Die aktuelle Empfehlung der S3 Leitlinie Gonarthrose zeigt es deutlich, wir müssen uns verändern, die Medizin muss sich verändern. Die Empfehlung zur eigenverantworlichen Veränderung des Lebensstils im self manament geht aber nur mit Education.
Erkenntnisse aus der Lifestyle-Medizin, insbesondere durch das American College of Lifestyle Medicine und die Programme der Harvard Medical School (MIND Body Course Harvard), zeigen deutlich die Bedeutung des psychoszialen supports im medizinischen Setting: Prävention und Prehabilitation bzw. die perioperative Vorbereitung benötigen neue, effektive Versorgungsformate. Ein solches innovatives Modell sind die Group Medical Visits (GMVs) – auch bekannt als Shared Medical Appointments (SMAs).
Diese Form der medizinisch begleiteten Gruppentermine ermöglicht es Ärzten, unter Zeitdruck (wird also reduziert) mehreren Patienten gleichzeitig evidenzbasiertes Wissen, Lebensstilstrategien und individuelle Motivation zu vermitteln. Besonders in der Sportmedizin – etwa bei präventiven Programmen für gesetzlich versicherte Patienten oder im perioperativen Setting – bieten GMVs eine realistische und wirksame Lösung.
Lifestyle Medicine – nicht nur ein Wort, sondern ein therapeutischer Anker
Zu oft wird der Begriff „Lifestyle“ in der Medizin inflationär verwendet – als Schlagwort in Vorträgen, auf Folien oder als Feigenblatt in Konzeptpapieren. Doch Lifestyle Medicine bedeutet mehr: Sie steht für eine evidenzbasierte Veränderung gesundheitlicher Gewohnheiten und stellt mittlerweile eine international zertifizierte Fachrichtung dar – mit sechs klar definierten, medizinisch relevanten Säulen: Ernährung, Bewegung, Stressmanagement, Schlaf, soziale Bindung und Verzicht auf schädliche Substanzen – siehe HIER.
Konkret heißt das für die Praxis: Wir müssen eine dieser Säulen gezielt verankern – am besten schon im Erstkontakt.
Vorteile der Group Medical Visits:
– Motivation & Compliance steigen nachweislich
– Zeit- und Kostenersparnis für Praxis und Patienten
– Reduktion von Stress bei allen Beteiligten
– Verbesserte Vorbereitung auf Operationen durch strukturierte Prehabilitation
– Ganzheitlicher Zugang auf Basis von Lifestyle- und Mind-Body-Medizin
Wie Prof. Tobias Esch und weitere Experten in THE MIND betonen, braucht es für die Herausforderungen nichtübertragbarer Erkrankungen neue Formate der Versorgung – GMVs könnten dabei ein zentraler Baustein sein.
Ergänzend sei in diesem Zusammenhang auf die Studien „Age Self Care-Resilience, a medical group visit program targeting pre-frailty: A mixed methods pilot clinical trial“ und „Social Capital and Cultural Health Capital in Primary Care: The Case of Group Medical Visits“ verwiesen.
Autoren
ist Diplom Sportwissenschaftler, hat einen Professional Master´s Degree in Sports Medicine und eine Ausbildung Mind-Body Medizin (Harvard Medical School). Er ist Verleger der sportärztezeitung.