Der Einsatz von plättchenreichem Plasma (PRP) bei Gonarthrose ist eine weit verbreitete Therapieoption, aber nach wie vor sehr diskutiert. Es fehlen spezifische Empfehlungen zum altersabhängigen Einsatz, dem Grad oder Lokalisation der Arthrose oder dem Umgang mit begleitenden Gelenkergüssen.
Eine Expertengruppe der ESSKA (European Society of Sports Traumatology, Knee Surgery, and Arthroscopy) und ICRS (International Cartilage Regeneration and Joint Preservation Society) unter der Federführung von Prof. Kon aus Italien hat daher einen Konsens zur Beantwortung der Fragen verabschiedet [1]. Ziel dieses Konsensus war es, evidenz- und expertenbasierte sowie patientenorientierte Empfehlungen zum Einsatz der intraartikulären Injektion von plättchenreichem Plasma (PRP) bei Gonarthrose zu entwickeln.
Methodisch kam dabei die so genannte RAND / UCLA Appropriateness Method zum Einsatz, um einen Konsens zu erzielen und Empfehlungen für bestimmte Patientenkategorien zu erarbeiten. Dabei wird die am besten verfügbare wissenschaftliche Evidenz mit dem kollektiven Urteil des Expertengremiums kombiniert. Folgende Szenarien wurden anhand der Kriterien definiert: Erstbehandlung vs. erste Injektionsbehandlung vs. zweite Injektionsbehandlung, Alter (< 50 / 50 – 65 / 66 – 80 / > 80), tibiofemorale vs. patellofemorale Beteiligung, Grad der Arthrose (Kellgren-Lawrence / KL 0 – I / II – III / IV) und Gelenkerguss (trockenes Knie, leichter bis mittelschwerer oder starker Erguss). Von den insg. 216 Szenarien wurde die Indikation zum Einsatz von PRP bei Gonarthrose in 84 (38,9 %) als angemessen, in 9 (4,2 %) als unangemessen und in 123 (56,9 %) als unsicher angesehen.
Die Parameter mit der höchsten Zustimmung waren:
- PRP nach fehlgeschlagenen injizierenden Behandlungen (62,5 %)
- PRP nach fehlgeschlagenen konservativen Behandlungen
- PRP bei KL 0-III-Szenarien (58,3 %)
Die höchste Unsicherheit bei der PRP-Verwendung bestand bei:
- als Erstbehandlung ohne vorherige Therapie (91,7 % Unsicherheit)
- bei KL IV Arthrose (87,5 % Unsicherheit)
Diese Empfehlungen zum Einsatz von PRP in der Behandlung der Gonarthrose sollen eine nützliche Referenz für die klinische Praxis darstellen. PRP-Injektionen werden bei Patienten im Alter von ≤ 80 Jahren mit Knie.Arthrose des Grades KL 0-III nach fehlgeschlagenen konservativen nicht-injektiven oder injizierenden Behandlungen als geeignet angesehen, während sie weder als Erstbehandlung noch bei Arthrose des Grades KL IV als geeignet angesehen werden.
Literatur
[1] Platelet-rich plasma injections for the management of knee osteoarthritis: The ESSKA-ICRS consensus. Recommendations using the RAND/UCLA appropriateness method for different clinical scenarios.Kon E, de Girolamo L, Laver L, Andriolo L, Andia I, Bastos R, Beaufils P, Biant L, Bøe B, Boffa A, Cugat R, Di Martino A, Erggelet C, Iosifidis M, Kocaoglu B, Magalon J, Marinescu R, Nehrer S, Niemeyer P, Ostojić M, Piontek T, Sánchez M, Sas K, Skarpas G, Tischer T, Vonk L, Filardo G. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2024 Jul 4. doi: 10.1002/ksa.12320.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnungen u.a. Sportmedizin und spezielle orthopädische Chirurgie. Er ist Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Malteser Waldkrankenhaus St. Marien, Erlangen. Außerdem ist Prof. Tischer Präsident der GOTS sowie Kongresspräsident des GOTSKongresses 2024 in Nürnberg.