In der täglichen orthopädischen Praxis sehen wir uns immer wieder Akutpatienten mit aktivierten Arthrosen gegenüber. Mit dem heutigen Wissensstand um Nebenwirkungen und Folgeschäden von Kortikoiden verbietet sich deren früher bei aktivierten Arthrosen weit verbreitete Anwendung auch bei dieser Indikation.
Aus diesem Grund bedarf es hier moderner regenerativer Therapiekonzepte, die ebenso schnell wie nachhaltig zu einer Beschwerdelinderung führen. Deshalb hat sich in unserer täglichen Praxis der vergangenen Jahre die Kombination verschiedener Verfahren mit synergistischen Effekten bewährt. Zum Einsatz kommen dabei je nach Befundkonstellation die hyperbare CO2-Kryotherapie (Abb. 1), die hochenergetische Lasertherapie, die extrakorporale Magneto Transduktionstherapie (EMTT), die fokussierte Stoßwellentherapie (ESWT) sowie PRP/Hyaluronsäure Injektionen.
Fall 1 – Akut aktivierte Gonarthrose bei Z. n. aseptischer Osteonekrose der med. Femurkondyle (M. Ahlbäck)
Anamnese
Es handelt sich bei der Patientin um eine uns bereits bekannte 64-jährige, aktive Patientin, die wir zuletzt im Frühjahr 2020 in unserer Praxis behandelt hatten. Die Patientin hat eine im Rahmen eines M. Ahlbäck vor einigen Jahren entwickelte, ausgeprägte Varusgonarthrose mit seinerzeit erheblichem Knochenödem (Abb. 2). Sie berichtete, dass sie seit unserer letzten Behandlung nahezu zwei Jahre weitestgehend beschwerdefrei gewesen sei und ihren Alltag einschließlich moderater sportlicher Aktivitäten gut bewältigen konnte. Nun musste sie sich im Rahmen der Haushaltsauflösung ihrer hochbetagten Mutter einer hohen körperlichen Belastung aussetzen, wodurch die Beschwerden wieder reaktiviert wurden. Ein aktuelles Kontroll-MRT hatte sie bereits durchführen lassen und bat um den schnellen Beginn einer neuen Behandlungsserie.
Klinische Befunde (bei Erstvorstellung 07/2022)
Die Patientin gibt ihren Schmerz bei Erstvorstellung im Juli 2022 mit VAS 7 an, das rechte Kniegelenk zeigt einen erheblichen Druckschmerz im Bereich des medialen Gelenkspaltes und der Femurkondyle, das Weichteilgewebe ist hier etwas ödematös verquollen, klinisch mäßige Ergussbildung.
Bildgebung
Das kürzlich durchgeführte MRT des rechten Kniegelenkes (06/2022) zeigt eine deutlich aktivierte Varusgonarthrose, aktuell wieder mit einer Zunahme des Knochenödems im Vergleich zu deren Voraufnahmen, einen Reizerguss sowie eine kleine Bakerzyste.
Diagnose
Überlastungsbedingte, reaktivierte Varusgonarthrose rechts bei Z.n. spontaner Osteonekrose des Kniegelenkes (M. Ahlbäck).
Prozedere und Verlauf
Zunächst führten wir über 4 Wochen 1 – 2 x wöchentlich folgende Therapie-Kombination durch: Zur Reduktion des akuten Reizzustandes des Weichteil- und Synovialgewebes:
Hyperbare CO2-Kältetherapie (Cryolight Elmako) und hochenergetische Lasertherapie (BTL Highpowerlaser) im Akutprogramm gepulst, um eine Wärmeentwicklung im Gewebe zu vermeiden.
