Rückenschmerzen können unterschiedliche, teilweise mehrere Ursachen haben. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören u. a. Physiotherapie sowie physikalische Maßnahmen und, in schweren Fällen, Operationen. Schmerzmittel sollten nur unter ärztlicher Aufsicht und nicht langfristig verwendet werden. Eine weitere effektive Behandlungsmethode sind Injektionen, deren Ziel Schmerzlinderung bzw. Entzündungshemmung ist.
Ein Übersichtartikel aus 2012 [1] kommt zu dem Ergebnis, dass ca. 35,5 % der Weltbevölkerung irgendwann in ihrem Leben an tiefen Rückenschmerzen leiden werden. Dabei sind Personen besonders stark betroffen, bei denen es im Verlauf zu einer Chronifizierung der Schmerzen kommt. Frohn [2] berichtet, dass chronische Rückenschmerzen bei 81 % deutscher Leistungssportler vorkommen. 31 % der italienischen Serie A Fußballspieler verwenden regelmäßig Analgetika. Im Golfsport leiden 16 % der Golfer nach dem Spiel an LWS-Beschwerden, 6,5 % im Bereich der BWS und 14,1 % klagen über Schmerzen im HWS Bereich, wie eine repräsentative Evaluation bei Deutschen Golfern ergab [3]. Hohe biomechanische Kräfte wirken beim Golfschwung auf die Segmente. Im Segment L4 / 5 wurden Kompressionskräfte von 4300 Newton ermittelt [4]. Vergleicht man dies mit den bereits im BK-Report 2 /2003 veröffentlichten berufsgenossenschaftlichen Grenzwerten für Männer im Segment L5 / S1 mit 3200 Newton, zeigt dies die enorme Belastung des Rückens bei jedem Golfschwung auf. Bei Golfern mit speziellen biomechanisch stark belastenden Schwungmustern, wie Slicen, bei denen der Ball bei Rechtshändern von der Ziellinie nach rechts abweicht, entstehen auch spezifische Beschwerdemuster. In einer Untersuchung an 314 Golfern zeigten 17,3 % ein solches Schwungmuster. Bei 10 % der Slicer dauern Rückenschmerzen länger als zwei Wochen an [5].
Ursachen & Therapieoptionen
Oft sind diese chronischen Rückenschmerzen bei Golfern auf gereizte Nervenwurzeln zurückzuführen. Hinzu kommen Spinalstenosen oder Veränderungen der Facettengelenke. Schmerz verweist meist auf die lokale Freisetzung von Entzündungsmediatoren. Entzündungshemmende Medikamente sind deshalb oft wirksam. Der Arzt wird versuchen, eine genaue Lokalisierung des Schmerzherdes herbeizuführen. Wenn dies gelingt, kann kurzfristig ein Lokalanaesthetikum injiziert werden. Auch längerfristige Erfolge können so erzielt werden, wie eine Untersuchung unserer Arbeitsgruppe bei 324 Therapien bei spezifischen LWS Beschwerden zeigen konnte [6]. Auch lokale Injektionen mit Glucokortikoiden führen eine Entzündungshemmung bis zu einigen Wochen herbei. Bei der Intervention mit Glucokortikoiden wird die Regeneration des betroffenen Gewebes gehemmt. Weitere unerwünschte Wirkungen der Glucokortikoide können Wassereinlagerungen bis hin zu Cortisoninduzierten Psychosen sein. Eine Beeinflussung GABAerger und Monoaminerger Neurotransmittersysteme werden hierbei diskutiert [7]. Für uns hat sich die Orthokin-Therapie als eine wirksame und sehr verträgliche Option erwiesen, welche Regenerationsprozesse fördert. Zur Durchführung dieser Therapie wird dem Patienten mit einem speziellen Medizinprodukt (EOTII) eine kleine Menge