Der Golfschlag zeichnet sich durch eine hochkomplexe Bewegung aus, bei der der Golfschläger zunächst mittels Drehung des Oberkörpers entgegengesetz vom Ziel wegbewegt und angehoben wird (Rückschwung). Im Anschluss erfolgt eine Drehbewegung des Oberkörpers in Richtung Ziel (Durchschwung) mit simultaner Absenkung des Schlägers durch Streckung der Ellenbogen.
Durch diese Bewegung entsteht eine Akzelerationskinetik, die beim Kontakt des Schlägers mit dem Ball auf diesen übertragen wird. Die Übertragung der Kinektik vom Schläger auf den Ball reicht allerdings nicht aus, um die Rotationsbewegung des Oberkörpers abzubremsen. Infolgedessen dreht sich der Oberkörper nach dem Treffmoment weiter in Richtung Ziel. In dieser Phase der Bewegung kommt es bei einem Rechtshänder häufig zu einer Arretierung des linken Kniegelenks (beim Linkshänder vom rechten Kniegelenk), welches dann die kinetischen Kräfte zum linken Sprunggelenk weiterleitet.
Das linke Sprunggelenk steht in dieser Phase des Golfschlages mit einem Winkel von ca. 70 – 90° entgegengesetzt zum Ziel, während Becken und Oberkörper in Richtung Ziel gerichtet sind. Unsicherheiten im Stand mit dem linken Fuß können somit Auswirkungen auf die Schlagqualität haben. Des Weiteren können aufgrund fehlerhafter Rotation Scherkräfte auf das linke Kniegelenk wirken, die zu Verletzungen führen können.
Häufigkeit und Relevanz von Verletzungen im Golfsport
Wie häufig Verletzungen im Golfsport genrell auftreten, ist selten Bestandteil von Studien. In der Vergangenheit sind Befragungen von Batt (1), Wolf (2) oder McCarrol (3) bei aktiven Golfern durchgeführt worden. Hierbei zeigte sich, dasls der Hauptanteil der Verletzungen oder chronischen Beschwerden bei der Wirbelsäule und bei den oberen Extremitäten liegen. Die Auswertung der Befragungen ergab, dass die Häufigkeit von Verletzungen der Wirbesläule zwischen 15 und 33 % lag. An der unteren Extremität liegt der Hauptanteil der Verletzungen
beim Kniegelenk (4). Bei den Befragungen gaben zwischen 6 und 15% an, dass sie an Beschwerden der unteren Extremität litten.
Die Relevanz von Verletzungen im Golfsport wir deutlicher, wenn man die Anzahl der aktiven Golfer betrachtet. Laut Deutschem Golf Verband gab es 2021 ca. 673.000 aktive Golfer in Deutschland. Basierend auf oben genannte Ergebnisse zu Verletzungen im Golfsport, müssten somit jährlich zwischen 40.000 und 100.000 Golfer in Deutschland auschließlich über Beschwerden in der unteren Extremität klagen. Ursächlich für die Entstehung dieser Verletzungen oder chronischen Beschwerden sind mehrere Faktoren. Einserseits ist der Golfschwung eine hochkomplexe Bewegung mit hohen Akzelerationsgeschwindigkeiten. Anderseits ist das Einstiegsalter im Golfsport im Durchschnitt 45 Jahre. Somit ist anzunhemen, dass Golfer aufgrund des Alters häufig unter Einschränkungen der Beweglichkeit, Vorschäden an Gelenken und Wirbelsäule oder bereits an Erkrankungen des Bewegunsgapparates leiden. Folglich ergibt sich aufgrund der mangelhaften Technik gepaart mit körperlichen Einschränkungen des Spielers ein erheblich erhöhtes Verletzungspotenzial.
Ziel der Studie
Ziel der Studie war es herauszufinden, ob eine Sprungelenksorthese oder eine Sprunggelenksbandage am linken Sprunggelenk beim rechtshändigen Golfer zu einer verbesserten Stabilität im Golfschwung führt. Anhand der Ergebnisse sollte abgeleitet werden, ob somit eine Reduktion der Verletzungsgefahr an der unteren Extremität erfolgen könnte.
Probanden und Methodik
Das Einschlusskriterium für die Studie war eine vorhande Platzeife der Probanden. Ein Ausschlußkritterium war eine akute Verletzung am linken Sprunggelenk. Von allen Probanden lag eine Einverständniserklärung zur Teilnahme an der Studie vor.
