Die Betreuung von Spitzensportlern erfordert rasche, möglichst schonende Therapiemaßnahmen. Die Verwendung von Eigenblut (PRP), gegebenenfalls in Verbindung mit Hyaluronsäure, ist aus meiner Erfahrung eine effektive Möglichkeit aus dem Bereich der Regenerativen Medizin, die Rehabilitationszeiten der Sportler deutlich zu verkürzen.
Zusätzliche therapeutische Maßnahmen inkludieren immer das gesamte therapeutische Umfeld des Spitzensportlers. In der Regel arbeiten versierte Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler, Heil-masseure und Personen, die in den verschiedensten konservativen Therapien gut ausgebildet sind (Kinesio-Tape, Stromtherapie etc.) mit den Spitzensportlern. Um möglichst effektiv mit dem „Medikament Blut“ arbeiten zu können, ist eine Ernährungsanpassung zwingend notwendig. Besonderes Augenmerk gilt dem Arachidonsäure-Stoffwechsel, der Reduktion von Industriezucker und Gluten. Im Bereich der Supplementation werden in der Regel folgende Substrate empfohlen und in der Auswahl an die individuell-therapeutischen Bedürfnisse des Spitzensportlers angepasst:
Schmerzlinderung:
Proteolytische Enzyme 500 – 1000 mg/d;
Weihrauch 1500 – 3000 mg/d;
MSM 500 – 2000 mg/d
Entzündung: Omega 3 Fettsäuren 2 – 4 g/d
Gelenks-, Knorpel-, Sehnen-, und Muskelverletzungen:
Glukosaminsulfat 200 – 1000 mg/d; Chondroitinsulfat 500 – 1000 mg/d; Hyaluronsäure 100 – 200 mg;
Natives Kollagen 3 – 5 mg/d;
Glutamin 3 – 5 g/d
Fallbeispiele Eigenblut-Therapie
HY-tissue PRP 2 – 3 x im Abstand von einer Woche plus 1 x Hyaluronsäure (Hymovis, Hyalotend, Hyalgan) je nach Lokalisation
Fallbeispiel 1: 17-jähriger Golfer (österreichisches Golf Nationalteam)
- Schulterluxation rechts beim Krafttraining mit partiellem Einriss der Rotatorenmanschette und Labrumläsion
- MRT, Röntgen klinische Untersuchung
- Supplemente, strikte Ernährung nach Plan, Ruhigstellung für 3 Wochen, Physiotherapie ab der 1. Woche nach Verletzung
- 3 x PRP im Abstand von 7 Tagen, 1 x Hyalotend
- Beginn mit Golftraining (Putten, Chippen) nach 6 Wochen
- Volle Schwünge nach 10 Wochen beschwerdefrei möglich
Fallbeispiel 2: 23-jährige Profifußballerin (Champions League)
- AC Gelenksverletzung Tossy III rechts beim Wettkampf
- MRT, Röntgen klinische Untersuchung
- Supplemente, strikte Ernährung nach Plan, Ruhigstellung für 3 Wochen, intensive Physiotherapie ab der 1. Woche nach Verletzung Tapeverbände
- 3 x PRP im Abstand von 8 – 10 Tagen, 1 x Hymovis
- Lauf- Grundlagenausdauertraining nach 7 Tagen
- Fußballtraining ohne Kontakt mit Mitspielerin nach 4 Wochen Wettkampf nach 8 Wochen
Fallbeispiel 3: 19-jährige Snowboard Crosserin
- Läsion linker Innenmeniskus linkes Knie
- MRT, Röntgen klinische Untersuchung
- Supplemente, strikte Ernährung nach Plan, Funktionstraining und Physiotherapie ab dem 1. Tag nach Verletzung
- initial 1 x Hyalgan, 3 x PRP innerhalb von 30 Tagen
- Snowboardtraining nach 21 Tagen
- Beschwerdefreiheit nach 30 Tagen
- Erster Wettkampf nach 5 Wochen
Fallbeispiel 4: 52-jähriger Tennisspieler (Top 50 in seiner Altersklasse im Worldranking), Mechaniker, selbstständig
- VKB Ruptur Knie links mit OP 2003; danach 3 x Knie Arthroskopie 2004 – 2011;
- 2013 Beginn mit Eigenblutherapie 8 – 10 pro Jahr; 2017 Stammzellentherapie, laufende PRP-Therapie; Bewegungstraining, Supplemente; Patient kann beschwerdefrei Tennis spielen
Der Patient bestimmt die Qualität seines persönlichen Medikaments
Die Verantwortung für die qualitative Beschaffenheit des „Medikamentes Blut“ liegt zu 100 % beim Patienten. Der Patient beeinflusst somit eigenverantwortlich maßgeblich den Behandlungserfolg. Blut liefert unbestechliches Feedback hinsichtlich der Compliance des Patienten, aber auch der Patientenführung durch den Behandler. (Mehr zur Herstellung finden Sie bei dem Online-Artikel unter sportaerztezeitung.com).
