Beschwerden der Achillessehne sind vor allem bei sportlich aktiven Menschen ein immer häufiger auftretendes Problem. Insbesondere die schmerzhafte Achillessehnentendinopathie, auch „Achillodynie“ genannt, zählt zu den häufigsten Krankheitsbildern bei Sportlern, aber auch der allgemeinen Bevölkerung.
Ein besonders hohes Risiko gilt für Sportarten, die viel Laufen und Springen beinhalten, sodass sie bei Läufern 6 – 17 % aller Verletzungen jährlich ausmacht [1]. Bei jungen aktiven Menschen sind je nach Sportart sogar 20 – 50 % in ihrem Leben mindestens ein Mal von Beschwerden der Achillessehne betroffen, bei Läufern trifft es ungefähr jeden zweiten [2, 3].
Wichtig zu wissen ist, dass es sich dabei nicht um eine Entzündung der Sehne selbst handelt. Vielmehr ist die Ursache ein phasenabhängiger, krankhafter Umbauprozess der Achillessehne. Durch mechanische Überlastung ausgelöste Mikroläsionen kommt es zu einem Ungleichgewicht im Sehnenstoffwechsel, bei dem die Sehnenzellen anstelle des hochwertigen Kollagen I nun Kollagen III produzieren. Dieses Kollagen III lagert vermehrt Wasser ein und ist nicht so reißfest, sodass die Achillessehne sich an dieser Stelle durch eine entsprechende Mehrproduktion verdickt und steifer wird, um weiterhin Stabilität zu gewährleisten.
Bei den Tendinopathien der Achillessehne werden drei Formen unterschieden: Die Mid-portion-Tendinopathie, die Insertionstendinopathie oder auch Haglund-Exostose und die Peritendinitis (Gleitlagerreizung). Die Mid-portion-Tendinopathie tritt, wie der Name schon sagt, im mittleren Bereich der Sehne auf und ist mit 65 % die am häufigsten zu findende Art [4]. Die Sehne ist im verdickten, mittleren Drittel oft druckschmerzhaft und Patienten berichten von einem morgendlichen Anlaufschmerz. Die Insertionstendinopathie zeichnet sich dagegen mit Schmerzen und lokalen Verdickung im Bereich des Ansatzes der Achillessehne an der Ferse aus, der sich beim Bergauflaufen verstärkt [5]. Diese tritt meist als Verkalkung des Ansatzes der Sehne (hinterer Fersensporn) oder aufgrund eines knöchernen Anbaus des Fersenbeins (Haglund Exostose) auf, so dass hier ein mechanisches Problem als Ursache zugrunde liegt. Bei der Peritendinitis kommt es zu einem Reizzustand der Sehnenhülle, dem sogenannten Peritendineum, sodass diese meistens mit einer der anderen beiden Formen einhergeht, aber auch separat auftreten kann. Die Voraussetzung für den Erfolg einer Therapie ist somit im ersten Schritt eine klinische und eventuell bildgebende Diagnostik mittels Ultraschall oder auch MRT, zur Differenzierung der verschiedenen Formen.
Die Ursachen einer Tendinopathie der Achillessehne sind vielfältig und oft schmerzpunktfern zu finden, sodass die Reaktion der Sehne eher als Symptom vieler äußerer (bio-) mechanischer Einflussfaktoren zu verstehen ist. Die häufigsten Risikofaktoren sind dabei neben der klassischen Überlastung im Training und falschem Schuhwerk auch Defizite in der Kraft oder Ansteuerung der Rumpf- und Beinachsenstabilisatoren sowie Immobilität des Sprunggelenkes. Außerdem erhöhen beispielsweise Vorerkrankungen wie Fußfehlstellungen, Diabetes, die Einnahme von gewissen Medikamenten, Übergewicht oder Verletzungen der unteren Extremität das Risiko an einer Achillessehnentendinopathie zu erkranken. Männer sind zudem deutlich häufiger betroffen als Frauen [6].
Die Strategie bei der Behandlung sollte also neben der kurzfristigen und akuten symptomatischen Therapie der Tendinopathie auch die langfristigen ursächlichen Einflussfaktoren im Sinne der Prävention berücksichtigen.
