Ausgangspunkt für die Überlegungen zur Kombination von extrakorporaler Stoßwellentherapie (ESWT) mit Enzymtherapie war die Tatsache, dass der Ansatz der Enzymtherapie im Entzündungsprozess ein im Prinzip anderer ist als jener von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Die Kombination von NSAR und ESWT wird ja prinzipiell nicht empfohlen. Anders sollte sich die Kombination mit der Enzymtherapie darstellen.
Auch hier wird der Entzündungsprozess, der als notwendiger Teil der Heilung angesehen werden muss, nicht weitgehend unterbunden, sondern nur rascher zum Abklingen gebracht. Für diese Kombination sind bisher kaum Untersuchungen bekannt. Von mir wurde eine Serie von knapp zehn Patienten mit verschiedensten Indikationen, welche sich erfahrungsgemäß durch eine extrakorporale Stoßwellentherapie gut behandeln lassen, durchgeführt.
Fallbeispiel 55-jähriger Hobbysportler mit Epikondylitis humeroradialis
Als exemplarisches Beispiel möchte ich hier den Fall eines etwa 55-jährigen Hobbysportlers mit einer Epikondylitis humeroradialis genauer ausführen. Aus der Erfahrung weiß man, dass Ellbogenprobleme häufig einen sehr protrahierten und dadurch unbefriedigenden Verlauf nehmen können. Nicht selten führt dies sogar zum „Karriereende“ von Hobbysportlern. Der oben angeführte Freizeitsportler ist ein begeisterter Tennisspieler. Er spielt regelmäßig, sodass man davon ausgehen kann, dass die Belastungen während seines Tennisspiels für seinen Bewegungsapparat keine ungewohnte Herausforderung darstellen. Er hat selber bemerkt, dass begleitend zu der Ellbogenproblematik auch Beschwerden im Schultergelenk aufgetreten sind. Diese führten zu einer Einschränkung des (subjektiven) Bewegungsausmaßes. Bei der genauen klinischen Exploration zeigte sich am Ellbogen das klassische Bild einer Epikondylitis humeroradialis mit positiver Provokation vor allem des Musculus extensor carpi radialis brevis. Außerdem fand sich ein etwa 10gradiges Streckdefizit im Bereich des Ellbogengelenkes, welches als Reizzustand klinisch zu deuten war und auf welchen die Bewegungseinschränkung im Sinne eines Kapselmusters zurückzuführen ist. Im Bereich der Schulter fand sich vor allem in der Sagitalebene eine etwa 15gradige Bewegungseinschränkung der Extension. Geringgradiger fand sich diese auch in der Frontalebene.
Mit dem Patienten wurden mögliche Therapieoptionen besprochen. Wir haben uns auf eine extrakorporale Stoßwellentherapie im Bereich der Muskelansätze geeinigt. Außerdem habe ich fasziale Strukturen, die die Bewegungseinschränkung „fixierten“ im Bereich des Ellenbogens mitbehandelt. Neben der selbstständigen Durchführung von exzentrischen Dehnungsübungen wurde der Patient noch physiotherapeutisch mitbetreut. Hierdurch gelang es, vor allem die Bewegungseinschränkung im Bereich des Schultergelenkes rasch und nachhaltig zu verbessern. Da der Patient nach einer weiteren Ergänzung der Therapie gefragt hat, um möglichst rasch wieder beschwerdefrei seinem Hobby nachgehen zu können, wurde ihm eine Enzymtherapie empfohlen (Wobenzym). Er sollte, entsprechend den Empfehlungen für Österreich, dreimal fünf Tabletten des Präparates täglich einnehmen. (Anmerkung: Das in Deutschland zugelassene Wobenzym (Bromelain, Trypsin, Rutosid) sollte mit sechs Tabletten täglich dosiert werden.) Vonseiten der Stoßwellentherapie hat der Patient drei fokussierte Behandlungen im Bereich der Maximalpunkte am Epikondylus radialis humeri erhalten. Als langjähriger Anwender einer extrakorporalen Stoßwellentherapie (etwa 20 Jahre Erfahrung in der eigenen Ordination) kann ich den Verlauf einer solchen Problematik ungefähr abschätzen. Es gelang hier überraschend rasch durch die oben ausgeführte Therapiekombination die Belastbarkeit des Patienten, vor allem bei seinen sportlichen Aktivitäten, zu verbessern. Im normalen beruflichen Alltag hatte er ohnehin nie größere Beschwerden verspürt.
Für mich als Behandler ergeben sich aus diesem Fall folgende Erkenntnisse: Die Kombination von extrakorporaler Stoßwellentherapie und Enzymtherapie scheint nicht den Erfolg der extrakorporalen Stoßwellentherapie zu mindern. Sie erscheint vor allem bei stärkeren entzündlichen Reaktionen, jenem Teile der Problematik, der der Stoßwellentherapie nicht so rasch zugänglich ist, eine gute Behandlungsergänzung darzustellen. In diesem Fall würde ich den Reizzustand des Gelenkes mit entsprechender Bewegungseinschränkung (Kapselkomponente) als diese Komponente bezeichnen. In Kombination mit aktiven Maßnahmen gelang eine sehr rasche und effiziente Besserung der Symptomatik. Aus meiner Erfahrung wurde der Heilungsprozess durch die zusätzliche Gabe von Enzymen sehr positiv beeinflusst. Um diese Effekte weiter zu kontrollieren und zu bestätigen, wären natürlich größer angelegte Studien mit größeren Fallzahlen notwendig. Allerdings vermag der Hinweis auf diese Therapiekombination ein Denkanstoß für weitere Anwender sein, um diese Kombination zu prüfen und ergänzende Effekte zu erzielen. Aufgrund der großen therapeutischen Breite der Enzymtherapie gäbe es noch die Möglichkeit, vor allem am Beginn der Therapie durch höhere Dosierungen rascher einen Therapieerfolg zu erzielen.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Allgemeinmediziner. Niedergelassen seit 2000 in Rohrbach (Österreich). Ärztekammerdiplom für manuelle Medizin, jahrelanger Kursleiter bei der Österreichische Ärztegesellschaft für manuelle Medizin und konservative Orthopädie (ÖÄGMM).