Insbesondere Schadstoffe und Entzündungsparameter im Blut müssen so gut als möglich eliminiert werden. Hier muss eine langfristige, gut begleitete Lifestyle Modifikation erfolgen.
Stufenplan der metabolischen Lifestyle Modifikation
Zu Beginn der Therapie wird besonders auf den Arachidonsäure-Stoffwechsel Wert gelegt. Der Wegfall von inflammatorisch aktiven tierischen Fetten (insbesondere Schweinefett) ist hier Grundvoraussetzung für ein wirksames „Medikament Blut“. So gelingt es, die Entzündung rasch und nachhaltig allein über die Ernährung zu drosseln. Weitere therapeutische Maßnahmen, wie die Induktion der Autophagie oder Kältetherapie sind sehr hilfreich beim Verbessern des „Medikamentes Blut“.
1. Genetik: Nutrigenetik und Informationsgehalt der Nahrung
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Optimierung des Blutes ist die Ermittlung des genetischen Ernährungstypus. Dies geschieht in meiner Praxis mittels Genanalyse (HealthBioCare, Universität Wien).
Exkurs Hintergrund: Nutrigenetik vs Nutrigenomik
Unsere Gene chiffrieren einen festgeschriebenen Genetischen Code und dieser hat nachweislich einen Effekt auf die Nährstoffverwertung in unserem Körper. Mittlerweile ist es möglich, dem menschlichen Organismus einen definierten Ernährungstypus zuzuordnen: Kohlenhydrat-Typ, Eiweiß-Typ, Fett-Typ oder Balancierter Ernährungstyp. Stark vereinfacht gesagt liefert diese Typisierung Informationen darüber, welche der drei Makronährstoffe bevorzugt zur Energiegewinnung herangezogen werden und erlaubt im Umkehrschluss die Feststellung, welche Makronährstoffe nicht bevorzugt konsumiert werden sollten. Mit den Zusammenhängen von Genetik und Ernährung befasst sich die Nutrigenetik. Dieser Typ ist quasi unsere ernährungsbezogene Hardware, mit der wir gezwungen sind, zu leben, welcher wir aber nicht schicksalshaft ausgeliefert sind. Was wir an Nahrung zu uns nehmen, hat einen direkten Effekt auf das Auslesen unserer Gene. Durch bewusste Gestaltung der Ernährung erhalten wir quasi Administratorenrechte und haben die Möglichkeit, die Software, unser Epigenom, zu beeinflussen. Mit bewusster Lebensführung erhält jeder einzelne die Möglichkeit, die Feststelltaste z. B. zu fixieren oder zu lösen und somit die Chance, das volle Potenzial unserer Gen-Hardware auszuschöpfen. Ernährung dient als Signalgeber und liefert weitaus mehr als Energie. Mit der individuell abgestimmten Auswahl der Lebensmittel beschäftigt sich die Nutri(epi)genomik.
Wir können also durch gezielte Ernährung die Transkription unserer Gene aktiv gestalten. Diese bildet somit keine Einbahnstraße in der Übertragung genetischer Information von DNA auf RNA, sondern eine epigenetische Modifikation der Art, wie die Information verwertet wird. Um wieder die Metapher zu bemühen: mit der zielgerichteten Auswahl von Nahrungsmitteln wird die Programmierung verändert. Denken Sie hierbei an die Bienenkönigin, die allein durch royale Ernährung gekrönt wird. Es ist die Epigenetik, die sich mit dieser Einflussnahme von Lebensbedingungen, die über die Nahrungsaufnahme hinausreicht, auf das Genom beschäftigt, Stichwort: biologisches Lernen durch Methylierung. Hierbei gilt es, das Potenzial von Methyldonatoren und bioaktiven Nährstoffen zu nutzen (B6, B12, Folat, Cholin, Betain, Polyphenole, Butyrate, DADs, um nur einige zu nennen).
