In den letzten Jahren ist die Zahl sogenannter „Age Grouper Athleten“ deutlich angestiegen. Gerade bei Ausdauerdisziplinen wie Marathonläufen oder Triathlon steigt die Zahl der Altersklasseathleten. Ein zunehmendes Alter ist für die Trainings- und Wettkampfbelastungen jedoch nicht immer unproblematisch.
Bei Sportlerinnen kann die hormonelle Umstellung mit Beginn des Klimakteriums und der folgenden Menopause spezielle Probleme im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit darstellen. Gelegentlich führt dies auch zur ärztlichen Inanspruchnahme, weil die Symptomatik so ausgeprägt ist, dass ein krankhafter Prozess vermutet wird.
Menopause ist definiert als eine permanente Einstellung der Regelblutung als Folge eines Verlustes der ovariellen Follikelfunktion oder einer chirurgischen Entfernung der Ovarien. Heutzutage tritt die Menopause im Mittel um das 50. Lebensjahr ein. Von einer vorzeitigen Ovarialinsuffizienz spricht man bei Eintreten der Menopause vor dem 40. Lebensjahr. Aufgrund der verlängerten Lebenserwartung wird ein Großteil der Frauen ein Drittel ihrer Lebensspanne in der Menopause verleben. Die hormonellen Veränderungen, die damit einhergehen sind zum Teil durch einen reduzierten Östrogenspiegel bedingt und haben mehr oder weniger stark ausgeprägte physiologische Auswirkungen. Ein Abfall des Östrogens kann verbunden sein mit Veränderungen der Gefäßfunktion, urogenitalen Beschwerden, kognitiven Beeinträchtigungen sowie degenerativen Erkrankungen und Osteoporose [1]. Schon vor der Menopause können mehr oder weniger lang anhaltende Schwankungen der ovariellen Funktion mit entsprechenden Auswirkungen auftreten.
In zahlreichen Untersuchungen wurde der Einfluss des freien Östrogenspiegels auf die Endothel- und Gefäßfunktion beschrieben. Östrogene fördern eine akute Vasodilatation durch gesteigerte Produktion und Aktivität von Stickoxid. Es kommt zu einer langfristigen Veränderung des vaskulären Tonus durch die Produktion von Prostaglandinen, die Expression von eNOS und der Endothelingene. Die Endothelin-vermittelte Vasokonstriktion und die sympathikotone Aktivität werden vermindert [1]. Umgekehrt führt ein abfallender Östrogenspiegel zu verstärkter Vasokonstriktion und sympathoadrenerger Funktion. Bei Sportlerinnen kann das zu bemerkenswerten Veränderungen des Herzfrequenz- und Blutdruckverhaltens in Ruhe und unter Belastung führen und die Leistungsfähigkeit oder Belastbarkeit beeinträchtigen. Klassische Symptome sind erhöhte Herzfrequenz- und Blutdruckwerte [2] sowie das vermehrte Auftreten von Herzrhythmusstörungen, wie z. B. Extrasystolen. Immer wieder führen diese Herzkreislauf-Veränderungen zu einer differenzialdiagnostischen Abklärung der Symptomatik, die bei oberflächlicher Anamnese und Diagnostik die Ursache der Beschwerden nicht erkennt und somit auch keine Abhilfe schaffen kann. Die anamnestische Abfrage und gegebenenfalls laborchemische Klärung des hormonellen Status müssen deshalb zur differenzialdiagnostischen Abklärung unbedingt mit einbezogen werden.
