Dem aufmerksamen Leser sollte es schon beim Blick auf unser Cover aufgefallen sein: Die sportärztezeitung hat sich etwas verändert. Da bekannterweise nicht nur äußere, sondern auch innere Werte zählen, lohnt es sich, diese ein wenig genauer anzuschauen.
Sollten Sie merken, dass wir eine neue Struktur unserer Rubrizierung haben, so hat dies einen guten Grund. Dieser liegt im Wesen der modernen Sportmedizin und in den Entwicklungen, die dieser Teilbereich innerhalb der Medizin genommen hat. Eine gute einleitende Übersicht gibt die Hessische Landesärztekammer in ihrer Definition der Weiterbildung Sportmedizin: „Die Erkenntnisse der Sportmedizin werden sowohl in Diagnostik und Therapie als auch in der Prävention und Rehabilitation eingesetzt. Nicht nur Sportlerinnen und Sportler aller Leistungsklassen stehen im Fokus unseres Faches, sondern alle Menschen, die durch Bewegung ihre Gesundheit erhalten und verbessern möchten. Die Sportmedizin, ein Querschnittsfach, bündelt das Wissen zahlreicher medizinischer und benachbarter Fachrichtungen und Disziplinen“ (Quelle: www.laekh.de). Alles richtig und doch nicht vollständig. Zum einen hat die Sportmedizin nicht nur Patienten, die ihre Gesundheit erhalten und verbessern möchten, sondern gerade auch Patienten, die dies verbessern müssen und gar nicht drumherum kommen, etwas zu verändern, wozu sie klare und konkrete Anweisungen benötigen. Zum anderen befinden wir uns in einem Bereich, der nicht starr ist, sondern ständig im Fließen. Ein Bereich, in dem neue Erkenntnisse es nicht immer leicht haben, Mut verlangen, sich aber mit Beharrlichkeit irgendwann durchsetzen und dann ein enormes Potenzial entfalten.
An dieser Stelle möchten wir Ihnen nur zwei Beispiele nennen für Themen, die anfangs noch belächelt und nicht ernst genommen wurden, mittlerweile jedoch fester Bestandteil der modernen und effektiven Sportmedizin sind bzw. es gerade werden: Recovery als Domäne der Sportwissenschaft, tauglich gemacht für die Sportmedizin (siehe dazu Recovery and Performance in Sport: Consensus Statement. Kellmann et al. 2018 Int J Sports Physiol Perform. Int J Sports Physiol Perform) sowie Ernährung in ihrer ganzen Vielfalt, die indikationsspezifisch als Teil der Therapie (z. B. phytogene Ernährung oder Enzymtherapie) weitaus mehr ist als bloße Sporternährung. Und nun fragen Sie sich, wieso Sie beides nicht als Rubriken in der sportärztezeitung finden, wenn diese doch so wichtig sind? Gerade weil sie so wichtig sind, finden Sie diese nicht als eigene Rubriken! Sie sind als fließende Bereiche überall integriert und gehen Hand in Hand ineinander über. Ernährung kann Therapie bzw. Co-Therapie sein, sie ist ein fester Teil der Prophylaxe, hat Einfluss auf Training und mit der richtigen Diagnostik erkennt man eventuell die Gründe für Probleme, die sich durch eine fehlerhafte Ernährung entwickeln. Recovery kann in die Therapie einfließen, muss in jeder Form des Trainings mitgedacht und integriert werden und spielt seine volle Kraft in der Prophylaxe aus. Zusätzlich interagieren Ernährung und Recovery miteinander. Nicht anders verhält es sich mit den vielen weiteren Bereichen, die in die Sportmedizin einfließen und diese mitgestalten sowie erweitern. So bedienen wir uns der natürlichen regenerativen Kapazität des Körpers durch adäquate Behandlung. Von der konservativen Therapie über operative Verfahren bis hin zur Rehabilitationsmedizin und Inneren Medizin. Selbst „exotische“ Felder, wie das der Psychoneuroimmunologie entfachen ein starkes Feuer und können richtig integriert neue Türen öffnen, die sonst verschlossen geblieben wären, wie der Artikel von Professor Schubert in dieser Ausgabe zeigt. Nur durch das ständige Interagieren und Kombinieren all dieser Themenfelder und ihrer effizienten Erweiterung erreichen wir eine komplette Sportmedizin, die in ihrer gesamtgesellschaftlichen Komplexität abgebildet werden kann, mit Anamnese & Diagnostik, Therapie, Training und Prophylaxe als interdisziplinäre Pfeiler, die einen starken Rahmen zur Orientierung darstellen. Miteinander, nicht nebeneinander.
Das ist die Theorie, wir geben Ihnen die passenden Denkanstöße, Informationen und können Sie auch mit unserer guided education auf vielen unserer Fortbildungen schulen, für die Umsetzung in Praxis und Klinik sind Sie zuständig. Hauchen Sie dieser Sportmedizin Leben ein, indem Sie den Mut aufbringen, sich von starren Grenzen zu lösen und neue Wege einzuschlagen! Erweitern Sie Ihre Arbeit, kombinieren Sie Bereiche und Therapien mit- und untereinander, kommunizieren und kooperieren Sie mit Kollegen und Patienten! Gerade der Bereich Selfmanagement wird in Zukunft stärker werden, muss aber noch viel konkreter in der Umsetzung ausgestaltet, ausgebildet und integriert werden. Sehen Sie dies alles als Chance und nicht als Gefahr! Ohne Veränderung und Mut erhält man maximal den Status Quo, kann aber nicht die Potenziale ausschöpfen, die einen eine fließende und sich ständig weiterentwickelnde Sportmedizin bietet. Wenn man sich bewegt, kann man mehr gewinnen als verlieren. So verbessern Sie die Sportmedizin jeden Tag aufs Neue und ermöglichen als Teil eines großen Ganzen auch eine gesellschaftliche Entlastung.
Autoren
ist Dipl. Sportwissenschaftler, Gründer und Herausgeber der sportärztezeitung sowie Gründer und Geschäftsführer von thesportgroup GmbH aus Mainz.
ist Chefredakteur der sportärztezeitung.