Osteoprorose ist eine der häufigsten ernährungs-mitbedingten Erkrankungen
in Deutschland. Ihre Pathogenese erstreckt sich oft über Jahrzehnte. Unter bestimmten Bedingungen sind auch Sportler gefährdet. Eine regelmäßige Überprüfung der Nährstoffversorgung und des Ernährungszustands tragen dazu bei, mögliche Defizite und Ungleichgewichte aufzudecken und mit geeigneten Ernährungsmaßnahmen einen Beitrag zur Osteoporoseprävention zu leisten [1, 2].
Osteoporose ist eine systemische Erkrankung des Skeletts. Aufgrund der niedrigen Knochenmasse und der mikroarchitektonischen Verschlechterung des Knochengewebes, steigen die Knochenfragilität und die Neigung zu Frakturen an. Der Altersgipfel bei Frauen und Männern liegt bei über 70 Jahren, was mit multifaktoriellen Einflüssen und der schleichenden Pathogenese zu begründen ist. Grundsätzlich wird zwischen primärer und sekundärer Osteoporose unterschieden. Die primäre Osteoporose entsteht nicht auf Basis einer Grunderkrankung [2].
Osteoporosegefahr im Sport
Körperliche Bewegung und Sport tragen grundsätzlich zur Prävention von Osteoporose bei. Für Sportler besteht ein erhöhtes Osteoporoserisiko, wenn sie einer langfristigen Fehl- und Mangelernährung unterliegen. Diese betrifft vorrangig Sportler, deren BMI < 20 liegt und/ oder solche, die aufgrund von restriktiver Ernährungsweise zu wenige Nährstoffe zuführen [1, 3]. Auch eine zu einseitige Ernährung oder ein übersehener erhöhter Bedarf können langfristig den Mangel an bestimmten Nährstoffen begünstigen und die Entstehung von Osteoporose fördern [4]. Ätiologisch betrachtet werden die Folgen von Fehlernährung und dem Mangel an bestimmten Nährstoffen (z. B. Calcium, Vitamin D) in der Jugend und im jungen Erwachsenenalter oft erst Jahrzehnte später sichtbar. Hinzu kommt, dass Athleten je nach Sportart und Grad der Belastung teilweise einen erhöhten Bedarf an bestimmten Nährstoffen haben, z. B. Protein, Eisen [3].
Erste Hinweise über die tägliche Nährstoffzufuhr und den Status der Nährstoffversorgung von Sportlern können von einer Ernährungsfachkraft mittels Nährstoffanalyse errechnet werden. Mögliche Defizite können sukzessive durch Einleitung individueller Interventionen behoben werden. Sie betreffen u. a. Veränderungen bei der Lebensmittelauswahl und gegebenenfalls Substituierung von Mangelnährstoffen (nach ärztlicher Absprache). Dezidierte Auskünfte über die Nährstoffversorgung liefern medizinische Untersuchungen z. B. des Blutes im Rahmen des Osteoporose-Screenings. Bei Verdacht auf eine langfristige Calciumunterversorgung kann die Untersuchung durch die Osteodensitometrie ergänzt werden. Im Falle einer Unterversorgung bzw. einer beginnenden oder bestehenden Osteoporose werden medizinische Interventionen eingeleitet und gegebenenfalls durch individuelle Ernährungsmaßnahmen ergänzt [5].
Schlüsselnährstoffe und Genussmittel
Eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D sind wichtige Bestandteile in der Osteoporoseprävention [1, 6]. Auch Vitamin K2 nimmt einen wichtigen Stellenwert in der Vorbeugung von Osteoporose ein. Zufuhr- bzw. Ergänzungsempfehlungen sind aber derzeit nicht in der AWMF Leitline „Prophylaxe, Diagnostik und der Therapie der Osteoporose” verankert. Dauerhafte Mangelzustände an Calcium und Vitamin D beeinflussen mit starker Evidenz die Osteoporoseentstehung [1]. Während Calcium u. a. Bestandteil von Knochen ist, fördert Vitamin D die Resorption von Calcium aus dem Gastrointestinaltrakt und trägt zur Härtung des Knochens bei. Zudem reguliert Vitamin D den Calcium- und Phosphatstoffwechsel [7]. Allerdings unterschreiten 74 % der weiblichen Jugendlichen im Alter zwischen 14 – 18 Jahren die Zufuhrempfehlung für Calcium. Bei Frauen und Männern im Alter zwischen 65 – 80 Jahren sind es 65 % bzw. 61 % [8]. Hinsichtlich der Vitamin-D-Zufuhr liegt die Zufuhrempfehlung von Frauen 91 % unterhalb des Referenzwerts, bei Männern 82 % [8]. Da die Substanz durch UVB-Strahlen in der Haut gebildet wird, sind Menschen nicht ausschließlich auf die Vitamin D-Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Die UVB-Strahlung reicht in Deutschland zwischen April-Oktober theoretisch aus, um eine adäquate Versorgung zu gewährleisten. Dennoch gelten ca. 60 % der deutschen Bevölkerung als unterversorgt [5]. Hiervon können folglich auch Sportler betroffen sein.
