Nachdem ab den 1980er Jahren immer mehr Kollegen aus der Manuellen Medizin (Chirotherapie) entweder in den USA, Belgien, den Niederlanden und Skandinavien eine Qualifikation in Osteopathie abgeschlossen und dieses Wissen als Lehrkräfte in die Kurse der später drei deutschen manualmedizinischen Fachgesellschaften in der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin (DGMM) eingebracht haben, gab es – wie Dr. Giesswein in seinem Artikel Osteopathische Medizin in der sportärztezeitung völlig zu Recht bemerkt hat – erstmal viele kritische Stimmen dagegen oder es wurde gesagt, das sei ja nichts Neues, das würde im Rahmen der manualmedizinischen Weiterbildung schon lange gelehrt.
Nachdem u. a. die beiden Schweizer MM-Kollegen Prof. Dvorak und Dr. Baumgartner mit mir im wissenschaftlichen Beirat der Bertelsmann-Stiftung auf deren Veranlassung hin diverse US-Amerikanische Colleges für Osteopathy besucht hatten, habe ich mir überlegt, dass es aus ordnungspolitischen Gründen gut wäre, wenn wir eine Deutsche Gesellschaft für Osteopathische Medizin (später DGOM) gründen, zumal auf der nicht-ärztlichen Ebene bereits diverse Organisationen entstanden waren und die Osteopathie für sich in Anspruch nahmen.
Ich (damals Hauptgeschäftsführer der DGMM-FAC) wollte das aber nur in Zusammenarbeit mit den beiden anderen DGMM-Ärzteseminaren ÄÄM und MWE tun, was anfänglich auf großen Widerstand, vor allem bei manchen Präsidiumsmitgliedern, traf. Ich habe mich davon aber nicht beirren lassen, noch nicht einmal als ich in einer DGMM-Präsidiumssitzung von einem MWE-Vertreter abgemahnt wurde, weil ich die Zeitschrift Manuelle Medizin in Manuelle und Osteopathische Medizin umbenannt hatte, deren Hauptschriftleiter ich damals war, der Springer-Verlag war sehr einverstanden damit. Und so wurde dann doch noch unter Beteiligung aller drei DGMM-Ärzteseminare zuerst die DGOM gegründet. Einige „fortschrittlichere“ Mitglieder dieser drei Seminare und ich sahen es aber als notwendig an, weitere ordnungspolitische Maßnahmen durchzuführen:
- Einheitliche Curricula der Osteopathischen Fortbildung
- Einheitliche Zugangsvoraussetzungen für diese Fortbildung (zumindest abgeschlossene Weiterbildung in MM und Berufserfahrung darin)
- Aufbau eines Indikationskataloges für Osteopathische Medizin, einmal alleine und einmal in Kombination mit Verfahren der allopathischen Medizin
- Entwicklung einer analogen GOÄ für die Osteopathische Medizin
- Verbindliche regelmäßige Refresherkurse, um das Zertifikat aufrecht zu erhalten und gegenüber den PKVen nachweisen zu können
- Verhandlungen mit Privaten Krankenversicherungen (die erste war die DKV), später folgten auf Umwegen auch Gesetzliche Krankenversicherungen
- Besondere Regelungen für Physiotherapeuten, für die Curricula „Osteopathische Therapie“ vergleichbar der „Manuellen Therapie“ entwickelt wurden
Schließlich ging es auch um die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern, in denen die Osteopathie schon etabliert war, weshalb ich (zusammen mit anderen Präsidiumsmitgliedern der inzwischen drei osteopathischen Schwestergesellschaften von FAC, MWE und ÄMM, nämlich der DGOM, der DAAO und der BAOM) das EROP gegründet habe, also das European Register of Osteopathic Medicine, dem später für die Physiotherapeuten auch das ERPO, also das European Register for Osteopathic Physiotherapists folgte (die amtlichen Gründungsurkunden aus dem Vereinsregister habe ich noch). Dann habe ich noch die Begriffe „Osteopathische Medizin OM“ und „Osteopathische Therapie OTh“ als Markennamen schützen lassen, denn es gab einfach zu viele sogenannte Osteopathen, weil der Begriff selbst als Berufsbegriff bis heute nicht geschützt ist.
Inzwischen ist die Osteopathische Medizin und die Osteopathische Therapie sehr gut in unserem Gesundheitssystem etabliert, ich hatte mich 2005 völlig daraus zurückgezogen. Wenn ich allerdings manche heutige Kursangebote in den einschlägigen Zeitschriften lese, finde ich aus meiner Sicht zu viele eher esoterische Titel, als dass es die OM und die OTh verdient haben.
Autoren
langjähriger Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft, von
1996 bis 2008 zunächst Mitbegründer, dann Geschäftsführer der Deutschen
Gesellschaft für Osteopathische Medizin sowie Mitglied sportmedizinischer Kommissionen beim DFB und der FIFA.