Blut ohne Zusatz von Fremdsubstanzen entnommen. Dieses Blut wird bei Körpertemperatur gelagert und koaguliert, während die Blutzellen entzündungslösende Mediatoren freisetzen. Dies sind u. a. Zytokine und Wachstumsfaktoren. In der Folge wird das „autologe konditionierte Serum“ (ACS) durch Zentrifugation abgetrennt. Dieses ACS steht zur Re-injektion in das betroffene Gewebe zur Verfügung. Unter Bildgebung wird das ACS z. B. an die Nervenwurzel oder in das Facettengelenk injiziert [8–10]. Meist wird diese Prozedur zwei- bis dreimal wiederholt um eine langfristige Wirkung – auch in der Sportmedizin – herbeizuführen [11]. Als ein Wirkmechanismus wird die Hemmung von pyrogenem Interleukin-1 angesehen, da ACS erhöhte Konzentrationen von IL-1 Rezeptor Antagonist enthält. Dieser hemmt die Bindung von IL-1 an die IL-1 Rezeptoren, u. a. auf den Glia-Zellen. Studien haben weitere mögliche Mechanismen identifiziert, die die langfristige Wirkung des ACS erklären können: ACS bewirkt vermehrtes Auftreten von Stammzellen in vivo (Muskel-Satellitenzellen; [12]) und in vitro (Adipose-derived Mesenchymal Stem Cells, AdMSC; [13]). In vitro zeigen ACS-behandelte AdMSC bessere Teilung, Differenzierung und Immunmodulation als die Kontrolle. Revertierung des Aktivierungsstatus der Microglia (Macrophagen) ist ein weiterer Mechanismus. Wenn diese Zellen inflammatorisch (M1-Typ) agieren, produzieren sie u.a. IL-1, TNFa und NO* und können den Status perpetuieren. Nach einem Switch zum M2-Typ produzieren diese Zellen anti-inflammatorisches IL-1Ra, IL-4 und IL-10. Hiermit kann die Autostimulation unterbrochen werden und die langfristige Wirkung wird erklärbar. Im Kniegelenk zeigt sich: ACS Injektion führt zu einer Reduktion von IL-1, NO* und Sauerstoffradikalen (ROS) im Gelenk, sowie zu einer verstärkten endogenen IL-1Ra Produktion. Dies geht einher mit verbessertem Schmerz, Funktion und Viskosität der Synovialflüssigkeit.Studien verschiedener Gruppen belegen die Wirksamkeit dieser Methode für Therapie bei Rückenleiden [8–10;14].
Fallbeispiel: 72-jähriger Golfer im Leistungsbereich (Bayrische Seniorenliga)
Der Sportler war in den späten 1960er Jahren im Hochleistungsbereich der Leichtathletik mit einer 100 m Zeit auf Aschenbahn mit 10,7s im Bereich der Bayerischen Spitze. Zudem aktiver Fußballer bis in den semi-professionellen Bereich und im Tennis bis zur Jahrtausendwende im Seniorbereich in der Gruppenliga aktiv. Abb. 1 zeigt multisegmentale, funktionelle und strukturelle neuroforaminale Stenosen der LWS bei Bandscheibendegenerationen mit Protrusionen sowie Facetten-
gelenks- und Iliosakralgelenksarthrosen bds. Zudem besteht eine Spondylolyse an den Wirbelbögen des LWK 5 mit erstgradigem Wirbelgleiten L5/S1. Die Spondylose zeigt sein Maximum an L3/4 mit Osteochondrose und deutlicher Bandscheibenschädigung. Eine VAS bis 9,0 nach dem Golfspiel oder Golftraining bedurfte einer intensiven Therapie mit oralen Schmerzmedikamenten inkl. Opoiden. Die Beschwerden wurden durch Testinfiltration unter Bildwandlerkontrolle mit einem Lokalanästhetikum in die LWS-Segmente L4/5 und L5/S1 bds. sowie in die beiden Iliosakralgelenke(ISG) lokalisiert (Abb 2).
