Kollagene werden im Sport in der Prävention und Therapie von Arthrose eingesetzt. Die Anwendung erfolgt zumeist in Form von speziell entwickelten oral einzunehmenden Präparaten, wobei sich deren Zusammensetzungen stark unterscheiden können. Auch bestimmte Lebensmittel, wie z. B. Rindfleisch, sind reich an Kollagenen.
Mit Blick auf die Resorption und Verwertung von Kollagenen, gilt es Unterschiede und Besonderheiten zu beachten. Auch ist die Art bzw. der Typ des Kollagens nach aktuellem Stand des Wissens ausschlaggebend dafür, ob die Proteine zur Prävention und Therapie von Arthrose geeignet sind. Kollagene sind Strukturproteine, die aus 662 – 3152 Aminosäuren bestehen. Der menschliche Organismus synthetisiert Kollagene entweder selbst oder die Zufuhr erfolgt extern, z. B. über die Nahrung (Fleisch, Fisch) oder als Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Im Organismus werden sie zu Aminosäuren und Peptiden hydrolysiert, im Darmlumen zu einem bisher nicht eindeutig bestimmbaren Anteil resorbiert, sukzessive im Organismus selbst zu Kollagenen aufgebaut und in kollagenhaltige Körperstrukturen eingebaut. Bandscheiben, Bänder, Sehnen, Gelenke und Knochen sind nur einige Beispiele für kollagenhaltige Strukturen im menschlichen Körper [1].
Je nach Sportart werden bestimmte kollagenhaltige Körperstrukturen, wie z. B. Gelenke, Sehnen und Knochen u. a. in Abhängigkeit von Dauer, Intensität, Körperhaltung und Bewegungsart beansprucht, sodass auf die Dauer Arthrose entstehen kann. Als gesichert gilt, dass die Kollagensynthese im Alter nachlässt [1]. Da es sich bei Kollagenen um Proteine handelt, die für den Aufbau und Erhalt von Körperstrukturen unerlässlich sind, stellt sich die Frage, welche Besonderheiten es für Sportler hinsichtlich der Kollageneigensynthese und externen Kollagenzufuhr zu beachten gibt, um 1) der Entstehung von Arthrose vorzubeugen und 2) eine bestehende Arthrose durch Kollagene zu behandeln.
Kollagenfamilie
Es gibt 28 verschiedene Kollagentypen (Kollagen I-XXVIII). Sie sind in verschiedenen Körperstrukturen zu finden und erfüllen individuelle Funktionen. Anzumerken ist, dass noch nicht von allen Kollagenen die Funktionen geklärt werden konnten [1]. Allen Kollagenen gemein ist, dass sie kettenförmig aufgebaut sind und ihre Struktur eine Triplehelix darstellt. Die Kollagenketten bestehen ihrerseits – quantitativ betrachtet – vorrangig aus drei Aminosäuren: Glycin, Lysin und Prolin [1]. Wie alle proteinogenen Verbindungen unterliegen auch Kollagene den Mechanismen der Proteinverdauung [2]. Oral aufgenommene Kollagene werden folglich im Gastrointestinaltrakt zu Aminosäuren, Di- und Tripeptiden hydrolysiert und durch intestinale Transporter im Darmlumen resorbiert. Die im Darmlumen befindlichen Transporter PEPT1, PEPT2, PHT1 und PHT2 transportieren vermutlich im unbekannten Umfang Oligopeptide, die eine Kettenlänge von maximal acht Aminosäuren umfassen können. Die Passage von Oligopeptiden durch die Wand des Gastrointestinaltraktes ist jedoch eine bisher nicht mit Sicherheit beantwortbare Fragestellung [3, 4]. Die Resorption u. a. durch tight junctions hindurch, passive Diffusion und Endozytose werden ebenfalls als mögliche Aufnahmewege diskutiert [5].
