Supinationstraumata sind mit rund 20 % Inzidenzrate die am häufigsten anzutreffende Verletzung im Basketball. Die Signifikanz der Pre- als auch Rehabilitation ist daher hoch und es empfiehlt sich strukturierte Planung und Präzision. Die hier vorgestellte Case Study zeigt anschaulich, wie kombinierte Anwendung von EMG und radialer Stoßwelle den Rehaverlauf beschleunigen und zu nachhaltigem Erfolg führen kann.
Aaron Nesmith, Spieler der Indiana Pacers in der NBA, wurde während der Playoffs der Saison 2023 / 24 erstmalig mit repetitiven Problemen des Sprunggelenks, mit Zustand nach multiplen Inversionstraumata in respektiver Saison vorstellig. Die Eingangsdiagnostik via EMG (myoact) wies klare Defizite der Ansteuerung der Peronealmuskulatur auf. Die darauffolgende Behandlungskombination von Osteopathie, manueller Therapie und gezielter Fazilitation via EMG-Biofeedback, zum Teil unter Zuhilfenahme eines Blackboards, führte zu umgehender Verbesserung und letztlich zu einer überzeugenden Performance des Athleten bis in die Eastern Conference Finals der Saison. Leider war die Betreuung des Athleten meinerseits während der Saisonpause aufgrund meiner Beschäftigung als Physiotherapeut der Basketball Nationalmannschaft im Rahmen der Olympischen Spiele in Paris nicht möglich.
Eine erneute Bestandsaufnahme erfolgte daher unmittelbar am Anfang der laufenden Saison 2024 / 25 mit unzufriedenstellendem Ergebnis. Die Ansteuerung der Peronealmuskulatur, i.e. M.peroneus longus, war im re/li Vergleich auf einen Balancescore von 38 % mit einer MVA auf der betroffenen linken Seite von 141 mV gegenüber einem nahezu optimalen Wert von 367 mV auf der rechten Seite gefallen. Die Daten wurden konsequenterweise an das medizinische Team der Indiana Pacers übermittelt und um das gemeinsame Erarbeiten einer entsprechenden Behandlungsstrategie zur Vorbeugung weiterer Rezidive gebeten. Leider kam es bereits am folgenden Spieltag zu einem signifikanten Rezidiv mit einem Kombinationstrauma und Teilrupturen des Retinaculum peroneale und der beiden Peronaeus-Sehnen.
Dieses Ereignis erforderte ein Neudenken des Behandlungsansatzes, um nicht nur ein zeitlich adäquates, sondern auch langfristig erfolgreiches return to play zu gewährleisten. Ein operatives Verfahren zur Wiederherstellung der Kontinuität, v. a. des Retinaculum peroneale wurde zunächst seitens des Teams in Erwägung gezogen, nach kollegialem Austausch jedoch zugunsten des konservativem Behandlungsansatzes verworfen.

