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    Therapie

    Schmerzen des Bewegungssystems

    Neue Erklärungsmodelle notwendig?
    Dr. med. Kay NiemierBy Dr. med. Kay Niemier8 Mins Read
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    Schmerzen des Bewegungssystems sind häufig, teuer und chronische Schmerzen frustran in der Therapie. Die schlechte Ergebnisqualität der durchgeführten Therapien, insbesondere die fehlende Nachhaltigkeit, stellt die Frage nach praxisrelevanten Krankheitsmodellen und resultierenden Diagnostik- und Therapiestrategien. [1 – 6]

    Aktuelle Diagnostik- und Behandlungsstrategien beruhen im Wesentlichen auf pathomorphologischen Erklärungsmodellen und monomodalen Ansätzen. Erkrankungen des Bewegungssystems sind jedoch komplex mit Befunden auf verschiedenen Einflussebenen [7]:

    • Somatisch funktionelle Befunde
    • Pathomorphologische Befunde
    • Psychosoziale Befunde
    • Alteration der neurophysiolo­gischen Schmerzregulation 

    Hinzu kommen Einflüsse aus anderen Systemen, wie dem Herz-Kreislauf-System (kardiopulmonale Leistungsfähigkeit), Verdauungssystem (Energiebereitstellung) und dem neurologischen System (sensomotorische Fähigkeiten) [8, 9]. Das Bewegungssystem ist ein funktionelles System in Interaktion mit allen anderen Systemen des mensch­lichen Körpers. Es ist zentral für das Leben/Überleben (Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung, Flucht, Kampf etc.) und kybernetisch organisiert. Auf allen Ebenen des Systems sind Stör- und
    the­rapeutische Einflussmöglichkeiten (Abb. 1). [10 – 13]

    Abb. 1 Schematische Darstellung des Bewegungssystem als funktionelles System [13]. Auf Grundlage der Afferenzen (sensomotorisch, psychisch, etc.) wird, zur Erreichung eines (motorischen) Ziels, im zentralen Nervensystem (ZNS) ein motorisches Programm entwickelt. Über die Afferenz und die Effektoren (Muskulatur etc.) erfolgt die Umsetzung des Programms. Das Ergebnis wird über die Efferenz an das ZNS vermittelt und mit der Afferenz­kopie (antizipiertes Ergebnis) abgeglichen. In Abhängigkeit von den sensomotorischen und anderen Afferenzen erfolgt ggf. eine Korrektur. Auf allen Ebenen dieses Systems finden sich Stör- und (therapeutische) Eingriffsmöglichkeiten.

    Störungen dieses Systems werden in der Regel innerhalb des Systems oder Systemübergreifend kompensiert. So können degenerative Veränderungen im Bewegungssystem durch einen guten muskulären Zustand und/oder eine gute Schmerzregulationsfähigkeit lange kompensiert werden und verbleiben asymptomatisch. Reichen die Kompensationsmechanismen nicht aus, dekompensiert das System und die Befunde werden symptomatisch (z. B. Schmerz, Funktionseinschränkungen). Durch Stärkung der Kompensationsmechanismen und/oder Abbau von Befunden kommt es zur Rekompensation und damit zum Verschwinden der Symptomatik. Ist eine Rekompensation nicht möglich, entsteht ein chronisches Krankheitsbild. Häufiger noch sind Phasen von De- und Rekompensation im Sinne einer rezidivierenden Erkrankung des Bewegungssystems (Abb. 2). [10]

    Abb. 2 Schematische Darstellung von verschiedenen Verläufen von Erkrankungen des Bewegungssystems in Abhängigkeit von der Quantität vorhan­dener Befunde und Kompensationsfähigkeiten. a einmalige Krankheitsepisode; b chronisch rezidivierende Erkrankung; c chronischer Krankheitsverlauf [10]

    In der Funktionsmedizin (Physiotherapie, Sportmedizin, Ergotherapie, Rehabilitation etc.) stehen im Gegensatz zu anderen medizinischen Fachgebieten die Funktionen im Mittelpunkt der Diagnostik und Therapie. Funktionen in diesem Sinne sind ein breit definierter Begriff und umfassen Einzelfunktionen (z. B. Gelenk-, Muskelfunktionen), komplexe Funktionen (z. B. Haltung, Gang) aber auch die psychomotorische und soziale Interaktion (Partizipation). Störungen von Einzel- und Komplexfunktionen werden innerhalb der Funk­tionsmedizin kurativ, rehabilitativ und präventiv behandelt. Einen Schwerpunkt bilden die Funktionsstörungen des Bewegungssystems. Es können primäre und sekundäre Funktionsstörungen unterschieden werden. Sekundäre Funktionsstörungen lösen Nozizeption aus, während primäre Funktionsstörungen die Belastbarkeit reduzieren und somit Grundlage für sekundäre Funktionsstörungen und strukturelle Störungen sind (Tab. 1 & Abb. 3). [10, 15]