Eine Infiltrationstherapie mit Ropivacain (7,5 mg /ml) und Orthokin ACS von je 1 ml erfolgte an/in die Facettengelenke und perineural sowie je 2 ml in das ISG, so dass pro Sitzung 12 ml ACS appliziert wurde. Diese Therapie erbrachte Wettkampffähigkeit im Golfsport und deutliche Reduktion der Schmerzhaftigkeit im weiteren Verlauf bis maximal noch VAS 4. Eine weitere Therapie mit selbigem Therapiemuster erfolgte 3 und 5 Monate im Anschluss. Opoide konnten im weiteren Verlauf vermieden werden. Lokal-physikalische Maßnahmen inkl. TENS Therapie sind ausreichend zum Erhalt der Sportfähigkeit im Leistungsbereich des Golfsports. Seit 2010 ist der lokale Einsatz von Eigenblutbestandteilen im Leistungssport durch die WADA und NADA als Mittel der Wahl in der Sportmedizin akzeptiert. Der Erstautor war ab 2005 in deren Etablierung mit involviert. Das Verfahren kann mehrfach angewendet werden ohne Bedenken hinsichtlich von unerwünschten Wirkungen, da es sich um wichtige, rein körpereigene regenerative Substanzen handelt. In guten Händen und richtig angewendet ist diese Therapie mit Eigenblutbestandteilen ein wichtiger Bestandteil der modernen Sportmedizin, auch für den Breitensport.
Literatur
- Hoy D., et al: A Systematic Review of the Global Prevalence of Low Back Pain. ARTHRITIS & RHEUMATISM, Vol. 64, No. 6, June 2012, pp 2028–2037. DOI 10.1002/art.34347
- Frohn, B.: CME (2018) 15: 32. https://doi.org/10.1007/s11298-018-6797-8
- Schmid O. et al.: Posterpresentation at European Congress of Sportsmedicine, Brussels, 1995
- Lim Y., Chow J: ESTIMATING LUMBAR SPINAL LOADS DURING A GOLF SWING USING AN EMG-ASSISTED OPTIMIZATION MODEL APPROACH. Proceedings 18th International Symposium on Biomechanics in Sports, Hong Kong 2000. June 25 – 30.
- Schmid O.: How long do Golfers suffer from their disorders ? Proceedings from the5th EFORT Annual Congress, Rhodes 2001. June 3-7.
- Schmid O. et al.: Efficacy and Safety of Ropivacain Monotherapy in fluoroscopic guided Facet infiltration in lumbar facet syndrome, Proceedings from the 37th SICOT Congress, Rome 2016, Sept 8-10.
- Prüter C.: Medikamentös induzierte Psychosen. Psychoneuro, 2005; 31 (9): 422–425
- Godek (2016). Use of Autologous Serum in Treatment of Lumbar Radiculopathy Pain. Ortop Traumatol Rehabil, 18(1), 11–20. http://doi.org/10.5604/15093492.1198829
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- Becker et al. (2007). Efficacy of Epidural Perineural Injections With Autologous Conditioned Serum for Lumbar Radicular Compression. An Investigator-Initiated, Prospective, Double-Blind, Reference-Controlled Study. Spine, 1803–1808.
- Beyzadeoglu (2014). Cytokines in Sports Medicine. ISAKOS NEWSLETTER 2014: Volume I. Current Concepts, 24–27
- Wright-Carpenter et al. (2004). Treatment of muscle injuries by local administration of autologous conditioned serum: Animal experiments using a muscle contusion model. International Journal of Sports Medicine, 25(8), 582–587. http://doi.org/10.1055/s-2004-821303
- Durán et al. (n.d.). Autologous conditioned serum enhances the chondrogenic and immunomodulatory behavior of mesenchymal stem cells. Submitted for publication
- Moser et al (2011). 464 Intradiscal injections of orthokine-derived autologous conditioned serum (ACS) for lumbar disc degeneration. Osteoarthritis and Cartilage, 19, S215. http://doi.org/10.1016/S1063-4584(11)60491-3
Autoren
(Profesor visitante Universidad de Buenos Aires) ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit den Zusatzbezeichnungen spezielle Unfallchirurgie und Sportmedizin. Er ist niedergelassen in einer Überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit Allgemeinmedizinern inkl. Sportmedizin mit ambulanten und stationären Therapien und Operationen in Nittenau bzw. Oberviechtach. Für die Vorbereitung der Olympischen Spiele 2008 in Peking war er in China integriert und ist im Bereich des Golfsports seit den späten 1980er tätig.