Das Ziel der genannten Übersichtsarbeit war es, mögliche Alternativen zu einer entzündungshemmenden, schmerzstillenden Therapie mittels nichtsteroidaler Antirheumatika darzustellen. Diese Medikamentengruppe (NSAR) gilt als sogenannter „golden Standard“ der (Schmerz)Therapie bei Arthrose. Im Vordergrund der eingeschlossenen Studien standen daher auch vor allem Arbeiten bei Arthrose. Berücksichtigt wurden sowohl Einflüsse auf die Funktion der betroffenen Gelenke wie auch auf die Schmerzsituation der Patienten.
Die Arthrose ist ein unheilbarer, chronifizierte Prozess und bedarf daher einer langfristigen Therapie. Gerade in diesen Situationen (Langzeiteinnahme) sind NSAR jedoch problematisch aufgrund der Nebenwirkungen. Diese betreffen sowohl den Gastrointestinaltrakt, das kardiovaskuläre System, die Nieren und die Leber. Hier wird immer wieder, gerade bei älteren multimorbiden Patienten (ist auch die Hauptgruppe der Arthrosen) auf die Problematik der Verwendung dieser Substanzgruppe hingewiesen.
Eine mögliche Alternative wäre hier die orale Therapie mit Enzymen. Im Besonderen wurde hier die Kombination Bromelain, Trypsin und Rutin untersucht. Die vorliegenden Studienergebnisse zeigen eine durchaus vergleichbare Wirksamkeit mit einem deutlich besseren Nebenwirkungsprofil für die orale Enzymtherapie. Einschränkend muss jedoch angeführt werden, dass bei vielen dieser Studien zum Teil Schwachpunkte im Hinblick auf die Therapiedauer und das Studiendesign bestehen. Nichtsdestotrotz sollte der Kliniker immer wieder an diese Art vom Therapie denken, wenn ein antiinflammatorischer Ansatz benötigt wird.
Ein weiterer Punkt, der die orale Enzymtherapie interessant macht, ist in ihrem Wirkungsansatz zu suchen. Entzündliche Veränderungen sind immer Schmerz behaftet. Die fünf Kardinalsymptome der Entzündung legen dieses deutlich da (Rubor, Dolor, Tumor, Calor, Functio laesa). Allerdings ist die Entzündung auch ein wichtiger Schritt zur Geweberegeneration, beziehungsweise -heilung. Aus anderen Studien ist bereits bekannt, dass ein „Unterbinden“ der Entzündungsreaktion (z. B. durch NSAR oder Steroide) auch schlechtere Heilungsergebnisse nach sich zieht. Aufgrund des bisherigen Wissens sollte dies bei einer Enzymtherapie nicht der Fall sein. Enzyme greifen zwar in den molekularen und biochemischen Ablauf einer Entzündung ein, aber modulieren diesen vor allem. Dies lässt in weiterer Folge eine bessere Gewebereparatur zu.
Der vorliegende Artikel besteht zwar nur aus bereits vorhandenen Studien und Expertenmeinungen, allerdings gibt es bisher auch keine Studien, die die angeführten Überlegungen widerlegen. Für den klinischen Einsatz bedeutet dies, dass ein entsprechender Therapieversuch mittels oraler Enzyme immer bedacht werden sollte und gerade bei älteren Patienten mit Komorbiditäten eine interessante Therapiealternative darstellen kann.
Weiterführende Literaturtipps der Redaktion:
Phytopharmaka und Extrakorporale Stoßwellen bei Tendinopathien
Shakibaei, Schmitz, Müller, Brockmüller. sportärztezeitung 03.22
www.sportaerztezeitung.com/rubriken/therapie/12118/phytopharmaka-und-extrakorporale-stosswellen-bei-tendinopathien/
Entzündungshemmung & Regenerationsoptimierung
Pöttgen. sportärztezeitung 01.20
www.sportaerztezeitung.com/rubriken/ernaehrung/1488/entzuendungshemmung-regenerationsoptimierung/
Natural treatment & conservative treatment first
Erbeldinger, Rauch, Welsch. sportärztezeitung 01.22
www.sportaerztezeitung.com/rubriken/therapie/10903/natural-treatment-conservativetreatment-first/
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Allgemeinmediziner. Niedergelassen seit 2000 in Rohrbach (Österreich). Ärztekammerdiplom für manuelle Medizin, jahrelanger Kursleiter bei der Österreichische Ärztegesellschaft für manuelle Medizin und konservative Orthopädie (ÖÄGMM).