Ermüdungsbrüche im Rippenbereich sind leider keine Seltenheit im Rudersport. Typisch ist der Bruch im Bereich der 4/5 Rippe ventrolateral. Die Problematik ist im gesamten internationalen Rudersport präsent und bei der durchschnittlichen Behandlungszeit von 60 – 100 Tagen für Ruderer, Trainer und Funktionäre eine angsteinflößende Diagnose.
Ob bei Riemern oder Skullern, die Ursache ist eine muskuläre Dysfunktion des Musculus serratus anterior, der durch ständigen Zug und je nach Belastung die Verletzung herbeiführt. Mit entscheidend sind die Trainingsmethoden, das individuelle Krafttraining, das Trimming (Einstellung der Boote) und das Material z. B. der Ausleger. Trotz multipler Therapieansätze unseres medizinisch therapeutischen Teams im DRV – im Trainingsalltag, Trainingslager oder Wettkampf – bei muskulären Dysfunktionen tritt diese Verletzung immer wieder auf.
Bei einem internationalen Kongress wurden besonders in Australien bei 10 % der Riemerinnen eine solche Verletzung in einem Zeitraum von 10 Jahren dokumentiert, bei den slowakischen und tschechischen Skullern im selben Zeitraum von 3-4 %. In meiner Zeit als Ltd. Verbandsarzt im DRV waren es seit 2006 drei Riemer und drei Skuller, sowie in den Jahren 2017 und 2018 fünf Skullerinnen mit dieser Verletzung und wir lagen damit deutlich unter dem internationalen Schnitt.
Aktueller Fall
Eine Symptomatik bei einem Leistungsträger des Deutschland Achters versetzte uns, sechs Wochen vor den Olymoischen Spielen in Tokio, mit andauernden Rippenschmerzen trotz multipler Therapien in Alarmbereitschaft. Das am nächsten Tag durchgeführte MRT (Standarddiagnostik, neben CT und Knochenszintigraphie) zeigte die nicht dislozierte Fraktur der 5 Rippe linkslateral mit deutlichem Bluterguss. Die begleitenden Therapieformen wie Osteopathie, MT, Gabe von Vitamin D und Calcium sowie weiterführende Diagnostik mit Knochendichtemessung und hormoneller Status sind bei dieser Verletzung sinnvoll und wichtig und wurden parallel bei oben genanntem Sportler durchgeführt.
Der kurze Zeitraum bis zu den Olympischen Spielen, die Sorge der Mitruderer und Trainer, die sich parallel im Trainingslager zur unmittelbaren Wettkampfvorbereitung befanden und mit einem Ersatzmann ruderten, stellten uns vor einige Probleme. Das Wichtigste ist, den Sportler aus der Gruppe zu nehmen und individuell zu behandeln. Das Ausdauertraining wurde durch tägliches Standradfahren geleistet. In der ersten Woche wurden Infiltrationen mit Traumeel alle zwei Tage durchgeführt. Der Sportler erhielt Prostaglandinsynthesehemmer – Ibuprofen 600 1-1-1 – für fünf Tage langsam ausschleichend sowie Calcium und Vitamin D in hoher Dosierung. Als weitere Therapien wurden Akupunkturen sowie Manuelle Therapieformen angewandt, um die fazialen Strukturen im zervikalen und thorakalen Bereich zu entspannen.
Als sehr effektiv stellte sich die in der Praxis bekannte Therapie mit Luxamed da. Bei dieser Therapie erfolgt eine metabolische Regulation des Gewebes mit extrem schwachen, metabolischen Potentialen, sogenannten Mikroströmen. Diese Therapie ist auf Basis dieser elektro – metabolischer Grundlagen konzipiert und wurde alle zwei Tage durchgeführt. Der Ruheschmerz im Bereich der Rippe war bereits nach zwei Tagen verschwunden. Sukzessive wurden leichte Dehnungsübungen in den Tagesverlauf eingebaut, wobei die Rippe mittels Kinesiotape stabilisiert wurde. Die mentale Betreuung des Athleten erhält in dieser Phase eine entscheidende Bedeutung. Vorteilhaft ist hier die Jahrelange enge Zusammenarbeit des Sportlers mit dem Arzt und Therapeuten und das damit vorhandene Vertrauensverhältnis. Die Weitergabe von Informationen an den Trainer und den Rest der Mannschaft wurde abgestimmt. Auch hier zählt das Fingerspitzengefühl des Arztes.
Nach zehn Tage konnte eine deutliche Besserung des klinischen Befundes erreicht werden, was sich auch im Kontroll CT zeigte. Der Sportler konnte sich nun langsam auf dem Ruderergometer belasten. Der Ruderer wurde daraufhin wieder zur Mannschaft ins Trainingslager geschickt. Unter weiterem Aufbautraining und begleitender komplementärtherapeutischen Therapie konnte der Sportler nach vier Wochen die ersten Streckenbelastungen rudern. Die olympische Regatta wurde schmerzfrei mit dem Gewinn der Silbermedaille gekrönt. Ende gut alles gut.
Autoren
ist seit 2006 Leitender Verbandsarzt des Deutschen Ruderverbandes und seit 2010 Verbandsarzt des deutschen Boxsportverbandes. 2008, 2012 und 2016 war er Arzt der deutschen Olympiamannschaft. Als sportmedizinischer Referent und Lehrbeauftragter an der Universität Mainz hält er Vorträge und führt Trainerschulungen durch. Seit 2001 führt Dr. Kau eine eigene Praxis im Rheingau.