Die drei epigenetischen Mechanismen der Genregulierung
- Histon-Modifizierungen
- DNA Methylierung
- Nicht kodierende miRNAs (microRNA) können wir selbst sehr gut beeinflussen (Gene-Silencing)
An der Genregulierung sind viele epigenetisch aktive Enzyme beteiligt. Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wirken direkt auf diese Enzyme, somit direkt auf die Genregulation. Diese Tatsache ermöglicht weitere effektive, therapeutische Maßnahmen.
2. Feststellen der Funktionellen Fitness des Patienten
Funktionelle körperliche Fitness – Bewegung – Sport – Therapie
Bedeutung, Analyse (FAS Saluzy) und Konsequenzen für den Sportler
Der Zusammenhang zwischen funktioneller Fitness und positiven, sportlichen Ergebnissen ist hinlänglich bekannt und dokumentiert. Eine korrekte, sportartspezifisch richtige und bewegungsökonomisch gute Bewegungsausführung ist nur mit einem gut funktionierenden Körper möglich. Diese Funktionsfähigkeit wird durch mehrere Komponenten bedingt: so bedarf es eines optimalen individuellen Gelenkspiels, die großen Bewegungszentren, wie Hüfte, Brustwirbelsäule und Schulter, müssen über eine ausreichende Mobilität verfügen. Funktionell stabile Segmente, wie Körperkern, Kniegelenke und Ellbogengelenke, erzeugen im funktionellen Linksystem die nötige Stabilität. Neben den Gelenken muss das Muskelsystem gut zusammenspielen. Muskuläre Verkürzungen, Dysbalancen und die Aktivität der Muskelschlingen müssen exakt erhoben und analysiert werden. Zu guter Letzt spielt die Qualität der Bindegewebsmatrix ebenfalls eine entscheidende Rolle in der funktionellen Fitness, diese wird an anderer Stelle beschrieben. Funktionelle Untersuchungen, wie der Saluzy-FAS, ermöglichen einen exakten Überblick über das funktionelle Bewegungspotenzial des Athleten. In der Zusammenschau mit sportmotorischen und weiteren medizinischen Untersuchungen kann man ein Überblicksbild eines Athleten in der Bewegung erstellen. Die Ergebnisse bilden die Grundlage einer punktgenauen Bewegungs- bzw. Trainingsempfehlung sowie die Basis für eventuell nötige therapeutische Schritte.
3. Standardisierter Ablauf in meiner Praxis mit individueller Adaption
- Funktionsanalyse inklusive Übungsprogramm (maximal 5 Übungen)
- Ernährungsmodifikation (idealerweise auf Basis einer Genanalyse)
- Supplementierung (Entzündung, Schmerz)
- Physikalische Maßnahmen (Kälte, Wärme, Massage etc.)
- Eigenblutherapie PRP HY-tissue PRP plus Hyaluronsäure
Fazit
Eigenbluttherapie ist eine sehr erfolgreiche Akut- und Langzeittherapie. Sowohl junge als auch ältere Sportler profitieren sehr von dieser biologischen Therapieform. Eine Therapie nur mit Eigenblut alleine ist nicht so effektiv wie die Kombination mit Lifestyle-modifizierenden Maßnahmen. Die Qualität des „Medikamentes Blut“ -und damit der Erfolg der Therapie- hängt sehr vom Lifestyle des Patienten ab, Stichworte Compliance und Adhärenz. PRP in Kombination mit Hyaluronsäure ist eine zusätzliche Verbesserung und gibt dem Arzt mehr therapeutische Möglichkeiten. Regenerative Medizin ist eine Langzeittherapie. Viele Faktoren müssen zusammenspielen, um regenerative Prozesse positiv zu beeinflussen. Besonders wichtig erscheinen hierbei der TGF Beta-Stoffwechsel, der Arachidonsäure-Stoffwechsel, die genetische Analyse des Ernährungstyps und deren praktische Umsetzung sowie eine kontrollierte Bewegungstherapie. Erfolgreiche Regenerative Medizin ist kosten- und zeitintensiv. Erfolgreiche Regenerative Medizin mit Eigenblut erfordert vom Therapeuten und auch vom Patienten viel Wissen und Konsequenz und ist sehr nebenwirkungsarm.
Literatur beim Autor
Autoren
ist Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie. Er leitet seine eigene Praxis/Ordination in Judenburg, Österreich. Dr. Kocher ist seit 17 Jahren Verbandsarzt des Österreichischen Golfverbandes und betreut mehrere Nationalteams, u.a. Nordische Kombination Deutschland, Skisprungnationalteam Damen Österreich & Finnischer Golfverband.