Miranda JP, et al. Effectiveness of cryotherapy on pain intensity, range of motion, swelling and function in the postoperative care of musculoskeletal disorders: a systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. Br J Sports Med. 2025 Oct 5:bjsports-2024 109497. doi: 10.1136/bjsports-2024-109497. Epub ahead of print. PMID: 41047148.
Die Anwendung von Kälte zählt seit Jahren zu den etablierten Maßnahmen in der postoperativen Behandlung muskuloskelettaler Verletzungen und Operationen. Ziel ist es, Schmerzen zu lindern, Schwellungen zu reduzieren und den Bewegungsumfang frühzeitig zu verbessern. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse hat nun die vorhandene Evidenz zu diesem Themenfeld zusammengefasst und kritisch bewertet.
In die Analyse gingen 28 randomisierte kontrollierte Studien ein, die verschiedene Formen der Kryotherapie mit keiner Kälteanwendung verglichen. Bewertet wurden Schmerzintensität, Bewe-
gungsumfang (Range of Motion, ROM), Schwellung und funktionelle Wiederherstellung. Insgesamt zeigten sich signifikante Vorteile zugunsten der Kryotherapie hinsichtlich Schmerzreduktion und Beweglichkeit in den unmittelbaren, kurzfristigen und mittelfristigen postoperativen Phasen. Die gefundenen Effektstärken lagen allerdings teils unterhalb der klinisch relevanten Schwelle (MCID), was auf eher moderate absolute Verbesserungen hinweist.
Beim Bewegungsumfang ergaben sich kleine bis mittlere positive Effekte, während für Schwellung und Funktion nur begrenzte Unterschiede beobachtet wurden. Dennoch deutet das Gesamtbild darauf hin, dass Kälteapplikationen einen unterstützenden Beitrag im Rahmen multimodaler Rehabilitationskonzepte leisten können – insbesondere in den frühen Heilungsphasen, in denen Schmerz und Gewebereaktion das Bewegungsausmaß einschränken. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass kontrollierte Cryo-Kompressionssysteme tendenziell günstigere Effekte erzielen als konventionelle Anwendungen mit Eis- oder Gelpacks. Für diese Geräte wurde eine signifikante Reduktion der Schmerzintensität (mittlere Differenz −1,03 Punkte) sowie eine Verbesserung des Bewegungsumfangs (im Mittel +11,5°) festgestellt. Diese Vorteile sind wahrscheinlich auf die Kombination von Kühlung und gleichzeitiger Kompression zurückzuführen, die sowohl die lokale Durchblutung als auch den Gewebedruck beeinflusst. Allerdings bleibt festzuhalten, dass die Forschungslage insgesamt heterogen ist und die Qualität der Evidenz nur niedrig bis moderat ausfiel. Zudem beziehen sich nahezu alle eingeschlossenen Studien auf direkte Kühlverfahren – also Anwendungen, bei denen die Kälte unmittelbar über Eis, Gelpacks oder Kühl-Kompressionsgeräte auf die Haut übertragen wird.
Andere Verfahren werden in der Literatur bislang kaum untersucht. Hyperbare CO₂-Kältetherapie, bei der komprimiertes, expandierendes Kohlendioxid auf die Haut aufgebracht wird, findet sich nur in Einzelfallberichten oder kleinen Pilotstudien. Auch Kaltluftverfahren, bei denen mittels Gebläse ein konvektiver Wärmeentzug erfolgt, sind bislang nur marginal erforscht. Für beide Methoden liegen bislang keine belastbaren randomisierten Studien zur postoperativen Anwendung vor. Entsprechend lässt sich derzeit keine fundierte Aussage über ihre Wirksamkeit oder ihren Stellenwert im Vergleich zu etablierten direkten Kühlverfahren treffen.
Fazit: Kryotherapie bleibt eine sinnvolle Maßnahme im postoperativen Management muskuloskelettaler Eingriffe, insbesondere zur kurzzeitigen Schmerz- und Schwellungsreduktion. Die beo-
bachteten Effekte liegen zwar häufig unterhalb der klinisch relevanten Schwelle, weisen jedoch auf eine unterstützende Wirkung innerhalb eines umfassenden Rehabilitationskonzepts hin. Kombinationen aus Kälte und Kompression erscheinen etwas wirksamer als einfache Eisapplikationen. Gleichzeitig zeigt die Analyse deutliche Forschungslücken: Indirekte Verfahren wie hyperbare CO₂-Kältetherapie oder Kaltluftkühlung sind bislang unzureichend untersucht und sollten in zukünftigen Studien stärker berücksichtigt werden, um das gesamte Spektrum der Kryotherapie wissenschaftlich fundiert bewerten zu können.
Autoren
ist Assistenzarzt Sektion Sportorthopädie, TUM Universitätsklinikum Rechts der Isar, München. Er hat am Lehrstuhl Anatomie II der LMU über die regenerative Stammzelltherapie bei Sehnendefekten promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) und physikalische Verfahren in der Orthopädie. Zuvor war er in der sportmedizinischen Praxis MedWorks Augsburg tätig.



