Die Anwendung totalendoprothetischer Versorgungen (TEP) hat in den letzten Jahrzehnten signifikant zugenommen. Nicht nur die Fortschritte der chirurgischen Techniken wie roboterassistierte Eingriffe, auch die Gestaltung neuer und an die individuelle Anatomie angepasster Implantate, wie auch das zunehmend jünger werdende Patientenklientel fördert steigende Erwartungen an die Belastbarkeit und Lebensdauer der TEPs.
Der wachsende Anspruch der Patienten, bis ins hohe Alter mobil und sportlich zu bleiben, verdeutlicht die Notwendigkeit evidenzbasierter Empfehlungen zu Return To Sport (RTS) Entscheidungen.
RTS als Kontinuum im Rehabilitationsprozess
In den letzten Jahren wurde die Rückkehr zum Sport zu vordefinierten Zeitpunkten besprochen und angestrebt. Neuerdings wurde diese Vorstellung durch die Idee ersetzt, dass RTS kein zeitbasierter, sondern kriterienbasierter und schrittweiser Prozess im Genesungsverlauf ist, dessen Grundlage eine sichere und konsequente Rehabilitation bildet. So werden zu erreichende Faktoren mehr in den Fokus der rehabilitativen Ziele gesetzt. Hierbei ist die Phase der postoperativen Frührehabilitation entscheidend für den Erfolg der langfristigen Genesung. Primäre Therapiemaßnahmen zielen darauf ab, Schmerzen und Gelenkergüsse zu minimieren, die Wundheilung zu fördern, die Gelenkbeweglichkeit wiederherzustellen und die umgebende Muskulatur zu aktivieren. Physiotherapie und angeleitetes Training gelten als integraler Bestandteil dieses Prozesses. In den späteren Phasen der Rehabilitation folgen Funktionsziele, wie die Wiederherstellung der Muskelkraft, Ausdauer und Bewegungskoordination. Im zunehmenden Maße sollten moderne Methoden zur quantitativen Prüfung dieser Funktionsziele genutzt werden (Abb. 1a + 1b). Maßgeblich sind hier die Oberflächen-Elektromyografie zur Untersuchung der Muskelfunktion, die 3D Funktions-/Ganganalyse zur Überprüfung motorischer Abläufe rund um die TEP und die Kraftdiagnostik zu nennen. Sind Alltagsfunktionen gut möglich, sollten vorbereitende sportartspezifische Belastungen unter trainingstherapeutischer Anleitung erfolgen, um die Belastungstoleranz zu steigern und das Bewegungsvertrauen zu schaffen.
Allgemeine Empfehlungen zu RTS nach Endoprothetik und prognostische Faktoren
Im Allgemeinen wird Patienten mit TEP die Teilnahme an körperlichen und sportlichen Aktivitäten empfohlen, um die knöcherne Integration der Prothese zu fördern [1]. Zudem verringert sportliche Aktivität das Risiko von Lockerungen, steigert die muskuläre Leistungsfähigkeit und mindert das kardiovaskuläre Risiko [2]. Sportarten werden je nach Intensität, Dauer und Häufigkeit mechanischer Belastungen in low-impact, moderate-impact und high-impact Sportarten eingeteilt [3]. Grundsätzlich wird die Wiederaufnahme von low-impact und moderate-impact Sportarten von Experten und Chirurgen befürwortet. Bei moderate-impact Sportarten wird die Vorerfahrung der Patienten mit der Technik der betreffenden Sportart als entscheidend betrachtet, um eine sichere Ausübung zu gewährleisten. Empfehlungen für Knieendoprothesen sind im Allgemeinen restriktiver als für Hüftendoprothesen. Bisher wurde von körperlich anspruchsvollen und hochintensiven Belastungen abgeraten, um das Risiko von Implantatverschleiß zu minimieren. Allerdings gibt es bisher keine Langzeitstudien, die eindeutig den Zusammenhang zwischen hochintensiven sportlichen Belastungen und vermehrter Abnutzung nachweisen [4, 5]. Daher gibt es derzeit keine einheitliche Empfehlung für die Wiederaufnahme von high-impact Sportarten für Patienten mit Endoprothesen. Allgemeine positiv-prognostische Faktoren für Patienten sind ein jüngeres Alter, ein niedriger BMI und das Fehlen weiterer Gelenkbeschwerden. Die individuelle Sporttechnik ist ebenfalls entscheidend für die Prothesenbelastung. Hier können ebenfalls biomechanische Analysen genutzt werden, um eine quantitative und sportartspezifische Erfassung von Bewegung und Belastung zu gewährleisten und unter Berücksichtigung individueller Faktoren wie Technik und Intensität im RTS Prozess zu prüfen.