Untersucht wurden 9 Amateur-Golfer (1 Frau, 8 Männer). Das Alter betrug zwischen 34 und 65 Jahre (mittleres Alter 53 Jahre), das Handicap der Probanden lag zwischen 14 und 43,4 (mittleres Handicap 22,7). Die Probanden spielten seit 1 und 12 Jahren (mittlere Zeit seit Beginn 4 Jahre) Golf. Das Gewicht der Probanden lag zwischen 66,4 und 115kg (mittleres Gewicht 79,9kg). Alle Probanden waren Rechtshänder.
Die Probanden wurden unter konstanten Temperaturbedingungen von 22° C in einem geschlossenen Raum ohne Fenster an einem Launch Monitor (LM) untersucht. Der LM (Sky Trak Launch Monitor (EU) – 12/2020, Dual Highspeed-Kamera Messung) ist fest in dem Raum installiert und mit einer Software für die Fertigkeitsanalyse (Fertigkeitsanalyse aus Sky Trak Game Improvement Plan) ausgestattet. Die Bedienung des LM erfolgte durch den Eigentümer der Anlage. Als Orthesen standen FastProtect Malleo (FPM) und JuzoFlex Malleo Xtra Anatomic (FMXA) von der Firma JUZO zur Verfügung.
Die FPM weist als besonderes Merkmal einen Adaptor auf Fluidbasis auf, der wie eine Art Sicherheitsgurt vor Supinationstraumen schützen soll. Bei gewöhnlichen Bewegungen löst der Adaptor-Mechasnismus nicht aus, sondern lediglich bei unnatürlich schnellen Eversionsbewegungen im Sprunggelenk und ist über dem Lig. fibotalare anterius (LFTA) lokalisiert. Die FMXA ist eine Sprungelenksbandage mit einem Rundstrick und wurde der menschlichen Anatomie nachempfunden. Allen Probanden wurden handelsübliche Golfbälle (Fa. Srixon) zur Verfügung gestellt.
Für den exakten Sitz der Orthesen wurden vor der Untersuchung das Fesselmaß und Fußumfang in cm bestimmt. Jeder Proband führte die Versuchsreihe in gleicher Reihenfolge durch. Verwendet wurden aus dem persönlichen Schlägersatz die Schläger PW und i7. Zunächst erfolgte das Einschlagen am LM mit fünf Schlägen mit dem PW. Im Anschluss wurde eine fünf minütige Aufwärmphase durchgeführt. Diese Aufwärmungübungen wurden mittels eines Hilfmittels (Rotatix, Fa. GOSWO) durchgeführt, um die Rotation des Oberkörpers bestmöglich zu ermöglichen. Sämtliche Probanden erhielten dabei Instruktionen zur Fußposition und Art der Körperdrehung. Diese standartisierte Aufwärmübung hatte den Zweck, die Golfer einheitlich vorzubereiten.
Im Anschluß erfolgten zehn Schläge mit dem i7 um die individuelle Länge der Schläge zu bestimmen. Abschließend wurde am LM nun mittels Software das Ziel für die individuelle Länge festgelegt. Es folgte nun erneut 10 Schläge mit i7 und die Daten wurden protokolliert. Im Anschluss daran wurde die Orthese FPM am linken Sprunggelenk angelegt und erneut 10 Schläge mit dem i7 druchgeführt. Den letzten Durchgang mit 10 Schlägen i7 führte der Proband mit der FMXA Bandage durch.
Ergebnisse
Als Meßparameter wurden Schlägerkopfgeschwindigkeit in km/h, die maximale Carry-Länge in Meter, die Streuung in Meter und das dynamische Handicap (HCP) verwendet. Das dynamische HCP wird auf dem Boden der Schlagweite und Genauigket von der Software berechnet und entspricht nicht dem tatsächlichem persönlichen HCP. Dieses Bewertungssystem vergleicht die Daten des erzeugten Schlages mit einer Datenbank. Die Datenbank wurde mit Ergebnissen von Spielern aller Handicapklassen gefüttert und ein Punktesystem generiert. Jedem Schlag wird dann basierend auf der Nähe zum Ziel ein dynamisches Handicap zugewiesen. Das gesamte dynamische Handicap errechnet sich somit aus der Gesamtstreuung und dem dynamischen Handicap jeden einzelnen Schlages.
