Der positive Einfluss von sportlicher Aktivität auf den menschlichen Organismus ist in zahlreichen epidemiologischen Studien hinreichend dokumentiert. In der Gesamtgesundheitsbetrachtung gehen 40 bis 50 % dieser Benefits durch Sportverletzungen verloren, daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit einer adäquaten Verletzungsprophylaxe.
Präventive Maßnahmen können bis zu 50 % dieser Gelenkverletzungen verhindern. Nicht nur die Gelenke sind durch sportliche Aktivität beansprucht, auch das Herz-Kreislaufsystem ist unter erhöhter, körperlicher Belastung gefordert. Sportmedizinische Untersuchungen können das Risiko eines plötzlichen Herztods bei Sportlern signifikant senken. Vor allem aber ist Inaktivität mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert: Weltweit sterben jährlich 5,1 Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens. Demgegenüber stehen 5,3 Millionen Mortalitätsfälle, die auf Bewegungsmangel zurückgehen.
Hohes Verletzungsrisiko bei Kontaktsportarten
Rund 200.000 Sportunfälle ereignen sich pro Jahr in Österreich – am öftesten im Alpinen Skilauf und Fußball. Jede Sportart beinhaltet dabei ihr eigenes Risikoprofil – mit unterschiedlichen Verletzungsschwerpunkten. Als ein typischer Verletzungsmechanismus gilt die Kreuzbandruptur, die durch das Einknicken des Kniegelenkes in der Bewegung nach innen passiert, dies wird begünstigt durch eine Kombination aus Becken- und Beinachseninstabilität. Problematisch sind hier vor allem „High Impact“-Sportarten – also solche, die mit dynamischer Belastung und schnellen Richtungswechseln einhergehen. Am häufigsten betroffen sind Verletzungen der unteren Extremitäten und dort vor allem das Sprunggelenk und das Kniegelenk. Gefürchtet sind Rupturen der Kreuzbänder, insbesondere des vorderen Kreuzbandes, die in der Regel dann auftreten, wenn hohe Geschwindigkeiten auf starke Kraftbelastungen treffen. Dass Kreuzbandverletzungen kein Einzelschicksal darstellen, zeigt die hohe Verletzungsinzidenz – exemplarisch am Beispiel von Fußball: Fußball ist mit 200.000 Profi- und 240 Millionen Amateurspielern weltweit die populärste Sportart mit der höchsten Anzahl aktiver Spieler in Bezug zu den Kreuzbandverletzungen, die sich pro Jahr ereignen würden, die derzeit fünf Millionen Verletzungen pro Jahr betragen. Die Folgen solcher Verletzungen sind langwierige Rehabilitation für Wochen und Monate und sind von langen Ausfallzeiten geprägt, was für den einzelnen Spieler und auch für die Vereine problematisch ist.
Präventionsstrategien sind gefragt – auch im Freizeitsport
Profisportverbände wie die FIFA haben auf diese Problematik bereits früh reagiert – mit altersadaptierten Präventionsprogrammen, wobei gezieltes propriozeptives sowie muskelkräftigendes Training dazu beitragen kann, dieser Instabilität vorzubeugen und damit das Verletzungsrisiko beträchtlich senkt. Durch viele Studien wurde evident abgesichert, dass solche Programme wirksam sind: Das Risiko einer Fußball-assoziierten Verletzung an den unteren Extremitäten kann durch adäquate Verletzungsprophylaxe um 50 % reduziert werden. Da die Verletzungsmuster im Profisport jenen im Freizeitsport gleichen, gelte es, Präventionsstrategien auf breiter Ebene, sprich in sämtlichen Sportdisziplinen wie Volleyball, Basketball etc. zu implementieren. Dazu muss nicht nur ein Bewusstsein für das Problem geschaffen, sondern auch eine systematische Verletzungserhebung gemacht werden. Dafür ist es wichtig zu schauen, wie Verletzungen überhaupt zustande kommen, die Größe und Anzahl der Schädigungen abschätzen und dann gezielte Maßnahmen durch Trainer und Sportler selbst umsetzen und danach die Verbesserung dokumentieren. Daher ist die Analyse als Grundlage für die Konzeption von Gegenstrategien, wie im Präventionskonzept nach Mechelen beschrieben wichtig. Das Wissen über Prävention muss Menschen bereits in jungen Jahren vermittelt werden, z. B. in Form von spielerischen Bewegungsprogrammen in der Schule oder Verein, da ein hoher Stellenwert einer Frühintervention besteht. Diese ist auch von Bedeutung, um frühzeitigen arthrotischen Veränderungen im Gelenksknorpel – oft eine Folge von langjähriger Unter-, Über- und Fehlbelastung – entgegenzuwirken. So kann der positive Effekt von Sport auf den Organismus genutzt werden und die Reduktion von Übergewicht, Diabetes, Herzkreislauf-Erkrankungen und vielem mehr unterstützt werden. Der zunehmende Anteil von übergewichtigen und bewegungsarmen Kindern ist alarmierend, und braucht dringende Bewegungsimpulse. Sport und Bewegung müssen aber möglichst verletzungsfrei gehalten werden, um diese Effekte auf die Volksgesundheit wirksam zu machen.
Die Österreichische Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (ÖGSMP) widmete sich im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Deutsch-Österreichisch-Schweizer Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) im Rahmen eines Kongresses dem Thema der Prävention und Gesundheitsförderung im Sport, wobei wichtige Impulse für die Zukunft gesetzt werden konnten.
Die wesentlichste Aufgabe der ÖGSMP im letzten Jahrzehnt war, gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und der Österreichischen Ärztekammer, die Schaffung des Untersuchungsbogens, die Entwicklung der Lehr- und Lernzielkataloge für Grundkurse und Praxisseminare.
Wir bedanken uns für die Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Gesellschaft, Herrn Univ.- Prof. Dr. med. Stefan Nehrer, den wir gleichzeitig als neuen wiss. Beirat der sportärztezeitung begrüßen dürfen.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Er leitet das Zentrum für Regenerative Medizin und das Department für Gesundheitswissenschaften, Medizin, Forschung an der Donau Universität Krems, samt Professur für Tissue
Engineering. Daneben ist er am Uni-Klinikum Krems an der orthopädischen Abteilung, mit Schwerpunkt Sportorthopädie und Knorpelchirurgie tätig. Seit 1992 in der GOTS, war er u.a. bereits deren Präsident und Vizepräsident Österreichs und ist 2025 Kongresspräsident des GOTS-Kongresses in Krems sowie im Vorstand der ÖGSMP. Außerdem ist er wiss. Beirat der sportärztezeitung.