Grundlagen der Belastungen und Belastbarkeit von Endoprothesen
Die Belastung und Belastbarkeit von Endoprothesen wird maßgeblich von vier verschiedenen Faktoren beeinflusst: dem Implantat-Design, der Operationstechnik, verschiedenen patientenbezogenen Faktoren wie auch der sportlichen Aktivität [6]. Es ist essenziell zu verstehen, dass die interne Mechanik einer TEP sowohl die Zielbewegung des Gelenks (Kinematik) als auch die von extern wirkenden Kräfte (Kinetik) innerhalb dieser Bewegungen verarbeiten muss. Bei Knieendoprothesen wurde beobachtet, dass veränderte antero-posteriore Translationen und Rotationsbewegungen im Tibiofemoralgelenk den Verschleiß des Implantats erhöhen und somit die Lebensdauer der Prothese verkürzen können [7]. Die Mechanik der Prothese variiert je nach Material und Design, abhängig der Gelenkkongruenz, erhaltener Strukturen (am Kniegelenk u. a. hinteres Kreuzband, Kniescheibe), der Kopplung der Prothesenelemente und des Inlays (mobile vs. fixed-bearing). Alternative Gleitpaarungen können die Lebensdauer und Funktion von Hüftgelenkprothesen bei jüngeren und aktiveren Menschen verbessern. Hier muss zwischen Oberflächen mit erhöhten Abriebraten, die zu aseptischen Lockerungen führen können, und Oberflächen mit einem höheren Frakturrisiko bei Stoßbelastungen in high-impact Sportarten abgewogen werden [8, 9]. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Art der Fixierung der Prothese (u. a. zementiert oder zementfrei). Die Prothesenmechanik beeinflusst auch das Bewegungsausmaß des Gelenks, welches für geplante sportliche Belastungen relevant ist. Bei Knieendoprothesen kann die Flexionsfähigkeit ein begrenzender Faktor für bestimmte sportliche Belastungen, wie den Fersensitz im Yoga, sein. Auch die Ausrichtung des Kniegelenks in der Frontalebene ist für die Belastung und Widerstandsfähigkeit der Prothese von Bedeutung. Obwohl kein Unterschied zwischen mechanischer und kinematischer Gelenkausrichtung im Hinblick auf den Implantatverschleiß festgestellt wurde, deutet eine Abweichung von nur 3° in Varus- oder Valgusstellung auf eine veränderte Druckverteilung im medialen und lateralen Kompartiment hin [10]. Der chirurgische Zugang zum Gelenk kann zu vorübergehender oder langfristiger postoperativer Muskelschwäche führen, wie z. B. bei einem direkten lateralen Zugang über die Abduktoren zum Hüftgelenk [6]. Bei RTS-Entscheidungen sollten zusätzlich patientenspezifische Belastungsfaktoren wie Körpergewicht, Bandfunktion, Muskelstatus, individuelle Bewegungstechniken und Begleiterkrankungen berücksichtigt werden [11].
Return To Sport am Beispiel Golf
Nach einer Hüft- oder Knie-TEP ist die Rückkehr zum Golf als low-impact Sportart ein erreichbares Ziel. Postoperativ ist sogar mit einer Steigerung der Golfaktivität zu rechnen, verbunden mit einem leichten Anstieg des Handicaps [12]. Laut Literatur können 80 % aller Patienten wieder Golf spielen.
