Hüftarthrose (Coxarthrose) bleibt eine der häufigsten Gelenkerkrankungen im Erwachsenenalter und beeinträchtigt die Lebensqualität vieler Betroffener weltweit. Fortschritte in Diagnostik und Therapie, neue Leitlinien und moderne Studien haben die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren weiterentwickelt. Die aktuelle Übersicht fasst konservative und operative Therapiestrategien zusammen und integriert dabei die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse [1 – 4].
Konservative Therapie, Physiotherapie und Bewegung
Die konservative Behandlung bleibt die Basis der Arthrosetherapie, besonders im Frühstadium. Hier steht die Linderung von Schmerzen, die Verbesserung der Funktion und das Hinauszögern operativer Maßnahmen im Vordergrund [3]. Neuere Metaanalysen unterstreichen die positive Wirkung von individuell angepasster Physiotherapie und richtiges Bewegungstraining. Besonders evidenzbasiert sind Programme zur Kräftigung der Hüftmuskulatur, Mobilisation und Ausdauertraining wie Radfahren, Schwimmen oder Aquafitness [1, 2]. Kombinierte Trainingsformen zeigen eine nachhaltige Verbesserung von Schmerz und Funktion.
Medikamentöse Therapie
NSAR (wie Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen) bleiben die wichtigsten Medikamente zur Schmerzreduktion; ihre Wirksamkeit ist in aktuellen Leitlinien bestätigt [3, 4]. Paracetamol hat laut aktuellen Studien nur eine geringe Wirksamkeit und sollte nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden [1]. Kortison-Injektionen ins Gelenk können kurzfristige Schmerzlinderung bringen, sollten aber wegen Nebenwirkungen und möglicher zusätzlicher Knorpelschäden zeitlich limitiert angewendet werden [2].
Physikalische Therapie und Hilfsmittel
Moderne Studien bestätigen, dass physikalische Maßnahmen wie Wärme- und Kälteanwendungen, TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) und Ultraschalltherapie zur Symptomkontrolle beitragen können [2]. Neuere Therapieformen wie die Magnet-Resonanz-Therapie MBST können die Knorpelzellen positiv beeinflussen und stärken [5]. Diese Therapieform hat sich sehr bewährt, wenn die Arthrose noch nicht sehr weit fortgeschritten ist, aber schon die ersten Schwierigkeiten aufgetreten sind.

Gewichtsreduktion und Lebensstiländerungen
Eine aktuelle Übersichtsarbeit unterstreicht die Bedeutung von Gewichtsmanagement: Bereits eine moderate Reduktion des Körpergewichts verbessert Schmerzen und Funktion bei übergewichtigen Betroffenen signifikant [2]. Lebensstilberatung, Schulungsprogramme und digitale Gesundheitsanwendungen werden zunehmend in die Therapie integriert und zeigen vielversprechende Ergebnisse.
Alternative und komplementäre Therapien
Viele alternative Behandlungsformen wie Akupunktur, Nahrungsergänzungsmittel (Glucosamin, Chondroitin) oder pflanzliche Präparate werden weiterhin genutzt. Die aktuelle Studienlage ist uneinheitlich, der Nutzen dieser Methoden wird von internationalen Leitlinien zurückhaltend bewertet [1, 4]. Die Wirksamkeit der Stammzelltherapie wird noch weiter erforscht, die Studienlage ist hier sehr heterogen.
Operative Therapie
Indikationen für einen Eingriff
Ein operatives Vorgehen wird dann empfohlen, wenn konservative Maßnahmen ausgeschöpft sind und starke Schmerzen, Funktionseinschränkungen oder erhebliche Einschränkungen der Lebensqualität bestehen [3, 4]. Die Entscheidung wird gemeinsam mit den Spezialisten unter Einbezug individueller Faktoren getroffen. Hier weiß der Patient meist selbst am besten, ob er Zeitpunkt zur Operation erreicht ist. Sogenannte harte Faktoren sind der Nachtschmerz und der Muskelabbau, die eine Operation zeitnah empfehlen.
Gelenkerhaltende Operationen
Techniken wie die minimalinvasive Hüftarthroskopie oder die eher früher noch häufiger versuchten korrigierenden Osteotomien werden vor allem bei jungen und aktiven Personen im Frühstadium eingesetzt. Ihre Wirksamkeit ist in aktuellen Studien bestätigt, jedoch bleibt der Hüftgelenkersatz weiterhin der Goldstandard im Spätstadium [2].
Hüftgelenkersatz (Endoprothese)
Die Implantation einer Hüfttotalendoprothese ist eines der erfolgreichsten Operationsverfahren der modernen Medizin. High-volume-Zentren und optimierte perioperative Behandlungskonzepte haben die Komplikationsrate weiter gesenkt und die Haltbarkeit der Implantate verlängert [3, 4]. Laut aktuellen Registerdaten erreichen mehr als 90 % der Betroffenen eine dauerhafte Schmerzfreiheit und hohe Lebensqualität nach dem Eingriff [6].
