Ausgehend von der DOSB-Positionierung zur „Stellungnahme der Bundesregierung“ (Stellungnahme der letzten Bundesregierung: Große Koalition) zum 1. Präventionsbericht der Nationalen Präventionskonferenz, fordert der DOSB ein Umdenken in Bezug auf die Anforderungen an Präventionssport.
Es gilt sicherzustellen, dass sich die Anforderungen – speziell im Kursbereich – über den GKV-Leitfaden Prävention und die Zentrale Prüfstelle Prävention der gesetzlichen Krankenkassen stringenter am Bedarf der Umsetzungspraxis orientieren. Damit ist mitnichten ein Absenken der Qualitätsstandards intendiert, sondern spürbar mehr Offenheit gegenüber weiteren qualitätsgeprüften Sport- und Bewegungsangeboten, mehr Gestaltungsspielraum für Übungsleiter*innen (z.B. mehr Flexibilität bei Titelanpassungen für eine effizientere Bewerbung der Kurse) etc. gefordert. Um trotz Beibehaltung hoher Qualitätsstandards mehr Effizienz für die praktische Umsetzung zu erreichen, hat der DOSB hat über die letzten 20 Jahre für sein Qualitätssiegel SPORT PRO GESUNDHEIT ein entsprechendes Qualitätsmanagement etabliert “QM-Handbuch“.
Um die Gesamtkomplexität verständlich zu machen, folgt der Versuch – ausgehend vom Präventionsgesetz über die Bundesrahmenempfehlungen hin zum GKV-Leitfaden Prävention – den Handlungsbedarf, den der DOSB sieht, zu skizzieren: es ergibt sich folgendes Konkretisierungsgefälle vom Präventionsgesetz hin zum GKV-Leitfaden Prävention.
Präventionsgesetz
Zum allgemeinen Verständnis hilft ein Blick in das Bundesgesetzblatt, S. 1373:
„[…]. Die Präventionsempfehlung wird in Form einer ärztlichen Bescheinigung erteilt. Sie informiert über Möglichkeiten und Hilfen zur Veränderung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen und kann auch auf andere Angebote zur Verhaltensprävention hinweisen wie bspw. auf die vom Deutschen Olympischen Sportbund und der Bundesärztekammer empfohlenen Bewegungsangebote in Sportvereinen oder auf sonstige qualitätsgesicherte Bewegungsangebote […]“
Zudem erfolgt die Nennung der Sportvereine und des DOSB sowie der explizite Verweis auf SPORT PRO GESUNDHEIT – das Qualitätssiegel des DOSB und der Bundesärztekammer für Präventionssportkurse – und auf das „Rezept für Bewegung“ von DOSB, Bundesärztekammer und DGSP im Begründungsteil. Seit 2021 wird das Rezept für Bewegung auch von der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) unterstützt. Weitere Informationen zum Rezept für Bewegung finden Sie HIER
Politische Forderungen des DOSB:
- Anerkennung und Benennung der Sportvereine gemäß der Definition von „Lebenswelten“ im Präventionsgesetz und den Ausführungen dazu im GKV-Leitfaden Prävention als eigenständige Lebenswelt.
- Ausstattung der Sportvereine und -verbände – analog zu Schulen, Kitas etc. – als für ihre Lebenswelt Verantwortliche mit allen Rechten und Pflichten, um so in Kooperationsmaßnahmen mit gesetzlichen Krankenkassen und als Antragsteller für Präventionsmaßnahmen agieren zu können.
Bundesrahmenempfehlungen
Sportvereine werden bei bewegungsfördernden Maßnahmen unter den Zielen “Gesund auf-wachsen“/„Gesund im Alter” als wichtige Partner empfohlen. Länder und Kommunen haben gemäß S. 40 der Bundesrahmenempfehlungen Sportvereine beim Ausbau von Bewegungsangeboten (wie bspw. SPORT PRO GESUNDHEIT) zu unterstützen.