Zur Ausheilung des wieder aktivierten Knochenödems: eine Extrakorporale Magneto Transduktions Therapie (EMTT) Magnetolith Stufe 8, 4 Hz, 4000 Impulse. Mit diesem Behandlungsschema erreichten wir schon nach der ersten Behandlung eine Schmerzreduktion der VAS von 7 auf 5 und über den weiteren Verlauf relativ schnell auf VAS 2 – 3. Außerdem berichtete die Patientin über einen sehr schnellen Rückgang vor allem der Schmerzspitzen unter Belastungen, während der signifikante Rückgang der nächtlichen Ruheschmerzen (die wir mit dem Schmerz des Knochenödems assoziierten) erst nach der 4. Behandlung eintrat. Dies passt zu der Beobachtung, die wir bei vielen Patienten in der Behandlung mit der EMTT machen, bei denen wir 3 – 4 Therapiesitzungen benötigen, bis die signifikante Schmerzreduktion einsetzt. Das ist auch einer der Gründe dafür, weshalb wir, sofern möglich, mit mindestens zwei Therapiesitzungen pro Woche arbeiten. Nachdem die Patientin nach dieser 4-wöchigen Therapieserie wieder im Rahmen kleiner Wanderungen und auf dem E-Bike mobil war, führten wir zur Sicherung des Therapieerfolges noch weitere 4 Behandlungen mittels Magnetolith und Kryotherapie durch und haben sie nun zur weiteren dosierten Belastungssteigerung für 2 – 3 Monate in eine individuelle, medizinische Trainingstherapie eingebunden.
Fall 2 – Aktivierte Omarthrose und Tendinose der Rotatorenmanschette
Anamnese
Bei dieser Patientin handelt es sich um eine noch im Reit- und Radsport aktive 72-jährige ärztliche Kollegin. Sie berichtet, sie glaube, sie hätte sich bereits vor über zehn Jahren die rechte Rotatorenmanschette bei einem Sturz vom Pferd verletzt und hätte mit der Schulter immer mal wieder Beschwerden gehabt. Da die Beschwerden nicht so ausgeprägt gewesen seien, dass eine OP in Frage gekommen wäre, hatte sie bisher jedoch keine Bildgebung veranlasst und nur gelegentlich physiotherapeutische Maßnahmen in Anspruch genommen. Seit einigen Monaten würden die Beschwerden allerdings zunehmen und sie könne aktuell keine Nacht mehr durchschlafen, auf der rechten Seite nicht mehr liegen und sei in fast allen Bewegungen schmerzbedingt eingeschränkt.
Klinische Befunde (zum Zeitpunkt des ersten Termins)
Bei der klinischen Untersuchung gibt sie ihren aktuellen Schmerz mit einer VAS 7 an. Die Beweglichkeit ist aktiv wie passiv erheblich eingeschränkt. Der Nackengriff rechts im Seitenvergleich um ca. 10 cm vermindert, der Schürzengriff rechts kaum möglich, bei außerdem deutlich eingeschränkter Scapulamobilität. Die Untersuchung der umliegenden Muskulatur zeigt aktive Triggerpunkte vor allem im M. Subscapularis, M. Trapezius sowie M. Infraspinatus.
Bildgebung
Sonographisch hat sie einen deutlich um die LBS auslaufenden Gelenkerguss, die SSP-Sehne ist degenerativ verändert und ausgedünnt, außerdem ausgeprägte arthrotische Veränderungen. Das darauf-
hin veranlasste MRT zeigte eine fortgeschrittene aktivierte Omarthrose, Gelenkerguss, degenerative Veränderungen der Supraspinatus- und Subscapularissehne im Sinne einer Tendinosis und Auffaserung, keine transmurale Ruptur.
Diagnose
Aktivierte Omarthrose mit Gelenkerguss, RM Tendinose, eingeschränkte Skapulamobilität sowie aktive Triggerpunkte (Musculus subscapularis und infraspinatus).
