Anamnese
Bei dem hier vorliegenden Fall handelt es sich um eine 68-jährige Patientin mit stärksten Schmerzen im Bereich des gesamten Beckens und der unteren LWS, seit Wochen zunehmend, therapieresistent.
Sie wurde auch bereits wochenlang von einem erfahrenen Physiotherapeuten mitbehandelt, der sich allerdings die starken, therapieresistenten Schmerzen auch nicht mehr erklären konnte. Trotz zusätzlicher Kältetherapie, Reizstrom und medikamentöser Schmerztherapie (Etoricoxib 90mg 1xtgl., Novaminsulfon 500mg 3 x 2 tgl., Tilidin 100/8 2xtgl.) und Prednisolon 20mg über 7 Tage stellte sich keine Besserung ein. Hydromorphon verursachte Schwindel und Unwohlsein bei der Patientin und wurde deshalb wieder abgesetzt.
Schließlich war die Patientin völlig verzweifelt, da sie Dauerschmerzen VAS 7-9 angab und bat um weitere Abklärung.
Die magnetresonanztomografische (MRT) Untersuchung vom 14.05.2020 ergab den folgenden Befund
„Ansatztendinitis der Adduktoren am Ramus superior ossis pubis, links mit partieller Avulsion. Ansatztendinopathie der ischiokruralen Muskulatur am Tuber ischiadicum beidseits, links betont mit minimaler partieller Avulsion. Ansatztendinopathie auch am Trochanter major beidseits, betont im ansatzbereich der Gluteus medius-Sehne links ohne Nachweis einer Avulsion. Geringe Reizung der Bursa trochanterica beidseits. Beginnende Koxarthrose beidseits.
Eine erneute ausführliche klinische Untersuchung bei der MRT-Besprechung ergab den folgenden Befund
Patientin kommt mit unsicherem Gangbild in die Praxis, das Entkleiden fällt Ihr schwer und ist schmerzhaft. Die angegebenen nicht genau zu definierenden, mal ziehenden, mal stechenden Schmerzen zeigen sich bei genauer Untersuchung v.a. im Bereich beider Sitzbeinhöcker und massiv ziehend im Symphysen- und Leistenbereich, insgesamt Alles links betont. Die Schmerzen treten sowohl bei Druck, Bewegung, als auch abends in Ruhe auf, zusätzlich unklare ausstrahlende Schmerzen in die untere LWS und beide Oberschenkel dorsal beim Sitzen. Bis dato allerdings keine Taubheitsgefühle oder Lähmungen.
Die rheumatologische Abklärung ergab keinerlei Hinweis auf eine echte rheumatische Erkrankung als Ursache für die starken Tendinopathien.
Procedere
Normalerweise wäre zu diesem Zeitpunkt als weitere Therapie vor allem weiter Ruhe und Entzündungshemmung durch weitere Einnahme von NSARs (v.a. Ibuprofen), Vitamin D und Cortison, sowie Kälteanwendung und TENS erfolgt. Die von uns sehr häufig und sehr erfolgreich eingesetzte radiale Stoßwellentherapie wurde aufgrund der wirklich starken Schmerzen von der Patientin nach 2 Probebehandlungen abgelehnt. Es war auch bei niedrigem Arbeitsdruck nicht möglich die richtigen Stellen ohne stärkste Schmerzen zu erreichen, was ich bis dahin nur sehr selten erlebt hatte. Eine Röntgentiefenbestrahlung lehnte die Patientin ab, da sie diese in den letzten Jahren schon wegen einer Tendinitis der Achillessehne und einer Bursitis gehabt hatte und nie eine positive Wirkung eingetreten war.
Da die angegebenen bisher eingesetzten Maßnahmen allesamt keinerlei Erfolg gezeigt hatten oder wie beschrieben nicht möglich waren: schlug ich der Patientin Kernspinresonanztherapie MBST vor!
Aus einer Vielzahl von behandelten Enthesiopathien und Tendinitiden ist uns bekannt, dass diese Behandlungsart sogar in bislang therapierefraktären Fällen zu einer raschen Linderung der Schmerzen, sowie einer vollständigen Regeneration der entzündeten Sehnen führen kann.
Die MBST-Therapie wurde mit einem MBST ASF(ArthroSpinFlex)-Gerät der Firma Medtec als 7er-Sehnen-Serie für den Rumpf durchgeführt. Hierbei wird der Patient an 7 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen (also z.B. Woche 1: Montag bis Freitag, Woche 2: Montag und Dienstag) behandelt. Die Behandlung sollte immer auf diese Weise erfolgen, da sich bezüglich der Wirkung auf das Gewebe dadurch ein sogenannter „Memory-Effekt“ einstellt, der die rasche, starke und langanhaltende Wirkung der MBST-Therapie unterstützt.
