Wie bereits in einem in der sportärztezeitung erschienenen Artikel zuvor beschrieben, kann COVID 19 zu Endothel-Veränderungen führen und eine systematische Erkrankung hervorrufen [1]. Infiziert sich ein Sportler mit SARS-CoV2 ist dies insbesondere im Hinblick auf eine myokardiale Beteiligung wichtig. Ebenfalls von Relevanz ist die Beobachtung, dass es auch nach Genesung einer COVID-19-Erkrankung zu vorübergehenden Veränderungen am Myokard kommen kann.
Hanneman, Hubois und Schoffel veröffentlichten im Januar 2022 eine Kohorten-Studie, die zeigt, dass sich im PET im Anschluss an einen COVID-19-Infekt Hinweise für eine Myokarditis finden ließen [2]. In diesem Zusammenhang wurde für die deutsche Eishockeyliga von Gänsslen et al. ein „Return-to-Play“-Protokoll erarbeitet [1], das Sportler in Abhängigkeit von Symptomen und medizinischen Befunden wieder an ihren Sport möglichst sicher heranführen soll. Im Folgenden sind die Untersuchungsergebnisse einer Mannschaft, die sich größtenteils mit SARS-CoV2 infiziert hat, dargestellt und interpretiert.
Ausgangslage
In einer Mannschaft mit 32 im Profisport aktiven Männern im Alter von 18 – 60 Jahren infizierten sich innerhalb von 11 Tagen nach einer mehrstündigen Busfahrt 25 Personen mit SARS-CoV-2 (80 %). Die Kohorte umfasst lediglich sportlich aktive Personen, was hier bedeutet, dass nur Spieler und Trainer der Kohorte hinzugefügt wurden. Weitere Personen in unmittelbarer Nähe des Kaders (Staff) wurden ausgeschlossen, auch wenn weitere positive wie negative Tests im Umfeld der Mannschaft gefunden werden konnten. Nachdem initial positiven Antigen-Tests wurden die Diagnosen jeweils mittels PCR-Test bestätigt. Die CT-Werte der Tests lagen zwischen 14,88 und 29,7. In einigen der Tests konnte eine N501Y Mutation ohne L452R Mutation molekulargenetisch nachgewiesen werden, sodass hier von einer Omikron-Variante auszugehen ist. Es handelte sich um den SARS-CoV-2 Varianten-PCR Genotyp B1.1.529. Zum Zeitpunkt der Infektion galten alle Personen als geimpft oder genesen. Von den Infizierten wurden zwei Sportler als „geboostert“ angesehen.
Im Detail sieht der Impf- / Genesenenstatus wie folgt aus:
- 20 Personen hatten zwei Impfungen der Firma Pfizer/Biontech erhalten
- 1 Person hatte zwei Impfungen der Firma Astra Zeneca erhalten
- 4 Personen hatten eine Impfung der Firma Johnson&Johnson erhalten
- 1 Person hatte zwei Impfungen der Firma Johnson&Johnson erhalten
- 2 Personen hatten zwei Impfungen der Firma Moderna erhalten
- 1 Person hatte jeweils eine Impfung der Firma Moderna und Pfizer/Biontech erhalten
- 1 Person galt als genesen und hatte eine Impfung der Firma Pfizer/Biontech erhalten
- 2 Personen galten seit Oktober als genesen
- 3 Personen galten im Zeitraum bis sieben Tage vor Infektion als einmal mit Impfstoff der Firma Pfizer/Biontech als geboostert
Untersuchungsergebnisse
Da das „Return-to-Play“-Protokoll eine ärztliche Untersuchung nach überstandener Infektion vorsieht und der Umfang der Untersuchungen sich an den Symptomen und der körperlichen Untersuchung orientiert, hier aber weit über die Hälfte der Mannschaft betroffen war, wurde entschieden, eine erste Untersuchung während der laufenden Infektion durchzuführen. Zunächst wurden eine Anamnese sowie eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dies wurde durch eine Blutentnahme ergänzt. Die bestimmten Blutwerte umfassten:
- Kleines Blutbild und ergänzendes Differential-Blutbild
- Eisen
- CK, CK-MB
- GOT, GPT, γ-GT, alk.Phosphatase, GLDH, Bilirubin ges.
