PD Dr. med. Christoph Kittl, Univ.-Prof. Dr. med. Michael J. Raschke, PD Dr. med. Elmar Herbst, PhD / Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster
Der Meniskus erfüllt im Kniegelenk u. a. die Funktion eines Stoßdämpfers. Eine Verletzung erhöht signifikant den intraartikulären Kontaktdruck, der durch eine Naht wieder reduziert werden kann [1]. Seine Bedeutung kann man abschätzen, wenn man sich vor Augen führt, dass sich das Risiko, nach einer traumatischen Meniskusruptur eine Gonarthrose zu entwickeln, versechsfacht [16].
Die Vaskularisierung des Meniskus nimmt jedoch im Laufe des Lebens deutlich ab, sodass nach der Adoleszenz bereits große Teile des Meniskus keine Vaskularisierung mehr aufweisen [12]. Dies nimmt erheblichen Einfluss auf die Therapieoptionen und Chancen für unsere Patienten. Die Begrifflichkeit der degenerativen Meniskusläsion oder traumatischen Meniskusruptur sollte anhand ihrer Entstehung verwendet werden. So spricht man von traumatischen Rupturen, wenn es ein adäquates Trauma des Knies mit einem abrupten Beginn der Symptome gab und von degenerativen Läsionen bei einem langsamen Progress ohne akutes Trauma [4].
Diagnostik von Meniskusverletzungen
In der Diagnostik sollte insbesondere die Anamnese der Beschwerden / Verletzung berücksichtigt werden, da hierdurch bereits Weichen für die operative bzw. die konservative Therapie gestellt werden können. Letztendlich gilt es im Besonderen, Begleitverletzungen (z. B. Kreuzbandrupturen) und klinische Untersuchungsbefunde (z. B. Bewegungsausmaß, Beinachse, Kniegelenkstabilität, Art und Ort der Schmerzen) mit in die Therapieentscheidung einfließen zu lassen. Sollte es Auffälligkeiten der Beinachse geben oder handelt es sich bereits um eine Re-Ruptur, so empfehlen die Autoren auch das röntgenologische Anfertigen einer Ganzbeinachsen-Standaufnahme mit entsprechender Evaluation und eventuell daraus zu ziehender operativen Konsequenzen (Beinachsenkorrektur). Letztendlich ist für die finale Beurteilung des Meniskus eine MRT-Bildgebung des Kniegelenks angezeigt.
Traumatische Meniskusrupturen
Bezüglich traumatischer Meniskusrupturen ist die Bandbreite der Läsionen als auch das Portfolio der möglichen operativen Maßnahmen groß. Eine gute Übersicht zu Indikationsstellung und Therapiemöglichkeiten liefert der Konsensus der European Society of Sports Traumatology, Knee Surgery and Arthroscopy (ESSKA) [9]. Unstrittig ist es, dass eine Reparatur einer traumatischen Läsion wenn möglich und sinnvoll, getreu der Maxime „Save the Meniscus“ angestrebt werden soll [17]. Luxierte Korbhenkelrupturen mit Extensionsdefizit stellen hierbei sogar eine dringliche OP-Indikation dar. Abbildung 1 zeigt die arthroskopische, häufig aufwendige Versorgung einer Innenmeniskus-Korbhenkelruptur. Generell können Rupturen in der Pars intermedia und im Hinterhorn, aber auch im Meniskusvorderhorn auftreten. Die operative Therapie wird maßgeblich durch die Lokalisation der Läsion vorgeben. So hat beispielsweise die klassische und mit simplen Mitteln durchführbare Out-Side-In Naht der Pars Intermedia keinesfalls an Stellenwert verloren und gilt in diesem Bereich für viele Operateure als Standardversorgung. Im Hinterhornbereich hingegen liegt die Domäne bei den all-inside-Systemen.
Eine besondere Entität, die Wurzelläsion, darf nicht übersehen werden, da ein Verlust der Stabilität der Wurzel biomechanisch einer totalen Meniskektomie gleicht [1]. Moderne Verfahren der transossären, aber auch ankerbasierten Refixation bieten sichere Möglichkeiten der Rekonstruktion [3]. Die so genannten Rampen-Läsionen entsprechen einer Diskontinuität zwischen dem posteromedialen Teil des Meniskus und der hinteren Kapsel bzw. des meniskotibialen Bandes [19]. Sie sollten entsprechend vorliegender Klinik und nicht nur anhand der Bildgebung behandelt werden, da zumindest der biomechanische Effekt einer Refixation in neueren Studien limitiert scheint [13]. Im eigenen Vorgehen werden instabile Rampenläsionen, gekennzeichnet durch eine Luxierbarbeit des Innenmeniskus nach anterior in der Tasthakenkontrolle, operativ versorgt. Eine standardmäßige Beurteilung der Meniskusrampe über ein posteromediales Portal wird hingegen nicht durchgeführt.
Eine zusätzliche Augmentation der Meniskusnaht ist mit Platelet-Rich Plasma (PRP) oder mesenchymalen Stammzellen (MSCs) möglich. PRP führt dabei in Studien zu niedrigeren Versagensraten und postoperativ besserer Schmerzkontrolle, wenn auch die Ergebnisse in randomisierten klinischen Studien keinen relevanten Effekt zeigen konnten [10]. MSCs bieten in Studien dabei bereits vielversprechende Ausblicke, stellen allerdings rechtliche Schwierigkeiten dar [5]. Im klinischen Alltag lässt sich das PRP-Verfahren sicherlich unkomplizierter als die MSCs als Adjunct nutzen.
