Allogene mesenchymale Stammzellen in der Therapie chronischer Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind weit verbreitet. Epidemiologischen Studien zufolge leidet jeder fünfte Erwachsene in Deutschland an schweren oder behindernden Rückenschmerzen [1]. Die degenerative Bandscheibenerkrankung ist die häufigste Ursache für chronische Rückenschmerzen. Moderne biologische Therapien zielen auf eine Regeneration der geschädigten Bandscheibe hin. Dabei gibt es 3 unterschiedliche Ansätze, die sich am Schweregrad der Degeneration orientieren: 1. Biolmolekulare Therapien (z. B. Platelet-rich Plasma), 2. Zelluläre Therapien und 3. Tissue engineering.
Studiendesign
In der vorliegenden Studie wurde die Sicherheit und Wirksamkeit einer einzelnen intradisdiscalen Injektion von allogenen Mesenchymal Precursor Cells (MPC) in Kombination mit Hyaluronsäure (HA) bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen im Zusammenhang mit einer degenerativen Bandscheibenerkrankung untersucht. Insgesamt wurden 100 Probanden mit einer moderaten Bandscheibendegeneration (modifizierter Pfirrmann (MP)-Score von 3 – 6) [2] eingeschlossen. Die Probanden wurden in einem Verhältnis von 3:3:2:2 randomisiert, um 6 Mio. MPCs mit HA, 18 Mio. MPCs mit HA, HA-allein (Vehikel-Kontrolle) oder Kochsalz (Placebo-Kontrolle) zu erhalten. Die Probanden wurden nach der Injektion nach 1, 3, 6, 12, 24 und 36 Monaten klinisch und radiologisch evaluiert. Es wurden u. a. die nachfolgenden Parameter erfasst: Rückenschmerzen entsprechend der visuellen Analogskala (VAS) und der Oswestry Disability Index (ODI).
Ergebnisse
Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Kontroll- und MPC-Gruppen bzgl. der Verbesserung der Schmerzen und den Beeinträchtigungen. So performten die Therapiegruppen in den korrigierten VAS- und ODI-Mittelwerten, dem Anteil der Probanden mit einer ≥ 30 % und ≥ 50 %igen Verbesserung in der VAS, im absoluten VAS-Score ≤ 20 und in der Reduktion im ODI von ≥10 und ≥ 15 Punkte gegenüber dem Ausgangswert besser als die Kontrollen zu den verschiedenen Zeitpunkten bis 36 Monate nach der Intervention. Es gab allerdings keine signifikanten Unterschiede in der Veränderung der MP-Score, d.h. im MRT konnte keine Regeneration bildlich sichtbar gemacht werden. Sowohl das Verfahren als auch die Behandlung waren gut verträglich und es gab keine klinischen Symptome einer Immunreaktion auf allogene MPCs.
Fazit
Die Ergebnisse belegen, dass die intradiscale Injektion von MPC eine sichere, effektive, dauerhafte und minimalinvasive Therapie für Patienten mit Rückenschmerzen und einer moderaten Bandscheibendegeneration sein könnte. Für den Fall, dass die Firma Mesoblast Ltd. (Hersteller von MPC’s) in Kooperation mit Grünenthal eine Phase-III-Studie in Deutschland durchführen wird, haben wir unser Interesse als potenzielles Studienzentrum bekundet. Eine Entscheidung dazu steht noch aus.
Literatur
[1] Schmidt CO, Raspe H, Pfingsten M et al. Back pain in the German adult population: prevalence, severity, and sociodemographic correlates in a multiregional survey. Spine 2007;32(18):2005-11. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17700449. 2011;32(18):2005–11.
[2] Griffith JF, Wang YXJ, Antonio GE, Choi KC, Yu A, Ahuja AT, et al. Modified Pfirrmann grading system for lumbar intervertebral disc degeneration. Spine. 2007;32(24).
Autoren
ist Neurochirurg und Sportmediziner und auf minimalinvasive, endoskopische und regenerative Behandlung von Rückenschmerzen spezialisiert. Er ist Ausbilder in der spinalen Endoskopie und Hochschullehrer an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Wissenschaftlich ist er auf dem Gebiet der Bandscheibenregeneration klinisch und experimentell tätig.