Bei Hüftprothesen liegt die Erfolgsrate bei 90 %, im Durchschnitt 4,5 Monate nach der Operation. Bei Knieprothesen sind es 70 %, im Durchschnitt 3,8 Monate postoperativ. Laut Schätzungen spielen etwa 20 % aller Patienten mit Endoprothesen Golf [13]. Aufgrund der hohen Anzahl der Golfspielenden stellen biomechanische Kenntnisse über diese Sportart eine wichtige Säule innerhalb der RTS Entscheidungen nach TEP. Die physischen Anforderungen beim Golf betreffen die Bewegung auf dem Platz, insbesondere jedoch den Golfschwung. Während ersteres in der Regel gut funktioniert, kann der Golfschwung mit höheren Spitzenbelastungen verbunden sein und gilt daher weiterhin als herausfordernd. Ein voller Schwung mit hoher Geschwindigkeit sollte vorerst vermieden werden, um Torsionsbelastungen auf die Prothese zu minimieren [14]. Zu Beginn des Wiedereinstiegs stehen „Putten“ und leichtes „Chippen“ im Vordergrund, gefolgt von Eisenabschlägen vor Driverabschlägen. Die Dauer dieses Verzichts sollte individuell abgestimmt werden, unter Berücksichtigung der Prothesenverankerung, des Heilungsverlaufs und des Trainingszustands. Da ein voller Golfschwung für die meisten Patienten jedoch ein entscheidendes Kriterium für die Ausübung der Sportart ist, stellen die Auswahl geeigneter Golfschläger sowie die Anpassung der Schwungtechnik wichtige Schlüsselfaktoren dar, um langfristig geringe Belastungen auf die Prothese zu gewährleisten. Eine funktionelle Diagnostik mit Golfschwunganalyse gibt Aufschluss über die individuellen Fähigkeiten und die Schwungtechnik und unterstützt die Entscheidungsfindung zu einem langfristig gesunden RTS (Abb. 2).
Fallbeispiel
Eine 58-jährige Patientin, sechs Monate nach Knie-TEP links, erwünscht eine Funktionsanalyse mit Beurteilung ihrer Golfschwungtechnik. Das Ziel liegt auf einer schrittweisen Rückkehr zum intensiven Golfspiel mit Leistungssteigerung und der Überwindung noch funktioneller Einschränkungen. Die Golfschwunganalyse verdeutlicht eine erhöhte Rotationsbelastung am vorderen linken Kniegelenk zum Zeitpunkt des Balltreffpunktes, die es durch Änderung der Schwungtechnik zu korrigieren gilt. Zur Entlastung des linken Kniegelenks wurde ein vermehrter Einsatz des rechten Beins im Abschlag mit gesteigerter Gewichtsübernahme von rechts empfohlen. Auch die Kraftdiagnostik der Kniestreckmuskulatur zeigt noch auffällige Defizite im Vergleich zur gesunden Gegenseite. Zudem besteht beidseits ein Kraftdefizit zu sportspezifischen Referenzwerten (Abb. 3). Neben einer sukzessiven Steigerung der Abschlaggeschwindigkeit zur stufenweisen Belastungssteigerung und individuellen Technikanpassung wurde der Patientin ebenfalls ein begleitendes Krafttraining zum Ausgleich der Seitendifferenzen wie auch eine Steigerung der Kraft beidseits im Sinne der sportlichen Belastung empfohlen.
Literatur
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Autoren
ist Dipl. Sportwissenschaftlerin und sportwiss. Leitung des IFD Cologne – Institut für funktionelle Diagnostik. Außerdem ist sie Gründerin von Biomechanix2Go.
arbeitet als Sportwissenschaftlerin im Bereich der Funktions- und Bewegungsanalyse im IFD Cologne und promoviert aktuell zum Thema Knieendoprothetik.
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Seit 2004 ist er leitender Arzt der Orthopädie im MediaPark Köln sowie Gesellschafter IFD Cologne – Institut für funktionelle Diagnostik. Außerdem ist Dr. Stock Mannschaftsarzt der Kölner Haie (DEL).