Degenerative Meniskusläsionen
Bei den degenerativen Meniskusläsionen ist die Abgrenzung zur Gonarthrose von entscheidender Bedeutung. 2016 veröffentlichte die ESSKA einen Konsensus zur Behandlung von degenerativen Meniskusläsionen [4] (Abb. 2). Zunächst steht die Diagnostik im Vordergrund mittels Röntgen und MRT. Die primäre konservative Therapie mit Physiotherapie und nicht steroidalen Antirheumatika, sowie gegebenenfalls Injektionstherapien, sind Maßnahmen der ersten Wahl. Eine primäre partielle Meniskektomie wird nur bei mechanischen Komplikationen (z. B. Einklemm-/Schnapp-Symptomatik) oder sekundär bei Versagen der konservativen Therapie über mindestens zwei bis drei Monate in Erwägung gezogen. Bei vordergründiger Gonarthrose ohne meniskusspezifische Symptome (wie z. B. Blockaden) ist eine partielle Meniskektomie nicht indiziert, vielmehr sollte eine entsprechende Therapie der Gonarthrose erfolgen [4]. Der Meniskusriss ist hier als Teil der arthrotischen Entwicklung zu sehen, sodass die Symptome trotz Meniskektomie fortschreiten und -bestehen [6]. Bei beginnender Varus- oder Valgusgonarthrose sollte bei entsprechender Achspathologie und Klinik eine Achskorrektur in Erwägung gezogen werden [15].
Besonderheit kindlicher Meniskus
Der kindliche Meniskus sollte differenziert und in Abgrenzung zum Knie eines erwachsenen Patienten betrachtet werden. Die Prävalenz nicht spezifischer Signalauffälligkeiten des Meniskus im MRT ist bei Kindern mit 66 % im Vergleich zu Erwachsenen mit 29 % deutlich erhöht [20]. Dies stellt den korrelierenden Kliniker vor die Herausforderung einer differenzierten und reflektierten Untersuchung und Behandlung. Häufig handelt es sich hierbei um intrameniskale Gefäße, sodass hier kein pathologisches Korrelat vorliegt. In 48 % der Fälle einer kindlichen Meniskusläsion zeigt sich zudem eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes [8]. Besonders die Entität des Scheibenmeniskus (klassifiziert nach Watanabe in Typ 1: Komplett, Typ 2: Inkomplett und Typ 3: Wrisberg-Ligament bzw. fehlende dorsale Wurzel / Fixation [22]) muss bei der Behandlung kindlicher Kniegelenksverletzungen bekannt sein, da diese in über 25 % der Fälle der kindlichen Meniskusverletzungen vorkommen [8]. Diese werden entsprechend der vorliegenden Symptomatik behandelt (siehe Tabelle) [2]. Bei ansonsten traumatischen Rupturen oder symptomatischen Läsionen sollte gemäß der Behandlung mit den operativen rekonstruktiven Therapien Erwachsener großzügig die OP-Indikation gestellt werden. Diese ist insbesondere in der gut vaskularisierten Rot-Weißen Zone [12] und in den guten klinischen Ergebnissen kindlicher Meniskusnähte [11] begründet. Dabei sollte stets das im Wachstum befindliche Skelett berücksichtig werden (CAVE: offene Wachstumsfugen bei z. B. transtibialen Auszugsnähten).
Besondere Therapiemöglichkeiten und Ausblick
In besonders schweren Fällen einer symptomatischen subtotalen oder totalen Meniskektomie bei jungen bis mittelalten Patienten spielt die allogene Meniskustransplantation eine Rolle. Die Indikationsstellung zur Transplantation ist eng, aber bis zu 76 % der Patienten kehren in einen moderaten low-impact Sport zurück [14], wenngleich sich die Transplantation für einen hoch aktiven Sportler nur bedingt eignet [18]. Die Reoperationsrate beträgt zwar 30 – 46 %, jedoch handelt es sich dabei meist nur um ein Debridement [21]. Hürden der Kostenerstattung und entsprechende Organisation gilt es zu überwinden. Auch so genannte Meniskusscaffolds (aus Kollagen hergestellte „künstliche“ Menisci) bieten sich bei großem symptomatischem Defekt trotz sehr variabler Ergebnisse grundsätzlich an. Nach entsprechendem Debridement wird der Verlustanteil mittels eingenähtem Scaffold ersetzt. Eine gut verbliebene Basis zur Refixation ist hierfür essenziell [7].
Fazit
Hinsichtlich der Frage der Therapie, operativ oder konservativ, muss unterschieden werden, ob es sich um eine traumatische oder degenerative Meniskusverletzung handelt und ob gegebenenfalls Begleitverletzungen des Kniegelenks vorliegen. Kindliche Meniskusverletzungen sollten gesondert betrachtet werden, auch unter der Maßgabe etwaiger Anlagevarianten. Grundsätzlich sollte die Anatomie respektiert (insbesondere Achsfehlstellungen) und nach der Prämisse „Save the Meniscus“ gehandelt werden.
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Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung Sportmedizin und tätig in der Klinik für Unfall, Hand und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Münster. Sein Schwerpunkt ist die Sporttraumatologie und dabei insbesondere die Kniegelenkschirurgie.