Fallbeispiel
Eine 58 jährige Triathletin stellt sich in der Sprechstunde wegen verschlechterter Leistungsfähigkeit und auffälliger Neigung zu höheren Herzfrequenzwerten in Ruhe, aber auch bei Belastung vor. Sie betreibt den Sport seit mehr als 20 Jahren und hat an zahlreichen Wettkämpfen teilgenommen. Der Trainingsumfang beläuft sich zum Zeitpunkt der Untersuchung auf etwa 15 Stunden pro Woche. Medikamente werden nicht eingenommen. Ein Infekt ist nicht erinnerlich. Die Beschwerden seien eher kontinuierlich schlechter geworden, als dass sie einem umschriebenen Zeitpunkt zuzuordnen gewesen wären. Sie ist seit drei Jahren in der Postmenopause. Auswärts erhobene Laborwerte hatten eine Anämie, Eisenmangel und entzündliche Veränderungen ausgeschlossen. Die endokrinologische Diagnostik ergab eine normale Schilddrüsenfunktion sowie den Ausschluss einer Nebenniereninsuffizienz. LH und FSH waren erhöht, der Östrogenspiegel im Sinne eines fortgeschrittenen Klimakteriums erniedrigt.
Das EKG zeigte einen Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 90 /min in Ruhe. Die Echokardiographie war bis auf eine geringe Aortenklappeninsuffizienz unauffällig. Bei einer Laufbandbelastung wurde eine maximale Laufgeschwindigkeit von 14,2 km/h erreicht. Die maximale Herzfrequenz lag bei 180/min. Die maximale Sauerstoffaufnahme lag mit 3296 ml/min oder 59,4 ml/min/kg bei 257 % des Sollwertes. Der Blutdruck lag in Ruhe bei 140/80 mmHg und stieg unter Belastung auf maximal 230/110 mmHg an. Bei erhaltener, sehr guter Leistungsfähigkeit bestehen die typischen postmenopausalen Veränderungen mit erhöhtem Herzfrequenz- und Blutdruckniveau. Die Patientin konnte dies bei ihren Trainingsaufzeichnungen ebenfalls nachvollziehen. Bei üblichen Laufstrecken lagen die Herzfrequenzwerte bei vergleichbarer Laufgeschwindigkeit um etwa zehn Schläge höher als früher.
Nach Aufklärung über die Ursache erfolgte in Absprache mit dem Gynäkologen eine orale Hormonersatztherapie. Im Rahmen der Therapiekontrolle nach drei Monaten berichtete die Patientin über eine völlige Normalisierung ihrer Werte und einer deutlichen Verbesserung des allgemeinen Befindens.
Diagnostik
Eine sportkardiologische Abklärung sollte auch immer eine strukturierte Erhebung der relevanten gynäkologischen Aspekte beinhalten (Tabelle 2). Während in jüngerem Alter eher eine hormonelle Beeinträchtigung im Sinne einer female athlete triade /RED-S erfragt und abgeklärt werden sollte, stehen perimenopausal die typischen Beschwerden des Klimakteriums im Vordergrund. Schon Jahre vor Eintreten der Menopause können Schwankungen oder das phasenweise Ausbleiben der Regelblutung auftreten, bedeuten aber nicht das definitive Eintreten in die Menopause und sind somit nicht richtungsweisend.
Tab. 2 Gynäkologische Anamnese
Die Bestimmung von Gonadotropinen (LH, FSH) und Östrogen werden bei Frauen über 45 Jahren nicht empfohlen, da die interindividuellen Schwankungen hoch sind und keine therapeutische Konsequenz nach sich ziehen. Die Indikation zur Hormonersatztherapie leitet sich ausschließlich aus der Symptomatik, dem Therapiewunsch und eventueller Kontraindikationen ab. Eine Bestimmung des FSH zur Diagnose der Peri- und Postmenopause soll nur bei Frauen zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr mit klimakterischen Symptomen (z. B. Hitzewallungen, Zyklusveränderungen) sowie bei Frauen unter 40 Jahren mit Hinweisen auf vorzeitige Ovarialinsuffizienz erfolgen [3]. FSH-Bestimmungen sollen nicht bei Frauen eingesetzt werden, die Östrogen/Gestagen-Präparate oder Gestagene in Ovulations-supprimierender Dosierung zur Empfängnisverhütung einnehmen [4].
