Die Anerkennung durch die europäische Kommission (EC): Mit Datum vom 31.05.2024 wurde das Fach Sportmedizin als Facharztbezeichnung in der ganzen EU anerkannt (Delegated Act, numbered 7894 / 24, on 5.3.2024). Damit können in allen EU-Ländern Ärzte mit dieser Facharztkompetenz (nach 4-jähriger Weiterbildung) sich in allen europäischen Ländern niederlassen. Diese Möglichkeit besteht für deutsche Ärzte noch nicht, da hier dieser Facharzt nicht eingeführt wurde, obwohl Deutschland das Mutterland der Sportmedizin ist. Die Gründung des Vereins Sportmedizin erfolgte im Jahre 1912. Heute ist dies die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention. Damit wird die Sportmedizin in Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern zurückgeworfen. Eine Einführung dieser Bezeichnung (in den nächsten zwei Jahren) ist Aufgabe der Bundesärztekammer nach Beschluss des Ärztetages.
Sportmedizin ist ein medizinisches Fach mit interdisziplinärem Bezug. Schwerpunkte sind Innere Medizin, Orthopädie und (Trauma-) Chirurgie. Das Fach umfasst ferner biologische, physiologische und pathophysiologische Grundlagen der Auswirkungen von körperlicher Aktivität und Bewegungsmangel auf den Organismus des Menschen. Daraus ergeben sich die Aufgaben in diagnostischer, therapeutischer (Trainingstherapie) und rehabilitativer Hinsicht bis hin zur Gesundheitsvorsorge sowie von Prävention bis zum Freizeit- und Hochleistungssport.
Prävention und Diagnostik bei Bewegung, körperlicher Aktivität in Freizeit und bei Leistungssport, körperliche Aktivität, Sport und Spiel sind wesentliche lebensbegleitende Säulen für Wachstum und Entwicklung zur Erhaltung von Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebenserwartung. Zahlreiche weltweite epidemiologische Studien belegen die positiven Auswirkungen von regelmäßiger körperlicher Aktivität für alle Altersstufen, bei chronischen Erkrankungen (NCD’s) und verschiedenen Risikofaktoren. Dies betrifft herausragend sowohl die die Primär- als auch die Sekundärprävention.
Gesundheitsvorsorge Nach einer Vorsorgeuntersuchung und Risikoabschätzung wird der Facharzt für Sportmedizin im Rahmen der Beratung je nach Alter, Geschlecht, körperlicher Voraussetzung und Lebensumstände eine Verschreibung des individuellen Rezeptes für Bewegung vorlegen und motivierende Empfehlungen zu Sportarten mit Intensität, Häufigkeit, Ausdauer- und Kraftsport vermitteln („FITT“-Empfehlung).
Therapie und Behandlung durch Bewegung bei fast allen Krankheiten, sowohl ambulant als auch in der Klinik ist ein wesentlicher Bestandteil des therapeutischen Gesamtkonzeptes. Dies beginnt bereits im (Akut-) Krankenhaus und setzt sich in den Folgestadien wie Rehabilitation und Ambulanz fort. Als Beispiele gelten die Betreuung eines Patienten mit Diabetes mellitus oder Herzinsuffizienz und weitere Krankheiten. Auch die „Präkonditionierung“ vor elektiven Eingriffen durch Training ist wesentlicher Bestandteil einer sportärztlichen Untersuchung und Beratung.
Rehabilitation Ein weiterer Schwerpunkt liegt in den Rehabilitationsphasen mit sportmedizinisch individueller Verordnung einer Trainingstherapie unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und eventuellen Erkrankungen (Rezept für Bewegung). Dies gilt für die meisten Erkrankungen auf internistischen, neurologischen und orthopädischen Gebiet, aber auch gesichert bei onkologischen Patienten (Chemotherapie u. a.).