Prozedere und Verlauf
Schon bereits aufgrund des ersten klinischen und sonographischen Befundes wurde folgendes Therapieprozedere
begonnen (aufgrund des 2-stündigen Anfahrtsweges nur 1x wöchentlich): Niedrigenergetische, fokussierte Stoßwellentherapie perikapsulär, Behandlung der genannten Triggerpunkte mittels fokussierter ESWT und Dry Needling, hyperbare CO2-Kryotherapie, EMTT Magnetolith 8/4/4000, KinesioTape sowie osteopathische Behandlungen. Durch dieses Therapieschema konnten Schmerzspitzen bereits deutlich gemindert werden und direkt nach den Anwendungen eine vorübergehende Schmerzreduktion auf VAS 2 – 3 erreicht werden. In der 3. und 6. Behandlung wurde das Prozedere dann durch eine i. a. Injektion mit PRP und Hyaluronsäure (CellularMatrix Regen Lab) ergänzt. Auf die erste Injektion reagierte die Patientin zunächst mit einer erheblichen Erstverschlechterung (VAS 6) von 2 – 3 Tagen, dann setzte ein langsamer kontinuierlicher Verbesserungsprozess bis auf VAS 2 – 3 ein. Nach der 2. PRP-Injektion klagte sie noch einmal über eine Erstverschlechterung VAS 3 – 4 für 3 Tage, danach setzte eine weitere erhebliche Schmerzreduktion auf VAS 1 – 2 ein. Die initial genannten Behandlungen mit Kryo, ESWT und EMTT führten wir noch einige Zeit in etwas größeren Zeitabständen von 2 – 4 Wochen weiter und schlossen die Behandlung mit einer Hyaluronsäure-Injektion ab.
Fazit
Während die Evidenz für die einzelnen o. g. regenerativen Verfahren in den letzten Jahren schon recht gut geworden ist, gibt es bis auf vereinzelte kleine Studien noch nicht viele wissenschaftliche Daten zu ihrer Kombination oder genauere Erkenntnisse darüber, wie sich die einzelnen Signalwege gegenseitig beeinflussen. Nach meinem Verständnis der verschiedenen Wirkungsmechanismen und auf der Basis des ganzheitlich regenerativen Therapieansatzes unserer orthopädisch-osteopathischen Praxis erschien uns die Kombination jedoch stets als sinnvoll und hat sich in der täglichen Praxis bewährt. Die Zusammenstellung orientiert sich am jeweiligen Krankheitsbild und an der individuell für die Schmerzsymptomatik im Vordergrund stehenden Gewebestrukturen. Stehen der entzündliche Reizzustand des Weichteilgewebes und der Synovia im Vordergrund, sehen wir den hochenergetischen Laser (gepulst, um möglichst wenig Wärmeentwicklung zu erzeugen) an erster Stelle. Steht eher die knöcherne Stressreaktion in Form eines Knochenödems im Vordergrund, ist die EMTT unsere erste Wahl. Die hyperbare CO2- Kryotherapie und die fokussierte Stoßwellentherapie der Gelenkkapsel sowie der periartikulären Faszienansätze und gegebenenfalls relevanter Triggerpunkte stellen für uns eine wichtige Basis in praktisch jeder Arthrosetherapie dar. Intraartikulär favorisieren wir die Kombination aus PRP und Hyaluronsäure.
Unsere Erfahrung zeigt zum einen, dass ein intensiver Therapieblock mit zunächst zweimal wöchentlichen Behandlungen von Vorteil ist und zum anderen, dass die Kryo- und die Lasertherapie im Weichteilgewebe eine oft schnelle Schmerzlinderung mit sich bringt, während die EMTT bei der Behandlung der knöchernen Stressreaktion oft 3 – 4 Behandlungen benötigt, um eine signifikante Schmerzlinderung zu verzeichnen. Außerdem ist es aus unserer Sicht oft sehr wichtig, auch die umliegenden myofaszialen Strukturen und die Muskulatur der gesamten Kette zu behandeln. Insgesamt hat sich in unserer täglichen Praxis für die Behandlung von aktivierten Arthrosen die Kombination verschiedener regenerativer Verfahren mit synergistischen Effekten bewährt. Wir erreichen so auch ohne den Einsatz von Kortikoiden eine schnelle und nachhaltige Schmerzlinderung für den Patienten und haben bis auf das Risiko einer gelegentlich auftretenden Erstverschlechterung für 1 – 3 Tage ein exzellentes Nebenwirkungs- und Risiko-Profil.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Diplom Osteopath. Er ist Gründer der Privatpraxis für Orthopädie und Osteopathie in Freiburg und seit Jahren aktiv im Bereich der regenerativen Medizin (ESWT, PRP, Stammzelltherapie, Prolotherapie; Pain School International Budapest).