Unser wissenschaftlicher Beirat PD Dr. med. Felix Post, Chefarzt der Inneren Medizin/Kardiologie am Katholischen Klinikum Koblenz-Montabaur, wo er zusätzlich die Corona-Taskforce leitet, hat sich den Artikel von Dr. med. Jochen Veit schon vorab angeschaut und sich mit ihm darüber von Experte zu Experte unterhalten.
Felix Post (FP) Hallo Jochen, ich hatte das Glück, Deine Arbeit noch vor der Veröffentlichung in der sportärztezeitung zu lesen. Herzlichen Glückwunsch! Das sind wirklich interessante Daten, die wirklich jeden aktiven Mannschaftsarzt interessieren sollten.
Jochen Veit (JV) Vielen Dank. Ich war einfach interessiert, was COVID mit Sportlern macht, die asymptomatisch sind. Heißt asymptomatisch wirklich nicht betroffen? Leider musste ich feststellen, dass auch asymptomatische Sportler Veränderungen aufwiesen.
FP Du hast ja sogar Spieler während ihrer Quarantäne besucht und konntest so Daten, z. B. ein erhöhtes Troponin, gewinnen. Wie genau lief das ab?
JV Das war wirklich aufwändig. Ich musste jeden Spieler in seiner Quarantäne besuchen, da er mich ja nicht besuchen durfte. Die Untersuchung fand unter Vollschutz statt. Routinemäßig wäre das schwer umsetzbar. Trotzdem haben mich die Daten überrascht und sie hatten ja auch Konsequenzen. Viele Spieler mussten kardial weiter abgeklärt werden, z. T. bis hin zur Durchführung eines Kardio-MRTs.
FP Du schreibst, dass nahezu alle Spieler leichte Einschränkungen aufwiesen, bzw. schlechter als bei ihrem Preseason-Check waren, wenn auch noch im Normbereich. Was sagt das über die teilweise sehr frühen Einsätze von Profisportlern nach COVID-Infektionen aus?
JV Das ist schwer zu sagen. Positiv ist, dass bisher keine Fälle bekannt geworden sind, bei denen Sportler durch einen vermeintlich zu frühen Einsatz nach COVID zu Schaden gekommen sind. Was jedoch nicht heißt, dass es solche Fälle nicht gibt. Wenn ich meine Spieler anschaue, habe ich immerhin einen Spieler mit einem Perikarderguss gefunden und das auch nur, weil ich gründlicher untersucht habe, als zwingend vorgeschrieben ist. Ich hätte schon ein Problem damit, wenn ein Spieler nach 7 – 10 Tagen Quarantäne mit einem Perikarderguss als „return-to-competition“ klassifiziert wird.
FP Das sehe ich genauso. Aber was machen wir dann mit den ganzen Amateursportlern? Teilweise trainieren sie genauso hart wie Profis und in unteren Klassen ist die Belastung während eines Spiels häufig auch nicht geringer.
JV Das ist tatsächlich ein Problem. Eigentlich würde ich jedem ambitionierten Sportler raten, sich vor Wiederaufnahme des Trainings ärztlich checken zu lassen. Ich weiß aber auch, dass es im Einzelfall schwer sein kann, zeitnah Termine zu bekommen. Wenn es dann tatsächlich auch noch ein Echo sein soll, wird die zeitnahe Untersuchung fast unmöglich.
FP Da wir schon bei Problemen sind. Ein Problem, das ich gerade bei der Betreuung von Vereinen habe, ist, dass nicht alle Spieler im gleichen Landkreis wohnen. Das hat zur Folge, dass unterschiedliche Gesundheitsämter zuständig sind, die unterschiedliche Quarantäneanordnungen aussprechen. Das führt zu Unverständnis bei Spielern und macht es kompliziert. Typisch für deutschen Föderalismus.
JV Das Problem habe ich zum Glück nicht, alle von mir betreuten Spieler wohnen im gleichen Ort. In der Liga sind aber unterschiedliche Quarantäneanordnungen unterschiedlicher Gesundheitsämter tatsächlich ein Problem.
FP Viele Sportler, die asymptomatisch oder wenig symptomatisch sind, machen trotzdem leichtes Cardiotraining während ihrer Quarantäne, um keine konditionellen Einbußen zu haben. Wie stehst Du dazu?
JV Ich habe meinen Spielern einen kompletten Sportverzicht nahegelegt und ich denke, meine Ergebnisse geben das auch her. Viele Spieler, auch asymptomatische, hatten Blutbildveränderungen, die eine Virämie nahelegen. Da wäre Sport kontraproduktiv.
FP Das kann ich nachvollziehen. Zuletzt noch ein Blick in die Glaskugel. Wie geht es aus deiner Sicht weiter mit COVID?
JV Wie soll ich das beantworten? Kann das jemand beantworten? Die Omikron-Welle wird vorbeigehen und ich denke schon, dass im März die Zahlen sinken werden. Ich denke auch, dass der Sommer wieder besser wird. Es kann aber keiner sagen, was im Herbst passieren wird und was wir daraus machen. COVID und die dadurch bedingten Einschränkungen sind eine große Belastung, auch für den Profisport. Gerade die fehlende Planbarkeit stellt viele Vereine vor große logistische und nicht zuletzt auch finanzielle Probleme.
FP Vielen Dank für das Gespräch. Mach bitte genau so weiter, wie du es jetzt tust. Der Sport und die Sportler verdienen so motivierte Mannschaftsärzte wie Dich.
Abschließende Frage der Redaktion: Sollten Amateure / Freizeitsportler während und nach dem Wiedereinstieg zur Selbstüberprüfung auf ihre Pulsfrequenz achten? Und wäre es z. B. auch empfehlenswert, in dieser Phase auf stimulierende, ablenkende Musik zu verzichten, um die Selbstwahrnehmung zu steigern, bis hin zur Prophylaxe-Schulung?
JV Ja, den Puls mittels Pulsgurt oder Smartwatch zu überwachen, halte ich für sehr wichtig. Einige Devices bieten darüber hinaus bereits die Möglichkeit einer EKG-Aufzeichnung. So können Extrasystolen und Rhythmusstörungen frühzeitig entdeckt werden. Ebenfalls sollte man auf die musikalische Untermalung bei Workouts zunächst verzichten, um etwas genauer in den Körper hinein zu hören. Generell würde ich eben auch Amateursportlern eine langsame Aufbelastung gemäß dem Return-to-Play Protokoll in Schritten empfehlen (Nachzulesen in der sportärztezeitung). Im Zweifel gilt: lieber ein bis zwei Stufen zurück, als zu schnell zur maximalen Belastung bei vollem Risiko.
Den vollständigen Artikel von Dr. Jochen Veit zu Covid-19 Infektionen im Leistungssport finden Sie HIER
Einen weiteren interessanten Artikel von Prof. Dr. Jürgen Scharhag und Dr. Therese Hofbauer zu Return-to-Sport nach Covid-19 Infektionen finden Sie HIER
Autoren
ist Chefarzt der Inneren Medizin/Kardiologie am Katholischen Klinikum Koblenz-Montabaur und war langjähriger Teamarzt des 1. FSV Mainz 05. Seit 2015 ist er wiss. Beirat der sportärztezeitung, gehört zu deren Redaktionsteam und ist seit 2023 Mitherausgeber.
ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Chirotherapie
und Präventivmedizin mit eigener Praxis (gemeinsam mit Frank Emschermann) in Nordwalde. Außerdem ist er Teamarzt der Iserlohn Roosters (Eishockey DEL).