Indikation und Form der Hormonersatztherapie (HT)
Aufgrund der vielfachen Veränderungen durch die hormonelle Umstellung erscheint eine frühzeitige Hormonsubstitution bei symptomatischen Frauen/Sportlerinnen erwägenswert. Die Ergebnisse zahlreicher Hormonersatzstudien weisen allerdings teilweise negative oder nicht überzeugende Ergebnisse auf [5 – 7]. Zum Teil wird das darauf zurückgeführt, dass eine Hormonersatztherapie erst im mittleren Alter von 60 Jahren und somit etwa zehn Jahre nach Einsetzen der Menopause begonnen wurde. In einer Studie von Mercuro et al. [8] wurden die maximale Leistungsfähigkeit und die Ausdauerleistungsfähigkeit bei 30 Frauen, die gerade in die Menopause eingetreten waren, mit einer Vergleichspopulation sowie nach dreimonatiger Hormonersatztherapie (oral 0,625 mg Östrogen und 2,5 mg Medoxyprogesteronacetat pro Tag) bestimmt. Bei der Ausgangsuntersuchung lagen die Leistungsparameter (siehe Tabelle 3) der postmenopausalen Frauen signifikant unter denen der prämenopausalen Vergleichsgruppe. Durch dreimonatige Hormonersatztherapie kam es zu einer signifikanten Verbesserung und Angleichung an die Werte der Vergleichsgruppe.
Bei der Sportlerin aus dem Fallbeispiel kam es zu einer drastischen Verbesserung bzw. für sie gefühlt zur Normalisierung der Leistungsfähigkeit. Dies konnte sie an den Trainings- und Wettkampfergebnissen festmachen, ohne dass eine erneute medizinische Untersuchung mit Leistungsdiagnostik in der Praxis stattfand. Die Indikation zur einer HT muss individuell abgewogen werden und sollte in Abstimmung mit dem behandelnden Gynäkologen erfolgen. Dabei ist sowohl eine individuelle und differenzierte Nutzen-Risiko-Bewertung bzgl. kurz- oder langfristige Nebenwirkungen, wie auch über die Applikationsart und die Wahl des Präparats zu entscheiden. Das Risiko negativer Folgeerscheinungen, wie das Auftreten koronarer Ereignisse, ist reduziert bei frühem Beginn der Therapie (Alter unter 60 Jahre, innerhalb zehn Jahre nach Menopause), aber erhöht bei spätem Beginn. Für das Risiko eines Schlaganfalls sind die Daten uneinheitlich, aber auch hier scheint bei einem frühen Behandlungsbeginn (< 60 Jahre, innerhalb zehn Jahre der Menopause) kein erhöhtes Risiko zu bestehen. Bei venösen Thrombosen ist das Risiko von der Applikationsform abhängig. Eine orale HT erhöht das Risiko, eine transdermale Applikation nicht. Der Einfluss einer HT auf eine Osteoporoseentwicklung ist in Studien konsistent und weist ein reduziertes Risiko für Hüftfrakturen, Wirbelkörperfrakturen bzw. alle Frakturen insgesamt aus [9, 10]. Dies kann im Hinblick für das Auftreten von Ermüdungsfrakturen bei hohen Trainingsumfängen und -intensitäten ein wichtiger Zusatznutzen sein.
Für Frauen mit aktiver oder zurückliegender Brustkrebserkrankung wird eine systemische HT nicht empfohlen, da sie das Risiko für ein Rezidiv erhöht. Eine lokale Therapie kann bei vorwiegenden Beschwerden im genitourethralen Bereich in Absprache mit den behandelnden Onkologen erwogen werden. Bei vorwiegenden vasomotorischen Symptomen können alternativ pflanzliche Präparate (Isovlavone, Cimicifuga, z. B. Remifemin®) verwendet werden. Es liegt dafür eine Leitlinienempfehlung mit Evidenzgrad 1b vor [4]. Blasenfunktionsstörungen mit Drang- oder Stressinkontinenz sind ebenfalls ein häufiges Problem in der Postmenopause und können eine bedeutsame Beeinträchtigung sportlicher Aktivitäten verursachen. Neben einem systematischen Beckenbodentraining kann eine lokale Hormonersatztherapie zu einer deutlichen Verbesserung der Sporttauglichkeit führen. Eine systemische Therapie ist meist nicht erforderlich. Alle hormonalen Ovulationshemmer (Tabletten, Pflaster, Vaginalringe), Gestagenpräparate zur Verhütung (Tabletten, Verhütungsstäbchen und Verhütungsspritzen), Notfallkontrazeptiva sowie Gestagen- und Estrogenpräparate zur Hormonersatztherapie (z.B. bei Wechseljahresbeschwerden) sind im Wettkampfsport erlaubt [11] und fallen nicht unter die Dopingbestimmungen.
