Auch in der Orthopädie und Unfallchirurgie sind die Bereiche Prävention, konservative Therapie und Rehabilitation inhaltlich eng miteinander verknüpft und bilden gemeinsam mit dem chirurgischen Kern das gesamte Fachgebiet ab. Umso erfreulicher ist es, dass sich innerhalb der stetig wachsenden medizinischen Fachgesellschaften in O & U in Deutschland zunehmend Arbeitsgruppen diesen zentralen Themen widmen.
Die Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA), die mit über 6.200 Mitgliedern die größte Sektion innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und zugleich Europas größte Fachgesellschaft für Arthroskopie darstellt, verantwortet mit dem Komitee „Prävention, konservative Therapie und Rehabilitation“ die Weiterentwicklung dieser essenziellen Aspekte unseres Fachs. Dabei zeigt sich, dass die engagierten Mitglieder immer häufiger den sprichwörtlichen Blick über den Tellerrand wagen und innovativ denken.
Diagnostik, Therapie & Education
Im Bereich der Diagnostik steht neben der bildgebenden Beurteilung anatomischer Strukturen zunehmend die funktionelle Analyse im Fokus. Moderne, häufig tragbare und kabellose Technologien ermöglichen heute eine objektive Erfassung von Bewegung, neuromuskulärer Funktion, Kraft sowie Schnelligkeit oder Agilität. Diese funktionelle Diagnostik bietet im therapeutischen Setting einen erheblichen Mehrwert – sie erlaubt eine gezielte Planung individueller Behandlungsstrategien sowie eine objektive Verlaufskontrolle, die selbst kleinste Fortschritte auf dem Weg zu einem beschwerdefreien Leben sichtbar machen kann.
Auch in der Therapie rücken – neben den stetig weiterentwickelten traditionellen nicht-invasiven Verfahren (z. B. Manuelle Medizin, physikalische Therapie, Hilfsmittelversorgung mit Orthesen oder Einlagen) und invasiven Techniken wie Injektionen – zunehmend die grundlegenden Säulen Bewegung, Sport, Ernährung und auch die mentale Gesundheit im biopsychosozialen Kontext in den Mittelpunkt. Ein wesentlicher Schwerpunkt des Komitees liegt daher in der Erarbeitung konkreter Empfehlungen: Der bloße Appell zu „mehr Bewegung und ausgewogener Ernährung“ genügt längst nicht mehr.
Darüber hinaus wird der Verbesserung der ärztlichen Aus- und Weiterbildung, der kontinuierlichen Fortbildung sowie dem interdisziplinären Austausch große Bedeutung beigemessen – sowohl im Hinblick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse als auch auf den Transfer in die tägliche Praxis.
DVSE
Auch innerhalb noch spezialisierterer orthopädisch-chirurgischer Fachgesellschaften, etwa der D-A-CH-Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE), werden diese Themen aktiv vorangetrieben – beispielsweise in den DVSE-Kommissionen „Rehabilitation“ und „Konservative Therapie“, die mit ihrer Arbeit wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Patientenversorgung setzen. Der in verschiedenen Fachgebieten zunehmend in den Fokus rückende Ansatz der Prähabilitation – insbesondere im Kontext physiopsychologisch beanspruchender Therapieformen wie Operationen oder Chemotherapien – vereint die oben genannten Säulen und bietet damit eine hervorragende Blaupause für eine zeitgemäße, holistische und evidenzbasierte Behandlung, bei der die zu behandelnde Person zum aktiven Mitglied ihres eigenen Behandlungsteams wird.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Manuelle Medizin. Er leitet als Oberarzt die Sportorthopädie der Sport- und Rehabilitationsmedizin des Universitätsklinikums Ulm mit dem Schwerpunkt der Betreuung von Mannschaftssportarten (u.a. TVB 1898 Stuttgart). Er ist Vorsitzender des AGA-Komitees „Prävention, konservative Therapie und Rehabilitation“ sowie Vorsitzender der DVSE-Kommission „Konservative Therapie“. Darüber hinaus ist Dr. Henze stellvertretender Vorsitzender der Handballärzte Deutschland und seit 2022 wiss. Beirat der sportärztezeitung.