- Creatinin, GFR
- NT-proBNP, Troponin T
- Ferritin
Diese Untersuchungen erfolgten zwischen dem 3. und 8. Tag nach der Infektion. Anamnestisch gaben 3 Personen zu diesem Zeitpunkt an, komplett frei von Symptomen zu sein. Die übrigen 22 Sportler schilderten Symptome von leichter pharyngealer und laryngitischer Reizung bis hin zu Fieber, Nachtschweiß, Dyspnoe, Hyperhidrose und Benommenheit. Zu keinem Zeitpunkt wurde einer der Patienten krankenhauspflichtig. In der körperlichen Untersuchung fanden sich unauffällige Auskultationsbefunde für Cor und Pulmo. Im Labor imponierte dann aber bei 3 Personen eine CRP-Erhöhung über 5 mg/L, bei 3 Personen fand sich ein erhöhtes Troponin T größer 0,014 ng/mL und bei einem weiteren Patienten eine CM-MB von 33 bei einer gesamt CK von 219 U/L, was einem Anteil von 15 % entspricht. 4 weitere zeigten zwar einen erhöhten CM-MB Anteil auf, dies jedoch bei normaler Gesamt CK. Somit wurde dem zunächst keine klinische Relevanz beigemessen, wobei zu diskutieren ist, ob nicht gegebenenfalls doch eine Reizung des Myokards vorgelegen hatte. Bei 15 Sportlern konnte als Ausdruck der Infektion eine Monozytose zwischen 10 und 21 % gefunden werden, bei 2 davon wurde eine Neutropenie gesehen (40 %, 37 % und 28 %). Die Bestimmung der Transaminasen und Nierenwerte in der klinischen Chemie blieb ohne wegweisenden Befund.
Im Verlauf besserten sich bei allen Patienten die Symptome innerhalb der folgenden zehn Tage. Im Anschluss an die behördlich angeordnete Quarantäne wurden den Infizierten Folgeuntersuchungen angeboten. Hierbei wurde gemäß dem „Return-to-Play“ Protokoll verfahren. Erfreulicherweise zeigten sich in Ruhe-EKG und Ergometrie (bis maximal 450 W) keine relevanten Rhythmusstörungen (Tab. 1).
Die Laborkontrollen wiesen ebenfalls rückläufige Ergebnisse auf. Die durchgeführten Lungenfunktions-Überprüfungen ergaben zwar Normalbefunde, jedoch wiesen sie im Vergleich zur initialen Statuserhebung im Rahmen der Sporttauglichkeitsuntersuchungen Einschränkungen auf (Abb. 1, Tab. 2). Im Fall der Sportler bedeutet dies, dass sie in der Sporttauglichkeitsuntersuchung vor der Saison jeweils Lungenvolumina aufwiesen, die deutlich über dem eines normalen Patienten liegen. In der Kontrolle nach der Quarantäne wurden nun im Vergleich zur Voruntersuchung reduzierte Funktionen gefunden, die aber als „normal“ befindet wurden.
15 Patienten wurden mittels Herz-Echo untersucht. Die Indikation zur Untersuchung wurde bei positivem Troponin T, erhöhter CK-MB, zuvor fieberhafter Klinik oder erhöhtem Ruhepuls gestellt. Hierbei fand sich bei einer Person 18 Tage nach positivem PCR-Test ein geringer, hämodynamisch nicht relevanter Perikarderguss. Dieser Befund war im Verlauf ebenfalls rückläufig. Drei Sportler wurden aufgrund von erhöhtem Troponin T, bzw. persistierend deutlich erhöhtem Ruhepuls einem Cardio-MRT zugeführt. Die Untersuchungen blieben erfreulicherweise ohne pathologischen Befund. Eine Röntgenaufnahme des Thorax in p.a.-Projektion und seitlich nach COVID-Infektion wurde bei persistierendem Husten und Dyspnoe bei einer Person durchgeführt. Es zeigte sich ein unauffälliger Herz-Lungen-Befund ohne Anhalt für eine Pneumonie. Da die Symptomatik im weiteren Verlauf rückläufig war, wurde auf die Anfertigung eines CT Thorax zur Detektion von Milchglasinfiltraten verzichtet. Nach Abschluss der Untersuchungen konnten alle Sportler den wieder-eingliedernden Teil des Return-to-Play-Protokolls aufnehmen. Dies dauerte im Mittel 7 – 10 Tage. Während der stufenweisen Belastung beklagte ein Sportler eine Dyspnoe, ein weiterer Schwindel im hohen Belastungsbereich. Das Return-to-Play-Protokoll wurde entsprechend angepasst. Ebenfalls waren die Herzfrequenzen, die durch die in jedem Training getragenen Pulsgurte ermittelt wurden, für die jeweilige im Protokoll vorgesehene Belastung zu hoch. Die Trainingsintensität musste für 2 – 4 Tage angepasst werden (Abb. 2, 3).