Fazit
Bei Sportlerinnen im peri- oder postmenopausalen Alter müssen hormonelle Veränderungen bzw. der Hormonstatus in die differenzialdiagnostischen Überlegungen bei subjektiver oder objektiver Leistungsverschlechterung mit typischen kardiovaskulären oder psychovegetativen Beschwerden unbedingt einbezogen werden. Eine Hormonersatztherapie kann den ursprünglichen Leistungsstand und Beschwerdefreiheit herbeiführen, muss aber unter Erwägung potenzieller Nebenwirkungen individuell und in Absprache mit der Sportlerin erwogen werden. Im Sinne der Dopingregularien ist eine solche Hormonersatztherapie zwar nicht verboten, aber zumindest diskussionswürdig, da sie ja zu einer Leistungsverbesserung führt, vielleicht dafür sogar gezielt eingesetzt wird.
Literatur
[1] Maturana, MA, Irigoyen MC, Spritzer PM. Menopause, estrogens, and endothelial dysfunction: current concepts. (Clinics 2007: 62(1):77 – 86).
[2] Vazquez, BYS, Vazquez, MAS, Intaglietta, M, Fagrell, B, Cabrales P. Hematocrit and mean arterial blood pressure in pre- and postmenopausal women. Vascular Health and Risk Management 2009:5 483 – 488
[3] (Menopause Full Guideline, Methods, evidence and recommendations, Version 1.5, 12 November 2015, National Institute for Health and Care Excellence (NICE) Guideline https://www.nice.org.uk/guidance/ng23/evidence/fullguideline-pdf-559549261).
[4] (AWMF S3 Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Intervention; www.awmf.org/leitlinien/detail/II/015-062.html).
[5] Lee M, Giardina EG, Homma S, DiTullio MR, Sciacca RR. Lack of effect of estrogen on rest and treadmill exercise in postmenopausal women without known cardiac disease. Am J Cardiol 1997;80:793 – 7.
[6] Uusi-Rasi K, Beck TJ, Sievanen H, Heinonen A, Vuori I. Associations of hormone replacement therapy with bone structure and physical performance among postmenopausal women. Bone 2003;32:704 – 10.
[7] Kirwan LD, MacLusky NJ, Shapiro HM, Abramson BL, Thomas SG, Goodman JM. Acute and chronic effects of hormone replacement therapy on the cardiovascular system in healthy postmenopausal women. J Clin Endocrinol Metab 2004;89:1618–29)
[8] Giuseppe Mercuro, MD, Francesca Saiu, MD, Martino Deidda, Silvia Mercuro, MD, Cristiana Vitale, MD, and Giuseppe M. C. Rosano, MD, Ph, Effect of Hormone Therapy on Exercise Capacity in Early Postmenopausal Women 780 VOL. 110, NO. 4, OCTOBER 2007 OBSTETRICS & GYNECOLOGY
[9] Position Statement: The 2017 hormone therapy position statement of the North American Menopause Society. Menopause: The Journal of The North American Menopause Society, Vol 24; No7, pp 728-753
[10] Risks, Benefits, and Treatment Modalities of Menopausal Hormone Therapy: Current Concepts, Jaya Mehta, Juliana M. Kling and JoAnn E. Manson Front. 12: 564781. Doi: 10.3389/fendo.2021.564781).
[11] (NADA.de, Stand 2022)
Autoren
ist Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Psychotherapie, Sportmedizin und Sportkardiologie in eigener kardiologischer Praxis mit dem Schwerpunkt Sportkardiologie. Er ist Nukleusmitglied der AG 32 Sportkardiologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Mitherausgeber des „Kursbuch Spiroergometrie“ und Bundessportarzt des Sportverbandes DJK.