Bereits in der Antike war die leistungssteigernde Wirkung von Sonnenlicht bekannt und wurde z. B. im Rahmen der Olympischen Spiele von den Athleten genutzt. Die systematische Erforschung der Lichtwirkungen lässt sich in das 19. Jahrhundert zurückdatieren, wobei das Hauptaugenmerk zunächst auf der UV-Strahlung lag. Erst seit wenigen Jahrzehnten hat sich das Forschungsinteresse auch auf den Rot- und Nahinfrarotbereich ausgedehnt.
Mittlerweile liegen mehrere tausend Publikationen zur Low Level Light Therapy (LLLT) bzw. Photobiomodulation (PBM) mit rotem und nahinfrarotem Licht vor, die die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Methode im Rahmen der Wundheilung, Geweberegeneration und Leistungssteigerung beschreiben.
Einsatzbereiche
Die Anwendung der PBM im Sport hat mehrere Zielsetzungen, wobei hier zumeist Geräte zum Einsatz kommen, die kombinierte Rot- und Nahinfrarot-Spektren erzeugen, da sowohl oberflächlich-lokale, systemische als auch Tiefenwirkungen erwünscht sind:
- 1. Präkonditionierung von Muskeln, Knochen, Faszien und Gelenken: Durch die Anwendung der PBM vor der Erbringung sportlicher Leistungen kann die Leistungsfähigkeit gesteigert werden, da vermehrt Zellenergie (ATP), Sauerstoff und auch Schutzstoffe (Antioxidantien) bereitgestellt werden. Zusätzlich wird die Ausschüttung von Entzündungsparametern positiv beeinflusst, was unangenehme Nachwirkungen intensiver sportlicher Betätigung reduzieren kann. Bindegewebe profitiert generell von der PBM, da dies zu einem großen Teil aus Kollagenfasern besteht, die von Fibroblasten bzw. Osteoblasten gebildet werden. Die funktionale Struktur von Faszien und Knochengewebe wird durch die PBM gestärkt. Knorpelgewebe wird nicht über Blutgefäße, sondern über Diffusion aus der Gelenkflüssigkeit heraus ernährt und versorgt. Hier wirkt die PBM vorteilhaft, da sie in der Synovialflüssigkeit den Nährstoffgehalt optimiert sowie für den Knorpel schädliche Entzündungsmediatoren reduziert.
- 2. Optimierung von Stoffwechsel-Parametern zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit: PBM kann z. B. einen Einfluss auf den Laktatgehalt im Blut haben. Ein erhöhter Laktatspiegel im Blut wird oft mit Müdigkeit, Muskelkater und einer beeinträchtigten Leistungsfähigkeit in Verbindung gebracht. Die Senkung des Laktatgehalts im Blut, die in verschiedenen Studien gezeigt werden konnte, ist ein Indikator dafür, dass die PBM den Zellstoffwechsel verbessert, die Durchblutung erhöht und die Sauerstoffversorgung und -Utilisation im Gewebe verbessert. Dies führt dazu, dass Laktat schneller aus den Muskeln entfernt und abgebaut werden kann. Seit langem ist zudem bekannt, dass PBM in positiver Weise auf das zellulär verfügbare ATP einwirkt und Durchblutung und Sauerstoff-Verfügbarkeit verbessert.
- 3. Nachbehandlung zur Verringerung von Muskelkater und schnellerer Reparatur von muskulären und faszialen Mikrotraumata sowie zur Vorbeugung von Knorpelschädigungen: Durch die Reduktion von Entzündungsparametern, Laktatkonzentration im Blut, optimierte Wundheilung und Verbesserung von Reparaturvorgängen profitieren Muskulatur, Faszienapparat, Knochen und Gelenke auch von einer Nachbehandlung mit PBM nach intensiver sportlicher Betätigung. Da die meisten Gelenke leicht von der Lichtstrahlung erreicht werden können, ist auch ein positiver Einfluss auf die Gelenkhäute (Synovia) anzunehmen, die für die Produktion von Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) zuständig sind. Kommt es zu einer Reduktion von Entzündungsparametern in der Synovialflüssigkeit, hat dies positive Auswirkungen auf den Gelenkknorpel und dessen Regenerationsfähigkeit nach mechanischer Belastung.
Licht und Chronobiologie
Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Höchstleistung und effektive Regeneration Hand in Hand gehen müssen, um langfristig performant zu bleiben. Daher lohnt sich ein Blick auf die Möglichkeiten, mit Licht die chronobiologischen Funktionen zu stabilisieren. Durch die beliebige Verwendung von Kunstlichtquellen mit unnatürlichen Spektren sowie durch eine 24/7-Lebensführung sind Störungen vegetativer Rhythmen praktisch vorprogrammiert. Die Anwendung von rotem Licht am Abend kann dazu beitragen, den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus des Körpers zu regulieren und die Produktion von Melatonin, einem Hormon, das den Schlaf und die Regeneration fördert, zu erhöhen. Eine Studie untersuchte beispeilsweise die Auswirkungen der Anwendung von PBM auf den Schlaf bei Sportlerinnen. Die Teilnehmerinnen wurden über 14 Tage jeweils am Abend für 30 Minuten mit einem Ganzkörper-PBM-Gerät bestrahlt. Die Behandlung verbesserte die Schlafqualität, erhöhte die Melatonin-Spiegel im Blutserum und verbesserte zusätzlich auch die Ausdauerleistung. Dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass die Harmonisierung übergeordneter vegetativer Körperfunktionen zu messbaren Verbesserungen der Leistungsbereitschaft führen kann.
Fazit
Die Photobiomodulation ist ein effektives Verfahren zur Optimierung zahlreicher Körperfunktionen. Insgesamt bieten photobiologische Erkenntnisse zur Photobiomodulation im Sport ein vielversprechendes Potenzial, um die sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern und Wundheilung sowie Regeneration zu verbessern. Weitere Forschung und Anwendung in diesem Bereich könnten zu fortschrittlichen Methoden führen, Athleten dabei zu unterstützen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und langfristig performant zu bleiben.
Autoren
ist Arzt, Lichtbiologe und Sachbuchautor. Er erforscht die biologischen Mechanismen, wie Licht auf den Körper wirkt, insbesondere im Bereich der Photobiologie und Chronobiologie. Dr. Wunsch hat sich intensiv mit den Auswirkungen von künstlichem Licht und der Bedeutung von natürlichem Sonnenlicht für den menschlichen Organismus beschäftigt.