Die Belastbarkeit stellt die wichtigste Größe im Leistungssport dar. Sie ist entscheidend für eine erfolgreiche und langfristige Leistungssportkarriere, in welcher die Gesundheit stets im Blickfeld steht. Die Belastbarkeitssicherung ist wichtige Aufgabe und Herausforderung zugleich. Dies gilt insbesondere für den Nachwuchsleistungssport. Aktive Maßnahmen für den Bewegungsapparat sollten von Beginn an in das Training integriert werden.
Im Leistungssport sind hohe und umfangreiche Belastungen oftmals bereits in jungen Jahren an der Tagesordnung, ist die langfristige Zielsetzung schließlich das Erreichen von Höchst- und Spitzenleistungen. Die Belastbarkeit ist hierbei die zentrale Größe und bedeutet „…dass physische und psychische Belastungen, die der Organismus aktiv ermöglicht und durch diverse Beanspruchungen passiv erträgt, verarbeitet werden können, ohne dass Störungen der Gesundheit oder Trainierbarkeit eintreten“ [1]. Die Belastbarkeit unterliegt verschiedenen Einflussfaktoren und wird in vier Kategorien differenziert [1] [2] in [1]. Dieser Beitrag fokussiert primär die mechanische Belastbarkeit.
Sicherung und Weiterentwicklung der Belastbarkeit
Durch die im Leistungssport auftretenden Belastungen kann es zu einer Gefährdung der Belastbarkeit kommen. Überlastungserscheinungen und Verletzungen können auftreten, Trainingspausen und Unterbrechungen der geplanten Leistungsentwicklung sind die Folge. Im schlimmsten Fall findet die Leistungssportkarriere frühzeitig ihr Ende. Grund genug, sich mit der Sicherung und Weiterentwicklung der Belastbarkeit im Kindesalter zu beschäftigen. Auf den ersten Blick besteht die Gefahr der Überbeanspruchung beispielsweise durch zu hohe und umfangreiche Belastungen, zu geringe Pausen, vernachlässigte Regenerationsmaßnahmen und mangelnde Technik. Auf den zweiten Blick lassen sich jedoch noch weitere Gegebenheiten erkennen, welche zu einer Gefährdung der Belastbarkeit führen können. Es handelt sich um individuelle Ausprägungen und Zustände des Bewegungsapparates. Hierzu zählen z. B. Normabweichungen der Gelenke, wie etwa eine Knick-Senk-Fuß-Problematik oder X-Beine, wobei hierbei immer anatomische und funktionelle Aspekte beachtet werden müssen. Weiter eine mangelnd ausgeprägte Stabilisationsmuskulatur respektive Ansteuerungsfähigkeit, welche von Bedeutung ist, um den passiven Bewegungsapparat gegenüber den einwirkenden Kräften zu schützen. Nicht zu vergessen arthro-myofasziale Dysbalancen, welche nicht selten durch die Charakteristik der jeweiligen Sportart im Sinne eines einseitigen muskulären Aktivierungsprofils im Segment Leistungs- und Spitzensport entstehen können. Um diesen Risiken entgegenzutreten, die Belastbarkeit zu sichern und damit die Grundlage für eine kontinuierliche Leistungsentwicklung in Training und Wettkampf zu schaffen, sollten entsprechende Maßnahmen in den Trainingsalltag integriert und regelmäßig umgesetzt werden. Dabei ist es wichtig, dies bereits in frühen Jahren zu realisieren. So wird im Zusammenhang mit überdurchschnittlicher Belastung auf präventive Maßnahmen im Kindes- und Jugendalter für die Gesunderhaltung im langfristigen Leistungsaufbau explizit hingewiesen [1]. Ein Grund ist hierbei, dass die Anfälligkeiten für viele chronische Überlastungsschäden im späteren Jugend- und Erwachsenenalter bereits im Kinder- und Jugendtraining gelegt werden [3]. In welchem Alter begonnen wird, muss sicher individuell und in Abhängigkeit der gewählten Maßnahme entschieden werden. Trotz eines hohen Wahrnehmungsanteils einzelner Ansätze, scheint bereits das frühe Schulkindalter gute Bedingungen zu bieten. So ist die Entwicklung der Muskulatur als Sinnesorgan mit 7–8 Jahren nahezu abgeschlossen [4] und die Kinder verfügen über eine verfeinerte motorische Differenzierungsfähigkeit und präzisierte Informationsaufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit [5] in [6]. Das Erlernen von Bewegungsfertigkeiten fällt ihnen leicht [6], allerdings müssen diese zur Festigung oft wiederholt werden [7] in [6].
