Individualisierte Sporternährung ist von zentraler Bedeutung, um die Leistungsfähigkeit von Athleten aller Altersklassen und Leistungsniveaus zu maximieren. Zukünftig sollen durch genetische Informationen und metabolische Profile im Rahmen einer personalisierten Ernährung Sporternährungsempfehlungen weiter optimiert werden können.
Aktueller Standard ist die Präzisionsernährung (Precision Nutrition). Sie kann mit praxisorientierten Maßnahmen wie periodisierter Makronährstoffzufuhr und individuellem Trinkmanagement höchst effektiv im Trainings- und Wettkampfalltag implementiert werden.
Von „one-fits-all“ zu individualisierten Ernährungsempfehlungen
Lange Zeit lag der Fokus unterstützender Ernährungsmaßnahmen im Sport auf den Anpassungen in der Skelettmuskulatur. Daneben provoziert eine körperliche Belastung aber auch Anpassungen in anderen Organen. Begleitende Ernährungsmaßnahmen können die Darmabsorption verbessern und die Pufferkapazität des Blutes vergrößern. Der Ansatz des „one-fits-all“ vergangener Jahre hat sich daher zu Ernährungsstrategien entwickelt, die spezifische sportliche Ziele, Trainings- und Leistungsparameter sowie persönliche Labordaten berücksichtigen. Individualisierte Ernährungsempfehlungen sollen dynamischere Empfehlungen für Ernährung und Nahrungsergänzung liefern, die sich an verändernde Parameter im Umfeld eines Sportlers anpassen, idealerweise während seiner gesamten sportlichen Karriere. Dennoch haben diese Faktoren im praktizierten Ernährungsalltag vieler Aktiver bisher wenig Beachtung gefunden.
Personalisierte Sporternährung – Schlüssel zum Erfolg?
In der personalisierten Sporternährung werden u. a. genetische und phänotypische Marker der Einzelpersonen eingesetzt, um spezifischere Ernährungsempfehlungen zur Leistungsverbesserung bereitzustellen. Kommerzielle Anwendungen und experimentelle Ansätze wie Mikrobiomprofilierung, Nutrigenomik und Nutrigenetik nutzen u. a. Gentesttechnologien, um individuelle genetische Unterschiede bei der Reaktion eines Sportlers auf Nährstoffe zu untersuchen. Diese können z. B. Einfluss auf den Stoffwechsel der Makronährstoffe oder die Absorption von Mikronährstoffen wie Calcium und Magnesium haben. Auf ihrer Basis sollen potenzielle Mikronährstoffmehrbedarfe oder Unverträglichkeiten identifiziert und Ernährungspläne entsprechend angepasst werden. Trotz der vielversprechenden Ansätze, des starken Wachstums und des prognostizierten Marktwerts kommerzieller personalisierter Ernährungssysteme fehlen derzeit noch wissenschaftliche Belege für einen zusätzlichen individuellen Nutzen für die Leistungsfähigkeit. Eine Ausnahme sind genetische Variationen bei der Verstoffwechslung von Koffein, die nachweislich die Ausdauerleistungsfähigkeit beeinflussen.
Zudem ist derzeit noch nicht geklärt, wie Erkenntnisse der Gentesttechnologie unter Berücksichtigung persönlicher Lebensmittel- und Geschmackspräferenzen in ein verändertes Ernährungsverhalten integriert werden können. Detaillierte Informationen allein führen häufig nicht zu einer Verhaltensänderung. Daher werden, wie aktuell im Editorial des British Journal of Sports Medicine (2024), mehr pragmatisch orientierte Studienansätze im Bereich der Sporternährung gefordert. Die bestehende Handlungslücke kann geschlossen werden, wenn Empfehlungen konkretisiert und speziell auf Sportler abgestimmt werden, wie z. B. spezifische Trinkmengen auf Basis individueller Schweißverluste. Auch mit Blick auf die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft im Hochsommer und den notwendigen Trink- und Kühlkonzepten für die Spieler kommt pragmatischen Empfehlungen in der Sporternährung eine besondere Bedeutung zu.
STATE OF THE ART: Präzisionsernährung
Die Präzisionsernährung (engl. Precision Nutrition) konzentriert sich darauf, individualisierte, wissenschaftlich fundierte Sporternährungsstrategien zu entwickeln, die sowohl in Training, Wettkampf und Regenerationsphasen als auch in sportfreien Zeiten gezielt zur langfristigen Steigerung der Leistung eingesetzt werden. Die Methoden umfassen die Manipulation der Nährstoffverfügbarkeit vor, während und nach der Belastung sowie solche Praktiken, die den gesamten Körper durch Ernährungsinterventionen auf Training und Wettkampf vorbereiten. Dazu zählen die Kohlenhydratperiodisierung, „train low“- und „train high“-Konzepte, das „nutrient timing“-, „train the gut“-Verfahren, Kühltechniken z. B. in den dreiminütigen Cooling Breaks beim Fußball sowie präzisierte Trinkmengen zum Ausgleich der persönlichen Schweiß- und Elektrolytverluste nach dem Sport. Basierend auf evidenzbasierten, sportartspezifischen Richtlinien für die Makronährstoff- und Wasseraufnahme wie periodisierte Zufuhr von Kohlenhydraten und ein situationsspezifisches Trinkmanagement, sind Adaptationsprozesse einfach und praktikabel optimierbar. Zudem können individuelle Lebensmittelprofile und Geschmackspräferenzen berücksichtigt werden.
