Osteoarthritis (OA) stellt eine vielschichtige, äußerst komplizierte Erkrankung dar, welche die physiologische Einheit von Gelenken zerstört. Weltweit sind hiervon etwa 18 % aller Erwachsenen betroffen, wobei die meisten Patienten das 65. Lebensjahr bereits überschritten haben. Eine überdurchschnittliche physische Belastung scheint den Krankheitsprozess jedoch zu beschleunigen, was vor allem Sportler betrifft.
So zeigt eine aktuelle SoccHealth-Studie, dass ungefähr die Hälfte aller weiblichen sowie zwei Drittel aller männlichen ehemaligen Fußball-Profis bereits im Alter zwischen 40 und 69 Jahren unter OA leiden. Trotz ihrer hohen Prävalenz, die weltweit eine der häufigsten Ursachen für menschliche Behinderungen ist, gibt es bisher keine wirksame Therapie. Daher ist es notwendig, das Wissen über die der OA zugrunde liegenden Wirkmechanismen zu erweitern, um neue therapeutische Ziele zu finden, die das Fortschreiten der Krankheit verzögern oder aufhalten. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass zahlreiche Umweltfaktoren epigenetische Veränderungen hervorrufen, die die Entwicklung der verschiedenen Erscheinungsformen einer OA begünstigen. Daher ist die Erforschung der Rolle der Epigenetik zu einer aktuellen Herausforderung geworden, um deren Kausalzusammenhang sowie die Bedeutung auf therapeutischer Ebene bei OA hervorzuheben.
Epigenetik
Die Epigenetik befasst sich mit den Auswirkungen, die der geführte Lebensstil auf die Genexpression von Lebewesen hat. Verschiedene äußere Umweltfaktoren wie Entzündungen, inadäquate Ernährung, Stoffwechselstörungen, oxidativer Stress, Traumata, Infektionen und Alterung führen in diesem Zusammenhang zu Veränderungen, die DNA-Methylierungen oder Histonmodifikationen (Methyl- oder Acetylgruppen an den Histonen) hervorrufen können. Somit entscheiden epigenetische Prozesse, welche Gene abgelesen werden und damit Einfluss auf den Körper haben und welche Gene zum Schweigen gebracht werden, ohne dass es zu einer Mutation, also Veränderung der Erbinformation im Genom, kommt. Mittlerweile ist bekannt, dass die Störung zahlreicher wesentlicher knorpelspezifischer Proteine während der Entwicklung von OA durch abweichende epigenetische Regulationsmechanismen verursacht wird und zur Entstehung sowie zum Fortschreiten von OA beiträgt. Darüber hinaus haben derzeit zugelassene konventionelle Medikamente wie nicht steroidale Antiphlogistika (NSAIDs) und Kortikosteroide, die üblicherweise zur Behandlung von OA eingesetzt werden, gut dokumentierte und potenziell signifikante Nebenwirkungsprofile bei Langzeit-Anwendung, welche auch den Abbau von Knorpelgewebe umfassen. Dies unterstreicht die Möglichkeit, neue therapeutische Ziele in Betracht zu ziehen, die eine OA-Krankheit lindern können.
Option Phytopharmaka
Angesichts der vielversprechenden, zunehmenden Anerkennung von Entzündungen als Hauptursache von OA hat sich die Effektivität von Curcumin (aus der Pflanze Curcuma longa) mit seinen ungewöhnlich starken entzündungshemmenden und anti-oxidativen Eigenschaften in den letzten Jahren als bemerkenswerter natürlicher Wirkstoff zur Vorbeugung, Eindämmung und Behandlung von Patienten mit OA erwiesen. In Anbetracht unserer und vieler anderer Erkenntnisse, dass Curcumin die Schmerzen und den Abbau der Extrazellulären Matrix (EZM), die Entzündungsgene und -enzyme (Nukleärer Faktor kappa B, NF-kB; Cyclooxygenase-2, COX-2; Matrix-Metalloproteasen, MMPs) und die Sekretion von Entzündungs-Botenstoffen (Zytokinen wie TNF-α, IL-1β) bei OA unterdrückt, wurde eine gleichzeitige anabole Wirksamkeit im Knorpelgewebe (EZM Synthese wie Kollagen Typ II, knorpelspezifische Proteoglykane) mit Aktivierung des knorpelspezifischen Transkriptionsfaktors Sox9 und Verbesserung der Knorpelgewebe-Regeneration beobachtet. Interessanterweise scheinen die Nebenwirkungen dieses Ansatzes nicht signifikant anders als bei Placebo-Kontrollen zu sein und wurden insgesamt als gering eingestuft, was das Phytopharmakon zu einer attraktiven Alternative für Patienten macht, bei denen NSAIDs oder Kortison kontraindiziert sind.
Zusätzlich kann Curcumin auch für gesunde Menschen von großem Interesse sein. Wie oben beschrieben, ist dessen positive Effektivität bei der Prävention verschiedener Krankheiten von entscheidendem Vorteil, da die inneren Organfunktionen vor allem durch signifikant entzündungshemmende und anti-oxidative Eigenschaften unterstützt werden. Im täglichen Gebrauch kann das Phytopharmakon außerdem Angstgefühle reduzieren, Entzündungen im muskuloskelettalen System nach dem Sport unterdrücken, die Leistungsfähigkeit und Regeneration fördern sowie eine Lichtschutzfunktion für die menschliche Haut haben.
Fazit
Insgesamt könnte eine frühzeitige und regelmäßige Curcumin-Supplementation angesichts des umfassenden präventiven sowie regenerativen Potenzials vor allem für hochbelastete Leistungssportler von gesundheitsschützendem Vorteil sein und wir schlagen vor, eine dahingehende Alltagsintegration zu untersuchen.
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- nako.de/blog/2023/08/23/zur-gesundheit-ehemaliger-fussballprofis-die-untersuchungsphase-der-socchealth-studie-geht-zu-ende/
Autoren
ist Ärztin und Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Prof. Mehdi Shakibaei am Lehrstuhl Anatomie I der LMU München und forscht auf dem Gebiet der Entzündungsmodulation durch Phytopharmaka.
Lehrstuhl Anatomie I der LMU München, ist einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der Grundlagenforschung zur Entzündungsmodulation des muskuloskelettalen Systems mittels Phytopharmaka.