Nachdem Peptide die gastrointestinale Barriere durchdrungen haben, werden sie regelmäßig z. B. durch Peptidasen abgebaut [6]. Die meisten Peptide aus der Nahrung unterliegen einer geringen Stabilität und einer schnellen Clearance im Plasma. Kollagenassoziierte Peptide haben im Plasma jedoch offenbar eine gewisse Beständigkeit, was einen Erklärungsansatz dafür bietet, dass kollagenassoziierte Peptide nach oraler Aufnahme in venösem Blut nachweisbar sind [7 – 9]. Im Zielgewebe, z. B. im Gelenk, werden die erforderlichen Kollagene letztendlich sukzessive durch körpereigene Synthese aufgebaut. Dieser Prozess erfordert die Anwesenheit von Vitamin C. Das wasserlösliche Vitamin ist für die Kollagensynthese essenziell [10]. Ob und in welchem Umfang exogen aufgenommene Kollagene in den Zielgeweben einem Stoffwechsel unterliegen und Funktionen entwickeln, kann bisher nicht verlässlich belegt werden.
Arthrose im Sport
Arthrose ist in Deutschland und weltweit die am häufigsten vorkommende degenerative Gelenkerkrankung [11]. Hohes Alter und weibliches Geschlecht gehören zu den wesentlichen, nicht veränderbaren Risikofaktoren. Der Ernährungszustand (Übergewicht, Adipositas) kann einer Arthrose ebenfalls ursächlich oder mitursächlich zugrunde liegen [11]. Die 12-Monatsprävalenz von Arthrose in Deutschland von über 18-jährigen liegt bei ca. 18 %, wobei der Anteil arthrose-betroffener Menschen ab dem 65. Lebensjahr deutlich höher ist: ungefähr die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer sind betroffen [11]. Sportler scheinen insgesamt seltener von Arthrose betroffen zu sein, obgleich dies offenbar von der gewählten Sportart abhängt: es zeigt sich, dass u. a. ehemalige Elitesportler aus Spiel- und Rückschlagsportarten (z. B. Fußball, Handball, Tennis) eine erhöhte Arthroseprävalenz aufweisen, Ausdauersportler (z. B. im Marathon und Skilanglauf) hingegen nicht [12 – 15].
Kollagenhaltige Lebensmittel und deren Nutzen für Sportler
Für Sportler sind Kollagene im Kontext der Arthroseprävention oder -therapie aus verschiedenen Gründen von Interesse. Zum einen lässt die körpereigene Kollagensynthese im Alter nach, sodass das Risiko für Arthrose generell ansteigt und zum anderen könnten für Sportler, die Sportarten betreiben, bei denen die Arthroseprävalenz erhöht ist, von einer Kollagenaufnahme profitieren. Bekannt ist, dass Kollagene in verschiedenen Konzentrationen in tierischen Lebensmitteln vorliegen. Am höchsten ist der Kollagenanteil mit 84 g/100 g in Gelatine. Gelatine besteht weitestgehend aus gereinigten Kollagenen und setzt sich – wie alle in Lebensmittel vorkommenden Kollagene – aus verschiedenen Kollagentypen zusammen (genauer Typ I, II und III) [16]. Rinderhackfleisch enthält je 100 g ca. 3,6 g Kollagene und Wurstwaren ca. 2,5 g [17]. In der Laienpresse finden sich Empfehlungen für Sportler, dass der Verzehr kollagenhaltiger Lebensmittel der Entstehung von Arthrose vorbeugt. Wissenschaftliche Hinweise oder gar Belege gibt es hierfür bislang nicht. Zwar treffen auf Nahrungskollagene die Mechanismen der Proteinverwertung zu (siehe Absatz Kollagenfamilie). Studien zur Effektivität in der Prävention und Therapie von Arthrose im Sport fehlen jedoch vollständig: Einen ersten Hinweis darauf, dass Kollagene zum Erhalt von Knorpel beitragen und Degenerationsprozesse im Knorpel bei bestehender Arthrose unterdrücken können, liefert eine tierexperimentelle Studie mit Ratten, die Kollagene aus fermentierten Quallen erhielten [18]. Weitere Studien, die den Effekt von kollagenhaltigen Lebensmitteln in der Prävention und Therapie von Arthrose untersuchen, liegen derzeit nicht vor. Daher kann zu diesem Zeitpunkt keine Aussage darüber getroffen werden, ob eine gezielte Zufuhr bestimmter kollagenhaltiger Nahrungsmittel eine Wirkung im Arthrosekontext ausübt.