Neue Entwicklungen
Innovative Prothesenmaterialien, navigierte Operationstechniken und beschleunigte Rehabilitationsprogramme werden zunehmend erprobt. Erste Ergebnisse deuten auf eine schnellere Erholungsphase und bessere Langzeitergebnisse hin [2]. Die Zugangswege bei der Operation sind vornehmlich von der Erfahrung des Operateurs abhängig und nicht ob, wie früher, von vorne oder auch seitlich oder hinten. Weltweit wird der hintere Zugang mit Abstand am häufigsten durchgeführt. Erfahrene Hüftspezialisten operieren generell minimal-invasiv, also gewebe- und muskelschonend. Die Haltbarkeit der Implantate allgemein ist nicht mehr wie früher auf 10 oder 15 Jahre begrenzt, sondern sie können auch sehr realistisch ein Leben lang halten. Neben der bekannten Hüft-TEP (Totalendoprothese) mit Kurz- oder Standardschaft gewinnt der Oberflächenersatz wieder mehr an Bedeutung. Zusätzlich zu den seit fast 30 Jahren bewährten Metall-Implantaten sind nun auch Keramik-Implantate zugelassen.

Der besondere Vorteil beim Oberflächenersatz ist neben der längeren Haltbarkeit bei jüngeren Patienten der Erhalt des Knochens und des Gefühls für das Gelenk. Es besteht auch keine Auskugelgefahr wie bei der Hüft-TEP. Weitere Vorteile sind ein besseres Gangbild und die wenig beachtete geringere Sterblichkeit. Allerdings ist dieses Operationsverfahren sehr anspruchsvoll und wird nur von wenigen Spezialisten angeboten. Aktuelles Patienten-Beispiel in den Medien ist der Sportler Andy Murray, der nach seiner Oberflächenersatz-Operation wieder erfolgreich Profitennis spielte [7 – 15]
Nachbehandlung und Rehabilitation
Die moderne Rehabilitation setzt auf frühfunktionelle Mobilisierung, individuelle Trainingspläne und digitale Nachsorgeprogramme. Diese Strategien beschleunigen die Rückkehr in den Alltag und reduzieren das Risiko für Komplikationen [2, 3].
Fazit
Die Behandlung der Hüftarthrose orientiert sich heute an einem evidenzbasierten Stufenkonzept: Zunächst werden individuell angepasste, konservative Maßnahmen ausgeschöpft wie moderne Stimulationstherapien, bevor bei schwerer Symptomatik die zum Teil innovativen operativen Verfahren zur Anwendung kommen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Leitlinien und neue Studien verbessern die Prognose und die Lebensqualität von Betroffenen nachhaltig [1 – 4].
Literatur
[1] Bannuru RR et al.: OARSI guidelines for the non-surgical management of hip and knee osteoarthritis. Ann Intern Med. 2019
[2] Runhaar J et al.: Osteoarthritis: current status and future perspectives. Nat Rev Rheumatol. 2022
[3] DGOOC, DGOU: Nationale Versorgungsleitlinie Hüftgelenksarthrose. AWMF-Registernummer 033/052, Stand 2023
[4] NICE: Osteoarthritis in over 16s: diagnosis and management. Guideline NG226, 2022
[5] International Journal of Molecular Sciences: Einfluss von MBST auf miRNA-Profil von Chondrozyten und Entzündungsreaktionen, 2021
[6] German Arthroplasty Registry (EPRD): Jahresbericht 2023
[7] National Joint Registry for England, Wales, Northern Ireland and the Isle of Man. 18th Annual Report, 2021
[8] Clin Orthop Relat Res: Active Patients Perceive Advantages After Surface Replacement Compared to Cementless Total Hip Arthroplasty?, 2013
[9] Clin Orthop Relat Res: Do large heads enhance stability and restore native anatomy in primary total hip arthroplasty?, 2011
[10] Orthop Traumatol Surg Res: Hip resurfacing generates a more physiological gait than total hip replacement: A case-control study, 2020
[11] A prospective comparative study of cementless total hip arthroplasty and hip resurfacing in patients under the age of 55 years A Ten-Year Follow-Up. Bone Joint J. 2015
[12] Return to sports after hip resurfacing versus total hip arthroplasty: a mid-term case control study. Archives of orthopaedic and trauma surgery. 2020
[13] Mortality rates at 10 years after metal-on-metal hip resurfacing compared with total hip replacement in England: retrospective cohort analysis of hospital episode statistics. BMJ. 2013
[14] Mortality and implant revision rates of hip arthroplasty in patients with osteoarthritis: registry based cohort study. BMJ. 2012
[15] An 18-year comparison of hybrid total hip replacement and Birmingham Hip Resurfacing in active young patients. HIP International. 2019
Autoren
ist Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung Sportmedizin. Er ist Leiter des Hüftzentrums an der ATOS Klinik München und hochspezialisiert auf hüftchirurgische Eingriffe und hierbei besonders auf knochenerhaltende schonende Operationsmethoden, die das Hüftgelenk möglichst wenig verändern.
(Stand 2025)