Zusammenfassung und Diskussion
Bei einer Mannschaft mit 32 sportlich aktiven Personen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren infizierten sich 25 (80 %) mit SARS-CoV2, obwohl alle genesen, geimpft oder geboostert waren. Von den Infizierten blieben lediglich 3 (12 %) komplett symptomfrei, bei 3 (12 %) fand sich ein erhöhtes Troponin T. Bei einer Person konnte (4 %) ein kleiner Perikarderguss initial festgestellt werden. Von den 3 geboosterten Sportlern infizierte sich eine Person nicht, 2 weitere gaben lediglich milde Symptome an (Abb. 4). Auf Grund der überschaubaren Größe der Kohorte wurde hier darauf verzichtet einen einzelnen Impfstatus in Bezug zu der Schwere des Verlaufs der Erkrankung zu setzen.
Obwohl alle infizierten Personen einen „geimpft“- oder „genesen“-Status hatten, kam es zu einer Infektion. Die Impfung scheint zwar vor gravierenden Verläufen zu schützen, jedoch nicht in ausreichendem Maß, um eine Infektion einer Omikron-Variante zu verhindern. Da eine kardiale Beteiligung einer SARS-CoV-2- Infektion selbst bei Abwesenheit von Symptomen und komplett erfolgter Impfung nicht auszuschließen ist und labortechnisch oder in Bildgebung eine kardiale Beteiligung wahrscheinlich erscheint, wird empfohlen, sportlich aktive Patienten im Anschluss an eine COVID-19-Infektion engmaschig nachzuuntersuchen, um die Risiken einer kardialen Affektion weitestgehend zu minimieren. Es wird empfohlen, eine Labordiagnostik inkl. Troponin T und wenigstens ein Ruhe-EKG ergänzend zur körperlichen Untersuchung durchzuführen. Sollte ein fieberhafter Verlauf vorgelegen haben, erscheint eine weiterführende Diagnostik sinnvoll. Bei erhöhtem Troponin T Wert oder Auffälligkeiten im Echo sollte nach meinem Ermessen nicht zuletzt nach den bisherigen Erkenntnissen der Untersuchungen von genesenen Patienten selbst bei subjektiver Symptomfreiheit großzügig die Indikation für ein Cardio-MRT gestellt werden.
Wie eine im März 2021 veröffentlichte Studie von Martinez et al. An 789 Athleten bestätigt, konnte das Risiko einer sportlichen Belastung nach COVID-19-Infektion durch die Implementierung eines „Return-to-Play“-Protokolls deutlich reduziert werden [3]. Da es trotz Impfung zu einer Infektion mit der Omikron-Variante im vorliegenden Fall kam und der Verdacht auf kardiale Mitbeteiligung vorliegt, sollte das „Return-to-Play“- Protokoll, das der Deutschen Eishockey-Liga (PENNY-DEL) als Leitlinie vorliegt, regelmäßig diskutiert und angepasst werden. Die erhobenen Daten der Kohorte ergeben, dass die Omikron-Variante des COVID-19 Virus bei Geimpften oder Genesen ebenfalls zur Affektion verschiedener Organsysteme führen kann, deren Risiken durch konsequente Beachtung und individuelle Anpassung von Untersuchungsumfang und Trainingskontrollen im Rahmen einer Wiedereingliederung in den Sport deutlich reduziert werden können.
Literatur
[1] Gänsslen, A., et al., Return to Play nach COVID-19. sportärztezeitung, 01/2021. https://sportaerztezeitung.com/rubriken/kardiologie/6575/return-to-play-nach-covid-19/
[2] Hannemann, K., et al., Combined Cardiac Fluorodeoxyglucose–Positron Emission Tomography/Magnetic Resonance Imaging Assessment of Myocardial Injury in Patients Who Recently Recovered From COVID-19. JAMA Cardiol., 2022. doi:10.1001/jamacardio.2021.5505
[3] Martinez, M. Et al.,Prevalence of Inflammatory Heart Disease Among Professional Athletes With Prior COVID-19 Infection Who Received Systematic Return-to-Play Cardiac Screening. JAMA Cardiol. 2021;6(7):745 – 752. doi:10.1001/jamacardio.2021.0565
Mehr zum Thema Return-to-Sport nach Covid-19 Infektion finden Sie in dem Artikel von Prof. Dr. Jürgen Scharhag und Dr. Theresa Hofbauer HIER
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Unser wissenschaftlicher Beirat PD Dr. med. Felix Post, Chefarzt der Inneren Medizin/Kardiologie am Katholischen Klinikum Koblenz-Montabaur, wo er zusätzlich die Corona-Taskforce leitet, hat sich den Artikel von Dr. med. Jochen Veit schon vorab angeschaut und sich mit ihm darüber von Experte zu Experte unterhalten. Zum Artikel…
Autoren
ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Chirotherapie
und Präventivmedizin mit eigener Praxis (gemeinsam mit Frank Emschermann) in Nordwalde. Außerdem ist er Teamarzt der Iserlohn Roosters (Eishockey DEL).