Strukturierung und Planung sind elementar
Individualisierte Präzisions-Sporternährung unterliegt einem strukturierten und geplanten Prozess. Unter Beachtung des Trainingsplans lassen sich Makronährstoffrichtlinien und das Trinkmanagement leicht formulieren, ihre Umsetzung gut planen und in den Trainingsalltag integrieren. Dabei ist es z. B. notwendig, individuelle Schweißverluste zu kennen, um den Wasser- und Elektrolythaushalt optimal auszugleichen. Ein dreistufiger Prozess ermöglicht die routinemäßige Umsetzung der Präzisionsernährung. Zunächst werden spezifische, wissenschaftlich fundierte Informationen, Ernährungs- und Leistungsparameter sowie Laborwerte erfasst. Im zweiten Schritt werden evidenzbasierte Sporternährungsempfehlungen gemeinsam mit dem Athleten in praktische Handlungsanweisungen übertragen. Durch das Coaching beim direkten Kontakt mit Lebensmitteln, von der Exposition bis zum Verzehr, können Lebensmittel- und Geschmackspräferenzen weitgehend berücksichtigt werden. Der dritte Schritt beinhaltet die Überwachung von Gesundheits- und Leistungsparametern zur Feinjustierung der ergriffenen Maßnahmen. Präzisionsernährung ist dann erfolgreich, wenn sie Verhaltensänderungen direkt beim Sport und im Alltag, zum richtigen Zeitpunkt und in der realen Umgebung zur Folge hat.
Praxisbeispiel Trinkmanagement
In der Vorbereitung des Trainings erfolgt eine regelmäßige Getränkeaufnahme über z. B. mineralstoffreiches Mineralwasser, bis der letzte Urin direkt vor Sportbeginn eine klare oder maximal hellgelbe Färbung aufweist. Kommerzielle Teststreifen ermöglichen eine exakte Analyse. Die notwendigen Trinkmengen während des Trainings werden anhand der zu erwartenden Schweißverluste vorbereitet. Sie sollten so bemessen sein, dass ein Schweißverlust von mehr als 2 % des Körpergewichts zu keiner Zeit überschritten wird. Mit dem DiSE-Hydratationstest (siehe Grafik bzw. Download bei www.dise.online) können individuelle Schweißverluste leicht ermittelt werden. Nach der Aktivität werden die Wasser- und Elektrolytverluste auf Basis der individuellen Schweißmengen ausgeglichen. Mit dem Schweiß gehen die Elektrolyte Calcium und Magnesium durchschnittlich in einem Verhältnis von ca. 2:1 verloren. Daher ist ein mineralstoffreiches Mineralwasser mit einem entsprechenden Mineralstoffverhältnis wie Rosbacher nach dem Sport empfehlenswert. Die zusätzlich zur Basistrinkmenge aufzunehmende Wassermenge sollte 130 – 150 % der Schweißverluste betragen, d. h., ein Liter Schweiß (entsprechend ein Kilogramm Gewichtsverlust auf der Waage nach dem Sport) ist durch 1,3 bis 1,5 Liter Getränk zu ersetzen. Daher bieten sich auch mineralstoffhaltige Getränke wie das neue Rosbacher mit Zitronengeschmack an, um durch Abwechslung und Geschmacksvielfalt die hohen, notwendigen Trinkmengen leichter zu realisieren. Mit der Präzisionsernährung können individuelle Lebensmittel- und Geschmackspräferenzen berücksichtigt und eine hohe Adhärenz bei Sportlern erreicht werden. Sie bietet einen innovativen Ansatz, um entscheidende Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
Autoren
ist Ernährungswissenschaftler, zertifizierter Ernährungsberater und Vorstandsmitglied im Deutschen Institut für Sporternährung e.V. Bad Nauheim
(www.dise.online). Er besitzt Lehraufträge für Sporternährung an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, der Fachhochschule Münster und der Hochschule Fresenius. Zudem war er zweiter Vorsitzender des Zentralverbands ambulanter Therapieeinrichtungen (ZAT) Deutschland e.V.
studierte Ökotrophologie an der Hochschule Anhalt und absolvierte anschließend ihren Master in Ernährungswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seitdem ist sie Mitarbeiterin im Deutschen Institut für Sporternährung e.V., Bad Nauheim. Sie ist Referentin auf Ernährungskongressen und Dozentin beim Landessportbund Hessen.