Der primäre Therapieansatz ist das konservative Verfahren, eine operative Versorgung ist nur selten notwendig. Eine immer noch verbreitete Therapie mit Kortison an die Sehne oder auch um sie herum ist absolut kontraindiziert und auch mittel- und langfristig nicht hilfreich. Mitunter droht selbst nach nur einer Infiltration eine nachhaltige Schädigung der Sehne bis hin zur Ruptur Die wichtigste Komponente stellt das sogenannte Tendoloading, also die richtige und kontrollierte Belastung der Sehne, dar. Die dabei entstehende hohe Spannung in der Sehne sorgt für einen Aufbau der Kollagenzellen und der degenerative Umwandlungsprozess der Sehne wird gestoppt und sogar umgekehrt. Der Fokus dieses Trainings liegt einerseits auf der exzentrischen Belastungsphase des Wadenmuskels, und andererseits auf einer hohen Gewichtsbelastung der Sehne (PTLE: progressive tendon loading exercises). Die entscheidende Übung ist das einfache Wadenheben mit gestrecktem und gebeugtem Knie. Es wird empfohlen beide Übungsausführungen im Wechsel, zwei Mal am Tag mit 6 – 15 Wiederholungen durchzuführen. Der Patient steht dabei mit den Vorfüßen auf einer Treppenstufe, geht mit beiden Beinen auf die Zehenspitzen und hebt dann das schmerzfreie Bein ab. Alternativ kann zur besseren Balance das nicht betroffene Bein auf einer Stufe nach vorne abgestellt werden. Das volle Körpergewicht bleibt aber auf der betroffenen Seite. Dann folgt der wichtige Teil der Übung: Die Ferse des betroffenen Beines wird langsam bis unter das Treppenstufenniveau abgesenkt und hier kurz gehalten. Nachdem das gesunde Bein wieder dazu gesetzt wurde, beginnt der Zyklus von neuem. Um alle Anteile des Wadenmuskels zu erreichen, sollte sich das Knie einmal in gestreckter und einmal in gebeugter Position befinden. Bei dieser Übung geht es nicht um die passive Dehnung, so dass bei der Mid-portion-Tendinose die Ferse zwar leicht über die Neutralposition abgesenkt werden kann, die Übung aber nicht bis zur maximalen Beugung im Sprunggelenk durchgeführt werden soll. Im Falle einer Insertionstendinopathie sollte die Endposition nicht über die Neutralstellung im Sprunggelenk hinausgehen und auf ebenem Grund und nicht auf einer Treppenstufe trainiert werden, um einen Druck der möglicherweise vorliegenden Haglund Exostose in die Sehne zu vermeiden [7]. Gleichzeitig sollte die Spannung der Wadenmuskulatur und der gesamten hinteren Kette durch Dehnen und gegebenenfalls Faszienrollen reduziert werden. Für die Patienten ist es wichtig zu wissen, dass Schmerzen bei diesem Training zu erwarten sind und nur zum Abbruch des Trainings führen, wenn sie die Toleranzgrenze überschreiten. Bei kompletter Schmerzfreiheit soll das Tendoloading sogar durch Zusatzgewicht verstärkt werden. Die hohe Trainingsfrequenz reduziert sich mit der Zunahme des Trainingsgewichtes, sodass das Training einfacher in den Alltag zu integrieren ist. Steht der Schmerz jedoch einer sauberen Übungsausführung im Weg, kann die Neutralposition mit freihängender Ferse an der Treppenstufe zuerst nur aktiv gehalten werden (Isometrie). Isometrisches Training hat den Vorteil, dass es weniger schmerzhaft aber ebenso wirkungsvoll ist und sich daher insbesondere in den Anfangsstadien empfiehlt [8]. Aufgrund des Sehnenstoffwechsels beträgt die Therapiedauer in der Regel mindestens zwölf Wochen und sollte im Verlauf bis zu einem Jahr konsequent durchgeführt werden. Die Belastung der Sehne durch Fortsetzung anderer sportlicher Aktivität ist dabei nicht ausgeschlossen und hat keinen negativen Einfluss auf den Therapieerfolg. Es ist jedoch wichtig, dass ein Schmerzniveau von 5 auf der visuellen Analogskala (0 – 10) nicht überschritten wird [9]. Zusätzlich kann außerdem die Einnahme von Curcumin aufgrund der positiven Wirkung auf die Kollagensynthese der Sehnenzellen empfohlen werden.
Sollte die „Basistherapie“ alleine nicht zu einer ausreichenden Beschwerdebesserung führen, kann im weiteren Verlauf mit der Stoßwellentherapie, Laser, Infiltrationen mit verschiedenen Substanzen (KEIN KORTISON!), der ultraschallgesteuerten Elektrolysetherapie oder anderen Verfahren gearbeitet werden. Eine initiale Behandlung oder alleinige Therapie mit diesen Verfahren ist meist nicht zielführend. Welches Verfahren zur Anwendung kommt, muss individuell entschieden werden.
Literatur
[1] Aicale R., Oliviero A., & Maffulli N. (2020). Management of Achilles and patellar tendinopathy: what we know, what we can do. Journal of Foot and Ankle Research, 13(1): 1-10.
[2] Hirschmüller A., Weisskopf L. (2018) Behandlungsstrategien bei Tendinopathien der Achillessehne.Arthroskopie, 31: 147–154.
[3] Kujala U., Sarna S., Kaprio J. (2005) Cumulative incidence of achilles tendon rupture and tendinopathy in male former elite athletes. Clinical Journal of Sports Medicine, 15: 133–135.
[4] Gaehwiler R., Weisskopf L., Hirschmüller A. (2019) Konservative Therapie von Tendinopathien der Achillessehne in der Sportmedizin. Praxis, 108: 851–858.
[5] Hirschmüller A., Morath O. (2021) Tendinopathien der Achillessehne. Zeitschrift für Rheumatologie, 80 (7): 629–640.
[6] Maffulli N., Wong J., Almekinders L. (2003) Types and epidemiology of tendinopathy. Clinics in Sports Medicine, 22: 675–692.
[7] Jonsson P., Alfredson H., Sunding K., Fahlstrom M., Cook J. (2008) New regimen for eccentric calfmuscle training in patients with chronic insertional Achilles tendinopathy: results of a pilot study. British Journal of Sports Medicine, 42: 746–749.
[8] Rio E., van Ark M., Docking S., Moseley G., Kidgell D., Gaida J., van den Akker-Scheek I., Zwerver J., Cook J. (2017) Isometric contractions are more analgesic than isotonic contractions for patellar tendon pain: an in-season randomized clinical trial. Clinical Journal of Sports Medicine, 27: 253–259.
[9] Silbernagel K., Thomee R., Eriksson B., Karlsson J. (2007) Continued sports activity, using a pain monitoring model, during rehabilitation in patients with Achilles tendinopathy: a randomized controlled study. American Journal of Sports Medicine, 35: 897–906.
Autoren
hat einen Masterabschluss im Bereich Sportphysiotherapie an der DSHS Köln gemacht. Sie leitet in der SPORTORTHO rheinmain in Bad Homburg den Bereich EMG und funktionelle Diagnostik. Dort behandelt und betreut sie Sportler insbesondere aus den Bereichen Leichtathletik, Fußball und Handball.