GKV-Leitfaden Prävention
Das Qualitätssiegel SPORT PRO GESUNDHEIT (SPG) ist zusammen mit der Ausbildung „Übungsleiter B „Sport in der Prävention“ (2. Lizenzstufe) für das erste und zweite Präventionsprinzip anerkannt (beim 2. Präventionsprinzip lediglich für Sturzprävention). Damit erfolgt eine Berücksichtigung des qualitätsgeprüften Präventionssports – allerdings unter Ausschluss Sportarten- bzw. Breitensport-orientierter Gesundheitsangebote (primär Angebote von Spitzenverbänden des DOSB wie etwa dem des Deutschen Tanzsportverbandes). Diese Gesundheitssportangebote unterliegen denselben Qualitätsansprüchen und -prüfungen werden aber aus krankenkassen-politischen Gründen von den gesetzlichen Krankenkassen nicht anerkannt.
Auszug aus dem GKV-Leitfaden Prävention (S. 74):
„Ausschlusskriterien für eine Förderfähigkeit
Maßnahmen, die sich nicht explizit und inhaltlich erkennbar auf die sechs Kernziele des Gesundheitssports beziehen, können nicht gefördert werden. Ausgeschlossen sind:
- Maßnahmen des allgemeinen Freizeit- und Breitensports
- Maßnahmen, die vorwiegend dem Erlernen einer Sportart dienen (…)“
Folgende politische Forderungen des DOSB – speziell für SPORT PRO GESUNDHEIT – ergeben sich für den GKV-Leitfaden Prävention:
- Aufhebung der Ausschlusskriterien ” Maßnahmen des allgemeinen Freizeit- und Breitensports” und „Maßnahmen, die vorwiegend dem Erlernen einer Sportart dienen“ im Krankenkassen-Kontext, somit sind breitensportliche Bezüge sowie Sportartenbezug in Präventionsangeboten zuzulassen
- Deutlich mehr Flexibilität bei der (Zusatz-)Titelauswahl für Präventionssportkurse und damit SPORT PRO GESUNDHEIT-Kurse
- Generelle Anerkennung der Präventionssportkurse von Sportvereinen für das 2. Präventionsprinzip über den Bereich Sturzprävention hinaus
- Anerkennung der SPORT PRO GESUNDEIT-Angebote und weiterer Vereinsangebote im Bereich Stressbewältigung/Entspannung
Folgende SPORT PRO GESUNDHEIT-Konzepte (allesamt wissenschaftlich begutachtet und durch den DOSB akkreditiert) können derzeit keine Zertifizierung durch die Krankenkassen (Zentrale Prüfstelle Prävention) erhalten:
Gesund auf dem Platz | Dt. Tennis Bund |
Rudern in der Prävention | Deutscher Ruderverband |
Gesunde Haltung, freie Bewegung. Fundiertes Körperbewußtsein durch tänzerische Bewegung | Dt. Tanzsportverband |
Gesundheitssport mit Pferd – Bewegung und Haltung auch auf dem Pferd | FN-Dt. reiterliche Vereinigung |
Gesundheitssport Tischtennis (FiTTer in Herz und Hirn) | Dt. Tischtennis-Bund |
Programme in inhaltlicher Anlehnung an Sportarten wie bspw. Rudern, Tennis oder Tischtennis sprechen besonders Männer an, die als Zielgruppe für Präventionssport schwer zu erreichen sind. An dieser Stelle ist zu betonen, dass ein Präventionskurs, der über 8 bis 12 Einheiten geht, generell nicht dazu führt, dass man eine Sportart erlernen kann. Folglich geht es nicht darum, Tischtennisplatten o.ä. über Versichertengelder finanzieren zu wollen, sondern darum Anschlussfähigkeit im Hinblick auf ein dauerhaftes Sporttreiben zu ermöglichen.
Wir bedanken uns bei Dr. Mischa Kläber (DOSB-Ressortleiter „Breiten- und Gesundheitssport“) für dieses exklusive DOSB-Statement für die sportärztezeitung. Für Rückfragen steht er Ihnen gerne per E-Mail: klaeber@dosb.de zur Verfügung.
Autoren
ist Sportwissenschaftler und hat im Bereich Sportsoziologe an der TU Darmstadt promoviert. Er ist Ressortleiter Breiten- und Gesundheitssport beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Frankfurt am Main. Außerdem hat Dr. Kläber einen Lehrauftrag für Sportsoziologie an der TU Darmstadt.