    Tab. 1 Primäre und sekundäre Funktionsstörungen [10, 15]
    Abb. 3 Schematische Darstellung der Entstehungsmechanismen von primären und sekundären Funktionsstörungen. Auf Grundlage der der Diskrepanz von Belastung und Belastbarkeit kommt es zur Afferenzveränderung (z. B. Nozizeption). Es resultieren Veränderungen im Muskeltonus mit weiterem Einfluss auf die Afferenz (Nozizeption, sensomotorische Afferenz) und Verminderung der Belastbarkeit. [10]

    Sekundäre Funktionsstörungen entstehen ebenso wie strukturelle Veränderungen durch eine Diskrepanz zwischen Belastung und Belastbarkeit. Sie sind als Abweichung des neurophysiologischen Ist- vom Sollzustand definiert. Die durch sekundäre Funktionsstörungen ausgelöste Nozizeption beeinflusst u. a. den Muskeltonus. Es resultieren Veränderung der sensomotorischen Afferenz und damit Alterationen von Haltungs- und Bewegungsmustern sowie der Bewegungs- und Haltungsstabili­sation (primäre Funktionsstörungen). Im Ergebnis steht eine Verminderung der Belastbarkeit. [10, 15]

    Training als direkte Schmerztherapie

    Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entstehung von chronischen Schmerzen des Bewegungssystems ist die Veränderung der Neuromodulationsfähigkeit. Nozizeption ist die Umwandlung von schädlichen bzw. potenziell schädlichen Reisen in Aktionspotenziale in freien Nervenendigungen (Nozizeptoren). Diese werden durch c-Fasern/a-delta-Fasern weitergeleitet. In der Peripherie, auf Rückenmarks- und Hirnebene erfolgen komplexe Verarbeitungsschritte von nozizeptiven Reizen (Neuromodulation). Besteht eine verminderte Fähigkeit zur Neuromodulation, z. B. durch langanhaltende nozizeptive Reizung, resultiert eine Absenkung der Schmerzschwelle. Eine gute Neuromodulationsfähigkeit (hohe Schmerzschwelle) resultiert trotz hoher Befundlast auf anderen Befundebenen in Schmerz­freiheit bzw. geringen Schmerzen, eine schlechte Neuromodulationsfähigkeit (niedrige Schmerzschwelle) resultiert trotz geringer Befundlast auf anderen Ebenen zu vermehrten/generalisierten Schmerzen. Die Neuromodulationsfähigkeit geht mit funktionellen und langfristig auch strukturellen Veränderungen im ZNS einher. Ein Training und damit die Verbesserung der Funktion führt zu einer Verbesserung der Neuromodulation und zu weniger Schmerzen. Training ist somit eine direkte Schmerztherapie. [15 – 22] 

    Insbesondere bei chronischen Schmerzerkrankungen des Bewegungssystems spielen psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle. Sie können Ursache, Folge, therapiebeeinflussend, am Krankheitsbild beteiligt aber auch völlig unabhängig und für die Erkrankung nur von geringer Bedeutung sein (Tab. 2) [23].

    Tab. 2 Psychische Einflussfaktoren und Mechanismen der Krankheits- und Therapiebeeinflussung

    Strukturelle/pathomorphologische Veränderungen resultieren aus der Dis­krepanz zwischen Belastung und Belastbarkeit und sind somit sekundär zur Funktion (Funktion bestimmt die Form). Sie sind ursächlich für eine Verminderung der Belastbarkeit, für primären und sekundären Funktionsstörungen sowie für Nozizeption (s.o.). Wie alle anderen Störungen können sie oft kompensiert werden und verbleiben symptomlos. Strukturelle Störungen sind nie alleine für Erkrankungen des Bewegungssystems verantwortlich und sollten in der Diagnostik und Therapie immer im Gesamtkontext mitbeurteilt werden. Eine reine Fokussierung auf strukturelle/pathomorphologische Veränderungen ist Mitursache für die aktuell schlechten Therapieergebnisse und die Fehlversorgung von Patienten. [23]

    Fazit

    Zusammenfassend stellt das Modell des funktionellen Systems eine gute Grundlage für die Erklärung von Erkrankungen des Bewegungssystems dar. Alle relevanten Einflussfaktoren werden berücksichtigt. Diagnostik und Therapie sollten sich auf die relevanten und beeinflussbaren Krankheitsfaktoren fokussieren. 

    Literatur

    1.     Hartvigsen J, Hancock MJ, Kongsted A, et al.: What low back pain is and why we need to pay attention. The Lancet 2018; 391: 2356–67. 

