In unserer Reihe „Expert-Talk“ hat sich Masiar Sabok Sir für die sportärztezeitung mit dem Teamarzt der U15-Nationalmannschaft des DFB, Dr. med. Mark Salzmann, über die Besonderheiten der Nachwuchsbetreuung und interessante Therapie- und Trainingsarten unterhalten.
Herr Dr. Mark Salzmann, welche Hauptunterschiede sehen Sie aus medizinischer Sicht bei der Betreuung einer Jugendmannschaft im Gegensatz zu einer Profimannschaft? Auf was muss man speziell achten?
Grundsätzlich haben die U-Mannschaften beim DFB sehr professionelle Bedingungen. Sowohl die personelle als auch die materielle Ausstattung sind optimal. Der Unterschied zu gestandenen Profis ist, dass für die jungen Spieler diese Abläufe und eine exzellente Betreuung weitestgehend neu sind. Sie müssen erst lernen, damit umzugehen. Unser Ziel ist es, dass jeder Spieler seine beste Leistung abrufen kann. Man darf bei allem sportlichen Ehrgeiz aber nicht vergessen, dass wir mit Jugendlichen arbeiten. Da kommen natürlich alterstypische, menschliche Herausforderungen hinzu. Hier gilt es, den Jugendlichen individuell abzuholen und zu helfen.
Prävention / Prophylaxe ist natürlich eines der Themen, die gerade im Nachwuchssport an einer der vordersten Stellen stehen. Wie geht man damit beim DFB um und wie sieht in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit des medizinischen Teams mit dem Trainerteam aus?
Prävention ist sehr wichtig. Es gilt vor allem, dem Spieler zu helfen und zu lernen, seine individuelle Fitness und Verletzungen einzuschätzen. Wichtig ist, vor den Lehrgängen insbesondere Trainingsintensität und Spielbelastungen abzufragen. Dabei wird intensiv mit dem Cheftrainer und Fitnesstrainer zusammengearbeitet, die den Kontakt zu den Heimatvereinen halten. Jeder Spieler wird zu Beginn eines Lehrganges vom medizinischen Team „untersucht“ und befragt. Zudem wird für jeden Spieler eine medizinische Patientenakte angelegt, sodass Vorverletzungen, Allergien, Unverträglichkeiten und körperliche Besonderheiten jederzeit verfügbar sind und berücksichtigt werden können.
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Bereich der Regeneration? Und wie wird bei Ihnen mit Themen wie Schlaf und Ernährung umgegangen?
In den kurzen, teilweise intensiven Lehrgängen und bei den Turnieren hat die Regeneration einen sehr hohen Stellenwert. In enger Zusammenarbeit mit dem Cheftrainer, dem Fitnesstrainer und dem medizinischen Team werden die Planungen der Woche besprochen und an die Belastung angepasst. Bezüglich der Ernährung wird gemäß einem DFB-internen Ernährungsplan auf eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung geachtet. Sie hat das Ziel, einerseits dem Energiebedarf der Spieler Rechnung zu tragen und anderseits dem Spieler Hilfestellungen zu leisten, sich gesund zu ernähren und damit sein optimales Leistungsniveau zu erreichen. Der Schlaf ist Zentrum der Regeneration, es wird altersentsprechend eine Nachtruhe festgelegt. Unsere Aufgabe ist es, den jungen Spieler zu Selbstverantwortung zu erziehen.
Was ist Ihrer Ansicht nach in diesem Bereich adaptierbar und sinnvoll für den Breitensport und dementsprechend für Kinder und Jugendliche, die in ihren Vereinen 2 – 3 x die Woche trainieren und am Wochenende ein Spiel haben?
Für Profi- wie Breitensportler gilt es gleichermaßen, auf seinen Körper zu achten. Somit sind eine gesunde Ernährung, eine ausreichende Regeneration sowie eine gewisse Grundfitness zentraler Bestandteil bei jedem Sportler. Ich empfehle in meiner Praxis ambitionierten Kindern und Jugendlichen, an ihrer Grundstabilität zu arbeiten. Eine gute APP ist hierbei „GET SET“ vom IOC. Es werden stufenförmig sportartspezifische oder gelenkspezifische Übungen dargestellt. Wichtig ist es, Verletzungen auszukurieren und den – manchmal übertriebenen – Ehrgeiz etwas zu bremsen. Hierbei sollten die Eltern in die Therapieplanung einbezogen werden. (Anmerkung der Redaktion: Aktuelle Studie FIFA Overload in youth: https://www.fifamedicalnetwork.com/early-sport-specialisationand-high-trainingloads-may-increasethe-risk-of-injury/ )
In der aktuellen Zeit kommt man natürlich auch nicht an der Infektionsdiskussion vorbei. Immer interessanter werden dabei auch Therapie- und Trainingsformen, die auf einen direkten Kontakt verzichten, so dass es zwischen dem Sportler/Patienten und dem Arzt / Therapeuten / Trainer zu keinem Körperkontakt kommt. Haben Sie damit Erfahrung und wie sehen Sie die Entwicklung in diesem Bereich?
Grundsätzlich ist eine multimodale Therapie und Trainingsgestaltung sinnvoll. Bei der Betreuung im orthopädischen Bereich wird es immer zu Kontakt zwischen dem Sportler bzw. Patienten und dem Arzt, Therapeuten oder Trainer kommen. Eine sehr gute Option, einen ausreichenden Abstand zwischen dem Therapeuten und dem Trainierendem zu gewährleisten, ist aber z.B. die Neurac Therapie mit seiner neuromuskulären Stimulation. Grundvoraussetzung jeglicher Therapieform ist die Einhaltung der hygienischen Standards.
Können Sie uns kurz erläutern, wie Sie die Neurac-Therapie als Teil des Behandlungsspektrums anwenden?
Die Neurac-Therapie setze ich vor allem bei regenerativen Maßnahmen für meine Patienten in der Praxis ein. Die Therapiemethode bietet eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeit und Intensitäten an. Der große Vorteil des Systems ist, dass individuell mit dem gesamten Körper gearbeitet werden kann, die Grundstabilität verbessert wird und alle beteiligten Muskelketten einbezogen werden. Zu Beginn der Rehabilitation oder des Trainings werden Schwächen und Defizite erkannt und ausgeglichen. Damit wird dem Patient der Ablauf erleichtert und die Belastung gering gehalten. Der Schwierigkeitsgrad wird dann gesteigert, so werden Fortschritte ersichtlich. Das Training kann dann auf den Defizitausgleich fokussiert werden, um das Therapie- bzw. Trainingsergebnis zu optimieren.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit den Zusatzbezeichnungen Manuelle Medizin und Sportmedizin. Er arbeitet beim Ortho Team München Süd und ist Teamarzt der DFB U15-Junioren.
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