Kollagenhaltige Nahrungsergänzungsmittel (NEM) in der Prävention und Therapie von Arthrose
Innerhalb der 28 Kollagentypen wird zumeist Kollagen vom Typ II bei Arthrose untersucht, da es ein wesentlicher Bestandteil von Knorpeln darstellt [19]. Es wird in Form von NEM eingesetzt – entweder als natives (undenaturiertes) Kollagen oder als Kollagenhydrolysat. Kollagenhydrolysate entstehen durch Einwirkung von Säuren und Basen, sodass Kollagenpeptide entstehen, die gezielt verabreicht werden können. Die Frage, ob Kollagen vom Typ II oder andere Kollagene einen Beitrag zur Prävention und Therapie von Arthrose leisten, kann nicht pauschal oder gar abschließend beantwortet werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Produzenten von NEM verwenden individuelle Zusammensetzungen von Präparaten, sodass eine Vergleichbarkeit der Präparate erschwert wird. Studiendesigns, die die Wirkung von Kollagenen untersuchen, sind zudem häufig nicht vergleichbar, da diese zu unterschiedlich sind und letztendlich fallen auch die Ergebnisse der Untersuchungen unterschiedlich aus. Kollagenhaltige NEM erzielen in einigen Studien positive Wirkungen, in anderen jedoch nicht. Hinzu kommt, dass es sich häufig um Interventionsstudien mit geringer Teilnehmendenzahl oder unterschiedlicher Methodik handelt [20]. Von der Tendenz her, scheinen Präparate mit Kollagen vom Typ II jedoch durch eine gewisse Symptomlinderung einen Nutzen in der Therapie von Arthrose auszuüben [19, 21 – 23]. Für einen Nutzen unter Sporttreibenden sprechen beispielsweise die Ergebnisse einer randomisierten placebokontrollierten Interventionsstudie aus dem Jahr 2008 mit 147 Teilnehmenden. Die Teilnehmenden nahmen entweder 10 g eines Kollagenhydrolysats respektive ein Placebo für 24 Wochen ein. Ein Einschlusskriterium für die Studienteilnahme war, dass die Sportler von Gelenkschmerzen mit Arthrose betroffen waren. Die Auswertung der Studie ergab, dass es in der Interventionsgruppe zu einem teils signifikanten Rückgang der Schmerzen kam [24].
Fazit
Kollagene sind in tierischen Nahrungsmitteln ubiquitär und in unterschiedlicher Quantität vorhanden. Ob kollagenhaltige Nahrungsmittel einen Beitrag zur Prävention und Therapie von Arthrose im Sport leisten können, kann aufgrund fehlender Daten nicht beantwortet werden. Hier besteht Potenzial für entsprechende Forschung. Kollagen vom Typ II, das als NEM (nativ oder als Hydrolysat) verabreicht wird, ist initial untersucht. Die Studiensituation deutet durch vorsichtige Positivbefunde darauf hin, dass entsprechende Kollagenpräparate einen Nutzen bei bestehender Arthrose in reproduzierbaren Studiendesings haben könnten. Abschließend kann die Frage nach dem Nutzen aber noch nicht beantwortet werden: Um diese Lücke zu schließen, arbeiten Forschende weltweit. Aus ernährungsphysiologischer Sicht erscheint eine effektive Peptidverwertung zumindest denkbar.
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Autoren
ist Professorin für Ernährungswissenschaften und Leiterin des Studiengangs Ernährungsmanagement an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen. Sie ist zudem zertifizierte, qualifizierte Diät- und Ernährungsberaterin und Autorin zahlreicher Bücher. Ihre Schwerpunkte sind Essstörungen, Nahrungsmittelunverträglichen und -allergien, rheumatische Erkrankungen und Tibetische Medizin.
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter für Ernährungswissenschaften und Studiengangkoordinator des Studienganges „B.Sc. Ernährungsmanagement“ an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft. Sein Interesse gilt der wissenschaftlichen Bewertung von Ernährungstrends und Prävention von lebensstilbezogenen Erkrankungen.