Infektionskrankheiten können zu schwerwiegenden Problemen bei Sportlern führen. Seit 2007 treffen sich jährlich ca. 14 Sportmediziner zum Steinbach-Talk, um gemeinsam ein ausführliches Diagnose- und Therapieschema zu erarbeiten. Im Fokus stehen hierbei klar Empfehlungen aus der Praxis für die Praxis, beispielsweise Tipps für Hygieneschutz, aber auch Informationen zu Diagnosetools und Injektionstechniken. Während sich die Experten1 größtenteils mit den vielfältigen Beschwerden des Bewegungsapparates beschäftigen, haben sie sich im letzten Jahr intensiv mit dem Thema „Vorbeugung und Behandlung von Infekten“ befasst. Masiar Sabok Sir sprach dafür mit Dr. med. Christian Schneider, der zum Expertengremium gehört.
Herr Dr. Schneider, welche Relevanz haben Atemwegsinfekte bei der Behandlung von Profi-Sportlern? Was ist das übergeordnete Therapieziel – um jeden Preis fit zu sein oder schonend auskurieren? Infekte der oberen Atemwege sind für etwa 75 % der Ausfälle im Leistungssport verantwortlich und damit hat dieses Thema eine hohe Relevanz für den Sportler und für die betreuenden Ärzte. Die sinnvolle eingehende Diagnostik, oftmals inklusive Laborparametern, ist notwendig, um so mögliche Folgeschäden (z. B. Myokarditiden) zu vermeiden. Das vollständige Auskurieren ist aufgrund eines extern vorgeschriebenen Wettkampfkalenders nicht immer zu gewährleisten – es geht auch im Hochleistungssport nicht nach der Devise „Fit um jeden Preis“.
Welche prophylaktischen Maßnahmen können berücksichtigt werden? Hygienemaßnahmen sind ein ganz wichtiger Baustein – häufiges Händewaschen und Desinfektion z. B. auch vor dem gemeinsamen Essen und die Reduktion von „Shake-hands“ sind selbstverständlich (besser „Fist-bump“). Gerade im Wintersport auf eine angemessen Bekleidung achten! Schleimhautpflege inklusive ausreichender Trinkmenge und frühzeitiges Auffüllen der Kohlenhydratspeicher nach Belastung gehören natürlich auch dazu.
Welche Rolle spielen natürliche Arzneimittel bei der Behandlung von Profisportlern? Natürliche Wirkstoffe sind bei Sportlern voll im Trend, da sie meist den gesamten Organismus im Blick haben. Meine Erfahrungen mit natürlichen Präparaten (z. B. Gripp-Heel, Engystol oder auch Euphorbium comp. Nasentropfen) zeigen über alle Sportarten, dass die Erholung schnell geht und Regenerationsphasen verkürzt werden können. Aktuelle Studien können diese Effekte auch belegen: natürliche Wirkstoffe aktivieren körpereigene Abwehrkräfte, Symptomlinderung und die Infektausheilung wird gefördert. Für den Leistungssport ganz wichtig sind dabei die natürlichen Inhaltsstoffen, die häufig nicht doping-relevant sind und ein geringes Risiko für Neben- und Wechselwirkungen haben.
Was gibt es bei anstehenden Impfungen von aktiven Sportlern zu beachten? Das wichtigste ist, bestehende Impflücken zu erkennen. Die Empfehlungen der ständigen Impfkommission STIKO sind natürlich zu beachten. Grundsätzlich empfehlen sich Impfungen in der wettkampf- und auch trainingsfreien Zeit. Impfungen sollten nicht direkt nach einer Belastung erfolgen und die nächste größere Belastung 24 Stunden später.
Es wird über eine steigende „Impffaulheit“ in der Bevölkerung geklagt. Wie sieht das bei Leistungssportlern aus? Durch die jährlichen Grunduntersuchungen im Leistungssport sollten Impflücken auffallen und dringend mit dem betroffenen Sportler über das Erkrankungsrisiko inkl. „Ausfallsrisiko“ gesprochen werden. Gerade im Leistungssport kann durch die Impfung von Personen des Umfeldes (Betreuer und Familie) der Schutz des Sportlers erhöht werden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Impfugen von (Leistungs-) Sportlern (Auszug aus dem Diagnose- und Therapieschema Steinbach-Talk „Vorbeugung und Behandlung von Infekten) Immunitäts-
lücken erkennen (frühzeitig, am besten in der Jugend)
- Titerkontrollen zur Impfindikation sinnvoll bei: Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Hepatitis A, Hepatitis B, in Endemiegebieten auch FSME
- Titerkontrollen nach Impfung sinnvoll bei: Masern, Mumps, Hepatitis B
Zeitpunkt der Impfung:
- Impfung in Wettkampf- / Trainingspause – z. B. Verletzungspause
- wenn Impfung während Wettkampf oder Training notwendig, dann erst 24 Stunden nach Belastung und nicht direkt nach Belastung
- Fast alle Impfungen haben nach Grundimmunisierung keine Auffrischung nötig, d. h. während des aktiven Sport sind in der Regel nur wenige Impfungen notwendig: jährlich Influenza, alle 5 Jahre FSME, alle 10 Jahre Tetanus / Pertussis / Diphterie
- Immunität: Bei den meisten Impfungen 14 Tage nach der ersten Impfung, die weiteren Impfungen sind oft nur für den Langzeitschutz erforderlich
- Die anderen Impfungen haben Schnellimpfschemata (FSME, Hepatitis B)
- Der Schutz des Sportlers kann erhöht werden, indem die Umgebung geimpft wird (Betreuer, Familien)
- Generell sind die Impfempfehlungen der STIKO zu beachten!
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie mit Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Physikalische Therapie,
Chirotherapie und Naturheilverfahren. Er gründete 2017 das Orthopädie Zentrum Theresie in München und war davor Chefarzt des Sportorthopädischen Instituts der Schön Klinik München-Harlaching. Er ist u.a. Leitender Verbandsarzt des Bob- und Schlittenverband für Deutschland e.V. (BSD), Ärztlicher Leiter im Lehrteam DOSB Sportphysiotherapie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Vorsitzender des Vorstandes der Verbandsärzte Deutschland e.V.