Auch eine Überversorgung mit bestimmten Nährstoffen im Sport kann die Osteoporoseentstehung begünstigen. So fördert etwa eine überhöhte Proteinaufnahme u. a. die Calciumausscheidung über den Urin. Gleiches gilt für einen überhöhten Konsum von koffeinhaltigem Kaffee, wobei 3 – 4 Tassen pro Tag als unbedenklich gelten. Ein zu hoher Alkoholkonsum (Männer > 20 g/ Tag, Frauen, > 10 g/ Tag) wirkt sich negativ auf die Osteoblastenfunktion aus und erhöht folglich das Osteoporoserisiko [9 – 11]. Während eine Proteinüberversorgung die Calciumausscheidung zwar fördert, ist eine Unterversorgung ebenfalls zu vermeiden: Zu wenig Protein hemmt langfristig die Kollagenstruktur der Knochen und erhöht über Muskelabbau das Risiko für Stürze [12]. Neueren Erkenntnissen zufolge kann eine Proteinzufuhr von 1,2-2,0 g pro kg Körpergewicht bei Sportlern, die mehr als fünf Stunden Ausdauersport pro Woche betreiben einen sinnvollen Beitrag zur Proteinbiosynthese liefern [13]. Die Studiensituation zu anderen Mikronährstoffen ist weniger gut erforscht: Folat, Vitamin B6, Vitamin B12, Vitamin K, Kalium, Florid und Silizium sind Beispiele für Mikronährstoffe, die an der normalen Funktion des Knochenstoffwechsels beteiligt sind. Bei Glucosamin- und Chondroitinsulfat handelt es sich um körpereigene Substanzen. Sie sind Bestandteile des Binde- und Knopelgewebes. Bei bestehender Osteoarthritis können die Substanzen in ausreichend hoher Dosierung therapeutisch eingesetzt werden. Gleiches gilt für die Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure, kurz EPA. Die Ergebnisse aus einer Querschnittsstudie zeigen, dass der ausreichende Verzehr von Kalium und Magnesium positiv korrelieren. Für Sportler gilt für wie für alle Menschen: Ein hoher Verzehr von Gemüse und Obst in der Kindheit trägt zu einer höheren Knochendichte des Oberschenkelhalses bei [14].
Vegetarische und vegane Ernährung
Obwohl Vegetarier und Veganer oft ein Defizit hinsichtlich der Calciumzufuhr nachgesagt werden, sind Vegetarier seltener von einem erhöhten Verlust an Knochenmasse betroffen als Mischköstler. Vermutet wird, dass eine vegetarische Ernährungsweise teils hohe Calciumgehalte bei gleichzeitig niedrigen Phosphatgehalten in der Nahrung vorteilhafte Eigenschaften auf den Erhalt der Knochenmasse ausübt. Gleichzeitig kann die Reduktion von tierischem Protein einen calciumsparenden Effekt ausüben. Auch Veganer, die täglich mehr als 525 mg Calcium zu sich nehmen, unterliegen nach derzeitigem Kenntnisstand keinem erhöhten Osteoporoserisiko [5].
Fallbeispiel
Lisa A.: Triathletin, 32 Jahre, BMI 19,1, 12 Stunden Ausdauersport pro Woche, vegane Lebensweise. Lisa A. lehnt vegane Lebensmittel ab, die mit Calcium, Vitamin B12 und anderen Mikronährstoffen angereichert sind. Generell gilt ein BMI von < 20 als ein Risikofaktor für eine Osteoporosegefahr. Ab einem BMI von 18,4 besteht bei erwachsenen Frauen Untergewicht. Problematisch am Ernährungsverhalten kann der Verzicht auf angereicherte Milchersatzprodukte sein. Hierdurch kann es zu Defiziten u. a. an Calcium und Vitamin B12 kommen. Seefisch stellt die beste Quelle für eine Vitamin D-Zufuhr über die Ernährung dar. Diese Versorgungsquelle entfällt durch die vegane Ernährungsweise. Mögliche Ernährungsmaßnahmen: Ergibt die Überprüfung der Nährstoffversorgung im Rahmen einer Nährwertanalyse, dass Defizite bestehen, sind folgende Empfehlungen denkbar:
- Körpergewicht: die tägliche Energiezufuhr um ca. 300 kcal erhöhen, z. B. 1 – 2 Scheiben Vollkornbrot mit Hummus und eine Portion Gemüse.
- Calciumversorgung: täglich calciumreiche Gemüse und Hülsenfrüchte verzehren, z. B. Brokkoli, Grünkohl,
Tofu und Mungobohnen sowie calciumreiche Mineralwasser (>150 mg/ Calcium pro Liter) trinken - Vitamin B12-Versorgung: die Vitamin B12-Versorgung durch alkoholfreie Weizenbiere, Brottrunk, angereicherte Zahnpasta und gegebenenfalls über Supplemente sicherstellen
- Vitamin D-Versorgung: regelmäßige ärztliche Überprüfung der Vitamin D-Versorgung im Blut, gegebenenfalls Einnahme von Supplementen, vor allem im Winter.