Konservativer Therapieansatz & Return to Play
Um nach konservativer Behandlung in der Akutphase, den Rehaverlauf für die folgende Subakutphase festzulegen, war es zwingend erforderlich, erneut ein EMG-Mapping via Myoact zu erstellen, um die Baseline festzustellen. Ein zu erwartender weiterer Abfall der Ansteuerung, respektive 87 mV links vs. 344 mV rechts wurde festgestellt. Um die Ansteuerung und Reintegration der betroffenen Muskulatur zu beschleunigen sowie geschädigte Sehnen- und Bandstrukturen gezielt zu behandeln, wurde auf die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) der Firma EMS zurückgegriffen. Die hohe Energiedichte, die das Gerät ermöglicht, ist einzigartig und war hierbei der entscheidende Faktor. Von der Einnahme von Celebrex (der Standard-Medikamentation in der NBA nach etwaigen Traumata) wurde dem Athleten aufgrund der verminderten Genexpression von Skleraxis, Collagen I und III abgeraten und stattdessen mit Phytopharmaka (Kurkumin und Boswelia) unterstützend antiinflammatorisch gearbeitet. Ferner konnte hierdurch sichergestellt werden, dass die ESWT-Behandlung im ligamentären und tendinösen Bereich von Erfolg geprägt war. Der weitere Rehaverlauf bestand aus sowohl manualtherapeutischen und osteopathischen Elementen, um die funktionale Synergie wiederherzustellen, als auch aus trainingstherapeutischen Maßnahmen unter Zuhilfenahme des Biofeedbacktrainings via EMG. Die ESWT kam hierbei stets vor trainingstherapeutischer Belastung mit 3.000 – 4.000 Impulsen, aufgeteilt auf den muskulären Teil des Peronaeus longus sowie dem Retinaculum peroneale und der Peronaeus-Sehnen, im Abstand von vier bis fünf Tagen zum Einsatz. Die Intensität wurde hierbei kontinuierlich angepasst, um die kontinuierliche Ausschüttung von Substanz P für den Behandlungserfolg zu gewährleisten. Zu beobachten war eine signifikant erhöhte Ansteuerung und damit verbunden erhöhte Effektivität der folgenden Trainingsbelastung. Dies wurde in regelmäßigen Abständen mit EMG-Mappings im Vergleich pre- und post-Behandlung grafisch veranschaulicht und dadurch der Erfolg der ESWT-Anwendung langfristig festgestellt.
Return to play kann nur dann erfolgreich gestaltet werden, wenn der Athlet das Vertrauen in die verletzte Struktur wiederherstellen kann. Gerade die hoch kompetitive Natur des Leistungssportlers profitiert von grafischen Darstellungen ihrer Trainings- und Erfolgsverläufen und sorgt für compliance durch eine anspruchsvolle Reha hindurch, hilft aber auch uns Therapeuten uns ehrlich zu machen. Die wohl auffälligste Vergleichsmessung erfolgte anschließend an die erste ESWT-Anwendung, rund zweieinhalb Wochen post Trauma. Der Behandlungserfolg konnte hier klar durch einen Anstieg von einem Balancescore von 56 % auf 80 % und 133 mV auf 280 mV (li.) via EMG abgeleitet werden. In den darauffolgenden Einheiten wurde ein durchschnittlicher Balancescore von ca. 70 % nicht mehr unterschritten und eine kontinuierlich adäquate Ansteuerung konnte etabliert werden. Generell ist ein Balancescore von über 80 % bei einem Basketballspieler aufgrund der differenzierten Belastungsanforderung im li / re Vergleich nicht zwingend zu erwarten und erforderlich, solange ausreichende Ansteuerung im 400 mV Bereich gewährleistet ist. Diese war nach etwa vier Wochen Reha erreicht und der Spieler konnte an zunächst kontaktlosen on-court Aktivitäten wieder teilnehmen. In den darauffolgenden Wochen führte die gezielte Belastungssteuerung zu den gewünschten Erfolgen, war jedoch bewusst langsam graduell ausgelegt. Sein Return to Play Comeback war von keinerlei setback geprägt und so war es dem Athleten möglich, bisher eine seiner besten Saisons zu spielen und rangiert derzeit in der Top 10 unter den Dreipunkteschützen der NBA. Besonders hervorzuheben ist dieser Umstand deshalb, da erfolgreiche Dreipunkteschützen von einer perfekt abgestimmten Mechanik in ihren Sprunggelenken abhängig sind.
Autoren
ist Osteopath und Sportphysiotherapeut, der mit NBA-Athleten in den USA arbeitet. Dabei hat er spezielle Behandlungsprogramme für NBA und WNBA-Athleten entwickelt und umgesetzt, darunter All-Stars wie Pascal Siakam, Lauri Markkanen und Satou Sabally und konnte Verletzungen durch die Korrektur biomechanischer Bewegungsmuster wirksam vorbeugen. Außerdem ist er Teil des medizinischen Teams der deutschen Basketball-Nationalmannschaft, u.a. beim WM-Sieg 2023.