    2.     Buchbinder R, van Tulder M, Öberg B, et al.: Low back pain: a call for action. The Lancet 2018; 391: 2384–8. 

    3.     Niemier K. Multimodal, polypragmatisch und kostenintensiv –  Rückenschmerzbehandlungen auf dem Prüfstand. Manuelle Medizin, 2012; 50:16-27

    4.     Statistisches Bundesamt; Statistisches Bundesamt Deutschland – GENESIS-Online: Ergebnis 23631-0003 (destatis.de), Zugriff 25.09.2021

    5.     Wenig CM, Schmidt CO, Kohlmann T, Schweikert B. Costs of back pain in Germany. European Journal of Pain 2009;13:280-286

    6.     Niemier K, Schulz J, Emmerich J, Liefring V, Beyer L. Chronic Muscular Skeletal Pain Syndromes, New Models for an Old Problem. Specific and Nonspecific Pain- Time to Move on. J Orthop Sports Med 2020; 2 (1): 1-13; DOI: 10.26502/josm.5115000xx

    7.     Niemier K, Seidel W, Marnitz U: Chronische Rückenschmerzen – entzündlich, funktionell, psychosomatisch?
OUP 2016; 5: 000–000 DOI 10.3238/oup.2016.0000–0000

    8.     Niemier K, Amelung P, Satorie S, Ritz W, Seidel W, Kardiopulmonale Dekonditionierung von Patienten mit chronischen Schmerzen des Bewegungssystems. Phys Rehab Kur Med 2007; 17: 209-214

    9.     Niemier K, Seidel W. Der Einfluss von muskulo-skeletaler Funktionsstörung auf chronische Schmerzsyndrome des Bewegungssystems. Schmerz 2007; 21: 139-45; https://doi.org/10.1007/s00482-006-0511-6

    10.  Niemier. K. Funktion-Funktionsstörung-Funktionserkrankung. Ein funktionell-systemischer Zugang zu Erkrankungen des Beweghungssystems. Manuelle Medizin 2021;39:167-171 DOI: https//doi.org/10.1007s00337-021-00800-y

    11.  Beyer L. Funktionsstörungen am Bewegungssystem. Teil 2: Das funktionelle System – ein Modell für die Maneulle Medizin. Manuelle Medizin; 2018;56:421-428 doi: https//doi.org/10.1007s00337-018-0465-7

    12.  Beyer LB, Niemier K. Funktionsstörungen am Bewegungssystems. Funktionelle Regiabilität als Grundlage eines optimalen Bewegungsresultats. Manuelle Medizin 2018; 56:293-299; https://doi.org/10.1007/s00337-018-0437-y

    13.  Anochin PK. Systemogenesis as a general regulator of brain development. Prog Brain Res 1964;9:54-86 doi: https//doi.org/10.1016/50079-6123(08)63131-3

    14.  Niemier K. Hogräfe HC. Chronische cervicale Schmerzsyndrome. Vorstellung eines multimodalen interdisziplinären stationären Behandlungskonzepts (ANOA-Konzept). Akt Rheumatol 2015; 40: 1–9; DOI 10.1055/S-0035-1548867

    15.  Flor H, Braun C, Elbert T et al. Extensive reorganization of primary somatosensory cortex in chronic back pain patients. Neurosci Lett 1997;224:5–8 


    16.  Diers M, Koeppe C, Diesch E et al (2007) Central processing of acute muscle pain in chronic low back pain patients: an EEG mapping study. J Clin Neurophysiol 2007;24:76–83 

    17.  Giesecke T, Gracely RH, Grant MA, Nachemson A, Petzke F, Williams DA, Clauw DJ. Evidence of augmented central pain processing in idiopathic chronic low back pain. Arthritis Rheum 2004;50(2):613–623

    18.  Baliki MN, Petre B, Torbey S, Herrmann KM, Huang L, Schnitzer TJ, Fields HL, Apkarian AV Corticostriatal functional connectivity predicts transition to chronic back pain. Nat Neurosci 2012;15:1117–1119 


    19.  Baliki MN,Geha PY, Apkarian AV, Chialvo DR. Beyond feeling: chronic pain hurts the brain, disrupting the default-mode network dynamics. J Neurosci 2008;28:1398–1403 

    20.  Flor H. The functional organization oft he brain in chronic pain. In Sandkühler J, Bromm B, Gebhard GF (Hrsg) Nervous system plasticity and chronic pain, progress in pain research. ElsevierAmsterdam 2000:313-322

    21.  Flor H, Ebert T, Kriet S, Wienbruch C, Pantev C, Birbaumer N, Larbig W, Taub E. Phantom limb painas a preceptual correlate of cortical reorganization following arm amputation. Nature 1995;375:482-484

    22.  Flor H. Visualisierung von Phantom- und Rückenschmerzen durch bildgebende Verfahren Implikationen für die Behandlung. Orthopäde 2004;33:553–557 DOI 10.1007/s00132-003-0614-z

    23.  Niemier K. Multimodal, polypragmatisch und kostenintensiv –  Rückenschmerzbehandlungen auf dem Prüfstand. Manuelle Medizin, 2012; 50:16-27

    Autoren

    Dr. med. Kay Niemier

    ist Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Allgemeinmedizin, Schmerztherapeut, Palliativ­ und Manualmediziner. Er ist Chefarzt des Schmerz­ und Rückenzentrums an den Westmecklenburg Kliniken Helene von Bülow. Klinisch und wissenschaftlich befasst er sich vorwiegend mit funktionellen Aspekten von chronischen Schmerzerkrankungen des Bewegungssystems.

    04/21
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