- Vitamin K2-Versorung: die Versorgung durch fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut und bei Bedarf durch Supplementregel sicherstellen, etwa in Kombination mit Vitamin D3. Eine regelmäßige ärztliche Überprüfung der Versorgung ist empfehlenswert.
Zufuhrempfehlungen relevanter Nährstoffe (Auszüge)
Calcium [15]
Alter | mg / Tag |
7 bis unter 10 Jahre | 900 |
10 bis unter 13 Jahre | 1100 |
13 bis unter 19 Jahre | 1200 |
19 Jahre und älter | 1000 |
Stillende und Schwangere | 1000 |
Vitamin D (bei fehlender endogener Synthese) [16]
Alter | µg*/ Tag |
0 bis unter 12 Monate | 10 |
Ab dem 1. Lebensjahr | 20 |
Stillende und Schwangere | 20 |
*1µg entspricht 40 IE (Internationale Einheiten)
Fazit
Osteoporose ist eine ernährungsmitbedingte Erkrankung, der durch eine ausreichende Nährstoffversorgung in Kombination mit Sport häufig vorgebeugt werden kann. Dennoch unterliegen auch Sportler einem erhöhten Risiko für die Erkrankung, u. a. durch ein niedriges Körpergewicht und eine unzureichende/fehlerhafte Ernärungsweise. Zentral für die Osteoporoseprävention sind eine adäquate Calcium- und Vitamin D-Versorgung. Zudem beeinflussen weitere Makro- und Mikronährstoffe den Knochenstoffwechsel. Generell sollten Sportler ihre Nährstoffversorgung von Ernährungsfachkräften durch Nährwertanalysen und ärztlich durch Überprüfung von Laborparametern prüfen lassen. Mögliche Defizite oder Ungleichgewichte können so frühzeitig aufgedeckt und mit geeigneten Interventionen behoben werden.
Literatur
[1] AWMF (2019). Langfassung der Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/183-001l_S3_Osteoporose-Prophylaxe-Diagnostik-Therapie_2019-02.pdf (07.07.2021).
[2] Barth, S. (2009). Ernährungsmedizin. München: Urban & Fischer.
[3] Carlsohn, A., Braun, H., Großhauser, M. et al. (2019). Mineralstoffe und Vitamine im Sport. Ernährungs Umschau 66(12):250 – 257.
[4] Vohland, V., Heil,. E. (2020). Ernährungsökologische Betrachtung von veganer Ernährung. Ernährungs Umschau – Sonderheft 5.
[5] Stange, R., Leitzmann, C. (2018). Ernährung und Fasten als Therapie. 2. Aufl. Berlin: Springer.
[6] Scheck, A. (2017). Ernährungslehre kompakt. 6. Aufl. Wiesbaden: Umschau Zeitschriftenverlag.
[7] Gröber, U. (2011). Mikronährstoffe. 3. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
[8] MRI – Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008). Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht Teil 2 – Die bundesweite Befragung zur Ernährung von Jugendlichen und Erwachsenen. https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf (02.07.2021).
[9] Malik, P. (2008). Alkoholinduzierte Reduktion der Knochenmineraldichte: eine Übersicht. J Miner Stoffwechs 15(3):123-128.
[10] Bartl, R., Bartl, Ch. (2011). Osteoporose. Prävention, Diagnostik, Therapie. 4. Aufl. Stuttgart/ New York: Thieme.
[11] Zittermann, A. (2007). Osteoporose. Ernährungs Umschau 11:B33-B36.
[12] Rapur, P.B., Gallagher, J.C., Haynatzka, V. (2003). Protein intake: effects on bone mineral density and the rate of bone loss in elderly woman. Am J Clin Nutr 77(6):1517-1525.
[13] König, D., Carlsoh, A., Braun, H. et al. (2020). Proteinzufuhr im Sport. Ernährungs Umschau 67(7):132-139.
[14] New, S.A., Robins, S.P., Campbell, M.K. et al. (2000). Dietary influences on bone mass and bone metabolism: further evidence of a positiv link between fruit an vegetable consumption and bone health? Am J Clin Nutr 71(1):142-151.
[15] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) (2013). Referenzwerte – Calcium. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/calcium/?L=0 (07.07.2021).
[16] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) (2012). Referenzwerte- Vitamin D (Calciferole). https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/?L=0 (07.07.2021).
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Begleiterscheinung des Alterungsprozesses ist, die man hinnehmen muss. Dank Fortschritten in
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Reiner Bartl
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Autoren
ist Professorin für Ernährungswissenschaften und Leiterin des Studiengangs Ernährungsmanagement an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen. Sie ist zudem zertifizierte, qualifizierte Diät- und Ernährungsberaterin und Autorin zahlreicher Bücher. Ihre Schwerpunkte sind Essstörungen, Nahrungsmittelunverträglichen und -allergien, rheumatische Erkrankungen und Tibetische Medizin.