intratendinösen Ossifikationen zu detektieren, da die Erfolgsrate dieser Pathologien konservativ nur bei ca. 50 Prozent liegt und deswegen frühzeitig eine operative Sanierung diskutiert werden sollte. Bei nicht verkalkten Achillessehneninsertionstendinopathien ist sicherlich die primäre konservative Therapie zu präferieren.
Die Autoren: Dr. med. Thomas Hesse, Dr. med. Henning Ott, PD Dr. med. Claudio Rosso, Felix Zimmermann
Autoren
ist Facharzt für Orthopädische Chirurgie und international renommierter Achillessehnenspezialist. Er ist Leitender Arzt, Gründer und Inhaber Altius Swiss Sportmed Center Rheinfelden Schweiz. Dr. Weisskopf war Olympiaarzt 2010, 2014, 2018, 2022, ist Verbandsarzt Swiss Handball, Swiss Icehockey, Swiss Curling und wiss. Beirat der sportärztezeitung.