Bei dem hier vorliegenden Fall wurde diese Behandlung vom 24.06. bis zum 02.07.2020 wie angegeben durchgeführt.
Die Patientin hatte – auch aufgrund von Nebenwirkungen – zu dieser Zeit alle Schmerzmittel bis auf Etoricoxib 90 wegen der ausbleibenden Wirkung abgesetzt
Zusätzlich wurde ab jetzt nur begleitend mit Vitamin D3+K2+Mg mit 7000IE 3x/Woche, Medox 1xtgl. und rote Beete therapiert. Physiotherapie wurde pausiert, da sie für die Patientin zuletzt nur noch schmerzhaft war.
Die Patientin wurde aufgeklärt, dass es nach der MBST-Behandlung Wochen dauern kann, bis der positive Effekt einsetzt.
Verlauf
Bereits am Ende der Behandlungsserie gab die Patientin das Gefühl einer Besserung an, das Bewegen im Alltag sei etwas schmerzfreier möglich (VAS max. 6).
Am 16.07.2020 (14 Tage nach der Behandlung) konnte sie bereits schmerzfrei spazieren gehen. Auch der Druckschmerz an den Sitzbeinhöckern und der Symphysen-/Leistenschmerz waren um über 50% gebessert.
4 Wochen nach der Behandlung war die Patientin komplett schmerzfrei. Liegen, Sitzen, Aufstehen, Stehen, schnelles Walken und sogar Kniebeugen waren problemlos möglich.
Bezüglich der Tendinitiden blieb die Patientin bis heute schmerzfrei. Ein Kontroll-MRT nach 3 Monaten lehnte die Patientin aufgrund Ihrer völligen Beschwerdefreiheit ab.
Da sich aber nach ca. 9 Monaten zunehmend starke Rückenschmerzen, v.a. im ISG-Bereich einstellten und eine leichte Ausstrahlung in die proximalen dorsalen OS auftrat, wurde neben einem MRT der LWS auch nochmal ein MRT des Beckens veranlasst (14.04.2021) um evtl. erneut aufgetretene Enthesiopathien ausschliessen zu können. Es zeigten sich deutlich aktivierte Spondylarthrosen L5/S1 mit KM-Ödem bis zu den ISGs bds., sowie Neuroforamenstenosen als Ursache der Schmerzen.
Zu den Tendinitiden aus dem Vor-MRT von 05/2020 schrieb der Radiologe:
…“Kein Nachweis wesentlicher entzündlicher Veränderungen im Bereich der Sehnenansätze der Trochanter major bds. , der Schambeinäste, sowie auch im Bereich des Tuber ischiadicum rechts. Noch leichte Ansatztendinopathie der ischiokruralen Muskulatur am Tuber ischiadicum links. Nur noch winzige Avulsion im Vergleich zu 05/2020 am Os pubis links ohne Umgebungsreaktion.“
Fazit
Durch die MBST-Therapie (Kernspinresonanztherapie) lässt sich auch bei einem so massiv ausgeprägten und extrem schmerzhaften Befund bei multiplen Enthesiopathien mit Avulsionen schnell ein sehr gutes Ergebnis im Hinblick auf Schmerzfreiheit und Alltagstauglichkeit erzielen und Lebensqualität zurückgeben. Sie stellt deshalb sicherlich auch eine sehr gute und schnell-wirkende Behandlungsalternative für verzweifelte Profi- und Hobbysportler mit ähnlich starken Problemen mit Tendinopathien dar. Gerade dann, wenn andere Methoden nicht greifen, oder wegen der schlechten Zugänglichkeit oder der Stärke der Schmerzen nicht durchgeführt werden können.
Wir haben die MBST-Therapie jetzt auch schon häufig mit der radialen und fokussierten Stoßwellentherapie kombiniert und sind von dem synergistischen Effekt begeistert. Damit werden wir jetzt künftig auch die LWS/ISG-Beschwerden dieser Patientin behandeln.
Autoren
ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Notfallmedizin in der Praxis Allgemeinmedizin Lechhausen & MedWorks – Privatärztliche Praxis, Augsburg. Er ist ehemaliger Mannschaftsarzt des Profiteams des FC Augsburg und wiss. Beirat der sportärztezeitung.