Wettkampfsport und Leistungssport Die Aufgabe des Sportarztes betrifft hier die Erkennung von latenten oder manifesten Erkrankungen vor oder während einer regelmäßigen körperlichen Aktivität. Die qualifizierte Vorsorgeuntersuchung steht hier an erster Stelle, einschließlich eines EKG mit qualifizierter, (IT unterstützender) Auswertung im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung. Je nach Leistungsstand und medizinischer Voraussetzung wird der Sportarzt weiterführende Untersuchungen veranlassen, wie Belastungs-Test, Herzultraschall sowie Blutuntersuchungen. Ein erfahrener und ausgebildeter Sportarzt oder Facharzt für Sportmedizin ist auch für Leistungsdiagnostik, Trainingsberatung und Trainingsempfehlungen im Leistungssport zuständig, unter Miteinbeziehung der jeweiligen Trainer und Sportwissenschaftler. Bei allen sportmedizinischen Untersuchungen, seien es Erst- oder Folgeuntersuchungen, ist ein entsprechende Beratung zu Vermeidung von Doping wesentlicher Bestandteil der Untersuchung.
Autoren: Prof. H. Löllgen, FAHA, FACC, FFIMS, Scientific Comm, EFSMA, Lausanne (CH); N. Bachl, Gen. Secretary, FIMS, (Lausanne (CH) und Sportwissenschaftl. Institut, Wien; N. Cristoddoulou, Europ. Acad. Science &Arts, President UEMS MJC, Sportmedicine, President Cyprus Soc. PRM, Prof. Dr. P. Schober, FA Pädiatrie, Past-President Austrian Fed. Sports Med, Prof. Dr. M. Casasco, Praesident of EFSMA and Ital. Fed. Sportmedicine Univ. of Bologna, Prof. Dr. F. Pigozzi, Praesident of FIMS (Fed. Int. Med. Sports Medicine), Univ. of Roma
Literatur
Bachl N., Löllgen H.,Schober P. Papadopoulou T.,Casasco M.,Pigozzi ,F. EUROPEAN PREVENTION POSITION STATEMENT 2024 by EFSMA: Sports medicine as lifelong health promotion and health care. Medicina dello sport 2024,77 (4) 445-451. DOI: 10.23736/S0025-7826.25.04504-1
Anmerkung der Redaktion
In Anlehnung an die Ausführungen von Prof. Dr. Herbert Löllgen möchten wir Sie auf den Artikel „Mind-Body Medicine Completes Sports Medicine: Development of a Prophylaxis Model Through Sports Medicine“ von Robert Erbeldinger, erschienen in THE MIND Issue 2025 / 1 hinweisen: Der Artikel beschreibt, wie sich die Sportmedizin, die über ein erhebliches gesundheitserhaltendes Potenzial verfügt, von einer überwiegend auf den Wettkampfsport konzentrierten diagnostischen Disziplin zu einem ganzheitlichen, konservativen und multidisziplinären Therapieansatz entwickelt. Besonders die Integration von Mind-Body-Medizin wird als vielversprechender Ansatz zur Förderung der körperlichen und geistigen Gesundheit hervorgehoben. Die Mind-Body-Medizin entwickelt sich als ergänzender Ansatz zur Sportmedizin zur Förderung einer ganzheitlichen Gesundheit („whole person health“) und wird gleichberechtigt neben Bewegung, Sport und Ernährung in die Sportmedizin in der Prähabilitation integriert. Dabei wird die Bedeutung der Prähabilitation betont, die Maßnahmen wie körperliches Training, psychologische Betreuung und Ernährungsanpassungen umfasst. Diese Ansätze sollen nicht nur die Vorbereitung auf chirurgische Eingriffe und weitere therapeutische Interventionen verbessern, sondern auch als präventive Maßnahmen in der Sportmedizin dienen, um langfristig die Belastungen des Gesundheitssystems zu verringern. Wichtig ist, dass dies alles professionell koordiniert, angeboten und formal sowie umfassend geschult und ausgebildet wird.
Autoren
ist Facharzt für Innere Medizin, Zusatzbezeichnung Kardiologie, Sportmedizin. Nach seiner Präsidentschaft in der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) wurde er 2012 zum Ehrenpräsidenten der Gesellschaft ernannt. Aktuelle Tätigkeit: Praxisgemeinschaft Dr. Gavrila/Prof. Löllgen, Remscheid.