Die Schlägerkopfgeschwindigkeit betrug im Schnitt ohne Orthese 107 km/h, mit der FPM 109 km/h und mit der FMXA 106 km/h. Die maximale Carry-Länge betrug ohne Orthese im Median 128m, mit der FPM 129m und
mit der FMXA 126m. Die Streuung betrug ohne Orthese 70,2m, mit FPM 67,4m und mit FMXA 71,9m. Das dynamische HCP war ohne Orthese 26,5, mit FPM 22,6 und mit der FMXA18,6.
Diskussion
Basierend auf den gewonnen Daten lässt sich ableiten, dass eine Sprungelenksorthese Auswirkungen auf das Golfspiel hat. In der Studie konnte nachgewiesen werden, dass eine Orthese mit Schutz vor Supinationstraumen am Sprunggelenk zur geringfügigen Verbesserung der Schlägerkopfgeschwindigkeit und der Carry-Länge führt. Des Weiteren führt eine Sprunggelenksprothese am linken Sprunggelenk beim Rechtshänder zu einer deutlichen Reduktion der Streuung einzelnen Schläge. Insgesamt verbesserte sich das dynamische HCP der Probanden von 26,5 auf 18,5.
Dabei zeigen sich Unterschiede in der Auswahl der Orthese. Während die festere und steifere FastProtect Malleo zu leicht höherer Schlägherkopfgeschwindkeit und geringeren Streuung führte, zeigte die JuzoFlex Malleo Xtra Anatomic eine Verbesserung hinsichtlich des dynanamischen HCP.
Liegt eine Bandverletzung am Sprunggelenk vor, ist das Tragen einer Orthese für sechs Wochen erforderlich. Im Anschluss wird das Tragen einer Bandage für insgesamt neun Monate beim Sport empfohlen. Aufgrund der gewonnen Daten ist anzunehmen, dass in der Nachsorge von Bandverletzungen am Sprunggelenk von Golfern eine Sprunggelenksorthese keinen Nachteil darstellt und den Return to Sport unterstützt.
Die vorliegende Studie gibt keine Hinweise auf den Wirkungsmechanismus hinsichtlich der verbesserten Parameter. Denkbar wäre ein verbesserter propriozeptiver Reiz im Sprunggelenk während des Durchschwungs. In weiteren Studien sollte somit geklärt werden, ob Orthesen anderer Hersteller ähnliche Effekte erzielen. Des Weiteren macht die vorliegenden Studie keine Aussagen hinsichtlich Wirkung bei Golfern mit niedrigem Handicap. Da diese in der Regel höhere Schlägerkopfgeschwindigkeiten und geringer Streuungen aufweisen, könnte der Effekt noch größer ausfallen.
Fazit
– Sprunggelenksorthesen verbessern geringfügig Schlägerkopfgeschwindigkeit beim Golfen
– Sprunggelenksorthesen reduzieren gerinfügig die Streuung beim Golfen
– Sprunggelenksorthesen verbessern das dynamische HCP beim Golfen
– weitere Studien sind erforderlich, um den Wirkungsmechanismus erklären
Der Inhalt der Studie ist Ergebnis des Bemühens um größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit. Der Autor weist darauf hin, dass es persönliche Verbindungen zum Unternehmen Juzo gibt, deren Produkte im Kontext der folgenden Studie von Interesse sind. Dabei handelt es sich um Verbindungen, die lediglich aus der Kooperation der zur Verfügung-Stellung der Produkte sowie einer Aufwandsentschädigung besteht und daher keinen Einfluss auf das Ergebnis nimmt.
Literatur
(1) Batt, ME. A survey of golf injuries in amateur golfers. BR J SP Med 1992; 26: 63-65
(2) Wolf, T. Verletzungen und Beschwerden durch Golf. Sportverl Sportschad 1989; 3: 124-127
(3) McCaroll, JR. The frequence of golf injuries. Clin Sports Med 1996; 17: 1-7
(4) Guten, GN. Knee injuries in Golf. Clin Sports Med 1996; 15: 111-118
Autoren
studierte Medizin in Gießen und Bonn. Nach dem Studium arbeitete er u.a. an der Allgemeinchirurgie KH St. Hildegardis, Köln sowie Allgemeinchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Gemeinschaftskrankenhaus Bonn. Seit 2015 ist er Inhaber der Privatpraxis für Orthopädie Bad Neuenahr, seit 2017 der Praxis Chirurgie Bad Neuenahr und seit 2020 Praxis für sportmedizninische Diagnostik FOKUS:Leistungsmedizin. Im Oktober 2020 fand eine Umwandlung aller Praxen in das MVZ MEDICUM Rhein-Ahr-Eifel statt.