Im Vorfeld entsprechender Trainingsmaßnahmen sollte im Idealfall immer die Analyse stehen, welche in regelmäßigen Abständen wiederholt wird. Im Bereich der Kaderstrukturen werden regelmäßige sportmedizinische Untersuchungen durchgeführt. Hier sollte die Kommunikation zwischen Ärzten und Trainern fokussiert werden, um die Ergebnisse adäquat für die anschließenden Maßnahmen nutzen zu können. Aber auch jenseits des Kaderwesens sollten sowohl regelmäßige Untersuchungen wahrgenommen als auch Beobachtungen an den Athleten vorgenommen werden. Ebenfalls sollte das Hintergrundwissen über die Auswirkungen der präferierten leistungsorientiert trainierten Sportart auf den Bewegungsapparat bekannt sein, um entsprechende präventive Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Die nachfolgend aufgeführten Ansätze zählen zu den aktiven Maßnahmen und stellen nur einen Baustein innerhalb der Belastbarkeitssicherung dar. Sie beziehen sich auf die drei oben genannten Gegebenheiten und verstehen sich sowohl präventiv als auch leistungsfördernd. Es handelt sich hierbei um Muskuläre Stabilisation, Sensomotorik, Self Myofascial Release sowie klassisches Kraft- und Beweglichkeitstraining. Sie sollten auf die entsprechende Sportart und individuelle Situation angepasst und regelmäßig angewendet werden. Sportartspezifische Beispiele im Nachwuchsleistungssport wurden autorenseitig bereits dargestellt [8 –13].
Muskuläre Stabilisation
Den ersten Ansatz stellt die Muskuläre Stabilisation dar und zielt auf die neuromuskuläre Kontrolle des jeweiligen Gelenks ab. Auch wenn oftmals eine Vielzahl an Muskeln Einfluss auf ein Gelenk nehmen, sind es doch ganz bestimmte Muskeln, welche aufgrund ihrer Lage, Größe und Eigenschaften besser in der Lage sind, ein Gelenk muskulär abzusichern. Diese Muskeln gilt es für die jeweilige Körperregion zu lokalisieren und adäquat zu trainieren. Exemplarisch für die Lendenwirbelsäule sind dies primär M. Transversus abdominis, Mm. Multifidii (tiefe Anteile), Beckenboden und Zwerchfell, welche eine Art Stabilisationszylinder bilden [14]. Die Aktivierung der einzelnen Muskeln, welche in Summe als sogenannte Grundspannung agieren, wird zunächst mittels einfacher Übungsformen im Rahmen der neutralen Lendenlordose durchgeführt. Hierfür sind viel Konzentration und Wahrnehmung nötig, weswegen eine separate Einheit sinnvoll ist. Im Anschluss sollte die Grundspannung in allgemeine und sportartspezifische Stabilisationsübungen sowie die eigentliche Bewegung der jeweiligen Sportart integriert werden. Auch in den klassischen Übungen eines – die sensiblen Phasen des Wachstums im Kindes- und Jugendalter berücksichtigenden – Krafttrainings sollte die Grundspannung nicht fehlen.
Sensomotorik
Die Sensomotorik als zweiter Ansatz weist deutliche Parallelen zur Muskulären Stabilisation auf, geht es hierbei neben der sensorischen Wahrnehmung auch um die korrekte Ansteuerung der Stabilisationsmuskulatur. Eine hohe Übungsgenauigkeit ist auch hier von besonderer Bedeutung, mögen die Übungen auf den ersten Blick auch einfach wirken. Exemplarisch steht der Einbeinstand als Klassiker für die unteren Extremitäten, welcher sich durch das Ausschalten des Visuellen Systems noch stärker auf die Propriozeption fokussieren lässt. Sportartspezifische Bewegungsmuster und instabile Unterlagen runden das Ganze ab.
Myofasziales System & Kraft- und Beweglichkeitstraining
Der dritte Ansatz widmet sich dem Zustand des myofaszialen Systems. Im Sinne einer aktiven Regenerationsmaßnahme zur Rehydration sowie Erhalt und Förderung der Faszienflexibilität gilt es, insbesondere im Zusammenhang mit möglichen arthro-myofaszialen Dysbalancen, geeignete Übungen anzuwenden. Anhand des mittlerweile weit verbreiteten Self-Myofascial-Release, einem Ansatz des Faszientrainings, wird mit speziellen Rollen und Kugeln gearbeitet. Neben einem allgemeinen Ganzkörpertraining sollten insbesondere sportartspezifisch bedingte Problemregionen bearbeitet werden. Es gilt die korrekte Technik bezüglich Geschwindigkeit etc. zu beachten.
Abschließend bildet das klassische Kraft- und Beweglichkeitstraining den vierten Ansatz. Verschiedene Methoden verfolgen hier das Ziel, möglichen arthro-myofaszialen Dysbalancen entgegenzuwirken. So gilt es beispielsweise einen in bestimmten Sportarten gehäuft auftretenden protrahierten Schultergürtel mittels geeigneter Übungen adäquat zu dehnen und zu kräftigen.
Fazit
Die vorgestellten Maßnahmen sollten von Anfang an in das Nachwuchstraining integriert werden. Dabei hält sich der Zusatzaufwand bei den allseits bekannten Zeitproblemen im Rahmen. Zwar muss für die eine oder andere Einheit zu Beginn etwas Zeit und Mühe investiert werden, allerdings können viele Übungen in das bestehende Training integriert bzw. bestehende Übungen angepasst werden. Der Verantwortung für den Nachwuchs bewusst und große Ziele im Visier, sollte die Belastbarkeitssicherung in all ihren Facetten berücksichtigt werden.
Literatur
[1] Fröhner, G. (2007): Sportmedizinische Ratschläge für die Belastbarkeitssicherung im Nachwuchsleistungssport – Teil 1: Einführung. In: Leistungssport, 37 (6), 31–33.
[2] Martin, D.; Nicolaus, J. (1998): Leistungsvoraussetzungen und sportliche Leistungsfähigkeit von Kindern. Kinder und Jugendliche im Leistungssport. In: Schriftenreihe des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, 95, 347–363. Schorndorf: Hofmann-Verlag.
[3] Schmitt, H. (Hrsg.) (2014): Sportorthopädie und -traumatologie im Kindes- und Jugendalter. Köln: Deutscher Ärzteverlag.
[4] Fröhner, G.; Tronick, W. (2007): Prophylaxe von Verletzungen und Fehlbelastungsfolgen durch Belastbarkeitssicherung im Nachwuchsleistungssport. In: Leistungssport, 37 (1), 11–17.
[5] Winter, R. (1981): Grundlegende Orientierungen zur entwicklungsgemäßen Vervollkommnung der Bewegungskoordination im Kindes- und Jugendalter. In: Medizin und Sport, 21, 255.
[6] Weineck, J. (2000): Optimales Training. Leistungsphysiologische Trainingslehre unter besonderer Berücksichtigung des Kinder- und Jugendtrainings. Balingen: Spitta-Verlag.
Autoren
ist Diplom-Sportwissenschaftler / Sport- und Bewegungstherapeut (DVGS) und tätig als freiberuflicher Referent und Personal Trainer.